werden feilte. Darauf konnten die Arbeiter natürlich nicht ein»gehe». Das Vorgehen des betreffenden Beamten fei ein brutalerund unberechligier Eingriff in die bürgerlichen Rechte der Arbeiter.Auch die Älbg. Dr. Heim(Z.), v. Sianssenberg(lib.) undDr. Ratzinger(Bbd.) äußerten sich mißbilligend über diese ungerecht»fertig e Maßregelung der Arbeiter.Rur der Kriegsminister wollte nicht einsehen, daß der Direktorhier brutal gehandelt habe und fand diesen Ausdruck denn dochzu weitgehend. Der Präsident belehrte ihn jedoch sofort darüber,daß ein'Abgeordneter zu solcher Kritik einer Handlung eine? Beamtendas Recht hat.-München, s. November. Die Kammer der Abgeordneten nahmheut« den Militäretat mit 113 gegen 14 Stimmen an. Da»gegen stimmten die Sozialdemokraten, die Bauernbündler, derDemokrat Wießner und vom Zentrum Dr. Heim. Im Laufe derDebatte wurde daS Anwachsen der Pensionslast und die Art derOffizierpensionirung von Rednern aller Parteien bekämpft. DerKriegsminister Freiherr v. Asch erklärte, von einem jungen Offiziers»korps könne mau in Bayern nicht sprechen, da das Durchschnitts»alter der höheren Offiziere hier höher sei als anderswo. DasAnwachsen der Pensionslast beklage auch er selbst, aber eine Bende-rung sei nicht möglich, denn alle PensionSgesuche würden sorgfältiggeprüft. Der Forderung, Offiziere doch im Truppendienst zu ver-wenden, welche sich dafür nicht mehr eignen, könne er nicht nach»kommen. Ein Antrag Heim aus Streichung des Mehrbedarfs fürOssizierspensionen wurde abgelehnt, eine Resolution dagegen, aufHerabmindernng der Zahl der pensionirten Osfiziere hinzuwirke»,mit großer Mehrheit angenommen.—— Eine politische Maßregelung. AuS Münchenmeldet die»Franks. Ztg.":„Der Rentbeamte RegiernngsrathBurkart wurde wegen einer Broschüre über die bayerische Finanz»Verwaltung penstonirt."Regierungsrath Burkart hat sich durch eine Reihe von ver»öffentlichungen, vor allem in Schanz'„Finanz-Archiv" einen sehrgeachteten Namen unter den wissenschaftlichen Vertretern der Finanz-Wissenschaft erworben.Es ist eine eigenartige Illustration für die Freiheit der Wissen»fchafl. wie sie von unseren Behörden verstanden wird, daß ein solcherMann gemaßregelt wird, weil er seine wissenschaftlichen Ueber»zeugungen nicht den jeweiligen politischen Rücksichten seines Chefsunterordnen wollte.—— Erhebungen über die Wirkungen der Bäckerei-Verordnung Hai, wie die anderen Bundesregierungen auch diebayerische Regierung angeordnet. Der»Soz. Praxis" entnehmen wirhierüber das folgende:»Die Behörde» sind beauftragt, sich nachprotokollarischer Einvernahme der Bäckermeister und Konditoren, i»deren Betriebe» Gehilfen tbätig sind, sowie der belreffenden Ge-Hilfen selbst Bericht zu erstatten darüber, ob sich bei der praktischenDurchführung der Verordnung ersichtliche nachtheilige Wirkungenherausgesiellt haben, worin diese eventuellen Schäden bestehen, undob Umstände zu tage getreten find, welche die Klage» über dieangeblich eingetretene wirthschastliche Schädigung de? Bäcker»gewerbeZ und das Schwinden des guten Einvernehmens zwischenMeistern und Gesellen als begründet erscheinen lassen.Schließlich soll darüber berichtet werde», ob die Verordnungmit Nachdruck oder mit Nachsicht durchgeführt worden und ob inletzterem Falle die Annahme begründet sei, daß bei Anwendunggröberer Strenge die Klagen über nachtheilige Wirkungen lebhaftergewesen wären.