In Köln bei den englischen Behörden vorstellig. Das englische Kriegsministerium entsandte darauf im März 1923 die Komman­dantin Mary Allen, Leiterin der englischen Polizei, nach Köln ; und ein Jahr später, im März 1924, trat dann auch die deutsche weibliche Polizei in Tätigkeit.

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leber die Geschichte ihrer Entstehung, über ihre Tätigkeit und ihre Zerstörung berichtet das von dem Deutschen Bolizeiverlag in Lübeck herausgegebene Buch: Weibliche Polizei". Zerstörung staunt die Lejerin. Ja, Zerstörung und nicht etwa durch Feindeshand. Nein, durch eigenen Unverstand, durch Borniertheit und Verzopstheit. Und das Eigentümliche dabei scheint, daß die weibliche Polizei in Köln aufgehört hat zu sein, obgleich sie auf der Karlsruher Ausstellung gewissermaßen die größte Sensation be­deutete; obgleich der Borirag ihrer Leiterin bei allen anwesenden hohen und maßgebenden Bolizeibeamten die entschiedenste Billi gung gefunden hatte und in einer Reihe deutscher Parla mente dahingehende Anträge eingebracht worden sind es ist auch bekannt, daß die Einführung einer weiblichen Bolizei in Berlin ernstlich erwogen wird.

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Die weibliche Polizei in Köln hat nicht aufgehört, weil sie ihren Aufgaben nicht gerecht geworden ist. Sie ist der llebermacht der Nationalisten, die die Institution als feindliches" Berk be= trachtet haben, dem Beamtenehrgeiz der männlichen Kollegen, die fich nicht ins Handwerk pfuschen lassen wollten, und der Rivalität gewiffer Frauenfürsorgevereine zum Opfer gefallen Der Vertreter des Reichsintereffes fand kein Geld für die weibliche Bolizei; der Dezernent des Magistrats verhinderte die Uebernahme der Kosten auf die Gemeinde. So wurde der weiblichen Polizei im Mai 1925 der Garaus gemacht trotzdem fie fich in höchstem Maße be­währt hatte.

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Und wie bewährt! Im Laufe der 14 Monate ihres Bestandes haben die weiblichen Polizistimmen es waren ihrer im ganzen brei, von denen zwei Abend für Abend ftets gemeinsam den Außen bienst versahen 789 Mädchen gesprochen, 133 vorgeladen, 72 nach Hause geleitet, 116 feftgenommen, in 55 Fällen Hilfe geleistet, in 72 fich im Kinderschutz bei Bettel, Handel, spätem Herumtreiben betätigt. Bon diesen 72 Kindern wurden 51 den Eltern zugeführt. Dies ist der Nachtdienst. Nicht anders der Tagesdienst. 526 Trans­porte wurden von und zur Polizeistation für Geschlechtskranke ge­bracht, 262 von und zu Erziehungsanftalten, Krankenhäusern ujm.; In 76 Fällen wurden Ermittlungen angestellt, in 235 Rüdsprachen in den Dienststellen, mit Erziehungsberechtigten und bergi, gepflegt, In 147 mit Mädchen verhandelt, die auf die nächtliche Einladung hin erschienen waren, in 83 Fällen Festnahmen bewerkstelligt, in 42 Bernehmungen vollzogen und in 32 gerichtliche Vorführungen betätigt. In diesen Zahlen findet fast die gefainte Arbeit der weib­fichen Polizistinnen ihren Ausdrud, fie umschreibt auch ihren Auf­gabenfreis: Schuß der gefährdeten Mädchen vor weiterer leiblicher and fittlicher Berderbnis, gleichzeitig auch Schutz der Gesellschaft burch vorbeugende und fürsorgende Lätigkeit an diefen Gefährdeten. Und außerdem Schuh der gefährdeten Kinder beiderlei Geschlechts. Ber wollte bestreiten, daß diesen beiden Aufgaben die Frau nicht in höherem Maße gewachsen ist als der Mann. Natürlich, wie es auch in einem Abschnitt des Buches heißt: Nur die intuitive pincho­logisch chöpferische, intelligente, tief fozial eingestellte, menfchen erfahrene, mutige, innerlich sichere und in der Wohlfahrtstätigkeit praktisch und theoretisch geschulte Frau.

