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lerischen oder wissenschaftlichen Wert oder ift fie belanglos, ohne Schmug und Schund zu sein, so darf sie auch dann nicht auf die Liste tommen, wenn fie etwa ungeeignet für

Kinder ist.

Unsere Genofsinnen in den Brüsstellen sind gegenüber allen, die mit diesem Gesez den Wunsch nach der Zensur des Bormärz und der kommandierenden

Generale verbinden, die Hüter der freien mei.

nungsäußerung nicht nur der unseren der Freiheit von Wissenschaft und Kunst. Sie müssen darum mit allen lebendigen Strömungen in unserem Volt verbunden sind, fie müssen Verständnis für die junge Literatur haben, fie müssen, wo es sich um wissenschaftliche Probleme handelt z. B. neue der Segualforschung oder Psychia­trie fich mit einem modernen Fachmann beraten. Sie müssen jeden Versuch abwehren, sie zum Handlanger gewisser Bestrebungen zu machen, auf daß dieses Gesetz einspringe, wo der Staatsanwalt versagt.

Die Prüfstellen müssen von der Oeffentlichkeit Icharf kontrolliert werden, damit lebergriffe nicht vorkommen. Dazu müssen wir die Begriffe von Schmutz und Schund und die Grenze des Rechts der Prüfstellen scharf herausarbeiten, damit wir jeder Auseinandersegung über die Handhabung der Prüfung gewachsen' ind.

solchen ebenso undurchdachten wie im tiefsten Grunde unfittlichen An­schauungen ab. Wenige, aber gewollte" und mit Freuden erwartete Kinder, das ist unser Ziel! Zu dem stolzen Triumph menschlichen Dentens über die blind waltende Natur gefellt sich dann ein Aufstieg der Nasse in freudig empfangenen und gesund erblühenden Kindern, wie sie in unserer in Hunger und Elend verkommenden Gegenwart nur Dichter und Seher prophetisch erschauen tönnen.

Die Wohlfahrtspflege- kein Modeberuf.

In ihrem Kampf um das Gefeh sind politische Schrift- radezu weltenjern sind. Der Weg dazu ist in den Kursen der stellerei, Runft und Wissenschaft auf die Sozialdemokratie an­gewiesen. Die Sozialdemokratie wird sich auch fünftig vor die Freiheit des Wortes und damit vor die Reichsverfassung, die diefe Freiheit schüßt, stellen. So mögen die Künstler auf sie vertrauen. Ist in ihre Hand der Menschheit Würde gegeben, dann steht diese in Deutschland heute unter dem Schutz der Sozialdemokratie. Das ist die Aufgabe, die uns erwartet. Hedwig Wathenheim.

Geburtenkontrolle und Ethik.

Bei einem Vortrag im Londoner Rundfunk über Geburten­tontrolle als Forderung der Zeit, vernehmen die Zuhörer plöhlich programmwidrige Zwischenrufe, die sich über die Schamlosigkeit" ber Ausführungen entrüsteten Dieser tleine Zwischenfall ist nicht allein für England, das klassische Land der Prüderie, charakteristisch, fondern auch für die Einstellung mancher bürgerlicher Kreise über­heupt gegenüber diesem Problem. Dennoch ist eine bewußte Ge­burtenkontrolle nicht allein mit den Forderungen der Ethit vereinbar, fondern geradezu Ausdruck eines verfeinerten ethischen Empfindens. In Pflanzen, Tier- und Menschenwelt bringt die Natur Lebenskeime In verschwenderischer Fülle hervor, von denen die weitaus meisten ungenügt untergehen. Nur ein winziger Bruchteil gelangt zur Ent­faltung. Um die Art unter allen Umständen zu erhalten, produziert bie Natur diesen leberfluß. Eine Unzahl junger Lebewesen geht zugrunde und nur die durch gute Lebensbedingungen begünstigten wachsen heran. Daß es in der Menschenwelt nach dem Blane der Natur nicht anders zugeht, beweift uns ein Blick in die Chroniken des Mittelalters. Von der großen Kinderzahl selbst in den reichsten und vornehmsten Familien blieben allenfalls zwei Kinder am Leben. Dabel ist zu berücksichtigen, daß damals die Fruchtbarkeit der Frauen höher war als heute und Zwillings- und Drillingsgeburten nicht felten vortamen, andererseits die Frauen infolge der häufigen Wochen­betten früh starben und die Männer mehrmals heirateten. Aber Best, Seuchen und Infektionen aller Art wüteten derartig. daß die Be­völkerung einer mittelalterlichen Stadt troh ihrer schnellen Ver­mehrung stets die gleiche blieb und sogar arg zusammengeschmolzen wäre, wenn nicht ein ständiger Zuzug vom Lande neue Bewohner gebracht hätte.

