§21$X§ 144.Der§ 218 in Deutschlond, der 8 144 in Oesterreichsind nach wie vor unersättlich:«in« proletarische Frau nach deranderen wird ihnen hingeopfert. Einzig steht der Neuköllner Fallda— eine neue vernichtende Anklage gegen die menschliche Be-schränktheit. Di« Frau Stenzer unterzieht seit Monaten Tag fürTag in ihrer schmutzigen Küche die Frauen den Abtreibungsope-ralionen. Sie hat Zillauf von allen Seiten. Ein« Frau Lipowfkistirbt unter ihren Händen an einer Folgeerscheinung der Abtrei-bung— ein Unglücksfall, der unter Umständen auch einem ArztePassieren kann. Der Mann läuft, wie auch nicht anders zu erwartenwar, zur Polizei. Die»weise" Frau stürzt sich m den Teltowkanal.War es Reue um das Geschehelte oder Angst vor dem Gefängnis?Co oder anders, daß ein Arzt, dem ein ähnliches Unglück passiert ist,sich dos Lebe» genommen hätte, davon hat man bislang nichts gehört.Der Kampf gegen den 8 218 wird nach wie vor gefühtt— aller-dings nicht von den Massen der proletarischen Frauen: diese stehennoch immer abseits, als ginge sie das Ganze nichts an. In demaugenblicklich zum zweitenmal zur Verhandlung stehenden Prozessedes Apothekers Heiser hat sich der Angeklagte zum zweitenmalzu verantworten: der Staatsanwalt wollte sich mit den zwei JahrenGefängnis, die der erste Richter über Heiser verhängt hatte, nichtbegnügen und hat Berufung eingelegt. Heiler soll eine noch höhereStrafe erhalten, weil die Frauen ihn für ihren Lebensretterhalten.Das Gericht ist«in Lotteriespiel geworden. Je nachdem welchenStandpunkt der Richter vertritt, fällt die Strafe so oder so aus. InWien standen gerade in den letzten Tagen eine Anzahl Frauen undAerzt« vor dem Richter. Der Richter der zweiten Instanz hob in derRegel die harten Urteile der ersten auf. Di« Reaktionären wütenmit aller Macht gegen die Unmoral der Mütter, die sich wider denGeburteirzwanq auflehnen. Die österreichische SozialdemokratischePartei führt«inen hartnäckigen Kamps gegen den 8 144. Sie sorgtja auch gleichzeitig für Ausklärung unter den Frauen; das gleichetut die Zeitschrift für Sexualrefonn, die u. o. auch ein« Broschürevon Ioh. Ferch:»Geburtenbeschränkung oder Mutterschastszwang"herausgegeben hat.Neben dem Kampf gegen den 8 144 wird für die Aufklärungder Mütter über die Mittel zur Verhütung der Schwangerschaftgesorgt und gegen den Wucher mit diesen Mitteln ins Feld gezogen.In einer Reihe von Beratungsstellen erhalten die Frauen entsprechenden Rat. Bei einer Reihe von Aerzten können sie unentgeltlichuntersucht werden und wird ihnen das beste Mittel zur Verhütungder Schwangerschaft verabfolgt.Di« Wiener Einrichtung müht« auch in Berlin Fusj fassen. DieVerhütung der Schwangerschaft ist ungefährlicher und deshalb ratsamer als die Unterbrechung der Schwangerschaft. Der Kampf derFrau gegen den 8 218 und 8 144 muß aber in verstärktem Maßegefuhrt werden. Mit Erfolg gekrönt wird er nur dann sein, wenndie Massen der Frauen in ihn hineingezogen sein werden.Hausangestellte in Rumänien.Eil« deutsch« Zeitung bezeichnet« einmal Rumäniens Art,politische Verpflichtungen zu erfüllen, als mittelalterlich. Gilt nundies Wort für ein Gebiet, so für das der sozialen Verhältnisse, inSonderheit für die Stellung der Hausangestellten. Nur darf manden engen Zusammenhanq dieser Tatsache mit Rumäniens geschicht-licher Entwickelunq nicht vergessen. Handelt es sich doch hier um«in noch junges Volt, lange von den Türken unterdrückt und vonjeher an die größten Unterschiede zwischen Arm und Reich gewöhnt.So trägt noch heute das ganze Verhältnis zwischen Hausange-stellten und Herrschaft den Stempel des Patriarchalischen. Fürerster«, die