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Besondere Frirsorge und Pflege gilt es aber unseren Kindern und der heranwachsenden Jugend zu widmen. Aus- bau der Krippen, Kindergärten und Horte. Mußten doch im letzten Winter 4tlProz. der sich meldenden Kinder wegen Ueber- süllung abgewiesen werden. Wieviel schlimmer wird es im herannahenden Winter mit seiner gesteigerten Not werdenl Immer noch muß ein großer Teil der Schulrekruten wegen Untauglichkeit zurückgestellt werden. 50 Proz. der Schulkinder sind unterernährt und gesundheitlich gefährdet. Der Erholungsfürsorge werden wir in den nächsten Iahren unsere größte Aufmerksamkeit zuwenden müssen. Bisher sind nur etwa 5 Proz. der Schulkinder verschickt worden, und doch brachte eine bürgerliche Stadtverordnete es fertig, die fernere Notwendigkeit der Kinderverschickung in Zweifel zu ziehen! Auf allen Gebieten der Kultur und Wirtschaft wird es im Interesse der breiten Schichten der Bevölkerung nur unter dem starken Einfluß der Sozialdemokratie und nicht zuletzt der Frauen vorwärts gehen. Zum Schluß fei gesetzt ein Wort von L u i s e Z i e tz, das heute noch so wahr ist, wie im Jahre 1912: Verächtlich die pflichwergessene Mutter, die faule und. feige Hausfrau, die gleichgültige Arbeiterin, die durch ihre Teilnahmlosigkeit beim Wahlkampf die Gelegenheit zu versäumen, im Interesse ihrer Familie und ihrer Klasse zu wirken. Ein Bravo der tapferen unerschrockenen Klassenkämpferin, die durch treue Pflicht» erfüllung, durch begeisterte Teilnahme am Wahlkampf eine gründliche Abrechnung mit den Feinden des Volkes, einen glänzenden Sieg der Sozialdemokratie vorbereiten hilft. Heute treten wir als Gleichberechtigte mit den Männern an die Wahlurne. Die Frauen bilden die Mehrzahl der Wähler. Sie werden, wenn sie ihr Wahlrecht nutzen, aus» schlaggebend für die Wahl sein. Sorgen wir dafür, daß ihr von uns erkämpftes Wahlrecht nicht dazu benutzt wird, um denen in den Sattel zu helfen, die niemals für die Rechte der grauen eingetreten sind. Fühlen wir die ganze Schwere der erantwortung und arbeiten wir dafür, daß eine sozialistische Mehrheit in das Stodtparlament einzieht., dann werden die Interessen der Bevölkerung zu ihrem Rechte kommen I _ Klara Weyl . Zrauentonferenzen. Von Mathilde Wurm . Dem diesjährigen Parteitag in Heidelberg waren zwei Anträge zugegangen, die sich mit den Frauen beschäftigten. Der eine kam aus Stettin und stellte sich in seinem ersten Teil auf dengrund- lützlichen Standpunkt', daß diemit dem Parteitag parallel lausen- den Frauenkonserenzen nicht notwendig' seien, der zweite von Wellmann und Genossen spricht in seinem später zurückgezogenen ersten Absatz aus, daßselbst in weitesten Arbeitnehmerkreisen, be- 1 anders unter den Frauen, mit dem Geist des Krieges noch nicht ge- «rochen ist'. Diese beiden Anträge besagen, was bewußt oder unbewußt die Meinung vieler Parteigenossen ist. Einerseits soll jede besondere Berücksichtigung der Frauen innerhalb des Parteirahmens wegfallen, weil sie formal Gleichberechtigte sind, andererseits wird Ihnen eine stärkere Rückständigkeit als dem Mann zur Last gelegt. Dieses letzter« müßte logischerweife zur Fordening einer besonderen auf die Frau eingestellten Ausklärungsarbeit führen. Damit hat aber auch Im Gegensatz zu dem Stettiner Antrag schon die Einberufung von Reichssrauenkonfercnzen neben den allgemeinen Parteitagen ihre Be- gründung und Rechtfertigung erfahren. Denn was wäre wohl ge- elgneter, von einer zentralen Stelle aus den Frauen Aufklärung und starken Antrieb für Art und Umfang ihrer