Einzelbild herunterladen
 

Das Kind in der Bigarrenfifte.

"

,, So'n Quatsch glaubste? Wo du immer so aufgeklärt und ge­bildet sein wilst?", Mißbilligend steht meine Freundin Erna am Tisch und dreht ein Buch um, auf dem groß und deutlich der Titel Traumbeutung" steht. Wenn wir als Mädels mal zur Wahr­fagerin gegangen find, hast du uns ausgelacht, und nu liegt bei dir schon' n äjyptisches Traumbuch rum!" Ich lachte. Ganz so schlimm, wie du die Sache ansiehst, ist sie nun nicht; aber ich muß zugeben, baß ich schon an Traumbeutung glaube. Freilich nicht nach dem großen ägyptischen Traumbuch, aber schon nach der Methode, die der Verfasser dieses Buches hier erfunden hat." Erna war empört. Na, denn tannste mir meinswegen ja meinen Traum deuten, von heute nacht.' n schöner Quatsch is bas gewefen!" Also los, erzähle mal erst den Traum, bann reden wir weiter!"

,, Aljo ich war in einer Stube, wie in Böttchers Billa "; meine große Elfe war auch da, die sollte mir helfen, aber dann stand sie mir immer, im Wege, und plötzlich war fie ganz flein und ich padte fle in eine Bigarrentiste. Da waren noch zwei Zigarren drin von Ottos Sorte. Else hatte komischerweise ein Kleid von meiner Schwester Trude an, so wie sie gestern an hatte, als sie mich be­fuchte, aber rosa. und nun sage mir bloß, was du aus dem Quaisch rausdeuten willst!" Ich überlegte; die Verhältnisse in der Familie meiner Freundin waren mir sehr genau bekannt. Aber wenn ich nun selbst ihr ben Sinn ihres Traumes erklärt hätte, würde fie protestieren, also mußte sie selbst bas Material für die Deutung thres Traumes liefern. Nun wollen wir den Traum einmal im einzelnen wiederholen. Seh dich ganz ruhig hin und versuche gar nicht naýzudenken, sondern erzähle noch einmal und sprich dabei alle deine Einfälle aus, die dir dabei unabsichtlich kommen.' Schön! Also ich war in einer Stube wie bei Böttchers so ein Wochen­endhäuschen ist eigentlich mein Schwarm... aber wir werden uns ja teins feisten tönnen, die Kinder tosten zu viel Geld Die Else war mir im Wege... richtige Hilfe hat man ja von den Kindern boch nie; ich habe mir auch eigentlich teine Kinder gewünscht, und bie Elfe tam gleich, als ich taum verheiratet war. Ich tann nur zwei aber dreimal mit Dtte zusammen gewesen sein..."

"

Hali! Also du hättest auch gern so eine Wochenendvilla wie Böttchers.. lind eben erklärst du ganz richtig, daß dir die Else babel im Wege ist. Ich fann mich auch erinnern, daß dir Effe damals, als sie vor 16 Jahren ihre Ankunft ankündigte, gar nicht willkommen war. Und du legst sie in eine Rifte, in der zwei von Ottos Zigarren liegen... tomisch, die Zigarren erinnern mich an eine Ungezogenheit, die wir mal beide als halbwüchsige Mädels erlebten. Erna fiel fofort ein: Ach du meinst den etligen Kerl, der uns im Bart mit den ersten Zigaretten erwischte und uns anquatschte: Froflein, rauchen Sie lieber eine scheene dicke Zijarre, fone."

