„ Du hast Striche im Gesicht...!"
Der Tod und das Kind.
Ich weiß nicht mehr, wo wir damals eigentlich auf Sommer.| frische waren; aber ich weiß noch genau, daß ich, ein taum sieben jähriges Mädel, am sandigen Abhang zu Füßen meiner Mama faß und mir ein wundervolles Spiel zurechtgemacht hatte: Ich hatte mir einen Kirchhof angelegt. Lauter Gräber und eines war immer schöner gepußt als das andere. Blöglich fab meine Mama über ihre Hätelarbeit auf mein Spiel. Was machst du benn ba?"„ Ich habe einen Kirchhof gebaut! Stud mal, das is ein feines neues Grab!"-„ Für mich wohl, was? Kannste nichts anderes iplelen?!”-Ich verstand wahrhaftig nicht, warum bie Mama min schon wieder wütend war. Diesmal hatte ich nun doch wirklich ruhig und manierlich gespielt. Ich versuchte, mein schönes Spiel rubig fortzusetzen- aber immer tam der Fuß meiner Mutter und zerstörte die fetnen, neugebauten Gräber.„ Warum machst du mir denn nu alles taputt?"- ,, Das brauchte nich zu spielen!" Und da fog lich, tog glatt und bewußt, um mein Spiel zu ver beibigen und ungestört zu bleiben: Sind ja teine Grüber mehr, Jollen ja Beete sein!" Nun hatte ich meine Ruhe..
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Ja, vom Tod durfte nicht gesprochen werden. Ich war noch nicht fünf Jahre alt, als idy mal meinen wirklich geliebten Groß papa bei dem Begräbnis irgendeines Bekannten fragte: Stirbst bu auch, Großpapa?" und unverständlicherweise sagte der alte Here darauf: Das können sie bei dir wohl schon nicht mehr erwarten? Und als Papa später von dieser Frage hörte, triegte ich nicht nur eins drauf", sondern wurde richtig geächtet, man war fo empört über mich, daß man gar nicht mit mir sprach..
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wir waren
hätte, vom dereinstigen Tode seiner Eltern zu sprechen, wäre es als durchaus verworfen betrachtet worden wenn es nicht gleichzeitig eine tiefe Vorschußtrauer zur Schau getragen hätte. Das ist eine ganz interessante Geschichte, denn nicht immer sp. Bei den Naturvättern ist es ganz felbft verständlich, daß die Familie oder die Horde sich Ihrer Alten entlebigt, wenn sie für ble Allgemeinhelt zur Last werden. Jeht geht das gewöhnlich in der schonenden Form vor sich, daß man die alten Leute mit einigen tnappen Borräten zurückläßt. Bel den Estimes baut man ihnen ein„ Iglu", eine Schneehütte, andere Stämme laffen fie schußlos zurück. Etwas früher in der Geschichte der Menschhelt ging man noch brutaler vor: Da erschlugen die Söhne den Baler, sobald ber eigenen Mannhelt das Joch des Alten zu drüdend wurde.. Dieser Urmord" hat noch eine zweite Wurzel: Die Liebe des Kindes zu dem im Geschlecht ungleichen Elternteil, den„ Dedipus kompler". In ihm wurzelt der Todeswunsch des Sohnes gegen den Vater, der Tochter gegen die Mutter. Diefer, dem Kinbe noch ganz natürliche Wunsch wird durch die Hemmungen, die sich der Kulturmensch geschaffen hat, zwar verdrängt- es bleibt uns aber das böse Gewiffen". Dazu tommt, baß wir großen Leute" den Tod irgendeines älteren Anverwandten oft genug als einen Rechenfaktor in die wirtschaftlichen Erwägungen über unsere 3ukunft einstellen; aber nie würden wir derartige Berechnungen" zugeben, das ginge natürlich gegen jeden Anstand! Und wenn der Meine Fris nach der feierlichen Erklärung des Großoaters, er folle mal die schöne goldene Uhr haben, wenn der Großvater tot fef, feine Gefühle so wenig umschminkt, daß er einfach fragt:„ Groß vater, wann sterbste?" dann vergeht er sich natürlich gegen Gitte unverschämt gefragt hat, sondern well sein Erzeuger mit dieser und Herkommen und friegt eine Tachtel" nicht bloß, weil er so „ Tachtel" auch gleich das eigene böse Gewissen abreagiert.
