folche follettiven Schöpfungen einzusehen? Wann endlich werden unsere deutschen Architekten den Mut ihrer Wiener Kollegen aufbringen?
Warum haben eigentlich die Wiener Genossen feine Einfamilienhäuser gebaut, sondern fünfstöckige Häuserblocks? Weil es ihnen in erster Linie auf billiges und schnelles Bauen antam! Wir sind in Deutschland doch nicht in einer so gründlich anderen Lage, daß wir uns den Lurus des massenweisen Einfamilienhauses ruhig gestatten können. Wir brauchen Kleinwohnungen, und noch einmal Kleinwohnungen, während die Mieten des Einfamilienhauses überhaupt nur vom festbesoldeten Mittelstand tragbar sind. Die seelischen Einwirkungen des Einfamilienhauses sind auch nicht nur günstig einzuschätzen. Es wiederholen sich nur zu häufig Klagen, die man auch angesichts der Schrebergartenbewegung erhoben hat, Klagen über Berspießerung und Verfimpelung des ewig mit Häuschen und Gärtchen beschäftigten Einfamilienhausbewohners. Gegen den Einfamilienhausgarten spricht außerdem das unglückfelige Handtuchformat. Gartenanlagen sind nicht notwendigerweise nur mit dem Einfamilienhaus möglich, sondern sehr wohl auch mit dem Etagenhaus unter Berücksichtigung fämtlicher Mietsparteien zu verbinden.
Ein anderer Berteidiger des Einfamilienhauses( Genosse Beus, Anhalt) anerkennt zwar die Klagen über das mehrstödige Einfamilienhaus als berechtigt, befürwortet aber statt deffen das flache, einstödige Einfamilienhaus. Natürlich wäre eine solche Bau weise geradezu ideal, aber wir leben nicht alle in Städten wie Dessau , wo solche Ideale eher verwirklichbar fein mögen, während fte in Großstädten als Utopien erscheinen.
Wenn wir mit zwei bis dreiftödigen, gefunden, fonnigen Etagenhäusern, aber mit grünbestandenem Spielhof für die Kinder und gemeinsamen, elektrisch betriebenen Waschküchen am schnell ften und ohne gesundheitliche Mängel zu dem Ziele tommen, brennenden Notständen abzuhelfen, so sollten gerade wir Frauen uns für eine solche Bauweise einfeßen. Hedwig Schwara.
Wozu Eheberatung?
Jüngst haben sich eine Menge angesehener Sozialhygienifer in Berlin zusammengefunden, um die Entstehung einer neuen Pflanzenart aus dem Garten der Sozialhygiene zu feiern und zu besprechen, einer Art, die vorläufig noch recht fümmerlich wächst und, weil sie noch so flein ist, wenigen bekannt und oft übersehen wird: Ehe beratung. Und die nicht nur von vielen übersehen, sondern auch angegriffen und bespöttelt wird. Bon bürgerlicher Seite wird ihr vorgeworfen, daß sie eher zu einer Berminderung als zu einer Steigerung der Geburtenziffer beitrage, auch wird gerade von dieser Seite häufig der persönliche Charakter des Liebes- und Geschlechtslebens betont, in das man nicht hereinreden dürfe, von sozialistischer Seite wird sie noch nicht genügend gewürdigt und gegen fie eingewendet, daß für die vielen tausend Proletarierehen nicht ein wohlmeinender juristischer oder medizinischer Rat entscheidend sei, Jendern die wirtschaftlichen Verhältnisse: das Einkommen, die Sicherheit der Eriſtenz, die Enge der Wohnung, kurz: die wirtschaft lichen und politischen Bedingungen, unter denen wir leben und die eben der Sozialismus erst zu ändern bestrebt sei. Boraussetzung für das Gedeihen einer Ehe sei, daß der eine Ehepartner den seelischen und körperlichen Bedürfnissen des anderen genügen könne und nicht daran gehindert werde zumal die Frauen durch Inüberanspruchnahme mit Arbeit, Kinderreichtum, Entbehrung, Krankheit. Diese Beweisführung gilt aber nur in eben dem Maße, wie sie z. B. für die Tuberkulose gilt: heutzutage bestreitet niemand mehr, daß die Voraussetzungen für die allgemeine Ausrottung der Tuberkulose, der Proletarierkrankheit, eine Aenderung der wirtschaftlichen Verhältnisse, d. h. eine Aenderung in der Ernährung, Wohnung, Arbeitsart ist. Aber trotzdem ist es Pflicht und Freude des Sozialhygienifers, auch unter den jetzigen fapitalistischen Berhältnissen, dle Tuberkulose zu bekämpfen, wo und wie er tann. Ebenso Hegt es in der Eheberatung, und wie auch heute schon dem einzelnen Zuberkulösen geholfen werden fann, wenn auch die Seuche als Ganzes noch nicht auszurotten ist, lo fann auch in mancher Ehe helfend eingegriffen werden, auch solange wirtschaftliche Not, Strafrecht, Wohnungsmifere auf dem Proletariat laften.
