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Vereinfachung des Haushalts.

In Zeitungen und Zeitschriften finden sich häufig Berichte über die einfache und leichte Art der Haushaltführung, die in Aerika allgemein üblich ist. Wohldurchdachte Arbeitsmethoden 1d zwed­mäßig eingerichtete kleine Wohnungen ermöglichen es der ameri fanischen Hausfrau, ihre Hausarbeit auf wenige Stunden täglich zusammenzudrängen, so daß ihr daneben noch genügend freie Belt zur Pflege ihrer geistigen Interessen bleibt. Frauenorganisationen und ernste Frauenzeitungen fördern die Bemühungen der Ameri­fanerinnen, sich von überflüssiger Hausarbeit möglichst zu befreien. lleber ernsthafte Bestrebungen gleicher Art wird aus Frant. reich berichtet. Dort war bereits lange vor dem Krieg der Ein, fauf halbfertiger zubereiteter Speisen( gepugte und gefochte Ge müse ufw.) viel allgemeiner gebräuchlich als in Deutschland . Be strebungen zu einer methodischen Umgestaltung des Haushaltes, ähnlich wie in Amerika , haben sich jedoch erst in den lezten Jahren Geltung verschafft. 1922 wurde eine Hausfrauenorganisation( Infti. tut d'Organisation Ménagère ) gegründet, die Propaganda macht für die Umgestaltung des Haushaltes nach amerikanischem Vorbild. Die Organisation gibt feit 1923 auch eine eigene Monatsschrift heraus. Im Sommer 1924 wurde auf einem Kongreß für wissen fchaftliche Arbeitsorganisation, der in Baris tagte, neben Referaten über die Gestaltung der Arbeit in verschiedenen Fabriken auch ein Vortrag über Frauenarbeit im Haushalt gehalten. Eine lebhafte Diskussion, auf dem Kongreß sowohl wie in der Presse, schloß fich an dieses Referat an.

In Australien , das bei der Berücksichtigung von Frauen forderungen schon seit Jahrzehnten mit an erster Stelle steht, ist das Interesse für die Bereinfachung des Haushalts besonders lebendig durch praktische und propagandistische Arbeit einer Architektin in Sidney.

Wien , die sozialistische Mustergemeinde, hat bei dem Neubau von Wohnungen den Mietern verschiedener Häuserblocks ganz moderne Dampfwäschereien mit elektrisch betriebenen Wasch. maschinen, Schleudermaschinen, Trockenanlagen und Rollen zur Ver­fügung gestellt. Die Monatswäsche von vier Personen fann dort an an einem halben Tage gewaschen, gerollt und gebügelt werden. Aehnliche Einrichtungen finden sich in England häufig.

Wie steht es in Deutschland ? Wir finden hier Bestre bungen zur Vereinfachung der Hausarbeit, die zum Teil bereits Jahrzehnte zurückliegen. Unsere Genofsinnen Lili Braun und Henriette Fürth haben, vornehmlich aus dem Gedanken her­aus, daß die berufstätige Frau von dem llebermaß an Hausarbeit befreit werden muß, eine lebhafte Propaganda zur Umgestaltung des Haushaltes entfaltet. Lili Braun wirkte in erster Linie für die Errichtung von Einfüchenhäusern, Henriette Fürth für die Abwäl zung vieler Hausarbeiten auf genossenschaftlich betriebene Einrich tungen.

1920 erschien die deutsche Uebersetzung eines Buches der Ame­rifanerin Christine Frederid Die rationelle Haushalt führung"( Berlag Springer, Berlin ). Es beschränkt sich auf den Borschlag, die Grundsätze wissenschaftlicher Betriebsführung auf den heutigen Haushalt zu übertragen, ohne an seiner Form viel zu ändern. Das Buch ist ungemein anregend und enthält vieles, was jede Hausfrau leicht in der Bragis verwirklichen fann. Ein Geleit. wort der Genoffin Adele Schreiber , das an der Spitze der deutschen Ausgabe steht, dokumentiert auch hier wieder das beson­dere Interesse sozialistischer Frauen an diesen Fragen.