Propagandatätigkeit unter ihren Geschlechtsgenossinnen zu geben, als eine Frauenreichs- tonferenz, die allein imstande ist, gleichzeitig alle diejenigen zu erfassen, die an erster Stelle berufen sind, diese schwierige Arbeit durchzuführen. Nie werden Parteitage, deren Ausgabe es fein und bleiben muß, die prinzipielle Haltung der Partei politisch und öko- nomisch zu bestimmen, Zeit finden, sich mit dem Problem der Frauenbewegung zu beschäfrigen. Und doch ist es noch arif lang« Zeit hinaus auch für die Partei eine unabweisbar« Notwendigkeit, der Gewinnung der Frau für den Sozialismus einen besonderen Platz einzuräuinen. Denn so einfach vollzieht sich die gesellschaftliche Entwicklung nun einmal nicht, daß die Tatsache der politischen Gleichberechtigung die Frau In ihrer großen Mass«, In den wenigen Jahren, seitdem sie das Wahlrecht besitzt, dem Manne in geistiger Durchdringung politischer, wirtschaftlicher und sozialer Zeit- und Zukunftssragen schon völlig zur Gleichen gemacht hätte. Wie sollte die Frau in knapp sieben Jahren erlernen, was groß« Teile der Arbeiterschast trotz 60 Jahren intensiver sozialistischer Werbearbeit nicht erfaßt haben, obwohl die Männer ausnahmslos von früher Jugend an die ganze Unfreiheit und Abhängigkeit vom Kapitalismus In täglicher Fronarbeit durchkosten müssen, indes die weibliche Arbeiterschaft doch immer erst ein Drittel bis ein Viertel der männlichen ausmacht. Schauen wir rückwärts auf die Entwicklung der Frauen- beweguno. so lehrt sie uns, wie unendlich schwer die Frauen haben -ringen müssen, um, nachdein sich die ökonomische Umwandlung ihrer Stellung von der Hausfrau zur produktiv tätigen und unentbehr» lichen Arbeitskraft längst vollzogen hatte, auch ihren politischen Aus» druck zu finden. Das geschah zuerst im Vercinsgesetz von 1908, das der Frau das politische Vereins- und Versammlungsrecht gab und ihr den Weg zur öjfentlichen politischen Tätigkeit freigab. Zehn Jahre später erhielt sie 1918 das gleiche Wahlrecht. 1998 mußte der Klassenstaat die Pkonomisch mündig gewordene Frau poli- tisch mündig sprechen, wenn auch in der Hoffnung, sie seinen re- aktionären Zwecken dienstbar zu machen. 1918 bewies demselben Staat eine revolutionäre Arbeiterschast, daß die Dinge Ihre eigene Logik haben und der freien politischen Betätigung notwendig auch das politische Wahlrecht folgen mußte. Aber ökonomisch und sozial verlangsamte sich der Fortschrttt der Frau außerordentlich, weil der Mann in feiner übergroßen Mehr- heit ökonomisch und sozial dort stehen blieb, wo er seit Jahrhunderten gestanden hatte. Er sieht noch heute das Eindringen der Frau in die außerhäusliche Erwerbsarbeit mit sehr gemischten Gefühlen an und steht dem gleichen Recht der Frau auf Erwerbsarbeit ohne Rück- sicht auf Familtenstand und Crwerbsbedürftigkeit innerlich ablehnend gegenüber. Aber alle unser« Parteigenossen bedau«rn ausnahmslos die Rückständigkeit der Mehrzahl der Frauen des Proletariats. Doch sie denken nicht daran, daß gleich ihnen selbst auch ihre Frauen und Töchter das Produkt der gesellschaftlichen Umgebung Ihrer Klasse sind. Das heißt mit anderen Worten: die Erkenntnis der Frauen für Ihre Lage ist nicht Sache der Frauen allein, sondern gemeinsame Klassenangelegenheit. Sollen sich die Frauen ändern, müssen die Männer das gleiche tun. Sie zuerst müßten den Frauen ' helfen, sene von den Männern so hoch geschätzten Tugenden der An- lpruchslostgkeit, Nachgiebigkeit, Unterwürfigkeit und weiblichen Unselbständigkeit aufzugeben, weil dies Tugenden von Sklaven sind, die noch nicht zum