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Der Kriegsblinde und seine Frau.

Ein kriegsblinder Genosse schreibt uns:

Die gefeßlich geschlossene Ehe ist eine Einrichtung von hoher Be deutung in unserer Gesellschaftsordnung. Zufriedenheit und häus­licher Frieden sind die Grundlagen des ehelichen Glückes. Nich: felten wird das eheliche Glück durch soziale und wirtschaftliche Schwierig feiten erschüttert. Wer sich der Verantwortung einer ehelichen Ge­meinschaft bewußt ist, wird es begreifen, daß das Eingehen eines Ehebündnisses wohl bedacht werden muß. Christiane von Schweden hat dies recht trefflich mit den Worten gekennzeichnet: Bur Heirat gehört mehr Mut, als in den Krieg zu ziehen."

Die Verhältnisse im Eheleben unserer Kriegsblin den verdienen besondere Beachtung. Der ideelle Wert, der hier verborgen liegt, ist ein tiefer Brunnen, aus dem ein Schriftsteller unermeßlichen Stoff für einen guten Roman zu schöpfen imftande wäre. Wie ein junger Baum, dessen Rinde freventlich beschädigt wurde, verkümmert und nur unter besonderer Pflege weitergedeihen tann, so auch ein Mensch, der im jugendlichen Lebensalter seinen föftlichsten Sinn, das Augenlicht, opfern mußte. Der Entschluß einer Frau, einem Kriegsblinden als Lebensgefährtin anzugehören, fann daher nicht hoch genug anerkannt werden. Nicht an die materiellen Bedürfnisse denke ich dabei. Der ideelle Wert, das moralische Geseh in uns ist es, das hierbei besondere Beachtung verdient. Wie groß ist doch das Opfer, das nach dieser Richtung hin eine Frau nicht nur dem Kriegsblinden, sondern auch dem Baterlande gegenüber bringt. Die Frau ist außerordentlichen Mühen und Zeitaufwendungen unter­worfen; sie soll dem Kriegsblinden angehören, ihn betreuen nach dem Grundsay:" Freud und Leid mit dir zu teilen". Die Hilfeleistung der Frau ist nicht klein, wenn sie ihren Mann auf den unbedingt notwendigen Spaziergängen und auf den Wegen von und zur Arbeitsstelle begleiten muß, fie wird größer in bezug auf geistige Unterhaltung und Weiterbildung. Die beiden Ehegatten sind noch ftärker als andere Menschen darauf angewiesen, die seelische Har monie so abzustimmen, daß der häusliche Frieden von vornherein gewahrt bleibt. Der Mann muß besonders taktvoll sein in der Be­handlung seiner Frau; er muß sich ihrer Mühewaltung und auf opfernden Tätigkeit stets erinnern. Die Frau hingegen darf nie ver­gessen, daß ihrem Manne das Wort aus Goethes Faust: Entbehren follst du, mußt entbehren" deutlich fühlbar und wider feinen Willen in die Seele geprägt worden ist. Die Mühewaltung der Frau wird aber dort noch gesteigert, wo pflege- und erziehungsbedürftige Kinder im Hause sind.

Nur wer Erfahrung in diefen Dingen besitzt, fann das alles ver­stehen. Der Leser aber wird gebeten, zu versuchen, sich hineinzu­denken in das Cheleben eines Kriegsblinden. Wenn öffentliche Mei­nung und gefeßgebende Kreise zum Verständnis und zur Einsicht gelangen, wird es möglich sein, den gerechten Forderungen der Kriegsblinden auf freie ärztliche Behandlung für die Frau in Krant­heitsfällen sowie Gewährung einer austömmlichen Rente an die Witwe eines Kriegsblinden auch dann, wenn dessen Tod keine direkte Folge seiner Kriegsverlegung ist, zur Erfüllung zu helfen. Bisher hat man bei den maßgebenden Kreifen für diese Forderungen nicht das notwendige Verständnis bemerkt. Das Ableben eines er­blindeten Feldzugsteilnehmers ist fast immer, mittelbar oder un­mittelbar, eine Folge feiner Kriegsverletzung. Seelische Leiden schwächen die Widerstandskraft des Körpers; wer aber hat feelisch mehr zu leiden und zu erdulden als ein Kriegsblinder! Gedenkt das Baterland bei Lebzeiten der Kriegsblinden, soll es auch die nicht vergeffen, die aus freiem Entschluß und unter großen Opfern in treuer Kameradschaft einem Hilfsbedürftigen einen befcheidenen Ersatz zu geben versuchen für etwas, was in Wirklichkeit unerfehlich ist und die dabei unter Verzicht auf manchen anderen Lebenswert Jugend und Kraft verbrauchen.