von allen im Hause geduzt iverden, sind die Herrschafts-linder schon in den Steckkissen„Domnul"(Herr) und„Domnisoam"(Herrin), von denen man sich später willig alles gefallen läßt undkein»» höflichen Ton erwartet. Di« Herrschaft bestimmt in großenwie in kleinen Dingen über Wohl und Weh« der Dienerschaft undvon Rechts wegen steht dieser nicht das Geringst« zu. Es gibtalso keinen gesetzlichen Kündigungstermin, kein« Pflichtoerforgungim Krankheits- oder Jnvaliditätsfall, keinen Schutz vor Ueber-bürdung mit Arbelt oder schlechter Behandlung.Wer als Fremder in ein rumänisches Haus kommt, wundert sichzunächst über das ungepslegte Aussehen der Hausmädchen auch inersten Häusern. Das Barfußlausen im städtischen Haushalt, dasServieren auf Strümpfen, das Verrichten gröbster Arbeiten ohnejede Schürze sind an der Tagesordnung. Die Hausmädchen haben«insach zu wenig von den notivendigsten Dingen oder besitzen über-Haupt nichts. Von dem sehr niedrigen Gehalt können sie sich kaumetwas kaufen. Doch kommen sie gar nicht in die Lage. Geld auszu-geben, da die Hausfrau ihr Monatsgehalt anstehen läßt und nur hinund wieder dem Mädchen kaust, was sie unbedingt für nötig hält.Für manches junge Mädchen, das sein Geld nur verjubeln würde,mag dies gut sein. Das ist dann ein unbeabsichligter erzieherischerErfolg; bezweckt wird mit dem Zurückhalten des Geldes, die Mädchenlänger ans Haus zu ketten.„Sonst laufen sie mir jeden Monatdavon," erklärte mir eine rumänische Hausfrau,„und dem könnenwir»ns bei dem großen Mangel an Leuten nicht aussetzen."In der Tat ist der Mangel an nur einigermaßen anständigenund ehrlichen Leuten so groß, daß es verständlich scheint, wenn mandie einmal Gemieteten, die man mit ihren schlechte» und guten Seitenkennt, möglichst behatten will. So steckt man auch kleinere Diebstähl«ein, ohne darum gleich ein Mädchen zu entlassen. Ost sind es halb«Kinder, zwischen 14 und 18 Jahren, denen von Haus aus jedersittliche Halt fehlt. Aber weder Staat noch Familie schreiten helfendoder stützmd ein. Der ganz« Ton den Mädchen gegenüber verrätnur immer wieder, wie tief unter der eigenen Gesellschastsktassestehend sie von den Familien betrachtet werden.Es herrscht nämlich unter der dienenden Klasse Rumäniens auchin Inlellektueller Beziehung große Not. So sprach ich ein« jungeAmme, die wegen ungünstiger häuslicher Verhältnisse aus demLande nie«in Schulbuch gesehen hall Einen regelrechten Schul-zwang gibt es nicht. Viele gehen nur zwei, die übrigen die vorge-sehen«» vier Jahre In die Gemeinschaftsschule. Schlimm ist dielleberflllle des Stoffes im Verhältnis zu den wenigen Schuljahren.So gehen die nicht gründlich erworbenen ClemeMarkenntniss« baldwieder verloren, und die wenigsten können später noch lesen undschreiben.Von den beiden jungen Mädchen in unserem Hause beherrschtenur das allere beides! dos jüngere, von niemanden: angehalten,nahm sich nicht die Mühe, wieder von der Schwester zu lernen. Undweil das nur ein Fall für viel« ist, gibt es noch immer eine Füllevon Analphabeten. Wieviel Gutes könnt« hier eine Fortbildungs-schule wirkcnlSo aber gehört der ganze Tag körperlicher Arbeit, wenn auchweniger geleistet wird als bei uns, was zum Teil mit dem lieißerenKlima zusammenhängen mag. Einen freien Nachmittag in der Wochezum Flicken oder Stopfen gibt es nicht, abends wird im allgemeinenziemlich lange gearbeitet, und nur die Nachmittagsstunden jedeszweiten Sonntags gehören den Dienstznädchen. Dann sind-sie sichselbst überlasse», denn es besteht keine Einrichtung, die unseremBegriff Jugendpfiege auch nur nahe käme.Haben es die älteren Köchinnen, die