Selbstbewußtsein erwachten. Was im häuslichen und oft auch im Parteileben noch immer als Tugend gilt, ist im öffentlichen Leben festeste Stütze der Reaktion. Darum helfe der Mann, ist es ihm ernst mit der Umwandlung der Gesellschaft, der Frau zu ihrer Befreiung von Eigenschaften, die einem vergangenen Gesellschaftsideal entsprechen. Fourier hat vor mehr als hundert Jahren gesagt:In jeder Gesellschaft Ist der Grad der weiblichen Emanzipation das natürliche Maß der allgemeinen Emanzipation.' Um für heute die Richtigkeit dieses Ausspruches zu beweisen, brauchen wir nur an den Vorwurf zu erinnern, daß die Frauen schuld seien am Ausgang der Präsidentenwahl, und auch an ihre trotz aller furcht« baren Erfahrung noch immer vorhandene Kriegsbcgeisterung, an ihren mangelnden aktiven Friedenswillen, der in der ruhigen Hin- nähme, ja sogar in ihrer Zustimmung zu der Zugehörigkeit Ihrer Kinder zu allen möglichen militaristischen, nationalistischen und pseudopatriotischen Vereinen zum Ausdruck kommt. Dagegen kämpft vorerst nur eine verhältnismäßig kleine Schar von klar sehenden Frauen an, und sie bedarf zu ihrer Unterstützung unbedingt der Hilfe der Männer, einmal ln der Richtung, daß diese selbst ein Betspiel geben, zum anderen in der praktischen Unterstützung ihrer Pionier- arbeit, wozu auch selbstverständlich Frauenkongresse gehören. Wenn Parteigenossen Einspruch gegen diese Mittel erheben, so sind ihre Beweggründe gewiß die besten. Aber sie verkennen dabei nicht nur ihren eigenen Anteil, den sie an der Befreiung der Frau haben, sondern sie unterschätzen auch die diese Befreiung vorbereiten- den Mittel, die mit darin bestehen, den Frauen innerhalb der Partei jene Beweaungsfreiheit zu geben, die sie brauchen, um den für ihr« Werbetätigkeit unter ihren weiblichen und männlichen Klassen- genossen unerläßlichen moralischen Mut, innere Festigtest und Wissen zu gewinnen. So betrachtet, gewinnen unsere Frauenkonserenzen eine höhere und schönere JJcdeutung, Indem sie das Recht der Frauen auf eigene Entwicklung anerkennen. Und diese Konferenzen werden Ihren Wert behalten auch dann, wenn unser nächstes Ziel, eine stärkere Anteilnahme der Frauen an der Gedankenwelt de« So- zlallsmus wie an seinen konkreten Zielen, erreicht sein wird. Sind wir uns längst darüber klar, daß wir nicht warten dürfen und nicht warten wollen, bis der Zukunftsstaat uns alle von unseren unsozialen Eigenschaften befreit, bemühen wir Sozialisten uns un- abläfsig, durch Selbsterkenntnis uns zu sozialen Gliedern der Gesell- schaft zu formen, so beschreiten wir damit den Weg zu sener erstrebten Kultur, die auch da? Recht des anderen gelten läßt und nicht in öder Gleichmacherei das höchste Ziel gesellschaftlicher Entwicklung sieht. ,das KinS ist gut'. Ich mutz glauben, daß Kinder von anderem Blut, ja von anderer chemischer Beschaffenheit sind als Erwachsene. E» sind Geschöpfe, so fremd unserer Art, wie wir vielleicht den Tiessee-Organismen. Vis zum sünften, zum siebenten Lebensjahr elfenhafte, unbegreiflich hohe Kreaturen, reine, zarte, gute Wesen, wundervoll entwickelbar. Mit einem Male werden sie Menschen. Was das heißt, wisien wir; aus einmal dann Menschen, ganz gewöhnliche Menschen, zwölf im Dutzend, sechzig im Schock, leer, dumm, stumm, hoffnungslos und gottverlassen. Wieso kommt das? Wieso geschieht es? Woher der Knacks? Auf welche Weise verschwindet der Kristall und wird zu Fensterglas? Wann? Mit welchem Tag beginnt es? Aus welcher Ursache? Darüber könnte man sich zu Tode denken.' Au» Iowd Wallermonn». Roman:Laudln und d>« Seinen.'