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Nauenstimme
Nr. 24 �4Z. Jahrgang I Beilage zum Banvärls I 25. November ,424
vom Arbeitsrecht öer Jrau.
Wenn wir uns vor Augen halten, daß der Sinn des richtig verstandenen Arbeitsrechtes ist, die Persönlich- keit des wirtschaftlich Schwächeren gegenüber dem wirtschaftlich Stärkeren zu sichern, so liegt darin bereits die besondere Bedeutung des Arbeitsrechtes für die weibliche Erwerbstätige. Bei dem heutigen Wirtschaftssystem befindet sich die Macht auf feiten der im Besitz der Pro- duktionsmittel befindlichen Unternehmer-, um die Aus- Nutzung dieser Macht gegenüber dem nur auf die Verwertung seiner Arbeitskrast angewiesenen Arbeit- nehmer zu verhindern oder in erträgliche Bahnen zu lenken, ist ein gut durchgebildetes Arbeitsrecht unbedingt er- forderlich. Diesen Grundsatz hat die Reichsverfassung von Weimar in ihrem Artikel 157 anerkannt in dem Satz„Das Reich schafft ein einheitliches Arbeitsrecht", eine Bestimmung, die aber leider bis heute nur Programm geblieben, nicht Tat- fache geworden ist. Was wir bis heute in Deutschland haben, ist ein Gewirr von teils im BGB. , in der Reichsgewerbeord- nung oder im Handelsgesetzbuch enthaltenen Gesetzesoor- schriften, teils durch Spezialgesetze oder Verordnungen ge- regelten Sonderbestimmungen. Es ist kaum möglich, daß sich der gewerkschaftlich und politisch geschulte Arbeitnehmer durch dieses Labyrinth hindurchfindet, wieviel weniger die häufig genug neben der Erwerbstätigkeit durch Hauswirtschaft belastete und in der Enge des Familienlebens oder der frem- den Hauswirtschaft erzogene Frau. Dadurch ist der Wert des heutigen Arbeitsrechtes schon von vornherein herabgemindert, und es muß deshalb mit allen politischen und gewerkschaftlichen Mitteln um die baldige Berwirklichung des in der Verfassung versprochenen einheitlichen Arbeitsrechtes gekämpft werden. Es kann nicht die Aufgabe dieser kleinen Arbeit sein, die heute geltenden Bestimmungen im einzelnen darzulegen; gezeigt werden soll lediglich, in welcher Beziehung die Frau des besonderen Schutzes des Arbeitsrechtes bedarf und welche Forderungen dementsprechend zu stellen sind. Diese besondere Schutzbedürftigkeit ergibt sich aus drei Tatsachen. Die erste und bedeutendste ist die, daß die Frau sowohl in physischer wie in psychischer Hinsicht in stärkerem Maße als der Mann abhängig ist von ihrem Körper, d. h. daß die naturgegebenen Aufgaben des W e i b tu m s und der Mutterschaft in ihrem Leben eine außerordentlich große Rolle spielen. Die Frau bedarf also einmal eines besonderen arbeitsrechtlichen Schutzes für den Fall der Schwangerschaft und der Mutterschaft: sie bedarf aber auch zweitens eines Schutzes gegenüber einer eventuellen Ausbeutung der wirt- schaftlichen Machtstellung des männlichen Arbeltgebers im Hinblick auf Ihr Frauentum. Die Zeit ist noch nicht allzufern, in der der Arbeitgeber wie der Vorgesetzte die weibliche Arbeitnehmerin als Freiwild betrachteten und noch heute ist manche Ärbeitnehmerin vor den Nachstellungen männlicher Vorgesetzen nicht sicher. Die zweite statistisch nachgewiesene Tatsache führt dahin, daß die Frau in außerordentlich jugendlichem Alter bereits allen Gefahren des Erwerbslebens preisgegeben wird, und daß sie noch weniger gewappnet als der junge Mann an diese schwere Aufgabe herantritt. Der immer noch in zahl- reichen Familien vorherrschend« Gedankengang, daß die Erwerbsarbeit für das Mädel nur eine Sachs der Uebergangs- zeit zwischen der Schulentlassung und der Ehe sei und daß es sich deshalb nicht verlohne, große Ausgaben für eine gute Berufsausbildung zu machen, hat zur Folge,