Die Bevölkerung Köins hat die furze, aber jegensreiche Tätig­teit deser Polizistinnen wohl zu schäßen gewußt. Sie übten ihre nächtlichen Rundgänge gemeinsam mit einer englischen Polizei­beamtin aus, die dann einzugreifen hatte, wenn es sich um englische Soldaten oder Offiziere handelte. Die Erfolge der Arbeit zeigten fich recht bald. Der Bahnhofsplah wurde jittlich weniger anfechtbar, verschiedene Elemente verlegten ihr Tätigkeitsfeld nach auswärts, Die Zahl der geschlechtstranten Soldaten ver minderte fich ufw. Die Beamtinnen, die ihre Aufgabe nicht allein als Bertörperung des Strafgesetzes und der Staatsgewalt auffaßten, sondern in erster Linie als Fürsorgerinnen, fanden als Frauen eher zutrauen und geneigtes Ohr als die üblichen Sitten­beamten".

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Das Problem der weiblichen Bolizei ist fein ganz einfaches. Es entsteht da eine ganze Reihe von Fragen, die zu lösen Ausgabe der uständigen Behörden sein wird. Für die proletarische Frau fann aber unter allen Umständen tein Zweifel darüber bestehen: nicht ber Mann, fondern die Frau ist es, der in jedem Stadium der Prostitution die Hauptrolle gebührt nicht allein in der fürsorge­rifchen Tätigkeit im Innendienst, sondern auch in der vorbeugenden Tätigkeit im Außendienst. Wie sehr aber die proletarische Frau an einer solchen Lösung der Frage interessiert ist, das zeigen allein schon folgende wenige Zahlen: unter den von der weiblichen Bolizei bearbeiteten Fällen bezogen fich 527 auf Hausangestellte, 131 auf Fabritarbeiterinnen. Allerdings war auch der Mittelstand nicht verschont geblieben: ihm gehörten fast 28 Proz. der Mäd. then an.

Im September d. 3. wird auch in Berlin eine polizeitednijche Ausstellung zu jehen ein. Der Kiosk der Kölner weiblichen Bolizei wird diesmal schmerzlich vernißt werden. Vielleicht wird es aber doch noch möglich gemacht, daß die weibliche Polizei dort vertreten ist. Die fazialdemokratischen Fraktionen der Landiage hätten dafür Sorge zu tragen, daß die wohltätigen Erfahrungen der Kölner Bolizei den, breiten Waffen der Bevölkerung zunuze tormen. Den Frauen aber, die sich mit dem so wichtigen Problem befaffen wollten, kann das hier zitierte Büchlein nicht warm genug empfohlen werden. In den Arbeiterbibliotheken follte es nicht fehlen.

Leo Rosenthal .

Erziehung zur Ehe.

Wie leicht tun fich zwei zusammen und wie felten wird eine wirklich dauernde Ehegemeinschaft daraus. Woher kommt das, wo liegen die Gründe und wo finden wir eine Befferungsmöglichkeit? Die immer höher emporschnellende Ziffer der Eheschei= dungen rechtfertigt wohl eine solche Fragestellung. Wenn die er leichterte Möglichkeit der Ehetrennung als Grund angegeben wird, so ist das ein falscher Schluß, denn die ist ja nur der Niederschlag einer allgemeinen seelischen Einstellung, der sie Rechnung trägt. Daß anderseits Trennungsverbote Chen nicht verbessern, ist selbst­verständlich. Warum finden wir den Willen zur Dauer so felten und so mangelhaft ausgebildet?

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Wir wissen heute durch die moderne Seelenforschung, daß der Menfch nur diejenigen Eigenschaften entwickelt, die er zur Hebung feines Gelbstgefühles braucht. Sucht er 3. B. lauten rauschenden Erfolg, dann wird er die zu diesem Zweck geeigneten Mittel an­wenden, er wird darauf trainieren" und so auch wirklich die Eigen­schaften erwerben, die ihm den gewünschten Erfolg sichern. Ver­zichtet er hingegen auf außere Anerkennung, so wird sich das auch im Training ausdrücken. Die Eigenschaften felbst find nur Folge des gesteckten Ziels und können nicht an sich geändert oder beeinflußt werden. Nur die geänderte Zielrichtung bringt dann aber zwangsläufig und une vermeidlich eine Renderung der dazu erforderlichen Eigenschaften mit fich. Nun ist 3. B. erotische Machtstellung zweifellos ein sehr gesuchtes Ziel, an deffen Erreichung viel, manchmal fogar alles gefeßt wird, und zu dem zwei Wege führen. Der eine Weg führt zu viel fachen Erfolgen, der andere verzichtet auf die Mannigfaltigkeit und sucht dauernden Erfolg. Wer sich für die Mannigfaltigkeit, den immer neu wiederholten Erfolg entschließt, wird die dazu ge hörigen Eigenschaften erwerben auf Kosten anderer, die ihm dabei hinderlich wären, er wird z. B. wenig Gedächtnis haben, weil das durch unerwünschtes Mahnen unbequem würde. Wer hingegen die Dauer will, der braucht wieder dieje Eigenschaften, besonders Ge­dächtnis, denn dieses wird ihm zum Stüzpunkt für die Erinnerung und gibt ihm dadurch die gewünschte Bindung an das einmal Er­lebte, die Ausdauer, die Fähigkeit der Treue. Mit diesem Zielstreben stellen sich auch die anderen für eine dauernde Gemeinschaft nötigen Eigenschaften ein. Abler bezeichnet sehr richtig die Ehe als eine Aufgabe", die im wesentlichen mit den gleichen Mitteln gelöst werden muß, wie alle anderen Aufgaben des Lebens. Und wer hier ein schlechter Bartner ist, wer sich in seinem Beruf, in feiner täg­lichen Tätigkeit nicht verläßlich, nicht rücksichtsvoll, nicht ausdauernd erweist, der wird es auch in der Ehe nicht sein, der wird hier wie dort Gründe finden sich zu drücken, durch Finten und Kniffe fich feinen Aufgaben zu entziehen. Zu den beliebtesten Tricks gehört es, Angewohnheiten des Partners plöglich nicht mehr ertragen zu fönnen, oder selbst störende Gewohnheiten an den Tag zu legen, beides sichere Zeichen einer schlechten Vorbereitung für die Ehe, Zeichen des Willens zur Unterbrechung, zum Wechsel.

