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Ziauen, veegeßt nicht! Von Herta Gott h elf. Ta�e de» Gedenken» kommen nun, Tage, an denen jeder sich unwillkürlich zurückversetzt in die unheilschwangeren Wochen vor dem Kriegsausbruch, in denen Verbrecherhände das Feuer entzündeten, das vier Jahre lang die europäische Kulturwelt verwüstete. Tage de» Gedenkensl Sie lind notwendig, denn nur zu sebr sind dl« Menschen in ihrer Schwäche und Kurzsichtigkeit geneigt zu vergessen und den Schleier der romantischen Verklärung über Dinge zu breiten, hinter denen nicht» weiter steht als Wahnsinn und Verderben. Verbrecherische Demagogie ist auch heute am Werke, dies« Steigung zur Vergeßlichkeit auszunutzen und namentlich den Frauen von den herrlichen Zeiten' des kriegerischen Ctahlbade» vorzuschwärmen. Herrliche Zeiten! Jeden Tag Siege jeden Tag Fahnen und in jeder Minute da» erhebend« Bewußtsein: Wieder«in vaar zer» setzt« Menschenleiber mehr, da irgendwo im Osten. Westen oder Süden brennen ganz« Städte, platzen Bomben und Granaten, werden Menschen wehrlos zu Tausenden erstickt durch giftig« Gase. Und mitten drin in dem Hexensabbat war er, der Mann, der Sohn, der Bruder, der Vater! verlaust und dreckig lag er in einem eisigen Erdloch voll Wasser«in winzige» Etwa» gegenüber dem Moloch Krieg. Wirklich, ,» war»in« große Zell wert, im GedSchtni» oller Frauen lebendig zu bleiben: vergeht sie nie! vergeht«» nicht, daß man Hunderttausend« zu Krüppeln schoß, daß jung«, lebensvoll« Menschen ihren Verstand verloren und daß ander« heimkamen, blind, zerbrochen an Leib und Seele. Den« an die Gräber im Osten, Westen und Süden, in denen so »tel beschlossen liegt an Lieb«, Glück und Sehnsucht! Denkt an all den Jammer und all da» Elend, Tag um Tag, vier lange, bonge, qualvolle Jahr«! vergeht«» nie, welch« Roll» jene in der herrlichen, grohen Zett' spteuen, die jetzt wieder hervorkommen au» ihren Schlupf. winkeln, in die sie«inst«in respektloser Novemberwind verwehte. Und wie sie euch wieder einsangen wollen mit all den schönen Worten, dt« euch damals«inlullten:Vaterländische Ehr«',Na- tionalstolz',Lieber tot, al» Eklav'I' und so weiter. Vergeht e» nie, wie sie offen und insgeheim die Aufbauarbeit der Arbeiterschaft störten und systematisch da» Werk untergruben, da» mühsam au» Schutt und Trümmern errichtet wurde. vergeht ihn nie, den Kapp-Putsch , wenn sie nun zu euch kommen und sich als Bolkssreunde undRetter' aufspielen. Vergeht auch nicht jene, die man feig und hinterrücks ermordete, weil in ihrer Seele nichts lebendig war als die Liebe zu ihren unter- drückten Brüdern: Liebknecht , Luxemburg , Eisner, Landauer, Garei«, Rathenau und die vielen anderen! Sollen sie umsonst ge- starben sein? Vergeht«» nie, wie sie ihn, den Graden, Stillen. Aufrechten hetzten und durch den Schmutz schleiften noch über seinen Tod hin- au», weil er zu uns gehörte und uns die Treu« hielt: Ebert. Und auch daran denkt, an die Jahre der JnflationI Wie das Kapital mächttger wurde mit jedem Tag und anschwoll und alles i» sich aufsaugte, und wie sie euch alles nahmen, Schritt für Schritt wie ihr dastandet mit gebundenen Händen hungernd« Lil- üonär«' und zusehen mühtet, wie eurer Rechte ein» nach dem «nderen illusorisch wurden, auf dem Papier