— Ueber den Einfluß der Verordnung in Bayernliegt in den amtlichen Berichten der Fabrikinspektoren bereits de»achtenswertheS Material vor. Der Ausfichtsbeamt» für die Pfalztheilt mit,»daß sich wenig Betriebe voll nach der Verordnungrichten, andere ivenig oder noch gar nicht". In dem Bericht fürOberbayern heißt eS:„Von einer thatsächlichen Schädigung dcSGewerbes kann demnach bis jetzt nicht gesprochen werden".— FürOberfranketi wird gesagt:»Immerhin scheinen die seitens derGegner der Verordnung erhobenen Klagen und Beschwerden überdie Schädigungen der Bäckerindustrie und deZ guten Einvernehmenszwischen Meistern und Gehilfern nicht soweit gerechtfertigt, daß sieeine wesentliche Abänderung der Verordnung nothwendig machen."Der Beamte für Niederbayern konstatirt, daß auS der Durchführungder Maximalarbeitszeit sich Schwierigkeiten für eine beschränkte An»zahl von Betrieben ergeben. An? den übrigen vier JnspektionS-bezirken sind keine Angaben gemacht. Auf grund dieser Aeußerungenwird in der Einleitung zu den bayerischen Berichten gesagt:»In-sofern Miltheilungen überhaupt vorliegen, sprechen sie nicht für dasBedürfniß einer Aufhebung der Vorschriften, sondern machen esim Gegentheil wünschenswerth, diese im wesentlichen unangetastetzu lassen."Die Jnnungsmeistcr dürften sich trotzdem nicht so bald be»ruhigen.—Stuttgart, 3. November.(Eig. Ber.) Muckireinfluß istAn« typische Erscheinung, die unserem Königreich und dessen Ver»waltung wie früher, so auch heute noch ihren Stempel anfdrückt.Der Muckereinfluß zeigt sich wieder in der Thatsache, daß unserPolizeiminister P i s ch e k und dessen Untergeben«, unsere Fabrik.inspektoren, als Vermittlerinnen zwischen Arbeiterinnen und Fabrik-inspektoren bar n> herzige Schwestern und Diako»n i s s i n n e n aufstellen wollen. Als v. Pischek in derSitzung des Landtags vom 26. März d. I. diese» Plan zum erstenMale erwähnte, wurde ihm sofort erwidert, daß man sich beialler Achtung vor den betreffenden Schwestern für ihre Vermittelungbedanke. ES sei ganz ausgeschlossen, daß diese Frauen, die in derFabrik ganz fremd sind, das Vertrauen der Arbeiterinnengenössen. DaS hindert natürlich nicht, daß jetzt dieser Plan zurAusführung kommen soll. Aus einem Bericht über eine Sitzung derOrtsarmenbehörde in Ulm geht hervor, daß der Fabrikinspektor de?Bezirks darum ersucht, die am Ort thätigen Diakonissinnen undbarmherzigen Schivestern als Vertrauenssranen aufstellen zu dürfen,um diese Einrichtung nicht in die Hände derSozialdemokratie fallen zu lassen. Man kann gegendie von den Geiverkschaften aufgestellten Vertrauensmänner nichtseinwenden, aber weils Sozialdemokralen sind, ärgert man sich eben.Wenn man die einzig richtigen Vertreterinnen zur Vermittelung auf-stellen wollte, Arbeilerinnen selbst, so befürchtet man dasselbe unddas kann im Musterstaate nicht sei», daher versucht man den Ar-beiterinnen-Diakonissinnen auszuoktroyiren.—— Chronik der MajestätSbeleidigungS-Prozefse.Die Strafkammer in L i e g n i tz verurtheilte einen Arbeiter namensKuppisch wegen Beleidigung der K a i s e r i n zu der außerordent-lieh hohen Strafe von einem Jahr 6 Monaten Gr-sängniß.—Oesterrekch.