>W»MWMWWMW>WMl l Nr.,S.42.?ahrg� BdlöflC ZUM BOtlüätfe i 23. Juli ,425 j Gegen den Geist der Gewalt! Als noch der dumpfe, schwere Druck«ine» vierjährigen Sgensettigen BernichwngÄampfes der Völker, das stet« angen um uns liebe Menschen und schließlich das quälend« Dewußtsein darum, daß täglich, stündlich jung«, lebensfrohe Menschen in Oimlen dahinsinken mußten, aus uns tastete, da hatten wir alle die feste Ueberzeugung: Nie wieder könnten sich diese Eindrücke bei den Generationen, die bewußt dies alles«rleben igußten, verwischen. Aber nach kurzem Aufglühen stolzester Hoffnungen in den ersten Wochen der Revolution stürzte immer neues auf uns«in: verhängnisvolle, von kriegerischem Geist diktierte Friedensverträge wirkten zusammen mit der Selbstsucht der noch immer herrschend Gebliebenen in Deutschland , sie nutzten die ihnen gebliebene wirtschaftliche Macht gegen die Besitz- losen. Kriegsgewinn«— Unterernährung, das waren die Gegenpole der Jahre des Völtermordens, Jnilaiionsgewinne -— Elend und Verzweiflung waren die Parallele dieser oer» aangenen Nachkriegsjahre, unterbrochen nur von den schrillen Tönen des Kampfes gegen den neuen Staat, dem Dahin- morden der besten Vorkämpfer der Republik . Hat da» deutsche Volk, haben die deutschen Proletarier über all dieser neuen Not, diesen neuen Tageskämpfen. denen sich nunmehr im Zoll- und Steuerkampf dos Ringen um die nackte Existenz anschließt, den schrecklichen Ausgangspunkt alldieses Erlebens vergessen? Ist man sich nicht mehr bewußt. daß erst der Weltkrieg und seine Zerstörungen auf allen materiellen und geistigen Gebieten den Boden de- reitet« für all das Schwere, das sich anschloß? Fast möchte es so scheinen. Und doch kommen aus allen Himmelsrich- tungen der Welt Mahnungen an unser Ohr, die uns erinnern sollten, daß der G e I st d e r G e w a l t, der Wille zur Unter- vrückung der Schwächeren noch keineswegs aus der Welt ge- schwunden, ja scheinbar noch nicht einmal abgeschwächt Ist. Während jetzt in Afrika das Feuer lichterloh aufflammt, glimmt ein anderer Feuer- und Gefahrenherd im fernen Osten. Seit Jahren ist das große chinesische Reich von sozialen Umwälzungen erfaßt. Revolutionäre Umschichtungen haben das dicht bevölkerte Land erfaßt, aber der Umwälzungsprozeß ward künstlich gestört dadurch, daß die ausländischen Mächt« sich dies« politischen Umgestalii-ngen zunutze machen wollten, um ihr Streben nach Machterweiterung zu befriedigen. Darum suchten sie die in Zeiten revolutionärer Umgestaltung stets hervorgerufene Schwäche der Regierungsgewalt auch in diesem Falle auszunutzen, um sich einen guten Anteil am chinesischen Kuchen zu sichern. England und Frankreich sind dabei im Spiele, aber auch Rußland ist mit von der Partie, wenn es fein Ziel auch auf umgekehrtem Weg«, nämlich dem der Unterstützung einer bestimmten chinesischen Partei, zu er- reichen trachtet. Daneben macht insbesondere England der Selbständig- keltswille der Völker Indiens , Aegyptens u. a. zu schaffen. glimmt es allenthalben unter der Deck« und kann durch irgendein Ereignis zur Flamme werden. Will der Kapita- lismus den Krieg?