standen, preisgegeben der Willtür der Unternehmer. Frauen! Nicht nur den Krieg in all seinem verbrecherischen Wahnsinn bebaktet im Gedächtnis vergeht auch nicht die Jahr« de» Leidens, dl« aus ihm erwuchsen! Und«ine» vor allem bedenket stet»: solang« die kavitali tische Wirtschaftsordnung nicht durch ein« sozialistisch« abgelö t ist, solang» seid ihr und eure Kinder stet» in Gefahr, neuen Kriegen, neuenherrlichen Zeiten' entgegengefahrt zu werden. Tut darum eure Pflicht als proletarisch« Frauen, erzieht eure Kinder zu freien, ausrechten, sozialistischen Menschen. NSrt eure Mitschwestern auf, zeigt ihnen das wahr« Gesicht jener Volks- deqlücker mit Monokel und Gummiknüppel, deren Macht stets nur auf der Vertrauensseligkeit der Dummen beruht, die leider nie alle werden. Seid Kämpfer im grohen Kamps, der un» all« eint, für«in« freie, befreit« Menschheit, für da» Recht oller arbeitenden Menschen, für den Sozialismus!____ Wer will unter öle Soldaten! Von Anna Siems« n. Sehr viele, besonders bürgerllch-demokratisch« Zeltungen be- mühten sich darzutun, daß mit Hindenburgs Präsidentschaft eigent­lich gar nichts geändert wäre. Wenn aber schon, dann sei es eine venderung zum Besseren: Der Heros der Monarchisten sei ge- zwungen gewesen, den Eid aus die Republik abzulegen. Welch eine Wendung durch Gottes Fügung! In der Wirklichkeit sieht man es anders. Die Spiel« der Kinder unter meinem Fenster hoben sich geändert. Sie tragen Helme, Trommeln und schwarzweißrote Fähnchen und ziehen in Kolonnen mit Trommelwirbel und Gesang durch die Strohe:Wer will unter die Soldaten, der muh haben ein Gewehr.' Haben dl« Kinder, dl« gestern noch mit Murmeln und Fußball spielten, plötzlich so ihren Geschmack geändert? Rein, aber die Frau Mamas sind zur Feier der Hindenburgpräsidentschaft hingegangen und haben ihnen die Helme, Gewehre, Trommeln und Fahnen ge­kauft:Damit sie doch auch wissen, was dieser Tag zu bedeuten hat.' Eine hat es vorgemacht und die anderen sind gcsolgt. Wahr- scheinlich haben die Kinder gequält:Der Fritz hat solch schönen Helm. Kauf mir doch auch einen.' Und die Mütter haben nachge- geben, haben mitgemacht, und so sind die Kinder auf einmal wieder im schönsten Kriegsrummel drin. Während der sich in den Straßen breit macht, während überall wieder die schwarzweihroten Fahnen wehen, der Stahlhelm Schieß- Übungen abhält und der Jungdo Hindenburg-Paroden, und während die demokratische Presse das alles als einen Sieg der Republik aus- posaunt, gibt es in Deutschland hier und da in verborgenen Ab- teilungen der Krankenanstalten Frontkämpfer, denen das Stahlbad des Krieges nachhaltiger angeschlagen ist al» den Herren Generalen und Feldmarschällen der deutschen Republik in ihren Hauptquarttc- ren und Etappen. Bon ihnen weiß niemand, von ihnen spricht niemand. Und sie selbst sind sprachlos, trosttos, hilflos. Bor Jahren bin ich durch»inen Zusall in solch ein.Lazarett für Kieserverletzte' hineingeraten. Und wo» ich da gesehen habe, werde ich bis in mein« Todesstunde nicht vergessen. Di« Glücklich- äten, die besten und erfolgreichsten Fäll« sahen aus wie geflickte Zuppengesichter. die eine ungeschickte Hand zusammengesetzt hat. Ein luae, eine Rase, eine Ober- und Unterlipp« und Backen, die nicht Juelnander passen wollten, die