— Der österreichisch« Kaiser hat sich mit der allenRegeln des Parlamentarismus wiverfprechenden und allgemein alsbrutal und gesetzwidrig gekennzeichneten Behandlung der Oppositiondurch die beide» Vizepräfidenten deS Abgeordnetenhauses solidarischerklärt, er sprach denselben bei einem mit Absichilichkeit veranlaßtenEmpfange seine Zufriedenheit aus über ihre Ausdauer, sowie überdie ruhige und feste Führung der Verhandlungen im Abgeordneten-Hanse.Ein derartiges Hervortreten deS Monarchen hat den monarchi-schen Institutionen selten genützt.—Wie», 4. November. Die»Neue Freie Presse" meldet: DieRegierung beabsichtigt, falls es in der heutigen Nachtsitzung zugroße» Tumulten kommen sollte, den ReichSrath sofortzu vertagen. Pafsirt daS Ansgleicbs- Provisorium, die ersteLesung, dann erfolgt die Vertagung Mitte November. Die Vertagungwird mehrere Monate dauern. Die Hoffnung» daS AuS-g le i ch S- P ro v i s or i u m durch den Reichsrath votirtzu erhalten, ist aufgegeben.—Wien, S.November. Abgeordnetenhaus. In Beant-wortung einer Aufrage DaSzinSki'S(Soz.) betreffend dieprotokollarische Aufnahme von Interpellationen, welche in fremdenSprachen gestellt werden, erklärt Vizepräsident Abrabamowicz, dieGeschäftsordnung enthalte kein« hieraus bezügliche Bestimmung, dieEntscheidung über diese Frage liege bei dem zukünftigen Präsidentendes Hanfes, dessen Entscheidungen er nicht vorgreifen wolle. DerVizepräsident beantwortet hierauf verschiedene Anfrage», warummehrcrenAbgeordnetendasWortzurformalenGeschäflsbehandlungnichterlheilt worden sei, verweist aus die stürmische» Szenen der letztenSitzung sowie ans die Bestimmungen der Geschäftsordnung underklärt, das Präsidium des Hauses werde auch weiterhin dieGeschäftsordnung so handhaben, wie sie gehandhabt werden solle,uneiiigeschüchtert durch Vorkommnisse und Drohungen, weil dasPräsidium von der Ueberzeugung ausgehe, durch eine derartigeHandhabung der Geschäftsordnung in erster Reihe dem Wohle derAllgemeinheit, dem Wohle des Staates zu dienen, vor allem aber dieVerfassung in Schutz zu nehmen.(Lebhafter Beifall, Händeklatschenrechts; Lärm links.) Schönerer beantragt namentliche Abstimmung übereine Petition, worauf eine zweite namentliche Abstimmung aus einenähnlichen Antrag des Abgeordneten Herbst folgt. Die Sitzungdauert fort.Nach fünf namentlichen Abstimmungen unterbrach VizepräsidentKramarcz die öffentliche Sitzung und beraumte«ine geheime Sitzungbehufs Richtigstellung deS ProtokolleS der letzten geheimen Sitzungan. Die geheim» Sitzung dauert fort.—— Im Wiener Gemeinderathe erklärt» der Bürger-meister Dr. L u e g e r in Beantwortung einer Interpellation deSliberalen Gemeinderathsmitgliedes Mittler, es sei vollkommenunwahr, daß er irgendwie mitgewirkt habe, die Obstruktionsparteienzu vergewaltigen. Er wies sodann die in dem Briefe des ProfessorsM o m m f e n an die„N. fr. Presse" enthaltene Beleidigung der WienerBevölkerung, die in den Worten liege, die Bevölkerung fei lendenlahm,volklos und ehrlos, entschieden zurück nnd rief Mo„msm zu:»Hand weg von Oesterreich!" Im Verlaufe der Sitzung wurde derdeutsch-nationale Gemeinderath Gruber wegen verschiedenerZwischenrufe von der heutigen und der nächsten Sitzung ans»geschlossen. Gruber leistete jedoch der d r« i in a l i g e n Auf-fordern