In dem in Berlin bestehenden Verein für gemeinnüßige Einfüchenwirtschaft" find ebenfalls einige bekannte Genoffinnen tätig. Die Ungunst der Inflationsjahre hat aber offenbar die Tätig. teit dieses Vereins ziemlich gelähmt.

In den letzten Jahren famen Anregungen zur Bereinfachung der Wohnung und damit zur Erleichterung der Hausarbeit haupt. fächlich von fünstlerischer Seite. Hier wirft besonders eindrucksvoll das den Frauen gewidmete Buch des Architekten Bruno Taut Die neue Wohnung"( Berlag Klindhardt und Blermann, Leipzig 1924), das vor der Anschaffung von Möbeln von jedem Arbeiter paar gelesen werden sollte. Eine intereffante Ausgestaltung ähnlicher Gedanken ist das Beispielhaus des Staatlichen Bauhaufes in Weimar . Neuerdings beginnen die Hausfrauenverbände ihre Aufmert. famkeit der Bereinfachung des Haushaltes zuzuwenden. Der Mangel an Hauspersonal und die hohen Löhne der Aufwartefrauen zwingen viele Frauen des Bürgertums ihre ganze Hausarbeit oder doch einen größeren Teil als früher selbst zu beforgen. Ihr Wunsch, sich von einem Teil dieser Lasten zu befreien, findet in den Bestrebungen der Hausfrauenverbände. Ausdrud.

In den Reihen der sozialistischen Frauen mußte offen. bar in lezter Beit das Intereffe an solchen Bestrebungen zurüd treten vor dringenden politischen Aufgaben. Gerade die erwerbs. tätigen Frauen, die fidh vornehmlich um die Sozialdemokratie scharen, bedürfen aber dringend der Erleichterung in der Erfüllung ihrer hauswirtschaftlichen Pflichten. Diese Erleichterungen hängen zu einem großen Teil ab von dem zweckmäßigen Bau der Woh nungen und von ihrer vernünftigen Einrichtung. In Deutschland müssen in den kommenden Jahren Wohnungen gebaut werden. Der Wohnungsbau wird hauptsächlich in den Händen der Gemeinden liegen. Warten die Arbeiterfrauen tatenlos diesen Wohnungsbau ab, dann werden auch die Gemeinden nicht viel anders bauen wie früher die privaten Bauunternehmer: Komfortable Wohnungen ent­prechend dem neuesten Stand der Technik und der Hygiene für die Mohlhabenden, die ihre Hausarbeit anf Hausangestellte abwälzen können. Die Arbeiterfrau aber, die am Abend abgehegt aus der

Fabrik kommt, findet ihr häusliches Glüd" umschlossen von vier fahlen Mauern, die zwar Schuh gegen Wind und Wetter gewähren, die aber der Hausfrau die Arbeit nicht so erleichtern, wie das heut ist. Hier werden die Frauen unserer Partei mit ihren Forderungen zutage möglich und in größeren Wohnungen bereits durchgeführt einsetzen müssen. Von der Energie, mit der sie dafür eintreten, wird das Aussehen unserer zukünftigen Wohnungen abhängen. Auf Jahr. Behnte hinaus wird damit bestimmt werden können, wie viel Zeit und Kraft den Arbeiterfrauen bleibt für ihre Weiterbildung und für politisches Wirken im Intereffe des Proletariats.

Haushaltsausstellung in Wien .

Plus Wien wird uns geschrieben:

A. G.

Hier findet im Mai in Berbindung mit einer großen Hygieneausstellung eine zweite Ausstellung Der neue Haushalt" statt. Sie soll endlich zum erstenmal in Europa die Frage aufrollen, wie wir unseren fonservativen Haushalt, der in unserer modernen Zeit immer noch nach den Methoden der Ur großmütter geführt wird, so ausgestalten können, daß wir mit dem geringsten Maß an Geld, Zeit und Arbeit die Befriedigung aller Be dürfnisse der Haushaltsmitglieder erzielen können. Die Ausstellung foll zeigen, wie es anders, besser, zweckmäßiger gemacht werden kann. Deshalb soll sie vor allem eine große Erziehungsaufgabe haben, die die Frauen selbst mit den Frauen und für die Frauen- lösen wollen. In lebendiger, anschaulicher Art foll gezeigt werden, wie bis jetzt im Haushalt gearbeitet wurde, und wie wir arbeiten könn ten, wenn Techmit und Fortschritt, Betriebslehre und Chemie endlich in die Hauswirtschaft Eingang finden würden.