27

-

Erna war ganz eifrig geworden; und nun wurde sie auf einmal feuerrot. Der Ginn bes ersten Abschnittes ihres Traumes war ihr tlar geworden; ich brauchte nicht mehr viel zu sagen. Die Schechtel, in ber Ditos Jigarren lagen, war Symbel für den weiblichen Schoß. und sie wußte, daß sie mir gegenüber oft genug über die : bevorstehende Geburt des Kindes gejammert hatte- vor 16 Jahren. Trotzdem war sie nachher eine sehr zärtliche Mutter geworben. Das fie gerade jegt auf den alten Wunsch, ihre Tochter Else sozusagen ..zurück in die Garnison " zu stecken zurückgekommen war, erklärte sich aus ihren Aeußerungen von selbst: Die Kinder hinderter das Chepaar an der Berwirklichung seines Traumes von einem Wochen­endhäuschen. Weißte,' ne Frechheit ist sone Traumbeuterei! Aber eigentlich past bu ganz recht und schließlich kann man ja nichts für seine Träumel Aber nu erffär mir mal das andere Endel" Ich bai: Dann mußt du weiter erzählen, genau wie vorhin, und nichts was bie einfällt, unterschlagen!" Erna seufzte: Also Else hatte ein Meib mie meine Schwester Trude an.. aber roia wie die Trube flein war, hatte sie auch ein roja Kleib Mutter war ja gang verliebt in das Balg und ich hatte' ne But, benn ich sollte weiter mit meiner alten himmelblauen Schärpe geben und ich konnte die Trude zuerst gar nicht leiden. Damals habe ich immer geträumt, wir hätten uns verlaufen und die Trube hat nicht mehr zurückgefunden...

Hall! Ich glaube, du tanust ehrlich zugeben, daß bu die Trude damals gern losgeworden wärest! Du wußtest boch tamals schon als großes Mädchen von neun Jahren, woher die Kinder kommen, am liebsten hättest du sie sicher.

..Nicht rauslassen wollte ich siel Ich habe mir damals richtig meinen neurjährigen Kopf zerbrochen, wie man sie hindern könnte, zur Welt zu tomment"

-

Aber liebe Erna, nun ist ja alles tart Der Traum erfüllt die zwei Wünsche, die sicher einmal zu den größten beines Lebens ge­hört haben!" Erna zog einen Flansch: Na, weißt bat von ben Wünschen bin ich schon längst abgetemmen. Meine Else ist wir doch Schnell genug lieb geworden, und mill ber Trude stehe ich mich doch am besten von allen meinen Geschwisternt" Ich erklärte ihr nun:

-

-

- und

,, Ja, aber darum träumst bu boch davon; denn jeder unserer Träume birgt die Erfüllung eines Wunsches, und gerade die Wünsche, die wir längst in uns begraben haben, macht der Traum lebendig. Wenn wir wachen, ist die uns eingepflanzte Ethit ein guter Polizist gegen die Verwitlichung dieser Wünsche, wir würden sie uns in den meisten Fällen nicht einmal selber eingestehen. Im Traum aber schläft dieser Polizist auch freilich manchmal nur sehr leise darum lönnen wir in unseren Träumen uns die Wünsche unseres schlechteren Ich" erfüllen. Denn das wirst du mir nun nach dieser Deutung boch nun nicht abstreiten, daß du gegen die Else wie gegen deine Schwester früher einmal richtige Mordgedanken gehabt haft! Gegen die Else vor ihrer Geburt, und gegen deine Schwester, als sie dir das Recht der Erstgeburt zu schmälern drohte auch schon, bevor sie auf der Welt war... Es mag dich wundern, daß diese Wünsche nun heute wieder auftauchen; aber es geht nichts verloren, alle Dinge, die wir längst vergessen wähnten, können wieder auf­tauchen, und wir alle tragen an uns noch die Narben aus unseren Rinderjahren, von Kämpfen und Kriegen, die wir längst vergessen wähnten. Du hast in Wahrheit heute noch nicht die Zurücksehung überwunden, die du als die Aelteste von deinen Eltern bei der Geburt der Trude erdulden mußtest, und ich glaube, ein gut Teil deiner Empfindlichkeit ist darauf zurückzuführen. Du bist noch gut dran, du bist ein gesunder Mensch geblieben. Andere überwinden die Eindrücke aus ihrer Kinderzeit nie. Wie wenig aber der Polizist in uns schläft, beweist er dadurch, daß er uns die meisten unserer Träume stiehlt, d. h. sie uns so schnell wie möglich vergessen läßt, oft sogar schon im Moment des Erwachens. Wir sprechen darum auch richtig von einer Traumzensur", die an mancher scheinbaren Ab­surdität des Traumlebens die Schuld trägt. Angstträume. ganz be­sonderer Schmerz, den wir bei dem geträumten Tode eines Menschen empfinden das alles sind Wirkungen der Traumzenfur. Auch die Verkleidung durch Symbole dente mal an die Bigarrenfiste", ist eine Wirkung dieser Zenfur."

