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danken das verstaubte Requisit der vormärzlichen ,, Frauenemanzipa| Dasein zu kokettieren. Wer ihn führen muß, dem zwingen sich die tion" gegenüberstellte. Ein lebendiger Beweis für die Wandlung Kampfgedanken auf, wie dies Katharina Müller in der Notwendig­Des Frauentypus in den letzten zehn Jahren. Der Blaustrumpf" teit der Organisierung aller arbeitenden Frauen darlegte. ft ausgestorben. Nicht mehr Stehkragen und Schlips erbringen den Befähigungsnachweis der geistig bewegten Frau. Sie will Frau bleiben im Aeußeren und Innern und dennoch der Welt etwas von ihrem Geiste geben..

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Hochgefühl über diese oder ähnliche Empfindungen beherrschte die Frauentagung. Die Alten und Aelteren freuten sich der Wand­lungen und des Fortschritts.

Und wir: Wir wollen nicht vergeffen, daß unsere Weltanschau­ung, daß es der Sozialismus war, der für diese Gleichberech tigung und Gleichbewertung der Frau gekämpft und fie schließlich erreicht hat. Das wird immer vergeffen in der bürgerlichen Frauen­bewegung. Man nimmt die Erfolge hin, für die einzelne Frauen gefämpft haben. Aber nie hätte die Frau thre heutige Stellung in der Deffentlichkeit erreicht, wenn die Sozialdemokratie nicht die Sache der Frau zu ihrer Sache gemacht hätte. Dies ist der Bunft, wo die stets gesuchte und gewahrte, politische Neutralität In den Frauenbestrebungen feinen Sinn hat. Man tann nicht für Biele tämpfen, ohne fämpferisch fie zu betonen.

Gertrud Bäumer , die Inspiratorin der Tagung, fprach über die ,, Welbliche Bestimmung im Wandel geschichtlicher Lebensformen". Es war ein großangelegtes Referat über den Dualismus der weib­Rchen Bestimmung als Gattungswesen und als Persönlichkeit. Ueber die primitive, nur an die Natur gebundene Weiblichkeit des Alter tums, über die erste geistige Betätigung der Frau im Mittelalter, bis zu dem Typus der jede Geschlechtsgebundenheit verleugnenden Frau des ausgehenden 20. Jahrhunderts, führte die Rednerin die Stufen der Entwicklung. Heute feien die Anfänge erkennbar für die nächste Stufe, das ist die Bergeistigung der Mutter Ichaft.

Zwingende Logit ist Gertrud Bäumer zu eigen. Nur wenn sie die Begriffe, fittlich" und chriftlich" in ihre flugen Gedanken mischt, erinnert sie uns, daß sie ja die Verantwortliche für das überflüssige Schutz- und Schundgesetz ift.

Das Wesen weiblicher Kultur wurde in vier Bildern enthüllt, die in Borträgen über weibliche Persönlichkeiten vor die Zuhörer hingestellt wurden. Hauptsächlich traf Dr. Marianne Beber mit ihrem Bild der Karoline von Humboldt, und dann in freiefter Deutung Baula Dilendorf das Porträt der Rahel Barnhagen. Es tam in diesen Charakterbildern die Stellungnahme au Welt und Menschen der jeweiligen Vortragenden heraus. Eine aufschlußreiche Betrachtung, die Gegenwartswert befaß.

Die Stadt hatte am Abend einige Hundert Frauen in den Gürzenich geladen, dessen altertümlicher Reiz durch verschwende rischen Blumenschmud gehoben wurde. Es wurde an dem Abend viel von deutschen" Frauen geredet, und die Anwesenden fühlten fich durch diese Apostrophierung in gehobenster Stimmung. Es ift umbegreiflich, daß auch fluge Frauen diese Komplege nationaler Reffentiments nicht loswerden! Auch ausländische Bertreterinnen prachen, es herrschte eine starke Welle innerer Berbundenheit unter den Frauen, an der die schöne Gestaltung des Abends durch die Stadt Köln ihren Anteil hatte. Der Höhepunkt war die Huldigung der Jugend vor der Seniorin der Frauenbewegung, Helene Dange.

lleber Frau und Wirtschaft wurden brei Vorträge ge halten. Die Wirtschaft und ihre Form als persönliches und fogiales Schicksal" behandelte Frau Dr. H. Meuther, Röln, lehr tiefgehend, aber ohne die Schlußfolgerung, zu der wir bei einer Betrachtung der heutigen Wirtschaftsform tommen. Sie zitierte sehr oft marg als Wiffenfchaftler, hoffte aber die Schädigungen, die der Mensch in feinem fogialen und persönlichen Geschick durch die heutige Birt fchaftsform erleidet, dadurch zu parieren, daß die Gesellschaft Um geftaltungen zugänglich und die Frau vor allem dem Objektivie rungsprozeß nicht so sehr unterworfen fei. Greifbar nahe lag hier die Brücke zum Sozialismus. Aber man machte nur Feststellun gen, teine Auseinanderseßungen.

Das Referat: Das Heim und die Wirtschaft von Gräfin Keyserling war ein Spaziergang auf bekannten Wegen, fagte uns nichts und den Anhängern nicht viel.

Das nahegelegene Thema Frau und Presse" erfuhr Be­leuchtung in drei Vorträgen. Ueber Kultur, Preffe un Frau, sowie über den Wirkungskreis der Frau in der Presse äußerte sich Oberin D. von Liling von einem hohen Gesichtspunkt aus. Das Referat lah in der positiven Arbeit der Presse Kultur, in der negativen Zivilisation, Aufgabe der Frau sei die Arbeit nach der ersten Rich­fung hin. Ein Referat über Die Frau im amtlichen Nach­richtendienst" fiel aus dem Rahmen, da es die Interessen der Be­amtinnen zu sehr heraushob. Ueber ,, Frau, Presse und öffentliche Meinung" hielt Frau Dr. Winger ath, Köln , einen in der Form sehr angenehmen Vortrag, der von der Seite des Lesers her die Frage beleuchtete.

