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Bermeidung eines Schulkampfes, der in jeder Gemeinde ent- I stehen foll". Im Nationalrat hat der Redner der Christlich. brennen müßte, wenn dieser Entwurf Gesetz würde, gerade in Schulfragen weiterfommen. So lange wir uns um das Bekenntnis streiten, so lange werden wir nie die hochentwidelte Schule haben, die die Verfassung will, so lange werden wir es nie erreichen, daß die begabten Kinder auch einfacher Leute in der Schule die Bildung erhalten, die ihrer Anlage und Neigung entsprechen. Jede einzelne Mutter muß um ihres Kindes willen gegen diesen Gesezentwurf fämpfen. Wir alle aber wollen es tun um jener großen Mütterlichkeit willen, die die ganze Generation mit lebendiger Fürsorge umfaßt. Hildegard Wegscheider.

Werben und schaffen am Werk!

Novembertage, Gedenktage der Revolution, erwarten von uns stärkste Entfaltung unferer werbenden Kraft. Es gilt, den Massen Schaffensmöglichkeiten zu erschließen am Wert des Aufbaues einer fozialen Gesellschaft durch verantwortliche Auswertung der Demo­fratie.

Die Feinde der Demokratie haben es uns diesmal leicht ge­macht. Bitter sind die Lehren, mit denen fle blindes Vertrauen helmzahlten. Die Bürgerblod regierung befcherte uns neue Zölle auf bie notwendigsten Lebensmittel. Damit half sie die Sorgen der proletarischen Hausfrau und Mutter ins ungemessene vermehren. Die Rationalisierung der Arbeit in der Industrie äußerst ver­feinerte Anfpannung der menschlichen Arbeitskraft neben der Steige rung der maschinellen Ersatzkraft entwerten das Proletarierleben Immer mehr. Die Zahl der Arbeitsfähigen und doch schon zum alten Elfen geworfenen wird täglich größer. Dabei muß jede Lohner höhung bitter erfämpft werden.

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Aber nicht nur wirtschaftliche Not der Massen kennzeichnet den Weg der herrschenden Bürgerblockregierung. Sie ist bestrebt, die seelische Not, die wirtschaftlicher Druck ohnehin erzeugt, durch geistige Knebelung zu vermehren, die Massen widerstands los der Aus beutung preiszugeben. Die geistige Entwicklung, die die Republik einleitete, soll zurückgeworfen werden.

Dagegen gilt es Menschen zu mobilisieren, Männer und Frauen Der Arbeiterklasse ihrer Aufgabe zuzuführen. Der Mensch darf sich feinem Schicksal nicht mehr widerstandslos ergeben. Er darf es nicht sehen als eine vereinzelte Erscheinung. Er muß es erkennen lernen als den Einzelfall eines Massenschicksals, das geändert werden muß. Und geändert wird es werden, wenn der Sozialismus Massen­wille wird, weil er Einzelerlebnis geworden ist durch Mitarbeit in der Arbeiterbewegung. Das ist der tiefere Sinn unserer Werbe­altion: den einzelnen diesem Erlebnis näherzubringen. Unsere Werbe­fraft entspringt dem Bewußtsein, als Arbeiterklasse berufen au fein zu dem Kampf gegen Klassenherrschaft, für gleiche Rechte und Pflichten aller ohne Unterschied des Geschlechts und der Abstammung.

In der Ueberzeugung, daß die Arbeiterklasse diesen ihren Kampf nicht führen und ihre Organisation nicht voll entwickeln fann ohne politische Rechte, gab sie in dem Augenblick ihrer revolutionären Macht in den Novembertagen 1918 auch den Frauen die vollen politischen Rechte der Demokratie.

Die politischen Rechte der Frauen werden sich erst dann aus­wirken für die Befreiung der Frau von den besonderen Fesseln, die Staat und Gesellschaft ihr auferlegen, wenn die Frauen den Weg zur Arbeiterbewegung und zum Sozialismus gefunden haben, wenn fle als Erzieherinnen des Nachwuchses seine Ber: fünderinnen geworden sind. Darum ist jede soziali stische Werbewoche ein befonderer Appell an das Gewissen der Frauen. M. T.

Die Frauen Oesterreichs im Kampf.

In Deutschland ist es dem unermüdlichen Ansturm der Sozial­Demokratie gelungen, den Abtreibungsparagraphen einige der Schlimmsten Giftzähne auszubrechen. In Desterreich dagegen hält die Reaktion zäh an dem Schandartikel 144 des österreichischen Straf­gesetzbuches fest. Der dem Nationalrat vorliegende Entwurf eines neuen Gesetzbuches hat aus dem alten diesen Artikel übernommen. Dagegen fanden am 25. September die ersten Massenprotestversamm lungen statt.

Im überfüllten großen Konzerthaussaal führte Genoffin Bundes­rätin Marie Bod den Vorsiz in einer Versammlung von Dele gierten, die 110.000 organisierte fozialistische Frauen von Wien vertraten, sowie von Delegierten aus der Provinz vom Bund öfter reichischer Frauenvereine. Genoffin

