flogen gleich am ersten Abend hinaus, denn die Läuse aus denjelben hatten große Lust, ihr Quartier zu wechseln. In der Küche befand sich nichts als ein Herd. Ich bat unseren Kosat, mir Kochgeschirr zu beschaffen. Er zuckte nur mit den Ad; feln. Der Direktor der Anlage stellte meinem Mann Geld und das Auto zur Verfügung zur Beschaffung von Küchengeschirr.
Aber auch in der Stadt war nicht der kleinste Kochtopf aufzutreiben. Ich suchte mir also furz entschloffen zwei flache eiserne Blumen vasen in der Staatlichen Verkaufsstelle aus und kochie darin. Gemüse und überhaupt Gerichte, welche Play beanspruchen, bereitete ich in der Waschschüssel. Zwar war die ganze Sache nicht sehr appetitlich, aber der Mensch muß sich zu helfen wissen.
Einige Worie über die Lebensmittelbeschaffung. Ich bekam von der Verwaltung einen Schein, der mich zum Anlauf aller Lebensmittel berechtigte, die in der Kooperative bzw. im Lager vorhanden waren. Ich kaufte dort Zucker, Mehl, Eier, Streichhölzer und Sigaretten, fogar einige Hundefuchen bekam ich.
Fleisch bekam ich in den sechs Wochen nur einmal.
Ich hätte es wohl faufen können, sofern es welches gab, aber es wäre lebensgefährlich gewesen, mit dem Schein hinzugehen und Fleisch zu verlangen. Die Frauen, welche dort anstanden, waren sehr erbittert und es hätte zu einer Katastrophe geführt, wenn ich, ohne mich anzustellen, noch dazu als Ausländerin, Fleisch gekauft hätte. Beim Anstellen nach Milch ist sowieso schon der Fall ein getreten, daß eine Frau von anderen mit den Flaschen erschlagen wurde. Ich richtete mich also mit meinen Esha- Leibgerichten so gut ein wie es ging, tochte dann überhaupt nur jeden zweiten Tag, um recht lange mit den Borräten hauszuhalten.
War nun das Klima schuld oder ein anderer Umstand, jedenfalls pacte mich ziemlich heftig das Fieber. Als die Krankheit im Beginn mar, bestellte mein Mann einen Arzt. Es erschien dann auch eine Junge Frau, vielleicht 23 Jahre alt, aber fle wußte nicht, was mir fehlte. Sie lachte ein bißchen und ging dann wieder. Es war dies eine Aerztin für innere Krankheiten aus dem Krankenhause. Mein Zustand verschlimmerte sich jedoch derart, daß mein Mann selbst zur Krankenhausbarade ging und einen Arzt herbeischleppte. Dieser durchschaute sofort den Ernst der Sache und ordnete meine Ueberführung in die Krankenbarade an. Es kam dann auch ein Pferd, welches einen langen Plattenwagen hinter sich herzog. In Laken gewickelt legten fie mich darauf und los gings. Es muß eine hübsche Fuhre gewesen feln. Soviel Besinnung hatte ich jedoch noch, um eine fürchterliche Angst vor dem dortigen Krankenhausaufenthalt zu haben. Der Kutscher erzählte jedem, der es wissen wollte, und es waren viele neugierig, daß hier auf dem Wagen eine Rjemjegfa"= Deutsche , liegt. Man trug mich in ein Bett und gab mir mehrere Spriten.
Als Ausländerin behandelte man mich befonders gut, ich bekam fogar Eisbeutel, was bei der Knappheit desselben allgemessen Der Hauptarzt, welcher mich behandelte, war Jehr torrett gemeine Verwunderung erregte. Alle halbe Stunde wurde Fieber und gewissenhaft, und ich habe dem Manne jedenfalls. mein Leben zu verdanken. Außer mir lagen noch drei Frauen in dem Raum. Jeden Morgen kam eine Schwester und teilte die Zuckerration für den Tee aus. Es bekam jede einen Löffel voll, ben fie fich in Ermangelung eines anderen Blazes in einen Zipfel des Lakens einbanden. Mittags gabs Griessuppe mit Kartoffeln und abends Tee. Da die Berpflegung für mich ganz unbrandbar war, vers sorgte mich mein Mann täglich mit allem, was ich brauchte. Es erregte bei meinen Leidensgenoffinnen großes Erstaunen, wenn mir mein Mann Butterbrot brachte, Kakao oder Kets. Eine blecherne Zigarettenschachtel, die mir als Zuckerbehälter diente und immer gut gefüllt war, staunten sie besonders an. Daß ich diefe Herrlichkeiten nicht allein genoß, war felbstverständlich. Da meine Sprachkenntniffe durch meinen früheren Aufenthalt in Rußland schon ganz gute waren, fonnten wir sogar der Unterhaltung pflegen. Das Hauptinteresse dieser Frauen galt natürlich den Zuständen in Deutschland . Die erste Frage, die ich beantworten mußte, war die nach dem Preise der Butter in Deutschland , und wie bei uns die Rationierung gehandhabt wird. Auf meine Antwort, daß wir laufen können, soviel mir wollen und können. ebenfalls fämtliche anderen Lebensmittelprodukte und Textilwaren, waren sie höchft erstaunt. Außerdem sollte ich ihnen durchaus sagen,
in welcher deutschen Stadt der Zar lebt.
