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Das Weib als Sexualverbrecherin.

Bon L. Rosenthal.

Die Frau ist im höheren Maße Geschlechtswesen als der Mann, und ihre physische Konstitution und ihre physiologischen Funktionen beherrschen deshalb ihr Seelenleben stärker als das des Mannes. Gegenüber dem Manne ist für die Frau charakteristisch ein leber­wuchern des Gefühls über die Bernunft, geringere Feinfühligkeit, ftärtere Reaktion auf äußere Reize, größere Passivität in Berbin­bung mit erhöhter Vorsicht und Unentschlossenheit, stärkere Subjekti­vität und heftigere Neigung zur Grausamkeit. Neben dem Selbst­erhaltungstriebe ist in der Frau der Geschlechtstrieb am mächtigsten und wird deshalb auch besonders häufig zur Quelle von Verbrechen. Den Mann läßt der Kampf ums Dasein, den er in erster Linie zu führen hat, eher als die Frau zum Eigentums­verbrecher werden. Die Kriminalität des Weibes wird dagegen mehr durch ihre physische Beschaffenheit als durch soziale Verhältnisse be­dingt. So unterliegt das verbrecherische Weib auch seinen Sonder gesetzen, die erkannt und verstanden sein wollen, damit man der Frau gerecht werden, ihre verbrecherischen Handlungen richtig ein­schäzen und Mittel und Wege finden kann, um die Frau vor den Gefahren der Rechtsverletzung zu schützen, anstatt sie in das Elend des Gefängniffes und des Zuchthauses zu stürzen.

Da stößt man zu allererst auf die Verbrechen, die nur das Weib als solches begehen kann, wie Abtreibung und Kindesmord, Rindesausfegung und Kindesunterschiebung, Engelmacherei und Rinderhandel. Der mütterliche Instinkt wird hier gewoiffermaßen in sein Gegenteil verzerrt. Sind diese Verbrechen auch nur im Rahmen der sozialen Verhältnisse zu verstehen, so ist das Seelen­leben des Weibes doch auch schon hierbei durch physiologische Er­scheinungen beeinflußt. Die faum merkbaren seelischen Störungen, die Menstruation, Schwangerschaft und Klimakterium mit sich brin gen, müssen dabei immer wieder zur Erklärung herangezogen werden. Triebhafte Ladendiebstähle, Diebstähle feruell frühreifer Mädchen, deren lüfterne Begehrlichkeit darin Befriedigung findet, Brandstiftungen und mannigfache Berbrechen gegen Leben und Ge­fundheit der Mitmenschen zu begehen, finden in diesen törperlichen Zu­ftänden einen günstigen Nährboden. Eine Umkehrung des Mütterlich­teitsinstinttes bildet auch die mißhandelnde Züchtigung der eigenen Rinder. Hier fommt der Trieb zur Grausamkeit zum Ausdruck, der bei der Frau im allgemeinen stärker ausgeprägt ist als beim Manne. Das Weib vermag fich eben weniger zu beherrschen, ist leicht maß­los in Haß und Wut, schreckt unter Umständen nicht vor dem Aeußersten zurüd, macht sich feine Gedanken über die Folgen seiner Handlungen und fucht sich Helfer, wo immer es fie findet. Freilich Bann das Weib auch vorsichtig, hinterlistig und berechnend zu Werte gehen. Unbewußt paßt die Frau ihrer Natur die Art des Ver­brechens an, wägt ihre Kräfte und weiß auch ihre Schwächen Blug zu nügen. Deshalb gehören bestimmte Verbrechen hauptsächlich in die Domäne der Frau: der schleichende Giftmond, das hinterlistige Schwefelsäureattentat of Nebenbuhlerinnen und frühere Geliebte, Berleumdung, Meineid, geile Kuppelei und hysterischer Heirats­Ichwindel.