ng, den Saal zu verlassen, keineFolge undblieb auch auf seinem Platze, nachdem der Bürgermeister den Amts-diener aufgefordert hatte. Gruber zu berühre». Im weiteren Ver-laufe der Sitzung wurde auch der G e m e i n d e r a t hT o m a n e k aus demselben Grunde von der heutigen und dernächsten Sitzung ausgeschlossen. Der Bürgermeister unter-brach hierauf die Sitzung. Nach Wiederaufnahme derselben schloßder Bürgermeister dieselbe wieder, indem er bemerkte, er könne inAnwesenheit der beiden ansgefchlossenen Gemeinderäthe keine Geschäfte erledigen. Erwerb« indessen über de»Vorfallder Staatsanwaltschaft Bericht erstatten.Eine Versammlung der Deutschnationalen in dem Etablissement„Zu den drei Engeln" nahm die Mittheilung desGemeinderalheS Tomanek, daß der Bürgermeister Lueger erklärthabe, gegen die renitenten Deutschnationalen Anzeig« bei der Staats-anwaltschast erstatten zu wollen, mit nicht wiederzugebenden Be-schimpsiitige» Lueger's, der Christlich-Sozialen und der Klerikalen aus.Die Polizeiknüppelwirthschaft im Wiener Rathhause wird dieSympathie für die antisemitische Wirthschaft nicht vermehren.—Ungar««.Budapest, 4. November. Abgeordnetenhaus. Minister»Präsident Baron Banffy erklärt« in Beantwortung der InterpellationSerban'S wegen der Verleihung eineS OrdenS an denMinisterialrath Dr. JeSzenSky durch den Königvon Rumänien: Wie er bereits gestern erwähnt habe, gehöredie Interpellation nicht vor dieses HauS; er wolle nur auf diegestrige Bemerkung Serban'S«lngehen, nach welcher nicht zwischenRumänien und Ungarn, sondern zwischen der rumänischen undder ungarischen Regierung Gegensätze bestehen, und hinzufügen.auch Gegensätze zwischen der rumänischen und ungarischenRegierung beständen nicht, sondern«S beständen nur Gegensätzezwischen der ungarischen Nation und den rumänischen Agitatoren,deren größter Theil die Agitation als Erwerbszweig betreibe. DieAntwort»vurde zur Kenntniß genommen.Man sieht, daß man auch in Ungarn kein« anderen geistigenWaffen gegen unbequeme Volksbewegungen hat, wie anderwärts.Daß die rumänisch national« Propaganda ihre innere Berechtigungdurch die brutale und gesetzwidrig« MagyarisirungSpolitik derungarischen Machthaber erhält, daS ivagt in dem ungarischen Paria-mentShause kein Mann zu sagen, und doch hat Ungarn 2 Söl SOSrumänische Einwohner unter seiner Gesamuitbevölkerung von17 463 791 Seelen.—Schweiz.Bern» 3. November.(Franks. Ztg.) Der B undeSrath hatgegen den brasilianischen Generalkonsul Dr. PedroKorde in Genf ein« Untersuchung angeordnet, da derselbe ingesetzwidriger Weise die AnSwanderung von Schweizern nachSao Paulo(Brasilien) betrieb; die Auswanderer gerathen dort i»das bitterste Elend,Vom Standpunkte deS Völkerrechtes ist der Fall hochinteressant,daß ein diplomatischer Vertreter für eine im Interesse seines LandesauSgeführle Handlung von dem Staate, bei dem er beglaubigt ist,gerichtlichlich belangt wird.—Bern, 3. November. Die Schweiz hat mit Chile einea n dels Übereinkunft auf der Grundlage der Meist-e g ü u st i g u n g abgeschlossen. Cbile darf jedoch den latino-amerikanischen Republiken für ihre LandeSprodukte besondere Zollbegünstigungen gewähren, die von der Schweiz aus grund der Meist-begüostigung nicht beansprucht werden, so lange dritte Staaten vondenselben ebenfalls ausgefchlosfen bleiben.