In dem Konzert schöner Gedanken und Reden fehlte nur eine Stimme: die Journalistin, die man wohl nicht unbescheiden als Hauptperson auf einer Pressa"-Frauentagung nennen dürfte. Es tamen alle Frauenkreise, die Vertretung und Förderung durch die Breffe wünschen und erfahren, es tam auch das große Wort Kultur sehr häufig zu Wort", aber die Frau, die gestaltend auf die Breffe einwirft, stand nicht auf dem Bodium. Sie faß in den ersten Bantreihen und hatte zu tun. Ein Protest der Berufsjournalistinnen mit etwa 50 Unterschriften war das Ergebnis des Uebergangenwerdens und der mangelhaften Ausgestaltung der Abteilung Frau und Presse" auf der Pressa". Die Berstimmung der Journalistinnen wurde am Ende der Tagung durch eine Aus­sprache und Beschluß zu stärkerer Berufszusammenfaffung abreagiert.

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Doktorinnen und andere felbfterworbene Titel führende Frauen hatten der Frauentagung ein geistiges Relief gegeben, wie es sich felten wiederholt. Die Summe der Frauenarbeit auf allen Gebieten spiegelte sich in den Berufsbezeichnungen und Berufsvertreterinnen. Die Masse der Teilnehmerinnen hielt durch auch bei den Vorträgen. Es wurde alles ernst genommen. Es war ein erfreuliches Bild des Frauenwillens zur Arbeit und zur Entwicklung. Auch die gefell­3000 Frauen waren bei Kölner Schaftliche Seite war glänzend. Frauen zum Tee eingeladen. Dombeleuchtung, Rheinfahrt, Fest­aufführung der Iphigenie " bildeten eine Ergänzung.

Gemeinschaft wollte man auf dieser bürgerlichen Frauen­tagung in Köln schaffen und empfinden. Aber schmerzhaft fühlte der, der nicht ,, bürgerlich" denkt, daß man hier nur Gemein fchaft auf einer gewiffen fozialen Ebene sucht. Das auf Wolf, die, die schaffen, der einfache und bedrückte Mensch, gehörte nicht dazu. Man sprach von ihm im Tone der inneren Mission". Wir müssen solche Denkart zurückweisen. Arbeit für andere tann nur leisten, Führer und Wegweiser fann nur sein, wer die tiefe Demut des Wortes in sich fühlt, das in der Sozialabteilung der Frau und Breffe" auf der Pressa" steht: und das dem Sinne nach etwa lautet:

Wir müssen den andern helfen, nicht well mir beffer find, fondern weil wir es besser haben".

Gloffe.

In der durchaus rechtsorientierten Zeitschrift Bolt und Reich" werden kommentarlos einige Auszüge aus dem Buch von Edgar 3. Jung Die Herrschaft der Minderwertigen, ihr Berfall und ihre Ablösung" gebracht, die sich mit Ehe, Familie, Gebär ftreit und verwandten Probleme beschäftigen. Es ist gar seltsam, wie sich hier Mittelalter und 20. Jahrhundert mischen, wie die muffi gen, düsteren Gewölbe gotischer Kathedralen plöglich von blenden­dem Licht vielferzige: elektris her Bogenlampen überstrahlt er­scheinen. Folgende Säge findet man im engsten Nebeneinander:

Während der Geist des Mittelalters den breiten Maffen ur die Wahl zwischen Satrament und Unzucht übrig lleben, findet heute eine Berwischung aller Grenzen, eine fortschreitende Gat­helligung der Ehe statt."

Näher heran Schob sich das Referat von Katharina Müll. ler, Führerin des Berbandes weiblicher Angestellter, die über die rwerbstätige Frau in der Wirtschaft sprach. Die schaffende Frau erstand, die Arbeiterin der Hand, ihre Arbeits­und Lohn- und Lebensverhältnisse. In diesem Kreis der akade mischen und sozial höhergestellten Frauen, die zum großen Teil von dem Leben der Arbeiterin und der Angestellten ein falsches, fehr oft durch Verachtung getrübtes Bild fich machen, wirften die auf die Tatsachen hinweisenden, eifrig jede Schärfen vermeidenden Ausfüh rungen der Führerin der Angestellten wie eine Offenbarung. Man war voll des Lobes über dieses Referat, und voll des Verstehen­wollens der arbeitenden Frauenschicht. Aber diese Seelenbereitschaft hat leicht das Odium des Herabneigens zu den unteren". Die bürgerlichen Frauen müssen noch viel lernen, wenn sie ihre Profla mation der Persönlichkeit im Berufsleben durchführen wollen. I etwa zwanzig Jahren auf seine Fahne gefchrieben hat.

Aeußerst interessant aber ist mun, wie Herr Jung und mit ihm die Kreise um Bolt und Reich" sich selbst an der Berwis hung" und Entheiligung" beteiligen. Ihre völkische Berachtung der ge­wollt finderlosen Ehefrau verführt sie zu folgender Regerei:

So hoch Ehe und Mädchenehre einzufchähen find, muß doch bekannt werden, daß die ärmfte uneheliche Mutter, die ihr Kind hingebungsvoll aufzieht, daß diefes gefallene Mädchen" meh: leistet als tausend Ehefrauen, die in allen Ehren das Kind oder die Kinder ablehnen."

Es wäre angebracht, Herrn Jung die Ehrenmitgliedschaft im Bimd für Mutters huz anzubieten, der diese Bahrheiten seit