Alle diese Verbrechen entbehren ebensowenig der sexuellen Grundlage wie andere Berbrechen, die zwar auch vom Manne be­gangen werden, jedoch in der Art der Ausführung und in der Leidenschaftlichkeit der Tat das Weib ertennen lassen. Hier steht an erster Stelle der Gattenmord durch Gift oder Gewalt, allein oder unter Mithilfe des Geliebten oder selbst des eigenen Sohnes. Bald spielt dabei häusliches Elend, Alkoholismus des Mannes und rohe Behandlung durch den Mann, oft aber auch Un­treue und ähnliche Motive eine Rolle und veranlaßt die Frau, die nicht die Kraft und den Mut hat, sich vom Manne loszureißen, den Mann zu beseitigen. Auch beim Gattinnenmord ist das Weib oft die treibende Kraft für den Chemann des Opfers. Bei Verwandten morden streift die Frau leichter als der Mann die Blutsbande ab, wenn sie sich einmal auf die Bahn des Verbrechens begeben hat. Mit ihre Paffivität, die ihr ursprünglich Schuß bietet gegen die Ge­fahr, friminell zu werden, einmal erschüttert, so tennt sie in ihrer blinden Instinktbeherrschtheit feine Grenzen. Bei Selbstmord nimmt sie ihre Kinder mit in den Tod, weil sie als Gebärerin ein Recht auf ihr Leben zu haben glaubt. Schließlich gibt es aber auch fast teine Art männlicher Kriminalität, zu der nicht auch die Frau fähig wäre. Selbst vor einem Raubmorde schreckt sie nicht zurück. Hier nähert sie sich dem männlichen Typus und zeigt unter Um­ständen größere Aktivität als der Mann, geht nüchtern und be. rechnend zu Werke und weist Zähigkeit und Ausdauer bei der Ver­folgung ihrer Ziele auf.

Mannigfaltig find die Erscheinungsformen der sexuellen Krimi­nalität des Weibes. Die Schilderungen des auf diesem Gebiete her­vorragenden Forschers Dr. Wulffen in feinem vor nicht allzu langer Zeit erschienenen Buche" Das Weib als Serual. verbrecherin  "( Berlag von Dr. Paul Langenscheidt in Berlin  ) nehmen mehr als 400 Seiten Legitonformat ein. Dies Buch bildet gewiffermaßen die Ergänzung des doppelt so umfangreichen Werkes Der Segualverbrecher" des gleichen Verfassers. Beide Bände zusammen bilden ein Fundamentalwerk moderner Kriminal­pfychologie, wie es fein anderes Land aufzunveifen hat. Ausge­rüftet mit den neuesten Erkenntnissen der Psychologie und Psycho­pathologie und einer reichen Erfahrung in den geheimsten Tiefen des Seelenlebens, ist Dr. Wulffen, der ehemalige Staatsanwalt und jezige Ministerialbirettor und Leiter des Gefängniswesens in Sadyfen, mehr als irgend jemand in der Lage, eine erschöpfende Darstellung dieser tomplizierten Probleme zu geben. Das Buch ist

mit zahlreichen Beispielen und Illustrationen versehen. Was den Verfasser von den meisten seiner Kollegen unterscheidet, ist seine große, verstehende Liebe. Von diesem Gefühle sind seine Bücher in stärkstem Maße getragen. Nirgends vergißt Wulffen den unter feinem eigenen Verbrechen leidenden Menschen, der Opfer feiner psychologischen Konstitution und der sozialen Berhältnisse wird.

Zur Kulturgeschichte der Ehe.

Bon Erna Büsing.

Jede Generation hat das Recht auf ihren eigenen Stil, genau so gut, wie jedes Volk die Berechtigung zu eigenen Sitten und Ge­brauchen hat. Darum ist auch die Ehe, von einschneidender Be­deutung für das Einzelwesen und den Staat, unter den einzelnen Bölfern verschieden und war zu allen Zeiten verschieden. Ebenso haben die Zeremonien, die der Eheschließung voraufgehen, sich im Laufe der Zeiten als sehr wandelbar erwiesen.

Die katholische Kirche   verlangte früher ein Brautegamen, in welchem die Verlobten vor der kirchlichen Trauung einer Glaubens­prüfung unterzogen wurden. An seiner Stelle findet heute eine Be= lehrung über Pflichten und Rechte der Ehe durch den Geistlichen statt. Als Gewissensehe galt früher die protestantische Ehe, bei der ein landesherrlichen Dispens die Trauung erließ. Protestantische Fürsten fonnten sich selbst, ohne daß Aufsehen gemacht wurde, die Trauung erlassen. Die geistliche Gerichtsbarkeit, die im Mittelalter eine hoch­bedeufende Rolle spielte, ist in Deutschland   durch das Reichsgesetz vom 6. Februar 1875 und durch die Gerichtsverfassung vom 1. Oktober 1879 in weltlichen Angelegenheiten, auch in Chesachen, beseitigt. Das schon erwähnte Reichsgefeßt vom 6. Februar 1875 brachte es ferner mit sich, daß die Bivilehe zwischen Mitgliedern verschiedener christlicher Konfessionen, auch zwischen Christen und Nichtchriften, ohne weiteres zulässig ist. Nach Ansicht der katholischen Kirche   besteht zwischen Täuflingen und ihren Paten einerseits, sowie zwischen Taufenden und Täuflingen andererseits durch die Taufe eine geiftliche Berwandtschaft, die als trennendes, kirchliches Ehe­hindernis angesehen wird.