—Zürich, 2. November.(Eig. Ber.) Die städtischen Behördenhaben mit der KantonSregieriing einen Vertrag abgeschlossen be-treffend die Ausdehnung der unentgeltlichen Krankenpflege durch diePoliklinik auf mittellose Kranke. Di« Ausgaben sind a»f 21000 biS28 000 Fr. pro Jahr veranschlagt, wovon allein 14 000 Fr. fürMedikament«. Ferner sollen an der Sladtgrenze zwei Aerzte an-gestellt werden für Krankenbesuche. Der Vertrag wird dem Volkezur Abstimmung vorgelegt.—Genf, 2. November.(Eig. Ber.) Nach Zürich wird nun derKanton Genf der zweite Schweizerkanton und Staat sein, der einensozialistischen Minister erhält. AIS Konzession für dievon unseren Genossen bei den National- und EiänderathS-Wahlenim vorigen Herbste den Radikalen geleistete Unterstützmig überlassenletztere bei den am nächsten Sonntag stattfindenden RegiernngSrathS-Wahlen den Sozialdemokraten«inen Sitz. Es ist nun GenosseT hie band, Gcoßrath(Landtags- Abgeordneter und Redakteurvon„Le Peuple de Genöve") als sozialistischer Kandidat aufgestelltworden. Ein Eitz wird den Konservativen überlassen, so daß dieRadikalen sieben Mandate für sich behalten.—Frankreich.— D i e Pariser Börse setzt alle Mittel in Bewegung,um die geringfügige Bestenerung ausländischer Werthpapier« zu ver-hindern.Englaud.Glasgow, 4. November. Der Staatssekretär für dl« KolonienC h a in b e r 1 a i n hielt gestern Abend in einer ihm als Lord-Rektorder Universität zu Ehren veranstalteten nicht öffentlichen Versamm-luiig«ine Rede, in deren Verlauf er seine Ansicht dahin aussprach,daß die Verhältnisse, welche eimual das Land in eine Lage der Ver-Wickelung, wenn nicht aktueller Gefahr, brachten, sich nun-mehr vollkommen anders gestaltet hätten, und daß die B«»ziehungen Englands zu Süd- Afrika besser seienals feit langer Zeit. ES läge» durchaus befriedigende Anzeichendafür vor, daß Forderungen nach einem engerenZusammenschluß aus den Kolonien nach Englandgelangen würden. Er glaub«, daß die Aussicht auf ein wirk-(ich vereinigtes Reich eine Frage der praktischen Politikiverde.Italien«Rom, 0. November. Wie die„Opinione" meldet, ist dasWiederzusammentreten deS Parlaments, wie in denBorjahren, für End« November in Aussicht genommen.—— EntHaftung sozlakistischerRedakteure. Gegendie Redaktion deS sozialistischen Blattes„Avanti" ging die italienischeRegierung in letzterer Zeit sehr scharf vor. Sobald in oder umRom eiwaS Außergewöhnliches passirte, konnte man sicher daraufrechnen, daß gleich darauf irgend ein Mitglied der„Avanti"-Redaktion dingfest gemacht wurde, um dafür zu büßen, und es gabeiten, wo fast der ganze RedaktionSstab des Blattes in Haft war.ber blinder Eifer schadet nur— daS mußte zu ihrem Leidwesenauch die italienische Regierung erkennen; vor Gericht konnte keineder ausgeführten Verhaftungen zn Recht bestehen, und die Ver-hafteten wurden sämmtlich wieder entlassen. In den letzlen Tagenwurden nicht weniger als fünf Mitglieder der„Avanti"-Redaktionder Freiheit wiedergegeben. Zuerst der Redakteur Cherubino Trenta,der ali Mitschuldiger deS Attentäters Acciarito verhaftet wordenwar; die Anklage erwies sich als ganz haltlos und irnißte niedergeschlagen werden. Ihm folgt« der Lokalredakteur Podrecca, derwegen der in Montecompali vorgekommenen Unruhen festgenommenworden war. Dann wurden der Zeichner Galantara und zweiandere Redaktionsmitglieder freigelassen, die anläßlich der Antisteuer-Agitation verhastet worden waren. Die Regierung deS HerrnRudint hat sich also wieder einmal gründlich blamirt.