daß nicht nur dann, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse unbedingt dazu zwingen, sondern auch da, wo unter gleichen Verhältnissen dem Jungen eine Lehrzeit ermöglich wird, da» Mädchen, kaum der Schule entwachsen, in einen Broterwerb hineingesteckt wird. Wie falsch dies« Voraussetzungen sind, braucht kaum gesagt zu werden im Hinblick auf die große Zahl der Witwen und Frauen von erwerbsbeschränkten Männern, ganz abgesehen davon, daß die Frau genau so wie der Mann Anspruch darauf hat, ihre Arbeitskraft einem Berufe zu widmen, für den sie Neigung empfindet, und der ihr deshalb auch Lebensfreude bietet. Leider aber haben wir vorläufig mit den obigen Zuständen zu rechnen, und da» führt dazu, daß die junge Arbeiterin sich oft um ihre Arbeit»- bedingungen und deren Verbesserung viel weniger kümmert als der junge Mann. Hiermit zusammenhängt die dritte Tatsache, daß die weiblichen Arbeitnehmer in erster Linie tätig sind in d e n Berufen, für die es ein Arbeitsrecht bi» heute so gut wie gar nicht gibt, nämlich nach der von Woytinski(Die Welt in Zahlen) gebrachten Statistik im Jahre 1921 von je 100 erwerbstätigen Frauen 44,5 in der Landwirtschaft, 3,3 als Dienstboten, 18,2 ohne bestimmten Beruf 21,6 in der Industrie, 9,5 im Handel, 2,9 im öffentlichen Dienst und in freien Berufen. i Sehen wir den großen Prozentsatz der in der Land- wi r t s ch a f t tätigen Frauen, so muß es uns mit Sorg« erfüllen, daß hierfür ein Arbeitsrecht lediglich in der Vor- läufigen Landarbsitsverordnung der Volksbeauftragten be» steht, das aber vollkommen ungenügend ist. Noch schlimmer steht es mit den Dienstboten oder, besser gesagt, Haus- g e h i l f e n. Durch Erlaß der Volksbeauftragten sind die di« Hausgehilfen zu Unfreien machenden verschiedenen Gesinde- rechte aufgehoben worden; aber alle Versuche, an ihrer Stelle ein Hausgehilfengesetz zu schaffen, sind bisher gescheitert. Heute bestehen für die Hausgehilfen lediglich gewisse Schutz- bestimmungen im BGB., besonders für den Fall der Erkran- kung, sowie in bezug auf die Kündigung. Von ganz besonderer Wichtigkeit wäre für die Arbeit- nehmerin ein L o h n r e ch t. Die Ausbeutung der wirtschaftlichen Schwäche der Arbeitnehmerin in bezug auf den Lohn ist mit ganzer Deutlichkeit wieder zum Ausdruck gekommen be! der vom Reichsarbeitsministerium bezüglich der Erwerbs- losenfürforge veranstalteten Erhebung. Für uns kann nicht, wie für die bürgerlichen Parteien, die Hauptlehre darau» gezogen werden, daß die Löhne durch die Erwerbslofenunter- stützung nicht überschritten werden dürfen, sondern vielmehr, daß die erwiesenen Hungerlöhne geradezu nach einer durch- greifenden Neuregelung schreien. Bedauerlich ist, daß der einzige bestehend« Lohnschutz, nämlich die für Heimarbeite? vorhandenen Bestimmungen des Hausarbeitsgesetzes gerade von den Frauen oft aus Furcht, die Arbeit zu verlieren, nicht ausgenutzt werden. i Der bedeutungsvollste, nach der Revolutton gemachte Anfang zu einer Teilregelung eines durchgreifenden Arbeits- rechtes ist trotz aller noch bestehenden Mängel zweifelsohne das Betriebsrätegesetz, und gerade augenblicklich beschäftigt sich der Reichstag mit einem zweiten Schritt auf diesem Wege. nämlich dem Arbeitsgerichtsgesetz. Beides aber erfüllt nichr voll und ganz feinen Zweck, wenn nicht ebenso wie der Arbeiter auch die Arbeiterin sich an der Durchführung dieser Gesetze beteiligt.> Aus Vorstehendem dürfte schon hervorgehen, daß weder die Schaffung des geforderten einheitlichen Arbeitsrechtes noch