Die alte Jungfer.

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Die heutige Zeit ist schwer. Rein Mensch zweifelt daran. Wie das Herbeischaffen des zum Lebensunterhalt einer Familie gehörigen Geldes den Mann zermürbt, so lastet es auf der Frau, den Haushalt mit Aufbietung aller Kraft und oft darüber hinaus ringen Mitteln zu führen. Doch es ist etwas unabänderliches, darum muß es geleistet werden. Pflicht der Familie ist es, daß es in einer Atmosphäre geschieht, die trägt, und nicht innerhalb einer, die er= schwert und herabzieht. Schon daß man zu zweit, wo die Kinder helfen, zu mehreren, arbeitet und sorgt, ist Erleichterung wie steht es da mit der unverheirateten Frau?

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Es besteht kaum ein Unterschied in dem Unluftgefühl des Teller abwaschens, die sofort wieder unsauber werden, in der ganzen Haus­arbeit, die sich jeden Tag in gleicher Weise erneut, und der eintönigen Tätigkeit einer Kontoristin, Fabritarbeiterin oder Berfäuferin. Die Arbeit als solche macht weder diese noch jene froh. Beiden fehlt im Einerlei des Alltags die Kraft, sich als fegenbringende, dienende Belle eines großen Organismus zu fühlen. Beide haben tags feine Zeit Mensch zu sein, die Arbeit läßt sie nicht zen Leben kommen, und eine erdrückende Freudlosigkeit liegt wie ein Nebel auf ihnen. Dann aber fommt der Abend, die Nacht und schenkt der Frau ein Glück, aus dem fie je nach ihrer Art mehr oder weniger Kraft für den kommen­den Tag schöpft. Dem sogenannten anständigen Mädchen aus gutem Haufe" bringt er nichts, oder nur sehnende, aufreibende Träume einer ungelebten Erotit.

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Das auch heute noch herrschende Sittengesek verlangt als Ziel einer Liebe zwischen Mann und Frau die legitime Vereinigung. Es fragt nicht danach, ob diese zwei Menschen ihrer Beranlagung und ihren pefuniären Verhältnissen nach wohl dazu geschaffen sind, das Mysterium der Liebe zu feiern, aber feineswegs das Martyrium des Alltags miteinander ertragen fönnten. Das fatte Philisterium männ lichen und weiblichen Geschlechts sieht nicht die Berheerungen, die das verfümmerte Liebesleben in der Seele und dem Körper ihrer darbenden Schwestern anrichtet. Oder aber es sieht sie, lacht darüber, zuckt die Achsein und hat den Spottnamen: alte Jungfer erfunden. Höherstehende wissen von Sexualpsychologie, ahnen die übermensch lichen, entnervenden Kämpfe, die ein leidenschaftliches, sein Weib­tum empfindendes Mädchen gegen Erziehung, Kindesliebe und Sittenfoder auszufechten hat; aber sie haben wichtigeres zu denken und zu handeln, und auch sie schreiten achtlos über diese tiefe Seelen­not hinweg. Und doch gehört, im Gegensatz zu dem hausfraulichen Elend, nur etwas guter Wille dazu, um aus der versengenden Glut unerlaubter Erotik leuchtende, fruchtbringende Glückskraft zu schaffen. Sobald die Gesamtheit dem Liebesleben der unverheirateten Frau die gleichen weiten Grenzen einräumt wie dem Mann, ist ein namenloses Elend aus der Welt geschafft. Noch heute kann der ftaatlich angestellten unverheirateten Lehrerin, die sich Mutter fühlt, gekündigt werden. Warum? Ist sie weniger geeignet auf Kinder verständnisinnig, erzieherisch einzuwirken, weil fie einem Kinde das Leben schenkt, als wenn fie einer vertogenen Enthaltsamkeit lebt? Das Schicksal der Unverheirateten ist unwürdig und eine unge­heure Gefahr für Hunderttausende, denen der Krieg mit seinen Folgen auch die letzte Hoffnung auf Erfüllung ihrer bescheidenen Lebens- und Liebesansprüche genommen hat. Wer übrigens aus diesen Aus­führungen lieft, daß sie einem schranken- und pflichtlosen Sichaus leben das Wort reden, der sieht falsch. Im Gegenteil! Nur der Oberflächenmensch, der über alle Erscheinungen hinweggleitet, ohne ihrem Zusammenhang nachzufinnen, bedenkt nicht, daß gerade aus der Forderung: Wahrheit und Gefühlsfreiheit für die unverheiratete Frau! heilende Gegenfraft für das oft ausschweifende Leben des Mannes erwächst.