—Spanie«.Madrid, S. November. Der Ministerrath beauftragte denMariueininister Bermejo und den KriegSiiiinister Correa,«ineDenkschrift über Schiffsbauten und über den Ankaufvon Material auszuarbeiien, und erlheilte dem Gouverneur derPhilippinen die Vollmacht, die Familien der Auf-ständischen zu begnadigen. Der KriegSminister Correawird Maßnahmen treffen hinsichtlich der Amnestie von Personen aufPorioriko. welch« wegen politischer Vergehen veruriheilt find.Der Finanzminister Puigcerver gab«inen Ueberblick über dieStaatseinnahmen im Monat Oltober, welche etwa 700 000 Pesetasgeringer seien alt diejenigen im Oktober 1896: die AuSsälleseien den Mindereinnahmen für Loskauf vom Militärdienst nnd fürZölle zuzuschreiben. Minisleipräsident Sagasta erörterte die Frage,ob die Worte W e y l e r' S vor Aufgabe seines Kommandos Ver-anlaffuiig zu gerichtlichem Einschreiten gäben. DerMinisterrath beschloß, sich Klarheit über die Wort« zu verschassen,sobald Weyler in Santander eingetroffen sein werde.—Barcelona, 4. November. Gestern Abend wurden die letztenangeblichen Anarchisten, die in Monljuich gesangen gehalten wordenwaren, sreigelassen.—Rnstland.— Verhaftungen. Im August ist in Nowgorod«inegeheime Druckerei in die Hände der Polizei gerathen. ES sinddabei nach einer Mitlheilnng 16. nach einer anderen 32 Personenverhaftet worden. Anfangs September haben in T u l e Ber«baflungen stattgefunden. Es sind verhaftet worden der StatistikerBoikow, Nikolai Welilschlin und drei Arbeiter, welche auS Moskaunach Tule ausgewiesen worden waren. Ee sind noch weitere Verhaftungenvorgenommen worden, da jedoch mehrere nach ein paar Tagen aus �der Hast«ntlassen worden sind, so kann nicht festgestellt werden, wieviel sich jetzt in Haft befinden. In Narwa sird im August fünfPersonen verhastet worden.—— DiernssischePolizeinnddiePressi stehen fürgewöhnlich nicht auf dem besten Fuße mit«inander und dierussisch« Preff« hat wohl auch noch nie GnieS von der russischenPolizei erfahren. Anders steht'S mit der ausländischen Presse,oder wenigstens mit deren Vertretern, die nach Rußlandkommen, um über Rußland zu schreiben. Diesen gegen«über trieft die russisch« Polizei von Liebenswürdigkeit. Wirerzählten schon vor Monaten nach Privatbriefen, daß ZeitungS-korrespondenten, die zu den Festlichkeiten anläßlich der letztendeutschen und französischen Hofbesuche nach Rußland geschickt waren,an der Grenze von als Genlleinen gekleideten Polizisten in Empfanggenommen, überall hingeführt und überall freigebalten wurden.Seitdem haben wir weiter» Nachrichten empfangen. Voneinem amerikanischen und von einem englischen Korrespondenten.die jetzt nach mehrmonatlichem Aufenthalt in Rußland zurückgekehrtsind, hören wir, daß es ihnen genau so ergangen ist. wie wir damalsschilderten. Sie konnten sich der russischen Polizei nicht erwehren.Liebenswürdige Begleiter gingen ihnen nicht von der Seite, undwohin st« kamen, wurden sie von den Behörden mit gleicherLiebenswürdigkeit aufgenommen und— nie auS den Augengelassen. Vor lauter Liebenswürdigkeit kamen sie nichtdazu, selbständig etwas zu sehen. Jeder Versuch, die freund.liche Gesellschaft abzuschütteln, scheiterte an der heftigen Liebens-Würdigkeit, die um so»nwiderstehlicher war, alZ sie nach Jnchleitund sibirischen Bergwerken roch.Unser Engländer und unser Amerikaner sind nicht aus de»Leim gegangen.So aber macht man heutzutage die„P ot« mkin' s ch«»Dörfer".