-
-
-
-
Was drückt die Proletarierfrau in der Ehe am meisten? Die zu vielen Kinder, zu viele, um sie ausreichend ernähren und aufziehen zu können, zu viele für den Körper der Frau, der von der Dreiheit: Kinder- Arbeit- Elend vorzeitig zumal wenn die Geburten schnell aufeinanderfolgen zerrüttet und eheuntauglich gemacht wird. Dagegen wußten die Frauen bisher in den meisten Fällen nur auf zwei Arten Rat, entweder den einen, für Leben, Gefundheit und Freiheit der Frau allzu gefährlichen: die Abtreibung, oder den anderen: Schuß gegen Empfängnis, der so, wie er von den Frauen angewandt wurde, oft unzureichend, manchmal auch schädlich war. Hier hat der Eheberater zu raten. In den Fällen freilich, wo die Frau, verzweifelt über die neue Frucht, die in ihr wächit, zu ihm tommt, ist es zu spät. Hier fann auch er nicht gegen das Strafrecht. Aber wie das Zuviel, drückt auch manchmal das Zuwenig an Kindern, das Ausbleiben von Kindern überhaupt, die Proletarierfrauen. Ueberhaupt einmal Mutter werden, wollen auch heute noch die meisten Frauen. Den Grund der Unfruchtbarkeit aufzuspüren, Rat zu geben, an die geeignete Stelle zu überweisen, wenn er selbst nicht eingreifend helfen kann, ist Sache des Eheberaters.
Was lastet noch auf der Proletarier frau? Eheschwierigfeiten und 3erwürfnisse. Oft ist es unmöglich, das erste Glied dieser Kette zu erkennen. Was waren die ersten Gründe? Das Nichtsattwerden, dauernd in einem engen Wohnraum zu sammengequetscht werden, die dauernde Sorge um die Stellung, Krankheit oder Nervosität, krankhafte Anlage des einen Ehegatten? Eines hat sich gewöhnlich an das andere geschlossen, unübersehbar erscheint die Fülle von Mißverständnissen, Empfindlichkeiten, Kränfungen, fleinen Gehässigkeiten, von denen eines auf der einen Seite immer ein anderes auf der anderen Seite erzeugt hat. Und trotz dieser Verwirrung gelingt es manchmal einem Unparteiischen, nur dadurch, daß er gerecht zuhört und hereinleuchtet in die Verwirrung, Aufflärung und Hilfe zu schaffen.
Und schließlich noch ein Leytes, das zwar das Proletariat nicht drückt, aber doch von Bedeutung für es ist: Wir haben kein Intereffe daran, ein Lumpenproletariat zu erzeugen, frankhafte, minderwertige Nach tommenschaft. Die Eheberatungsstelle hat auch die Aufgabe, Leute, die Kinder haben wollen, daraufhin zu unterfuchen, ob bei ihnen die Wahrscheinlichkeit besteht, daß sie gesunde, durchschnittliche Kinder erzeugen. Also nicht etwa in das Liebes leben der einzelnen, solange sie zu zweit bleiben wollen, einzugreifen, beabsichtigt die Eheberatung, sondern nur nach den jezigen Erfennt nissen der Wissenschaft vor dem Zusammenschluß zur Kindererzeu gung einen Rat zu geben, damit nicht etwa die vor der Geburt erwünschten Kinder nachher eine Laft für die Eltern und die GesellStadtschularzt Dr. Rollwig. fchaff werden.