Es ist ein Irrtum, anzunehmen, daß wir im letzten Jahrhundert eine ungeheure Geburtenzunahme gehabt hätten. Die enorme Be­völkerungsvermehrung in den zivilisierten Ländern beruht im Grunde mur auf verminderter Sterblichkeit, vor allem der Kinder und Säuglinge. Die menschliche Bernunft hat die Bazillen als Krank­heitsträger erkannt und die großen Seuchen, wie Best und Cholera, ftellen feine ernsthafte Bedrohung der Gesamtbevölkerung mehr dar. Diefer gewaltige miffenschaftliche Fortschritt stellt aber die Menschheit vor die neue Aufgabe, das graufame Regulativ der Natur gegen Ueberbevölkerung durch eine humane Methode zu ersetzen. Diese Methode liegt weder im Kindermord, wie bei primitiven Bölkern, noch in der schädlichen und unwürdigen Abtreibung, sondern In der Empfängnisverhütung. Ueber die technischen Bedingungen der Empfängnisverhütung belehren vorzüglich die beiden Schriftchen von Radbruch- Grothjahn und Luise Otto , die in jeder Partelbuchhandlung erhältlich sind. Es gibt freilich auch noch in der heutigen Wissenschaft Bertreter der natürlichen, unmenschlichen Auslesemethode. Zu ihnen gehört in erster Linie Professor Gruber, der 1922 auf dem bevölke­rungspolitischen Kongres in Köln von einer Mutter berichtete, die 18 ( achtzehn) Kinder geboren hatte, von denen 10 früh wieder gestorben waren. Die überlebenden acht seien dann aber auch wahre Pracht exemplare geworden! Wir Sozialisten wenden uns mit Abscheu von

Die Wohlfahrtspflege" ist zu einem Beruf geworden; zu einem Beruf, der immerhin seinen Mann oder seine Frau ernährt. Und damit hat zu diesem Beruf der Zustrom derer ein­gefeßt, die sicherlich zur Wohlfahrtspflege weder berufen noch aus­erwählt find. So wollen, trop der gesteigerten Leistungen der öffentlichen Fürsorge, die Klagen über den Bureaufratismus in der Wohlfahrtspflege nicht verstummen, und zu ihnen gesellen sich die vielen Beschwerden über die Haltung der einzelnen Hilfskräfte. Mit dieser Konstatierung der Tatsachen allein kann leider nichts geändert werden. Denn es wird iminer schwer sein, das für diese sozialen Berufe notwendige wirklich soziale Menschenmaterial her­auszufieben; weder die Zugehörigkeit zu einer Klasse noch die Einstellung älterer Kräfte in den Beruf der Fürsorgerin garan­tieren an sich die bessere Auslese. Troßdem ist es zweifellos ein Fortschritt, wenn es gelingt, durch die schulwissenschaftliche Prüfung Menschen für diesen Beruf zu gewinnen, denen die wirtschaftlichen Nöte und die psychologische Einstellung des Proletariats nicht ge= Besuch der sozialen Frauenschule; sonst ist dafür die Lyzeums ,, Arbeiterwohlfahrt" gegeben, die Abschlußprüfung berechtigt zum bildung Borbedingung. Bisher haben in Berlin vier Kurse der Arbeiterwohlfahrt" stattgefunden, die mit je 12 Schülerinnen besetzt waren; die Abschlußprüfung wurde von je 10 Schülerinnen bestanden. Die Kurse auf der sozialen Frauenschule dauern drei Jahre, neben der Theorie soll die praktische Ausbildung gehen, die Arbeit an den verschiedenen Wohlfahrtsstellen vorfieht. Dann find die jungen Wohlfahrtspflegerinnen fertig ein Ziel, das die jungen Töchter begüterter Kreise schon mit 23, 24 Jahren erreichen fönnen. Das kann dort, wo die Grundlage für die Wahl des Berufes wirklich soziales Empfinden ist, ein Glück sein: denn der junge Mensch ist in feiner Rafte nicht so tief verankert als der ältere, und wir erleben immer wieder die Rebellion der bürger­lichen Jugend gegen die Schranke der von den Eltern überkomme­links leicht ins Extrem gerät. Andererseits ist die Ausübung dieses nen Weltanschauung eine Rebellion, die nach rechts wie nach Berufes, der mit dem schwierigsten Material, dem Menfchen, ar­beitet, durch junge Damen", die aus rein äußerlichen Gründen zu dem Modeberuf" gegriffen haben, sicher eine schwere Gefahr für alle, die das Unglück haben, gerade in diese Hände zu fallen. und letztlich ist der Betrieb der Wohlfahrtspflege, so wie er jetzt ist, durchaus geeignet, auch die besten Kräfte, gerade fie, vorzeitig zu ruinieren. Eine Wohlfahrtspflegerin hat heute 400-500 Fälle" zu bearbeiten! Daß da von einer wirklich individuell arbeitenden Fürsorge" nicht die Rede sein fann, leuchtet ohne weiteres ein. Günstigstenfalls fommt ein durch die etwas reichlichen Möglichkeiten der Wohlfahrtspflege gemil­derter Schematismus heraus. Fast stets wird sich ein gewisses Bureaukratentum als Selbstschutz des eigenen Organismus aus dieser Arbeitsüberlastung heraustristallisieren müffen.