—Türkei.Koustantlnopel,« November.(Meldung deS Wiener K. K.Telegr.. Corresp.- BureauS.) In den Friedensverhandlungen boffen die griechischen Bevollmächtigien aus eine Einigungüber die Entschädigungsfrage: dagegen befürchtet man, daß inbetreff der Abänderung der Kapilnlationen ein Schiedsgerichtder Mächte iinvermeidlich sein werde.Wie verlautet, hat sich die Gienzberichtigungs-Kommission dahinausgesprochen, daß die Position von Nezero» welch«Griechenland zurückverlangte, der Türkei verbleiben solle.—-Griechenland.Athen, 3. November. Die Deputirtenkammer ist auf den12. d. M. znsaiilmenbernfen worden. Das Eintreffen der türkischenKonsulii wird morgen erwartet; da? Dekret, durch welche? sie an»erkannt werden, ist unlerzeichnet worden.Die Regierung richlele an die Vertreter der fremden Mächt«eine Note, in welcher sie mit Nachdruck auf die Langsamkeit derBerhandtniigen belreffend den Abschluß deS definitiven Frieden?verweist.Afrika.— Vom«n g l i sch- fr a nz ö si sch en Nigerkonflikterfährt das„Reuier'sche Bureau": Sobald bekannt geworden war,daß eine französische Triippenablheilung die Grenze zwischen Dahomeyund LagoS Überschritten und Sali besetzt halte, wurde von demGouverneur von Lagos eine Abiheilung englischer Truppen entsandt.bei deren Ankunft sich die Franzosen zurückzogen. Kishi ist nochimmer von französischen Streitkräften besetzt.—Amerika.— DI« längst« ParlamentSrede. Wir haben gleichnach der denkwürdigen Nachtsitznng deS österreichischen Abgeordnetenhauses. in der Dr. Lecher seine Zwöls-Stunden-Red« gehalten hat,nach der„N. Fr. Pr.", aus ähnliche oralorisch« Nraftleistungen inanderen Parlamenten, namentlich im englischen, hingewiesen, dieaber in bezng ans die iinunterbrochc»« Ansdaner der Rede Lecher'?nicht gleichloninien. Man muß, schreibt das genannte Blatt, biSnach Amerika, dem Lande der niigehenren Dimensionen, gehen, umdort einen Redner zu finden, dessen Rekord bisher noch nicht geschlagenworden ist. Allerdings muß man bedenken, daß in den Parlamente»Englands und Amerikas den Rednern daS Vorlesen von Schrisistücken? �stattet ist, während Dr. Lecher zwölf Slnndeii lang ganz frei ge-prochen hat. Die erwähnte längste Rede wurde im Jahre 1393 in dergesetzgebenden Versammlung von Brilisch-Colnmbien gehalten, derdamals eine Vorlage unterbreitet worden war, welche beantragte.vielen Ansiedlern ihren Landbesitz zu nehmen. Dieselbe kam amTage vor Schluß der Session zur Debatte. Falls dieselbe nicht vorder MittagSstniide um nächsten Tag« zum Gesetz erhoben war, konntedie Konfiskation des Landes nicht stattfinden. Das Parlaments-Mitglied De CosmoS erhielt das Wort. Er fing um 10 Uhr morgenZgegen die Vorlage»n sprechen an. Sein« Freunde glaubten, erwürde um 2 Uhr geendet haben und«ine Abstimmung über die-selb« dann stattfinden. 1 Uhr kam und der Redner hatte kaumden Gegenstand berührt. CS schlug L Uhr.,. und n sagte: