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Frauenftimme

Nr.12 45.Jahrgang Beilage zum Vorwärts

2. Juni 1928

Die Wahlarbeit der Frauen.

ihren Häusern. Die Bartel hat wieder 63 Genoffinnen auf­gestellt. Davon sind 20 in den Reichstag gewählt worden. Die demokratischen Blätter beschäftigten sich viel mit der Frage, ob die Frau sich für das Wahlrecht reif zeige oder ob sie nicht doch von Natur aus unpolitisch sei. Selbst verständlich ist diese Frage vom Standpunkt der einzelnen

In Deutschland haben am 20. Mai 19 Millionen Männer und 21 Millionen Frauen Gelegenheit zum Wählen gehabt. Das zahlenmäßige Uebergewicht der Frauen im wahlfähigen Alter gab der Partei, die den Frauen 1919 das Wahlrecht gegeben hat, eine große Berantwortung. Unsere Genoffinnen sind sich dessen ebenfalls bewußt gewesen und haben sich für den Wahl­tampf gerüstet. Das Schriften­material, das die Partei in Flugblättern, Broschüren und Zeitungen herausgab, wandte fich zugleich an die Wählerin und den Wähler. Es war sehr reich­haltig. Daneben Daneben aber sind auch noch besondere Flug­schriften für Frauen heraus­gegeben worden. Eine fleine Broschüre Frauen unter­wegs" betitelt, ist sehr ge­fällig und sehr anschaulich ge­halten. Flugblätter, in denen irgendeine, die Fraueninter­essen besonders besonders berührende Fragen erörtert ist, war zur allgemeinen Verbreitung be stimmt. Die einzelnen Wahl­bezirke entfalteten dann noch eine individuelle Agitation. In Berlin wurde eine besondere Frauenzeitung Die Wählerin" herausgebracht und in großen Maffen verbreitet. Andere Wahlbezirke stellten den Ge noffinnen Briefe" zur Ver­wendung an Bekannte, Freunde und Verwandte zur Verfügung. Eine sehr schöne, für den Zweck

Das Lied vom täglichen Brot.

Das ift das Lied vom täglichen Brot, Die es erfchaffen, leiden Not. Die Kleider wirken- gehen bloß, Die Häufer bauen- wohnungslos.

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Das ift das Lied vom alten Gefchlecht: Dem Herrn das Land, die Fron dem Knecht. Die Kohlen graben ohne Herd, Die Werte fchaffen ohne Wert.

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Das ift das Lied der höllischen Pein: Dem Reichen Brot, dem Armen Stein. Dem Armen Nacht und bittres Muß, Dem Reichen Glanz und Überfluß.

Das ift das Lied, wenn der Aufruhr gellt, Wenn alte Schmach an uns zerfchellt. Das ift das Lied, das nicht verzeiht.

Ihr Knechte, feid zur Tat bereit. Bruno Schönlank .

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Partei aus nur ganz subjektiv zu beantworten. Zur Grund­lage solcher Betrachtungen macht man die prozentuale Be­teiligung der Frau an früheren Wahlen und in den Bezir fen, in denen die Stimmab gabe zwischen Männern und Frauen getrennt erfolgte die Verteilung der Frauen­stimmen auf die einzelnen Bar­teten. Solche fleinen Stich proben lassen eigentlich nur den Schluß zu, daß die Frauen in katholischen Gegenden stärker unter dem Einfluß der von der fatholischen Kirche beherrschten Zentrumspartei stehen, als die Männer. Das hat mit der Ab­neigung gegen die republika nische und demokratische Re­gierungsform nicht das ge< ringste zu tun.

Ein viel besserer Grabe messer ist wohl die öffent lich hervortretende po Ittische Tätigteit ber Frauen. Das ist etwas, was sich zahlenmäßig zwar schwer beweisen läßt, wovon man aber doch einen sichtbaren Eindruc

der Wahlpropaganda ausgestattete Frauenwelt" Nummer 2| gewinnt. Dabei ist von uns aus allgemein die Tätigkeit wurde vom Parteivorstand in erhöhter Auflage zur indivi­duellen Propaganda zur Verfügung gestellt.

Auch Rednermaterial wurde für die Frauen besonders, zusammengestellt. Eine sehr gute Zusammenstellung deffen, was die Partei auf sozialistischem Gebiet für die Familie, Frau und Jugend getan und gewollt hat, was ihr an For­derungen an den neuen Reichstag noch übrig geblieben ist, gab den Genoffinnen und den Genossen die Möglichkeit, fachtundig und eindringlich zu den Frauen zu sprechen..

Bo es zweckmäßig war, wurden befondere Frauenver­anstaltungen abgehalten. In den meisten Gegenden aber find die Frauen schon daran gewöhnt, mit den Männern gemeinfam in die Bersammlungen zu gehen. Unsere führen­den Genoffinnen sind schon immer in die allgemeinen Rednerlisten eingefügt, sie sprachen über die allgemeine Politit der Partei ebensogut und ebenjogern und behan delten da, was man vielfach als Frauenfragen bezeichnet, in bem Referat mit.

Neben der Beriammlungspropaganda lag der Schwer­punti auch auf der Betriebs- und Hausagitation. Sie war, je nach ber sozialen Struktur der Wahlbezirke organisiert; baß sich unsere Genofsinnen dort mit zur Berfügung stellten, war selbstverständlich, sle scheuten nicht Wind noch Better und besuchten besonders gern die Frauen auf dem Lande in

unserer Genoffinnen in den Barlamenten anerkannt. Es gibt fein Arbeitsgebiet im Reichstag and im Preußischen Landtag, auf dem sich unsere Genoffinnen nicht hervor getan, auf dem sie nicht sachtundig mitgearbeitet hätten. Unb die Stellungnahme unserer nicht parlamentarisch tätigen Ge­nofsinnen zu den Gesezen und sonstigen politischen Fragen in Bersammlungen, Konferenzen und Kursen läßt durchaus ihre politische Begabung ertennen. Ihr Urteil ist gefund, die Zahl unserer Mitarbeiterinnen wächst und die Zahl der organisierten Genoffinnen auch von 165 492 auf 181 541 im letzten Jahre.

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Der aufgelöfte Reichstag hat durch die Erledigung ver­schiedener Beschlüsse, die die Frauen sehr start angingen, 3. B. Zoll- und Ernährungsfragen, darunter die Be­schränkung der billigen Gefrierfleischeinfuhr, die Ablehnung der Speisung unterernäherter Kinder, dagegen Bewilligung eines Banzerfreuzers, Schaffung eines von sehr reaktionärem Geist beherrschten Gesezes unter dem Titel: Schutz der Kin­der gegen Schmuß- und Schundschriften, den Unwillen ber Frauen erregt. Der Versuch eines gleichartigen Gefeßes mit dem Titel: Schuß der Kinder bei Luftbarkeiten, scheiterte. Es war schon angenommen, murbe dann aber vom Reichs­rat, der ein Einspruchsrecht hat, beanstandet. Das Gesel zur Bekämpfung der Geschlechtsfrankheiten erfüllt zwar alte