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" Zwanzig Jahre Frauenarbeit."

Bon Protefiorinnen, Gönnerinnen, Donatorinnen", von ge­fellschaftlichen Ereignissen und dergleichen war mehr als erfreulich die Rede im eröffnenden Lichtbildervortrag der Frauenarbeitsaussteüung des Deutschen Lyzeumklubs". Recht uninteressante Lichtbilder von Damengruppen, mit heute schon vorfintflutlich erscheinenden Kleidern und Hüten, zogen an uns vorüber, man fragte sich, wozu wird so viel von Personenfultus gesprochen, so wenig von wirklichem Frauen­streben, von bedeutsamer Frauenarbeit? Auch in die Ausstellung nehmen allerlei belanglofe Erinnerungen einen allzu breiten Raum ein. Dennoch mitten im mondänen" Getriebe schreien plötzlich Statistiken, Berichte, Bilder von erschütternden Nöten.

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Die

entwickeln, an einem Glockenspiel den Gehörfim, an Stäben und verschieden großen Holzflößen die Größenverhältnisse unterscheiden. Durch Namensaufruf im Flüsterton seitens der Kindergärtnerin wird mühelos die so schwer erreichbare lautlose Stille" erzeugt. persönlich anwesenden. Dottoressa" gewährte Aufschlüffe. Die Filmvorführungen werden ergänzt durch einige, von der meisten praktischen Erfolge hatte das Montessori - System bisher in Italien beginnt Montessori erst in letzter Zeit Fuß zu faffen. Musso­Holland; auch in Desterreich bestehen schon eine Reihe Schulen. In lini steht dem System durchaus freundlich gegenüber und läßt auf. eine persönliche Veranlassung eine Reihe von Heimen einrichten, Die Hauptwiderstände kommen in allen Ländern von den Pädagogen eine der merkwürdigsten Inkonsequenzen des reaktionären Diktators. alten Stils. Montessori steht auf dem Standpunkt langsamer Aus breitung, da sie eine Verwässerung des Systems durch gar zu resche Popularifierung fürchtet. Ste betrachtet ihr Wert noch keineswegs als abgeschlossen, sondern betont seine dauernde Weiterentwicklung. Als der Trubel in den eleganten Sälen seinen Höhepunkt erreicht, ist die Meifterin nach erfüllter Pflicht still verschwinden. Schlecht paht in das Schillernde Treiben der animierten Hautevolee die etwas kompakte Geftalt mit den fräftig ausgeprägten Zügen und den leuchtenden, gütigen Augen. 5. S.

Der linkische" Lehrling.