sozialen, der stärksten Regierungspartei, erklärt, daß in diesem Punkte eine Angleichung an das deutsche Gesetz nicht nötig sei, da der not stands paragraph genüge. Demgegenüber bestimmt der § 254 des deutschen Entwurfs, den unsere Regierung nicht über­nommen hat: Eine Abtreibung im Simmie dieses Gesezes liegt nicht vor, wenn ein approbierter Arzt die Schwangerschaft unterbricht, weil es nach den Regeln ärztlicher Kunst zur Abwendung einer auf andere Weise nicht abwendbaren ernsten Gefahr für Leben o der Gesundheit der Mutter erforderlich ist". Wir fragen: Welches Interesse steht höher: schon lebenden Kindern ihre Mutter zu erhalten oder die Mutter preiszugeben und zu den Kindern, die schon da sind, noch eine neue Waise hinzuzufügen?" Der Staat hätte nur dann das Recht, das schrankenlose Gebären zu fordern, wenn er gleichzeitig die Sorge für jedes Kind, das geboren wird, übernimmt... Wir wissen sehr wohl, daß die Schwanger­schaftsunterbrechung durch keine Strafbestimmung aus der Welt ge­fchafft wird. Die Statistit zeigt, daß die Zahl der Fälle, die vor Gericht famen, nach dem Kriege stieg, aber mun eine geringe Ab­nahme zeigt. Nun macht sich die Wirkung der Aufklärung fühlbar, die insbesondere der Bund für Geburtenregelung leistet, daß die

Empfängnisverhütung besser ist als die Schwangerschaftsunter­brechung.

Der Notftandsparagraph ist nichts als ein Werkzeug der Willkür in den Händen der Richter, die vielfach noch unter dem Einfluß ver­alteter Gedankengänge stehen. Wir fodern flare Bestimmungen in voller Angleichung an den deutschen Entwurf. der uns allerdings noch nicht genügt.

Stadtrat Tandler, Leiter der Fürsorgeabteilung des Stadt­rats und Profeffor für Anatomie an der Wiener Universität , be handelte die Frage vom medizinischen Standpunkt und erklärte, daß der Gefeßentwurf Mißtrauen den Aerzten gegenüber zeige und am schwersten die Frauen treffe, die tein Geld haben. Bundesrätin Therese Schlesinger sprach von der Heuchelei der Reaktionäre, die von der Heiligkeit des Menschenlebens reden und stets bereit sind, Menschen in den Krieg zu schicken. Die einstimmig angenommene Entschließung weist sowohl die Unmenschlichkeit gegen die Frauen, als auch die Berdächtigung jenes Teils der österreichischen Aerzteschaft zurück, der seit Jahren gegen die Barbereien des§ 144 gekämpft und sie erklärt, daß diese Aerzte ihre Pflicht weit beffer tennen als eine Regierung, die um eines leeren Dogmas und um eitlen Machtftrebens willen, Bürge rinnen unferer Republik ins Verderben zu stoßen trachtet. Die Ver­sammlung verwahrt sich entschieden gegen die neuerliche gesetzliche Berankerung des jeßigen barbarischen Zustandes. Sie würde die Anerkennung der medizinischen Indikation nur als einen ersten Schritt auf dem Wege betrachten, der zur Erfüllung jener Forderungen führt, die unser Linzer Parteiprogramm in bezug auf die Bevölkerungsfrage enthält".

Schluß mit der Proletenvilla!

Der Kleine Auffaß Wozu die Broletenvilla?", dieser Notschrei einer Hausfrau", hat tells Zustimmung bei Leidensgefährtinnen. teils heftige Ablehnung gefunden. Bezeichnend ist, daß die ableh nenden Stimmen fast durchweg von Männern famen, die selbst die Nachteile einer verfehlten Bauweise nicht der art am eigenen Leibe spüren wie die Hausfrau. An dieser Stelle behauptete ein Genoffe fühnlich, daß solche Dinge", nämlich die Blacierung der Möbel, die Gefahren der steilen Treppe für fleine Kinder und die Schwierigkeiten der Krankenpflege nicht ernstlich" gegen das Ein­familienhaus angeführt werden könnten. Aber ist es denn nicht ernst genug, wenn Frauen in solchen Wohnungen unterleibsleidend wer den, wenn sie Krampfadern und geschwollene Füße bekommen, wenn fie flagen, niemals mit ihrer Arbeit fertig werden zu können, wenn fie in ihrer Ermattung abends feine Spannkraft mehr für geistige Interessen finden?

Auch der Einwand, daß der Mietstasernenbewohner ja meist noch zu ganz anderem unfreiwilligen Treppensteigen gezwungen" wird, ist aus der männlichen Perspektive gefehen. Denn, ohne das Mietstafernensystem im geringsten verteidigen zu wollen, muß doch gesagt werden, daß es, mit Adam Riese , für die Hausfrau- leichter ift, etwa zweimal am Tag schlimmstensfalls vier Treppen hin­auf und hinunter zu steigen, als etwa zwei Dugend Male am Tag und öfter eine Treppe.

Unter tollettiver Bauweife" will ich nicht die Miets­fasernen alten Stils verstanden haben, sondern durchdachte Typen­bauten mit vielen zusäßlichen Räumlichkeiten, die gemeinsamen Bedürfnissen und der Pflege des Gemeinschaftsgeistes dienen, als da sind Versammlungs- und Leseräume, Sport- und Spielpläge, ge= meinfame Baderäume, Kindergärten und nicht zuletzt gemeinsame Waschküchen. Sollte denn das, was die sozialistische Wiener Gemeindeverwaltung geschaffen hat, für uns als Borbild ganz wert­los fein? Ist es denn nötig, daß in unseren deutschen Neubaufied­lungen jedes Einfamilienhaus seine besondere Waschküche mit wandte sich gegen den unerhörten Zustand, daß nach teurem eingebauten Waschkessel, Wasserzu- und-ableitung sowie einem langjährigen, heftigen Kampf um die Ab Trockenboden erhält? Wäre es nicht richtiger, die für solche unpro­schaffung dieses Paragraphen diese Unmenschlichkeit weiterbeduktiven, individualistischen Ausgaben erfparten Mittel für

Adelheid Popp