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An diese alten Geschichten habe ich neulich wieder denten müssen, denn unser Sunge fängt jest an, über Leben und Tod zu philosophieren. Buerft entdeckte er, daß manche, großen Leute" Striche Anders herum: Kronos fraß seine eigenen Rinder, weil ihm im Gesicht haben. Diese Entdeckung hatte sogar etwas peinliche prophezeit worden war, eines würde ihn entmannen und töten Begleltumstände, denn er machte sie in der Untergrundbahn. Der( 3eus, der vor dem Schicksal des Verschlungenwerbens gerettet alte Herr, der ihm gegenüber saß, hatte wirklich ein sehr zerfurchtes wurde, entmannte dann den Bater). Die Ausläufer diefer Macht Gefitht darim hat der Mann solche Striche im Gesicht, des Vaters über Leben und Tob des Kindes tönnen wir von deri Mama?" Bell er schon alt ist, Hansel..." Gott sel Dant, Gott fel Dant, Kulturvöltern des Altertums bis in unsere Zeit verfolgen: entschleb der Herr war vernünftig genug, diese objektive Feststellung bei den Aften ber Baber noch über die Aufnahme des neugeborenen wenigstens nicht übel zu nehmen! Aber da arbeitete der uner Kindes in den Familienverband baburch, baß er es auf seine Arme bittliche Fragetasten schon weiter: Muß er nu bald sterben, Mama? Es war schauderhaft peinlich, der freundliche, alte Herr mandren Familien ber Bater über ben Beruf des Kindes, ohne sich nahm( sonst wurde es ausgefeht), so entschelbet noch heute In guckte weg und eine angesäuerte Dame in meiner Nähe murmelte um die Wünsche des Sohnes oder der Tochter zu fümmern. Liber deutlich etwas von schöner Erziehung". Bloß der Hans merfie wie das Verspeisen ber eigenen Kinder durch Kronos nur eine natürlich nichts und schabfte mich freundschaftlich in die Seite. Vorsichtsmaßnahme" war, so ist auch der Despotismus „ Warum fagste denn nu nichts? Wenn du nich zuhörst, denn biste mancher Eltern am stärksten untermauert" durch das Wissen, wie nich mein Freund, weißt es?!" Halleluja schon bremste der begrenzt ihre Macht ist. Bei Bölfern, die der Gleichmacherin Bug und nun nichts als raust- Wenn der Bengel draußen Zivilisation noch nicht so ganz verfallen sind, tommt dieses Wissen weiterfragte, war die Geschichte doch nicht halb so schlimm! Aber auch noch in mancherlet Bräuchen zum Ausdruck. Bet den Zeit in bem Trubel und Gebränge hatte Hans glücklicherweise feinen zigeunern zum Beispiel fniet bei Geburt des ältesten Knaben der Gesprächsgegenstand vergessen und fragte nicht weiter. Aber gewagenführer( Bater) por bem neugeborenen Rinde nieber und füßt schentt follte uns nichts werden. Einige Tage darauf saß Hansel seine Hand mit zusammengebissenen Zähnen, so findet sich bei mit seinem Papa beim Mittagessen da ging die Geschichte Indianern sowohl wie in der Südsee der merkwürdige Brauch bee wieder los. Couvade", bes Männertinbbetts. Da legt sich bel Geburt bes Rindes der Bater hin und spielt allen Erustes frant, so arg, daß ihn bei manchen Stämmen die liebe Berwandtschaft erst burch ganz energische Mittel, wie Auspeitschen und Ansehen weißer Ameisen, turieren muß. Die Deutungen dieses Brauches sind zwar verschieben: Dr. Goeh, ein Berliner Nervenarzt, will aber diese Couoabe als eine richtige hosterische Flucht in die Krankheit" beuten, als einen vorgefitienen Tob, um dem Schicksal ein Schnippchen zu schlagen, es durch bas Opfer der Krantheit zu be sänftigen. Am unvernünftigsten benehmen wir sogenannten Kulturmenschen uns: Wir spielen richtig Bogel Strauß und glauben, wenn wir uns verleugnen lassen, wird uns Hans Mors mal nicht finden. Inzwischen aber geht Stunde um Stunde, und jebe gräbi uns mit einem feinen Stichel ble Striche im Gesicht" tiefer.
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Nach einer gründlichen Beaugenscheinigung seines Erzeugers tellte er dem das Resultat mit.., Papa du wirst alt! Du hast Schon Striche im Gefichtt"-„ So?" Ja, wenn man alt wird, triegt man Striche im Geficht!"- Aber ich nicht! Ich werde nich alt!" Doch wirst du mal alt!" ,, Aber jetzt nicht Ich wachie noch! Aber du bist schon so groß, bu mußt bald sterben, aber ich nicht Ich wachse noch..!" Mir standen die Haare zu Berge bei dem Gebanken an die Maulschellen, bie lch mit fo einem Gespräch ristiert hätte und ich war heilfroh, daß der Bapa gar, felne Ajjäre daraus machte und es der Apfelmusschüssel über ließ, dem Hans den Mund zu stopfen. Aber uns große Leute hatte Hanfels Unterhaltung boch nachdenklich gemacht. Denn dieser Triumph des Kindes über die Erwachsenen, dieses Betonen und Ausnuten des ersten Gebietes, auf dem es seine Ueberlegenheit Wir sollten uns mit unserem Schicksal abfinden, und wenn wir entdeckt, ist auch wirklich eine Sache, die nachdentlich dabei die Zähne zusammenbeißen, wie der Zeitzigeuner. Und jedenmachen fann noch viel nachdenklicher kann freilich die Art falls sollten wir nichts tun, um die Jugend durch Betonung und und Weile machen, in der die meisten großen Leute auf diese Sache Berschärfung ihrer Schuld", die Schicksal ist, in Nervesität oder in reagleren. Alle, deren Erinnerungen an die eigene Kindheit noch eine ausgewachsene Neurofe hereinzubehen. Das tann durch einen frisch genug sind, werden mir es bestätigen: Man durfte vor großen harten Klaps ja, bel sensiblen Stimbern schon burch ein hartes Leuten nicht vom Tobe sprechen. Und derartige Gespräche waren ..schäme dich, bu schlechtes Ding!" ganz leicht geschehen. Diese unfo verpönter, je näher uns der Mensch stand, von dem da ge= ( prochen wurde. Bon lieben Verstorbenen" burite man reden, Mapje und diese Schelte bringen ja erst bas Schuldbewußt. ja. aber nie vom Tobe eines noch lebenden Unverwandten, mochte fein in die Seele des Kindes. Wir aber sollten sehen, daß die ber wahrscheinlich in wenigen Tagen bevorstehen oder noch in unLast ererbter Schulb auf den Schultern berer, die nach uns tommen, ausdentbarer weiter Ferne sein. Wenn aber ein Kind gar gewagtoon Generation zu Generation leichter wird. Rose Ewald,
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