ausdruckslos und starr wie schlecht« karikaturen in die Welt grinsten, lächerlich und grauenvoll. Ader es gab andere, wo Mund und Rase weggerissen waren und nur die Augen über einer sürchterllchen Höhl« noch«n das Menschengestcht erinnerten, da» die» einmal gewesen. Und«» gabGesichter, die 6ar nichts andere» mehr waren als«in Hause wild wuchernden ileische«. Man hat sie vergessen. Man will nicht an sie erinnert sein. weil sie un» swren würden tn unseren profitablen Geschäften und In der Vorbereitung auf das neue Stahlbad, für das IS Millionen Deutsche gestimmt haben, indem sie HIndenburg wählten. Aber wäre e» nicht gut gewesen, wenn bei des neuen Reichs- piäfldenten Einzug in Berlin neben ihm statt des lächelndem kon- zllianten und gewandten Doktor Luther einer dieser Frontkämpfer gesessen hätte? Er hätte nicht sprechen und nicht Hoch rufe» tön- nen aus dem offenen Schlund, dem Lippen, Zähne, Zunge wegge- rlsien sind. Aber er hätte noch deutlicher geredet von der grohen Zeit, deren Führer Hindenburg war, von dem Kriege, der nach Hindenburgs Meinung ja dann am barmherzigsten ist, wenn er am grausamsten Ist, von den herrlichen Zeiten, denen uns dieser Vertreter des Kriegswillens, dies Symbol de» Weltkrieges, mit Got- te» Hilfe wieder entgegensühren wird. Er sah nicht neben Hindenburg beim Einzüge. Aber sür Augen, die sehen wollten, hat er hinter ihm gestanden, wird er hinter ihm stehen, unausweichlich, unentrinnbar. All«, die dem Kriege und dem Blutvergiehen, der Zerstörung und dem Morde zugejubelt haben, als Hindenburg tn Berlin einzog, alle, die begeistert das alte Soldatenjpiel mitmachen, werden sich eines Taaes vor diesem Ge- spenst verantworten müssen. Sie werden nicht sagen können:Wir haben«» nicht gemuht', und werden keine Entschuldigung baden: haben es nicht gewußt', und werden keine Entschuldigung haben: Kinder. Diese Kinder aber spielen unterdessen Soldaten. Ihre Mütter taufen ihnen Helme, Fahnen. Trommeln und Gewehre. Und sie spielen sich longsam, unabwendlich ln das Schicksal sener hinein, die als lebende Leichen in irgendeinem Winkel gesangen gehalten werden, �um die Schmach des Krieges, die Schmach Dsutschland« zu verbergen. Wird irgendein Mensch in der Welt, wenn das geschieht, mit Deutschlands Muttern Mitleid haben dürfen? Wanölung. von Max Dort». Das Herz der Erde spie rotes Blut, feurig« Fahnen schwebten über den Völkern, Revolution! Und all« lenzigen Blüten schenkten ihr sanftes Rot, das«inte sich den seurtgen Willenssahnen. Und die Sterne der dunklen Nacht tühten die roten Banner der allmenschlichen Gemeinsamkeit. Aus den Herzen der Menschen aber stand aus dke Güte, die Lieb«, golden schrieb sich die gütige Lieb««in in die roten Bannerl Friede! Alle Vöglein aber sangen am ersten Mai die Schönheit neuen Werdens. Die Winde tanzten um die Gipfel der Berg« ihren silberslüssigen Reigen. Die Ebene atmet« tief und schwer: Fruchtbarkeit! Die Kinder schauten aus die Alten und die blanken Augen der Kinder fragten: Wohin der Weg? Da saht« sich Mensch an Mensch, Volt«inte sich dem Volke. und ein Kranz aller Völker scharte sich um die roten Banner de» ersten Mai. Die Weltengetster ritten auf weihen Schimmeln über die dlnuc Himmelsbrück«. Die Sonne fplelt« auf der goldenen Geig«: Harmonie.