Sie wollten absolut nicht glauben, daß er nicht mehr am Leben ist, und auf meine Bemerkung, er wäre in der Revolution crschossen worden, wehrten fle mit ganz überlegenen Mienen ab. Diese Frage wurde uns noch oft gestellt...
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Mein Bett, in dem ich lag, befand sich in einem Zustand, daß am vierten Tage der Körper vollkommen wundgefeuert war. Auf mein Drängen entließ mich dann auch der Arzt und ich konnte wieder heimgehen.
Kurz nach meiner Entlassung brach in dem Ort der Ipphus aus. In wenigen Tagen hatten wir 52 Fälle. Wir padten unsere Koffer und traten die Heimreise an. In der Bahn von Rostom nadj Charkow hatten wir in der weichen Klasse ein charakteristisches Erlebnis. Der Kupeegenosse war ein deutschsprechender Herr, seines Zeichens Regiffeur. Er freute sich, mit uns zufammen zu fahren, und bot une Zigaretten an. Bald war das Gespräch über die Politik in vollem Gange. Unser Reisegenoffe bedauerte sehr, dah uns die Berhältniffe zur Flucht trieben. Er war sehr optimistisch und sah nach Beendigung des Fünfjahresplanes eine rolige 3ukunft vor sich. Aber beim Auffuchen der Schlafplähe entdeckten wir Wanzen.
E. K. A.
3m goldenen Käfig.
Millionärsfinder verfümmern im Kapitalismus/ Opium als Schlafmittel Mutter - die feine Dame."
Enthüllungen amerikanischer Kindermädchen erregen in der New- Yorder Preffe berechtigtes Aufsehen. Die Memoiren dieser Hausangestellten umfassen nicht etwa mittelbürgerliche oder gar proletarische Zustandsschilderungen- nein- fie haben die Billen der Dollar millionäre zum Milieu.
Zehn Jahre lang", so berichtet ein Kindermädchen, habe ich Kleine Millionäre, die elegante Wagen und luxuriöse Babyausstattungen befaßen, gebadet, angekleidet, gefüttert, betreut und in den Parks von New Yort spazieren gefahren. Jezt bin ich selbst mit einem kleinen Kaufmann auf dem Lande verheiratet und habe drei Kinder, die nie die Bekanntschaft von seidengefütterten Betten ge= macht haben. Unser als alt getaufter Kinderwagen hat im übrigen das viele Fahren, das Krabbeln und Hopfen unserer dret Kleinen gut überstanden. Ich beneide niemanden um den Luxus, den meine Kinder entbehren mußten, denn sie haben stattdessen ihre Mutter gehabt und das bedeutet welt mehr als der Luxus fämtlicher Millionärskinder, denen ich begegnet bin. Ich war erst 17 Jahre alt, als ich das erstemal in Mrs. van Durs impofanten Balast mitten in der feinsten Gegend der fünften Avenue eintrat. Die Gnädige benötigte
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eine Hilfe für das Kinderfräulein,
deren Obhut die beiden erst fürzlich geborenen Zwillinge anvertraut waren. Mir fiel die grobe Arbeit zu Windeln waschen
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Fleschen spülen das Kinderzimmer reinigen das Kinder fräulein bedienen. Da ich aber von jeher finderlieb war, versuchte ich's, mich auch an die Zwillinge selbst heranzupirschen. Der Junge war fräftig und gedich unter der regelgebundenen Pflege. Aber das kleine Mädchen Gloria wollte nicht fo recht. Sie war eine zarte Knospe und keine noch so gut ausgebildete Kinderpflegerin vermochte sie zur Entfaltung zu bringen. Auf Grund meiner Beobachtungen entschloß ich mich dazu, meine eigene Theorie in die Bragis umzusetzen. Ich war nämlich felt banon überzeugt, daß das Kind vor allen Dingen einer
feinen Ration täglicher Liebe bedurfte. Alles andere hatte sie in Hälle und Fülle. Ich hatte indessen nie gesehen, daß Gloria fe einen Kuß empfangen hatte oder ein zärtliches Wort: Die Mutter pflegte einmal am Tage zu in. spizieren oder furz vor der Fahrt in eine Gesellschaft., mal reinzuschauen". In aller Heimlichkeit fing ich an, Gloria zu lieb. tosen oder ich nahm sie auf und drückte sie an mein Herz, indem ich ganz leise ein Kinderlied summie. Nach wenigen Tagen schon era fannte sie mich und streckte die Arme aus, sobald ich auf der Bildfläche erschien. Ihre Wangen röteten sich der Appetit wurde angeregt. Die Medizin vollbringt doch wirklich Wunderwerke!" meinte das nach allen Regeln der Kunst ausgebildete Kinderfräulein. Gtorias Hunger nach Zärtlichtelt wurde gestellt, und das war ihrer
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