Allzu schnell und bedenkenlos fnüpft und löst der Mann das. Verhältnis, an das ihn nichts als Sinnlichkeit fesselt, wenn er diefe nicht etwa noch eine Stufe tiefer fättigt. Verbindet ihn mit dem auf gleichem Niveau stehenden Mädchen produktiver Gedankenaustausch, weiß er, daß nicht sofort das Standesamt droht, wenn eine Kamerad schaft sich zur Freundschaft, zur Liebe wandelt, dann wird der Ber fehr beider Geschlechter ethisch reiner, förperlich gefünder und für jeden Teil zu tiefst beglückend sein.

Borbedingung: Das Gefez fennt feinen Unterschied zwischen ehelich und unehelich geborenem Kind. Jede erwachsene weibliche Person wird mit dem Titel Frau angeredet. Vor allem aber, das Odium der unehelichen Mutter fällt in jeder Gesellschaftsschicht fort. Der 9. November 1918 hat Deutschland sehr verändert. Neue Quellen find erschlossen worden. Aber die Entwickelungen find in der Knospe steden geblieben und warten auf Bliite und Frucht. Olga Spiero.

Auswanderung Jugendlicher.

Das Reichsministerium des Innern hat über die Auswanderung Jugendlicher folgende Bestimmung erlassen: Mädchen unter 18 Jahren bedürfen zur Auswanderung außer der Zustimmung des jenigen, der nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches den Aufenthalt zu bestimmen hat, der Genehmigung des Vormundschafts­gerichts. Die Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn ein eheliches Eltern oder nach Auflösung der Ehe mit demjenigen Elternteil aus­Kind mit feinen zur Ausübung der Berfonenforge berechtigten wandern will, dem die Sorge zusteht. Wird die erforderliche Ge­nehmigung nicht nachgewiesen, so dürfen diese Minderjährigen vom Beförderungsunternehmer nicht zur Beförderung angenommen und fönnen von den Polizeibehörden am Berlassen des Reichsgebietes verhindert werden.

Eine Frau, die Kinder gebieret, leistet dem allgemeinen Wesen mindestens denselben Dienst wie der Mann, der gegen einen er­oberungssüchtigen Feind Land und Herd mit seinem Leben ver teidigt.

Bebel.

In unseren Kulturstaaten verteilt sich das Ergebnis der Arbeit fait im umgekehrten Verhältnis zu der Arbeit, so daß die größten Anteile am gesellschaftlichen Einkommen denen zu fallen, die über­haupt nie gearbeitet haben, die nächstgrößten denen, deren Arbeit beinahe nur nominell ist, und so weiter herunter, indem die Ver gütung in gleichem Verhältnis zusammenschrumpft wie die Arbeit fchwerer und unangenehmer wird, bis endlich die ermüdendste und aufreibendste förperliche Arbeit nicht mit Gewißheit darauf rechnen fann, selbst nur den notwendigsten Lebensbedarf zu erwerben. John Stuart Mill .

Denn das Naturell der Frauen ist so nah mit Kunst verwandt.

Goethe.

Ein zornig Weib ist gleich getrübter Quelle, unrein und fumpfig, widrig ohne Schönheit, und ist sie so, wird feiner, noch so durstig. sie würdigen, einen Tropfen daraus zu trinken.

Shakespeare .