— Nein, den Krieg selbst will er nicht, aber er will sein Machtstreben befriedigen, will sich auf lange Zeit hinaus Anlogemöglichkeiten für anwachsendes Kapital sichern. Und wenn auf dem Wege der Erreichung dieses Zieles der Krieg unvermeidlich wird. nun. dann führt er ihn eben. Oder besser gesagt— er läßt ihn führen, ebenso wie er den besitzlosen Proletarier arbeiten läßt. Aber auch den kapitalistischen Mächten erscheint der Krieg als ein gefähr- liches Handwerk, das von Gefahren umlauert ist und manch- mal zu einem unrentablen Geschäft werden kann. Darum verschmähen sie nicht Versuche, aus gewissen Gebieten zu einer Befriedung zu gelangen. So schweben zurzeit die Verhand- lungen Deutschlands mit den Alliierten, die darauf hinaus- laufen, für die deutsch « Westgrenze einen Sicherheits- p a t t abzuschließen, der die durch den Versailler Vertrag ge- zogenen Grenzen endgültig garantiert und für die deutsch « Ostgrenze vorsieht, daß keinerlei militärisches Vorgehen statt- finden darf, eh« nicht ein Schiedsgericht über die Streitsrage gesprochen hat. Der Notenaustausch ist noch im Gange und wir haben als Sozialisten allen Grund, jeden Versuch zu unterstützen, die internationalen Streitsragen auf anderem Wege als dem des Waflenaustrags zu lösen. Aber dennoch darf diese grund- sätzliche Einstellung nicht dazu führen, daß nun die rosigsten Friedenshvsfnungen die Gemüter beherrschen, daß der Wahn aufkommt, das Zeitalter des friedlichen Jrnperalismus sei angebrochen, auch die kapitalistischen Mächte verabscheuten nunmehr jegliche Anwendung von Mord und Gewalt und erkennen den Krieg endgültig als gegen ihre eigenen Inter- essen gerichtet an. Vergessen wir nicht, daß dasselbe Frank- reich, mit dem wir zurzeit im Gedankenaustausch über einen Garantiepakt stehen. Krieg führt gegen die marokkanischen Völker: daß England die von ihm beherrschten Völker unter seiner Macht behalten will und bei allen internationalen Konflikten seine Hand im Spiel« hat, den Hasen von Singa- pore nunmehr doch zur Festung ausbaut und seine Flott» weiter aufrüstet. Das alles geschieht doch nicht ausschließlich zur Sicherung de» Friedenspaktesl Und ist etwa in Deutschland es als Zeichen des verschwundenen Geiste» der Gewalt zu werten, wenn Hindenburg , der Feld- Marschall des Weltkrieges, den Präsidcntenstuhl als Nachfolger Fritz Eberts ziert, wenn eine von den Deutschnatio- nalen beherrschte Regierung das Szepter schwingt? Innen- und außenpolitische Methoden stehen in enger Verknüpfung miteinander. In der Innenpolitik aber sehen wir einen Angriffsgeist auch in unserem Lande wach, der vor den schwersten Attentaten aus die nackte Existenz der schassenden Bevölkerung nicht zurückschreckt. Im schwersten Kampfe müssen sich Männer und Frauen des deutschen Pro- letariats zur Wehr setzen gegen Männer des eigenen Volke», die die Tischdecke immer fester zu sich heranziehen wollen. Kampf, schwer st er Kampf im Innern— da» i st das Zeichen der Stunde. Derselbe Geist aber, der die Wirsschaftskämpfe im Innern beherrscht, ist auch wach in der Führung der Außenpolitik. Und darum gibt e» kein« absolute Garantie dafür, daß nicht auch der Versuch in der Zukunft unternommen werden könnte, unser Land und Volk hineinzureißen in eine gervaltsame europäische Aus- einandersetzung, sofern sich die herrschende Klasse davon irgendeinen materiellen Vorteil verspricht. Wir aber haben es im Weltkrieg gelernt, daß das Pro- letariat aller Staaten immer der Verlierer jeden Krieges sein wird, daß er für uns nur sinnlose Opfer und tieferes Versinken in Not und Verelendung wäre. Darum wollen wir gerade an den Crinnerungstägen des großen Völkerschlachtens unseren Geschlechtsgenossinnen zurufen: Vergeht es nicht, was an harter bitterer Erkenntnis euch die vier Kriegsjahre gelehrt! Setzt heute bereits und überall dem Geiste der Ausbeutung und Gewalt entgegen den hehren Gedanken der sozialistischen Bölkergemeinschastl Tony Sender .
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