Der Tisch der Gruppe für Blindenarbeit läßt Schicksale vor ims erftehen, Anflagen gegen den Krieg, der so vielen Jungen, Blühenden das Augenlicht nahm. Ihnen vor allem galt die Arbeit von 110 Klubmitgliedern, die in mühsamer Arbeit 400 Blinden­bücher abschrieben und fie der Zentralbibliothek für Blinde in Mar­ burg schenften. Gefangene Frauen, diefen ärmften Opfern unserer Gesellschaftsordnung ist eine Sammelausstellung der Gruppe für Soziale Fürsorge gewidmet. 14 Bilder erster Künstlerinnen, unter denen Käthe Kollwih die ergreifendsten beisteuerte, leuchten hinein in dies tiefe Dunkel. Zum ersten Male haben die deutschen Gefängnisbehörden, ein strenges Berbot zeitweise außer Kraft feßend, es gestattet, daß in den Gefängnissen gezeichnet werden durfte, so fanden lebenswahre Eindrücke fünstlerischen Niederschlag. Es blieb In der Werfftatt des Tischlermeisters G. ist ein neuer Lehrling der Frauenbewegung vorbehalten, auch in die furchtbaren Kerker angetreten, und der Meister gibt ihm eben die erste Anleitung. bes vorigen Jahrhunderts, die menschlich wie hygienisch gleich grauen- Eifrig und voller Schaffensfreude ergreift er die Werkzeuge, aber haft waren, einzudringen, in jahrzehntelangem Kampf die Frau als bevor er beginnt, verbeffert ihn der Meister: nicht mit der linken, foziale Helferin, Gefängnisbefucherin, Oberin, Lehrerin, Aerztin und sondern mit der rechten Hand, wie er es ihm gezeigt habe, müsse er Fürsorgerin den unglücklichen Mitschwestern an die Seite zu stellen. die Werkzeuge führen. Der Junge gehorcht verlegen, müht sich ab, Das Aufteimen des Erziehungsgedankens brachte allgemeine Ber- aber je mehr er sich wünscht, fein Bestes zu leisten, um so stärker besserungen, aber auch das heute ist noch weit entfernt davon, zu reizt es ihn immer wieder, mit der linken Hand zu arbeiten. Rach befriedigen. Käthe Rollwih zeigt uns in einem ihrer erschütternden wenigen Tagen beginnen die älteren Lehrlinge und Gehilfen ihn Bilder: Mutter und Neugeborenes im Gefängnishospital. mögen damit zu hänseln, geben ihm die linke Hand zum Gruß und tun, als die Erlebnisse für solche Bilder bald Vergangenheit werden; in der ob er nicht rechts und links zu unterscheiden müßte. Der Junge wird Stunde der Lebensgebung dürfte es nur Mütter, feine Straf- unsicher, topffcheu, unfroh und macht feine Forischritte. Der Meister gefangenen geben! Zwischen den Gefängnistragödien und der be- beschließt, ihn nach Ablauf der Probezeit zu entlassen. Der Junge, scheidenen Ecke, die Frauentampf gegen den Altofo erklärt er dem verärgerten Bater, stellt sich gar fo lintisch an. holismus zeigt, besteht enger Zusammenhang wir alle wissen, Bald wird es einen Entmutigten mehr geben unter denen, die noch wie verbunden Truntfucht, Prostitution, Verbrechertum sind. wenige Wochen zuvor mit freudigem Eifer ihren selbstgewählten ,, Soziale" Augen fönnen in der Ausstellung unter der gesellschaft- Beruf angetreten haben. lichen Aufmachung manches höchst Ernsthafte" entdecken, daneben Praktisches und Schönes. So arbeitet 3. B. Kläre Holstein seit Jahren daran, vielseitig verwendbare gut durchdachte Möbel­stüde für beengte Wohnungen zu schaffen. Bei der großen Raum­not bietet etwa die zweifigige Holztruhe, deren Inneres alles er­forderliche Nähmaterial, Flickzeug und Hausgeräte birgt, und die einige Handgriffe in einen großen, zwei Meter langen Tisch zum Blätten. Zuschneiden oder Effen verwandeln, ein willkommenes In­ventarftüd. Die Preise sind allerdings für die meisten Börsen leider zu hoch, aber das Ostar Helene- heim, das bekannte vor bildliche Krüppelheim Berlins , hat jetzt die Fabrikation übernommen und will durch Herstellung in größeren Bosten den Preis verbilligen. Die Sonterausstellung der Malerinnen und Graphiferinnen weist die besten Namen, darunter auch Käthe Kollwig, die ver­storbene Dora hih, Kornelia Pagta Wagner u. a. auf, es wäre erfreulich, dieses Gebiet weiblichen Könnens, einschließlich der Gefängnisbilder, einmal dort ausgestellt zu sehen, wo es den Arbeiterinnen unentgeltlich und leicht zugänglich wäre, etwa im Ge­werkschaftshause. Adele Schreiber .

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Geld für Montessori !

Durch die provinziale Ausgestorbenheit der abendlichen Wilhelm­straße fligen die Spiegelblanken Autos, stechen grell die elektrischen Bogenlampen des Kaiserhof" Portals. Im eleganten, teppich belegten Bestibül dringt dem Besucher das gedämpfte schmerzliche Gefreisch zweier Jazzbands pailletteglitzernder Abendtoiletten, brofatener Schuhe, tadellos sigender Smokings. Drinnen amüsiert fich blendend Berlin - Wildwest: geschminkte Lippen, gemalte Brauen, unnatürlich glitzernde Belladonna"-Augen, Bubilöpfe und in den Kniekehlen wippende Röckchen. Man akrobatikt Charleston. Ueppige Büfetts und neckische Tomboladamen sorgen für Portemonnaie­erleichterung; später dokumentiert sich die fortgeschrittene Stimmung im Erwerb eines tückisch entschwebenden Luftballons. Was hat dieser ganze mondäne Betrieb nun mit dem Montessori - System zu tun, welche Beziehungen haben diese Menschen zu der genial erdachten Kleinkindererziehung der hervorragenden Italienerin? Mit brutaler Eindringlichkeit fpricht diese Veranstaltung von der Geld­not der Montessori - Heime und der traurigen Wahrheit, daß auf feinem anderen Wege die nötigen Mittel zur Auf­rechterhaltung der Berliner Heime in vorwiegend profetarischen Be­airfen aufgebracht werden können.