In Gretna- Green, einem Dorfe in der schottischen Grafschaft Dumfries  , haben sich viele, viele Liebespaare, welche die Einwilligung ihrer Eltern nicht erringen fonnten, trauen lassen. Ein Friedens­richter, der von Beruf Schmied gewesen sein soll, verehelichte die Liebenden nach dem in Schottland   gültigen fanonischen Recht, bis zum 31. Dezember 1856, denn am 1. Januar des nächsten Jahres wurden diese Ehen für ungültig erklärt.

Genau so wie es Befürworter eines freien Verhältnisses gibt, sind auch dem Zusammenleben von Mann und Frau die streit­barsten Gegner entstanden. So waren beispielsweise die Essäer, Mitglieder einer seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. bis ins 4. Jahr­hundert n. Ch. bestehenden jüdischen Sekte zu abgesondertem heiligen Leben, Gegner der Ehe. Desgleichen lebten die Harmoniten, Anhänger des schwäbischen Bauern Georg Rapp  ( geft. 1847 in Amerita), in Ehe­lofigteit. Diese jett fast verschwundene Sette, die man auch die Rap­piften nam te, molten die ursprüngliche Reinheit in Kirche im Etnat wiederherstellen. Zur Durchsehung dieser Idee schien ihnen u. a. Güter­gemeinschaft und Ehelosigkeit erforderlich. Heftigste Ehegegner find die Duchoborzen( Geistestämpfer), weil nach Ansicht dieser russischen Sefte das Menschengeschlecht zu bestehen aufhören muß. Im An­fang des 19. Jahrhunderts tauchten die Duchoborzen auf. Als Ber­ehrer der heiligen Schrift bekämpfen sie das Formelwesen der ortho­doren Kirche. Nach schweren Verfolgungen wurden sie 1841 auf ein Hochplateau( Duchoborje) in Transkautajien verbannt. 1900 sind sie zahlreich nach Kanada  , Ostsibirien und 3ypern gewandert. Auf den Sandwichinseln aber leben alle Schwestern mit ihren Männern und alle Brüder mit ihren Weibern in Gemeinschaftsehe. Eo fügt sich zu den bekannten Formen der Einehe, der Vielweiberet, der Vielmännerei in diesem Falle die Gruppenehe.

Alles in allem wird jede Generation ihrer Zeit Genüge tun, wenn sie ihrem Zusammenleben Formen gibt, die für sie passen und die über die Gegenwart hinaus den kommenden Geschlechtern nicht irgendwie zum Hindernis werden.

Frauenffimmrecht in den Vereinigten Staaten  . Nachdem einige wenige Staaten der Union   den Frauen das Stimmrecht bereits längere Zeit gewährt hatten, wurde es im Jahre 1920 für die ganzen Bereinigten Staaten eingeführt. Diese bedeutsame Aende­rung des politischen Lebens wird von den Amerikanern mit großem Interesse verfolgt, das durch die kürzlich erfolgte Wahl einer Frau zum Gouverneur von Teras noch erhöht wird. Die Bereitwilligkeit der Wähler, den Frauen den gleichen Zutritt zu den politischen Zem­tern zu gewähren, wird weiterhin dokumentiert durch die Wahl eines weiblichen Gouverneurs für den Staat Wyoming  , eines weib­lichen Staatssekretärs für New York   und einer Barlamentsfandidatin für New Jersey  , nachdem schon mehrere andere Frauen Mitglieder des Kongresses waren. Das Vertrauen der Wähler zu den politischen Fähigkeiten der Frau zeigt sich besonders deutlich in den dichtbevöl ferten Staaten; so hat 3. B. der kleine Staat Connecticut   bei der letzten Wahl im November ein volles Dutzend Frauen ins Barla­ment gewählt; New Hampshire  , ebenfalls ein neuenglischer Staa hat elf Frauen, Bennsylvania sechs und Ohio   ein Dutzend gewählt.

Die Zahl der weiblichen Wähler in den Bereinigten Staaten be­trägt schäßungsweise 20 Millionen; davon gehen etwa die Hälfte tatsächlich zur Urne, während der Prozentsatz der mänren Wähler etwa zwei Drittel beträgt. J. P. G.  )