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Frauenftimme

Nr.19+ 41.Jahrgang

Beilage zum Vorwärts 18. September 1924

Wir wollen den Frieden!

Am Sonntag, den 21. September, werden in allen Ländern die wissen es alle, und wir wollen, daß es nicht wieder so kommt. freigewerkschaftlich organisierten Arbeiter zusammen mit den Sozial: Darum wollen wir als Sozialdemokraten die letzte Ursache aller demokraten Rundgebungen gegen den Krieg veranstalten. Kriege, die kapitalistische Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung In festlichen Massenversammlungen soll Forderung, und Gelöbnis umgestalten zur sozialistischen . Wir wollen den wilden Konkurrenz­zugleid) erklingen: Nie wieder Krieg! Werden die Regierungen den tampf der wenigen Befigenden um den größten Abfah ihrer Waren Ruf vernehmen? Wird er in den Tiefen der Völker widerhallen? auf dem Weltmarkt, um die Vermehrung ihres eigenen Reichtums Wir wissen es nicht. Nur eine Hoffnung haben wir, daß es so sein ohne Rücksicht auf Schaden oder Vorteil der Völker, beseitigen. An möge, daß die Sehnsucht nach dem Frieden in hellen Flammen auf seine Stelle wollen wir das Schaffen aller für alle, den Austausch lodern möge in den Herzen der Menschen. Daß aus dieser Sehn-| der Waren in der Welt, nach den Bedürfnissen der Völker jegen. sucht endlich der Wille geboren werde, der Zeit und Menschheit neu Auf dem Wege freier, friedlicher Vereinbarungen soll Handel und gestaltet.

Biel können die Frauen tun, daß es so werde. Es kommt nicht darauf an, daß wir rufen: Nie wieder Krieg!, sondern darauf, daß wir gleichzeitig wiffen: Wir wollen den Frieden! Nur in friedlicher Entwickelung, nach innen und außen, tann Kultur gedeihen, kann eine höhere Moral sich entwickeln, können all die Werte wieder erworben wer. den, die der Krieg zerschlagen hat. An uns ist es, den Abscheu vor dem Krieg lebendig sein zu lassen. Nicht wühlen im Leid der Vergangenheit, aber mahnen zur Abwehr für die Zukunfi!

Was haben wir getragen! Und doch gibt es müder, die es ruhig mit ansehen, wie ihre Kinder im Spiel den Krieg üben, wie ihre jun­gen Söhne und Töchter die rohe Ge­waltmoral verherrlichen. Und warum tun diese Mütter so? Weil sie ver­gessen haben, weil sie sich kraftlos müde in ihr Schicksal finden, weil sie neben ihrem eigenen Leben nie die furchtbare Tragödie eines ganzen Volkes miterleben fonnten. Aber wir Sozialistinnen, die wir bren­nend durch das Feuer liefen, haben die Pflicht, die Müden aufzurütteln;

عمو

b

Ewig Krieg?

,, Der Menschen Krieg währt immerdar" Ihr Träumer: Nein, es ist nicht wahr! Des Menschen Krieg währt seine Zeit Bis sich der Mensch vom Krieg befreit Und sein Geschick frei wie er denkt Mit Selbstbewußtsein selber lenkt.

Tief schau ich in der Dinge Strom, Von unten steigt des Friedens Dom, Jahrhundert auf Jahrhundert hebt

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Sich Stein auf Stein, das Bauwerk bebt, Doch fällt es nicht und wächst mit Macht Empor zu blaufristaliner Pracht.

سمة

Karl Hendel!

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محمد

Wandel in der Weltwirtschaft geregelt werden. Die Selbstherrschaft soll aus Staat und Wirtschaft verschwinden und der allgemeinen Verantwortung Play machen. Schiedsgerichte sollen über Streitigkeiten entscheiden. Im Völkerbund sollen alle Stacten ihre Interessen vertreten und ausgleichen. Darum verlangen wir den Eintritt und die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund. Wir Frauen, wir Mütter verlangen es, weil wir den Frieden wollen!

Wird die deutsche Regierung dem Gebot der Stunde folgen, wird sie den ehrlichen Friedenswillen großer Volksmassen achten und die Auf­nahme in den Völkerbund nach­suchen? Oder wird sie dem Druck der Deutschnationalen folgen, aus Grün­den der nationalen Ehre" die offene Lür zuschlagen und damit eine Hoff­nung hüben und drüben, ein Ver­trauen zu Deutschland vernichten? Um der nationalen Ehre" willen soll die Unschuld Deutschlands am Weltkrieg von seinen ehemaligen Kriegsgegnern anerkannt werden, ehe man sich mit ihnen an einen Tisch fetzt. Wir Sozialdemokraten haben die These von der Alieinschuld Deutschlands immer energisch zurück­

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den Verzweifelten Mut zu geben, die Egoisten niederzuhalten, da-| gewiesen. Aber ebenso energisch lehnen wir es ab, diejenigen von mit es nicht wieder so kommt.

Der Krieg 1914 tam wie ein Ungewitter über die beteiligten Bölker. Gewiß waren die Sturmzeichen da; der politisch Beob­achtende sah sie. Aber die große Masse war ahnungslos, wurde hingerissen in das Verhängnis. In wildem Wirbel stürzten die Gefühle dieser Masse Menschen durcheinander, nicht nur bei uns, sondern in der ganzen Welt. Schrecken und Begeisterung, Blut­rausch und Auflehnung fanden sich zum tollen Todestanz. Wen fümmerte das Weh der Millionen Frauen und Mütter, die nicht mit dem tollen Reigen waren? Wen die Schußlosigkeit der Kin­der? Das Blut verströmte, die Kräfte zerbrachen, die Moral ver­fant, aber weiter ging es, immer weiter!

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Wißt ihr noch, wie es gewesen ist? Beinahe 10 Millionen Tote im Felde der Ehre", 15 Millionen Tote in den am Krieg beteiligten Pändern mehr els vor dem Kriege. Sterblich Peitszunahme" heißt das in der Stafiftit wir wissen, daß es Kriegsopfer waren. Und das alles kostele den beteiligten Saaten rund tausend Milliarden Goldmark.

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Wißt ihr noch, wie es gewesen ist? Ja, ihr wißt es, wir

Schuld freizusprechen, die so lange zum Kriege gehezt haben, bis er da war; die cuch jetzt nicht anders fönnen, als immer von neuem der Heß zu schüren, das Vertrauen zu zerstören und deren ganze Aftion gegen den Eintritt in den Böllerbund nur den Zweck hat, die Verständigung, die Lösung aller Streitfragen auf friedlichem Wege zu verhindern. Die Deutschnationalen sind die Feinde des Friedens, für den wir gearbeitet haben in diesen fünf schweren Nachkriegs­jahren.

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Wehe, wenn der Ruf Nie wieder Krieg!" zum Schlagwort würde. Es wäre das schlimmste Verhängnis- vor allem für die Jugend. Heiliger, lohender Wille muß er werden. Die hohe fitiliche Idee der frieblichen Bemeinschaft der Völker muß siegen über die rche Gewaltmorel. Wir Frauen sind nicht mehr wie einst gebunden in unferem Schaffen für die Mensajenversöhnung. Wir können die Politik beeinflussen, wir können die Kulturentwidlung hemmen oder fördern. Zwei Wege gibt es: einer hirab in die Vergangenheit, einen hinauf in die Zukunft. Wir wollen den zufünftigen gehen, wie hart und steinig er fein mag: wir wollen den Frieden!

Clara Bohm- Schuch .