ftellen:
1. Im Bezirksamt Wedding: Wattstraße 16, Mittwoch 12-1 Uhr für Frauen, Freitag 17-18 Uhr für Männer.
2. Jm Bezirksamt Prenzlauer Berg : Dunderstr. 64, Dienstag und Freitag 17-19 Uhr.
3. Im Bezirksamt Friedrichshain : Schillingbrücke 2, Donnerstag 19-21 Uhr.
4. Im Bezirksamt Kreuzberg : im Gesundheitshaus Am Urban 10-11, Montag 19-20 Uhr, Mittwoch 11-12 Uhr.
5. Im Bezirksamt Neukölln ; Erkstraße 27, Mittwoch und Freitag 17-19 Uhr.
6. Im Bezirksamt Lichtenberg : im Hubertusfrankenhaus täglich vormittags; im Gesundheitsamt, Türrschmidtstraße 24-26, Dienstag und Donnerstag 13-15 Uhr, Sonnabend 12-13 Uhr.
7. Im Bezirksamt Treptow ab 1. November: Niederschöneweide , Grünauer Straße 1a, Montag 16-17 Uhr für Frauen, Mittwoch 15-16 Uhr für Männer.
Außerdem im Institut für Sexualwissenschaft : In den Zelten 10.
Erziehung zum Alkohol. 603
Bubi ist ein Kind, des Weinlandes. Wenn er auch troß seiner zwei Ihre kaum einzelne Worte sprechen kann, darf er doch an Mutters Weinglas nippen. Er verzieht das Gesicht der Wein ist leicht säuerlich. Aber er nippt noch einmal, noch mehreremal an dem hingehaltenen Glase, löffelt dazwischen seine Suppe. Ihm wird ganz luftig zumute. Der Löffel scheint gut zum Allotriatreiben, auch die Dinge auf dem Tisch. Für seine Suppe hat er plöglich jegliches Interesse verloren. Arme und Beine sind sehr beweglich geworden, viel zu beweglich, fie gehorchen ihm nicht mehr. Wie sollten da Zuspruch, Verbot, Drohung der Mutter noch von irgendwelcher Bedeutung für ihn sein? Er klettert auf der Bank umher, unter Lachen und Lärmen, bis Mutter ihn niederzieht auf den Sig. Er soll noch einmal nippen. Er läßt sich den guten Schluck aufnötigen, um ihn sofort ins Glas zurückzugeben. Ein Schlag auf den Mund, ein zweiter und ein„ warte, du garstiger Bub," find die mütterliche Belohnung für Bubis Weigerung, fich den erregenden foholgenuß weiter aufzwingen zu laffen Dieses Mal verzieht er das Geficht, weil er große Luft hat zum Beinen.
Bubi wird flüger werden, was den Wein angeht. Er wird lernen, ihn nicht zurückzuweisen. Bis er die Kinderschuhe ausge treten hat, kann er es herrlich weit gebracht haben in der Schätzung des Alfchols.
-
Ob ein aufmerksamer Beobachter im Lande des Bieres nicht dasselbe in Grün findet, ähnliche Szenen, in denen an Stelle des Weines das Bier figuriert? Man denkt leicht, ein paar Tropfen werden dem Kinde nicht gleich Schaden bringen. Man irrt. Für den zarten, ungefestigten Organismus des Kindes, der all feine Kräfte zum Aufbau braucht, ist jeder diese Kräfte paralysierende oder von ihren zweckmäßigen Funktionen ablenkende Tropfen Gift, das Schädigung physischer wie seelisch- geistiger Entwicklung zur Folge hat. Steter Tropfen höhlt den Stein. Langsam aber stetig fammeln fich die giftigen Tropfen zu ungefunden Säften im Körper des Kindes, zehren an ihm. Langlam und stetig sammeln sich Trinkgelegenheiten zur Trintgewohnheit, zur Gier nach ungefunden Gemüssen. Nervosität wird geweckt und verstärkt, der Geist eingeschläfert, die Willenskraft untergraben, die Widerstandskraft notwendiger und wohltätiger Hemmungen zerstört, der Charakter verdorben. Geistige und sittliche Berderbnis wird so vorbereitet. Langsam und stetig, wenn auch unmerklich kann der Keim gelegt und herangezogen werden zum Gewohnheitstrinfertum.
Darum feinen Tropfen Alkohol für das Kind, welchen Altera Sascha Rosenthal
es[ ei.