In einem Nebensaal läuft als Erholung zwischen einem Charleston und einem Shimmy- fortlaufend der neue Montessori­Film. Er spricht überzeugender für die Sache als alle Worte es fönnten. Wir sehen die Kleinften fich felbft waschen, fleiden, das Frühstück auftragen, die Abwäsche erledigen, bei der Gartenarbeit, bei der großen Wäsche, beim Nacfturnen und schließlich bei dem sinnreich erdachten Arbeitsmaterial. Spielend" lernen Dreijährige des Schreiben und die Zahlen; fie lernen an Stoffen den Taftfinn

Lieber Meister, ob du wohl weißt, was es bedeutet, wenn du sagst, der Lehrling sei linfifch? Du meintest einfach, er sei unge­fchickt. Aber lintisch" hängt mit links" zusammen, und was du da unbewußt ausgedrüdt haft, ist ganz richtig. Denn der Junge ist ein Linkshänder, und er stellt sich nur deshalb fo unbeholfen an, weil du ihn zwingst, alles Wichtige mit der rechten Hand zu machen. Nicht anders würde es dir ergehen, wenn man dich zwingen würde, die schwierigsten Arbeiten mit der linken Hand auszuführen. Hat es der kleine Linkshänder nicht schon während der ganzen Schulzeit schwer genug gehabt, als er mit der rechten Hand schreiben und zeichnen mußte? Warum soll er jetzt nicht die Freiheit haben, feine Geschicklichkeit mit der linken Hand zu betätigen, soweit der Bau der Werkzeuge die Wahl läßt?

Wieviele geschickte, anftellige Kinder mehr würden wir haben, wenn schon die Mutter die Veranlagung zur Linkshändigkeit be­obachten und nach Möglichkeit berücksichtigen würde! Bis etwa aum fünften Lebensjahr sind die meisten mit beiden Händen gleich geschickt. 3eigt sich noch später ein Widerstand gegen die Bevorzugung der rechten Hand, so soll man nicht verlangen, daß das Kind unter allen Umständen wie ein Rechtshänder sich verhalte. Vor allem ist zu be= achten, daß nicht das Gefühl eines Mangels, einer Minderwertigkeit in ihm aufkommt, denn das steigert nur die Unbeholfenheit und über­dies ist der Linkshänder genau so berechtigt wie der Rechtshänder. Eine Mutter, die hier richtig beobachtet und nachgedacht hat, würde in einem folchen Fall den Meister aufflären, ihn davon überzeugen, daß er auf die Veranlagung zur Linkshändigkeit so viel wie möglich Rücksicht nehmen müsse, wenn ihm daran liegt, einen guten Lehrling heranzubilden, und sie würde dadurch threm Jungen das Selbst­vertrauen erhalten und seine Leistungsfähigkeit steigern.

H. G.-S.

Zunahme der Frauenarbeit. Aus den ersten Ergebnissen der Berufszählung von 1925 laffen sich noch feine Schlüsse auf die Ber­hältnisse im Reich ziehen, aber sie sind als Teilergebnisse auf­schlußreich genug; fie fennzeichnen die Lage in den Ländern Bayern , Oldenburg , Anhalt, Lübec, Mecklenburg- Strelitz , Schaumburg- Lippe und Hamburg . Die Zahl der Erwerbstätigen überhaupt ift gegen 1907 gestiegen; die der arbeitenden Frauen viel stärker als die Zahl der weiblichen Bevölkerung an sich. In Oldenburg waren 1907 von je 100 Frauen 23,6 hauptberuflich erwerbstätig, 1925 find es 37,3. Mecklenburg - Strelih zeigt eine Steigerung von 23,9 Proz. auf 30,9 Proz. Bei der start angewachsenen Schicht der Angestellten ist die Zumahme an Frauen bedeutender als die an Männern; fo ist in Bayern die Zahl der weiblichen Angestellten um 240,7 Proz. höher

als 1907.

Die Frau von heute." linter diesem Titel haben eine Reihe österreichischer Frauenorganisationen, darunter auch die Bereinigung arbeitender Frauen, in Wien eine Ausstellung eröffnet. Von den ausgestellten Arbeiten finden vor allem die künstlerischen Erzeug­niffe große Beachtung.