Wenn wir die Einehe wollen, auf deren Seite zweifellos die großen feelischen Werte liegen, wenn wir der Neigung zur Un­beständigkeit steuern wollen, dann müssen wir schon beim kleinen Kind mit dem Training der dazu erforderlichen Eigenschaften be­ginnen, indem wir seine Zielfezung entsprechend beeinfluffen. Ein Kind, das nicht mehr mit dem Wunsch aufgewachsen ist, die schönste Buppe, das meiste Spielzeug befizen zu wollen, das wir auch als Erwachsener nicht mehr Erfolge auf erotischem Gebiet jammeln wollen, das Don Juan Ideal wird in Bergeijenheit geraten.

Es ist sehr bezeichnend, daß wir in Geschichte und Literatur tein weibliches Gegenstück zum Don Juan befizen. Messalinn, die man dafür ansehen könnte, ist es nicht, auch nicht Wedekinds Lulu. Diesen heftet etwas Gefräßiges an, fie find nicht wählerisch, sie nehmen was fie bekommen fönnen, was der echte Don Juan nie tut. Das fommt daher, weil der Mann auf Grund seiner wirtschaftlichen lleberlegenheit das feguelle Wahlrecht ausschließlich für sich bewahrt und dadurch die Frau gezwungen hat, das Wahlresultat untätig abzuwarten. Befommt nun solch eine schlecht vorbereitete Frau die Wahlmöglichkeit, dann schlägt sie ganz ins Gegenteil um und über­bietet die beneidete Freizügigkeit des Mannes durch vollkommene Zügellofigkeit. Damit halten wir bei einem Buntt in unserer Mädchenerziehung, der sein reichliches Teil zum Brozentjag der un­glücklichen Ehen beigetragen hat. Die fapitalistische Gesellschafts­moral hat es zuwege gebracht, dem jungen Mädchen beizubringen, daß fie möglichst viel erotischen Erfolg haben müffe, denn die Stellung der Frau wurde ausschließlich danach bewertet, weichen Mann fie fich zu erobern imftande war. Die Gefelijchaft hat es also verstanden, die Frauen zu einer ausschließlichen Vervollkommnung derjenigen Eigenschaften zu veranlassen, die zur Erreichung dieses 3wedes nüglich jein tonnten und hat fie dadurch völlig aus ihrer natürlichen Entwicklung gedrängt. Andererseits mußte das letzte Ziel des erotischen Erfalges dem jungen Mädchen forgfältig der= borgen werden, es sollte möglichst ohne Ahnung dieses Zieles an das Ziel selbst herangeführt werden. Es wäre Srrtum zu glauben, daß die unbehüteten Proletariermädchen in diesem seelischen Sim besser daran feien. Auch biefe erfahren und meistens in viel zu frühem Alter zuerst an sich selbst die praktische Auswirkung deljen, as man ihnen bis dahin durch Geheimmisträmerei oder Joten als etwas zu Berheimlichendes alfo Böses hingestellt hat. Der un­geheure Prozentjag empfindungsarmer Frauen, die Statistik neunt 60 Broz, in mandjen, falten" Ländern 80 Brez., geht darauf zurück, denn wo findet sich außer in germgen Ausnahmen Der Mann, der gemag Gemeinschaftsgefühl und die daraus entspringende Zart­heit befibt, un die Frau ohne deien jeelischen Schaden über diese