-

-

-

Frau Erna fah mich nachdentlich an: Also, mir scheint, daß in deinem ollen ägyptischen Traumbuch" doch eine ganze Menge Vernunft steckt! Besonders was du darüber sagft, daß wir unser Kinderunglück unser Leben hindurch zu tragen haben, leuchtet mir ein. Vielleicht fannst du mir ein andermal mehr davon erzählen und auch von den komischen Dingern, die jetzt so modern sind - bie Romplete meine ich." Ich lachte über die modernen Komplexe: Gerne und ,, wenn Se wieder mal was brauchen..." bu weißt doch, ich komme sofort nach Empfang einer Postkartel Dann tönnen wir uns ja mal über den Oedipuskompleg unterhalten, ber ist wirklich eine sehr interessante Sache und schließlich ist das ge­Scheiter, als wenn wir über Böttchers und die sonstigen lieben Mit­menschen rubbeln"! Rose Ewald.

-

Der Ausschuß für Frieden und Völkerbund des Weltbundes für Frauenstimmrecht und staatsbürgerliche Frauenarbeit veranstaltet vom 18. bis 21. Juni 1928 im Hotel de Ville, Lausanne , Schweiz , eine Sommerichule über die Fragen der Schiedsgerichtsbarkeit, Sicherheit und Abrüstung. Da diese Gommerschule feine Delegierten. fonferenz sein soll, ist jedes Einzelmitglied des Weltbundes, sowie die Mitglieder der angeschlossenen Berbände berechtigt, gegen Ent­richtung von 5 Schweizer Franken , an der Beranstaltung teilzu­nehmen. Es wird gebeten, sich so bald wie möglich bei Mile. Dora Bienemann, rue Euning, Lausanne , anzumelden, da der Rathaus­jaal nur 100 Berjonen jaßt und der Kursus beshalb nur eine be­schränkte Besucherzahl zulassen kann.

Kindergeist.

Der Muffident."

"

3wei Kinber, bie mit der Sprache spielen: Als Heini noch ein war, befam er ein Lieberbilterbuch. Der da singt: Muk i benn", erläuterte ich ihm als einen Studenten. Hetni aber begrüßte ihn fortan mit bem Wort: Das ist der Mussident. Und Sufi gar erft! Die tam bei ihren Bariationen bes Wortes Bappa" fchließlich elumat bazu, mich mit dem Kosewort anzureben: Du melu lieber Päpperling!"

Der höfliche Junge.

-

Der kleine Harry ist sehr gut erzogen unb weiß beffer als mancher erwachsene" junge Mann, was sich Damen gegenüber schickt. Eines Tenes fährt er mit seinem Bapa im Autobus. Da tein Blay mehr frei ist, nimmt ihn sein Vater auf den Schoß. Kurz darauf steigt eine junge Dame ein und finbet ebenfalls einen Sitz­play, baraufhin fragt ber Kleine plählich ganz laut: Papa, jott ich der Dame dort meinen Plak überlassen?"

Ein Heiner Junge steht auf der Straße und sieht einen Leichen zug vorüberziehen. Zu Hause sagt er zum Baier: Bati, ich habe Pferde gesehen, die haben Larven gehabt."

Bernhard geht bereits brei Tage zur Schute. Mutti. ber Lehrer weiß noch nicht mal, daß morgen Sonntag ist, er hat uns gefragt: was morgen für ein Tag ist?"