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Die Besoldung der Wohlfahrtspflegerinnen ist verschieden. Die meisten werden mit der Gehaltsklasse VI eingestellt, fönnen aber verhältnismäßig bald zur Klaffe VII aufrücken. Das bedeutet, daß das Gehalt von zirka 180 M. bis zu 260 m. steigen kann, fo daß die Laufbahn einer Wohlfahrtspflegerin einer intelligenten Frau eine bessere Besoldung garantiert, als fie sie durchschnittlich im Bureau oder im Handelsgewerbe erreichen kann. Es wäre darum dringend zu wünschen, daß den Genoffinnen aus prole­tarischen Verhältnissen der Weg zu dieser Laufbahn so viel wie möglich geebnet wird, und es wäre zu bedenten, ob man nicht hier Stundung aller Gebühren mit der Verpflichtung zu späterer Rück­zahlung erreichen kann ähnlich, wie früher viele Studenten auf Bump" studieren.

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Die Wohlfahrtspflege ist, in eigentlichen Sinne, ein Geschöpf der Novemberzeit; leider hat sie von ihrer Borgängerin, der Armenfürsorge", noch allerlei unangenehme Erbschaften über­nommen. Denn die Ideologie der Menschen läßt sich so schnell nicht umwandeln, um so weniger, als sich die politischen und wirtschaft­lichen Grundlagen, bei Licht befehen, so wenig geändert haben. Darum sollten menigstens unsere Genoffen, die in der Wohlfahrts. pflege arbeiten, sich bewußt sein, auf welch vorgeschobenem Posten fie hier stehen. Mit der Ueberheblich feit einzelner Organe, die immer noch als eine Art von zwar indireftem, aber allmäch­tigen Wohltäter" auftreten, muß Schluß gemacht werden, es muß auch den Objekten der Wohlfahrtspflege die Möglichkeit der Be­schwerde gegeben werden, und es wäre sogar gut, wenn durch Aushang in den Wohlfahrtsämtern auf derartige Beschwerdemög lichkeiten hingewiesen würde. Nur eine ständige Taylorkontrolle von unten fann es verhindern, daß aus dem lebendinen Orga­nismus Wohlfahrtspflege" schließlich ein verfnöcherter bureau­fratischer Apparat wird, und nur so fann ungeeignetes Menschen­material wirklich ausgeflebt werden. Dann erst wird aus dem Modeberuf" wirklich ein Beruf der Berufenen, sogar der Aus­erwählten werden! R. Ewald.

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