Die Hausfrauen selbst sollen ihre Erfahrungen, ihre Betriebstechnik, ihre praktischen Erfahrungen im Dienste der Ausstellung verwenden und die wertvollsten von ihnen sollen prämiiert werden, damit der Ehrgeiz geweckt und dem Haushalt dasselbe Studium zugewendet wird, wie der Fabrit. Denn nur wenn zielbewußt gearbeitet wird, hat die Arbeit sozialen Wert. Diese soziale Bertsteigerung der hauswirtschaftlichen Arbeit soll von dieser Ausstellung ausgehen. Die veranstaltenden Frauenorganisationen Desterreichs, darunter die Sozialdemokratinnen, hoffen, daß Industrie und Gewerbe, Hand­werk und Handel, die großen Wirtschaftsorganisationen, Siedlungs­genossenschaften und Konfumvereine, Kreditgenossenschaften und andere Wirtschaftsorganisationen bestrebt sein werden, dem Ziel dieser Ausstellung zu dienen. Es kann dadurch ein neues Arbeits­feld für die gesamte Wirtschaft gewonnen werden. Die Erfindungen, die verbesserten Einrichtungen, die Verwendung von arbeitsparenden Maschinen, Feuerungsmethoden, Handwerkzeug aller Art, fönnen neue Arbeitsgelegenheiten schaffen. Die neuen Wohn- und Siedlungsmethoden, wenn sie auch nicht von allen Frauen ver wendet werden können und vielleicht viele niemals in solchen mo­dernen Räumen wohnen werden, sollen der Volksgemeinschaft als Ziel und Aufgabe gezeigt werden.

Alle diese Aufgaben sind Aufgaben der Hygiene, der Volks gefundheit, der Volksentwicklung und deshalb sollen die beiden Ausstellungen aufammen arbeiten und gemeinsam dem einen großen Ziel dienen, wie wir die Gesamtheit unseres Boltes glücklicher und leistungsfähiger werden lassen.

Heimarbeitausstellung in Berlin .

Im Mai wird in Berlin eine Heimarbeitausstellung veranstaltet, zu der von den Gewerkschaften das Material beschafft wird. Die Lettung der Ausstellung wird in den Händen der Gesellschaft für foziale Reform" liegen. Die unter gleichen Voraussetzungen zustande getommene Heimarbeitausstellung von 1906 und die Ausstellung von 1908 in Frankfurt am Main wurden zu einem lauten Appell an bas öffentliche Gewiffen. Die propagandistische Wirkung diefer Aus­ftellungen mar außerordentlich start, fezte sich aber nur zum gering. ften Teil in wirksame Bekämpfung der Heimarbeiternot um. Erst ganz langfam, und vor allem nach der Berstärkung des Einfluffes der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften haben sich die Ber­hältnisse der Heimarbeiterinnen gebeffert. Elendsbilder, wie sie jedem Besucher der früheren Ausstellungen noch vor Augen stehen, werden sich bei der diesjährigen Ausstellung hoffentlich nicht entrollen laffen, menn freilich auch gerade die in der Heimarbeit tätigen, schlecht organisierten Frauen unter besonders ungünstigen Arbeitsbedingun gen zu leiden haben.

Gewerkschaftliche Frauenzeitung.

Es geht wieder aufwärts! Die Gewerkschaftliche Frauenzeitung" des ADGB. , die im Oftober 1923, wie fo manche andere Gewerkschaftszeitung, der Inflation zum Opfer fiel, erscheint seit Beginn dieses Jahres wieder. Die Zeitung hat in den neun Jahren ihres Bestehens sicher viel beigetragen zur Schulung ber gewerkschaftlich organisierten Frauen, die zu einem großen Tell auch Mitglied unserer Partel Find. Wir freuen as des neuen Mit­streiters und wünschen seinem Wirken weitere Erfolge.