gewöhnlich nicht über dasBereich ihrer Küche hinausseheil. mit mehr Freizeit, Jahresurlaubund höherem Gehalt besser(700 bis 1000 Lei. 12 bis 19 M.ungefähr), so werden die jungen Mädchen, die man sich direkt vomLande holt, mitunter in erschreckender Weise ausgenützt. Ich kenneeinen Fall, in dem das Mädchen von früh bis spät abends arbeitenmuß und dann nicht einmal ibr eigenes Bett hat, sondern miteinem anderen Mädchen«in Sosa teilen muß! Einen freienSonntag hat sie nie, und das Gehalt von 300 Lei ist natürlichjämmerlich. Sonst schwankt es bei den jüngeren Mädchen zwischen400 und 600 Lei(6 50 bis 10 M.) monatlich!In einem anderen Hause hatte das Mädchen wegen Krankheitgekündigt und forderte Ihr anstehendes Geld. Es wurde ihr mit derBegründung verweigert, sie solle erst einen Ersatz für sich herbei-schaffen. Weil dann die mitgebrachten Kolleginnen vor den Augender Hausfrau kein« Gnade fanden, zog die Kranke weinend ab. umweiter zu suchen. Und keine Stelle, die dem Mädchen in solchemAugenblick zu feinem Recht verhülfe! Wenn je so empfand ich hier-bei die traurig-rechtlofe Lage der �Hausangestellten in diesem Lande.Die weitaus geringere Zahl wird in Mieibureaus gemietet und hatdann einen bestimmten Kündigungstermin einzuhalten; die meistenDienstboten mietet man auf Grund persönlicher Empfehlung, unddann kann dem Mädchen jeden Tag gekündigt werden. An sich' kannauch das Mädchen jeden Tag kündigen, nur läßt man es in denseltensten Fällen gehen.Der anfangs erwähnte Zusammenhang dieser Berhällnisse mitRumäniens geschichtlich« Entwickelunq ist nun nickst der einzige Grundfür die schlechte Lag« der Hausangestellten; es sprechen auch die ver-schieden«» Nationen mit, aus denen sie sich zusammenfetzen. Nur dieHälft« von ihnen sind Rumäninnen, die übriaen sind Deutsche ausBesiarabien, Russinnen und Ungarinnen. Selbstverständlich fühltman für diese fremden Elemente nur gering« Verantwortung, ge-ringere noch als für die eigenen Landsleut«.Wie aber diese aus allen Ländern zusammengeströmten Menschenjemals zu einem Zusammenschluß kommen und selbst für ihr« Rechteeintreten sollen, bleibt ein« offen« Frage.Zurzeit sind sie sich noch nicht genug ihrer Lage bewußt undkönnen zu wenig mit Besserem vergleichen. Die paar Familie»nämlich, die dem Mangel an gutem Personal durch hohe Löhne undgute Behandlung entgegenzuarbeiten suchen, fallen noch zu wenigins Gewicht.Hier komnit es dann allerdings vor, daß ein kinderloses Ehepaarfünf Hausangestellt« hält, die nicht recht wissen, wie sie dl« Zeittotschlagen sollen und dafür fürstliche Gehälter beziehen.Wieder einmal Rumänien, das Land der Gegenfätzel I. R./tos üer Frauenbewegung.Der zwelke Inkernalionale Aerzkinnenkongreß tagt« In London.Zmn elften Mal« waren deutsche Aerztinnen vertreten, und zwarDr. Hermln« Heusler-Edenhulzen, Berlin, Dr. Ltli Meyer-Wedell,Hamburg, Dr. Laura Turnau und Dr. Toni von Langsdorfs, Essen.Als Ehrengast hatte man die Leiterin des bakteriologischen Institutesam Krankenhaus Moabit, Frau Professor Rabinowilsch-Kempnereingeladen. Auch die Türkei war durch eine Aerztin. die erste dort,vertreten, Dr. Sasieh Ali, die in Deutschland studiert und sich seiteinem Jahr in Konstantinopel niedergelassen hat. Was im übrigendie Zahl der in den Ländern praktizierenden Aerztinnen anbetrifft,so sind es in den Vereinigten Staaten 5000, in Südamerika 1200, InEngland 2000, in Deutschland annähernd ebensoviel, In Frankreichetwa 300. Bei den Kongreßbesuchern überwogen natürlich dl« Eng-lönderinnen, die von insgesamt 426 Teilnehmern 300 ausmachten.Die Aufnahm« der deutschen Aerztinnen war sehr herzlich.