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Für unsere Kinder
Die Maus frißt die Hummel , der Rabe die Maus, der Fuchs den Raben. Und wer befiegt sie alle? Der Allesverderber, der Mensch.
Dadurch, daß unerbittlich alle minder gut ausgerüsteten Wesen zugrunde gehen, und nur die am zweckmäßigsten eingerichteten am Leben bleiben und sich fortpflanzen, entstehen neue Arten, das heißt Wesen, die von ihrer Stammform deutlich verschieden sind, zum Beispiel Hund, Fuchs, Wolf; oder: Rabe, Elster, Heher. Künstliche Züchtung ergibt, wenn sie tonsequent durchgeführt wird, schon im Laufe
die Natur gebraucht, um neue Arten zu züchten, ungeheure Zeiträume.
unternommen hat. Den übrigen Teil seines Schwächeren. Alle wollen leben; aber nur Lebens hat er, in stiller Zurückgezogenheit auf wenigen gelingt es, vermöge ihrer vorzüglichen seinem Kleinen Landgute bei London lebend, Eigenschaften, den Kampfplatz zu behaupten. der Ausarbeitung seiner naturwissenschaftlichen Werke gewidmet; er starb am 19. April 1882. Darwins Hauptwert ist:„ über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampf ums Dasein." Der Titel weist uns schon auf den leitenden Gedanken des Buches hin: natürliche Zuchtwahl, das heißt Erhaltung der begünftigten Rassen im Kampf ums Dasein. Was Darwin unter natürlicher Zuchtwahl versteht, werdet Ihr leichter begreifen, wenn Ihr Euch den Zweck der künstlichen Züchtung vergegen-| eines Menschenalters brauchbare Resultate; wärtigt. Angenommen, ein Schafzüchter wollte bei seinen Schafen besonders lange Wolle er zielen. Was wird er tun? Er wird die Schafe seiner Herde zur Zucht, zur Fortpflanzung auswählen, die besonders lange Wolle haben, alle anderen wird er rücksichtslos ausmerzen. Die Zuchttiere werden ihre hervorragende Eigenschaft auf ihre Nachkommen übertragen; bei vielen unter ihnen wird sich durch die Vereinigung der hervorstechenden Eigenschaft ihrer Eltern sogar eine Steigerung ergeben, sie werden längere Wolle haben als diese. Die Schafe mit kurzer Wolle werden wiederum ausgeschieden; wieder wählt der Züchter diejenigen Schafe aus, die lange Wolle tragen. Im nächsten Jahr verfährt er ebenso usf., bis er nach langer Zeit und vieler Mühe endlich nur noch Lämmer erhält, die die gewünschte Eigenschaft besitzen. Oder jemand will eine besonders fette Schweinerasse züchten. Er wird zur Zucht nur immer die Tiere verwenden, die sich besonders gut zur Mast eignen; alle anderen wird er aus scheiden. Bewundernswert sind die Erfolge der künstlichen Züchtung, welche die Menschen erzielen und gerade in der Heimat Darwins, in England, hat man seit jeher mit großer Sorgfalt und sehr gutem Geschick ausgezeichnete Zuchterfolge erreicht.
Das ist in allgemeinsten Umrissen der Inhalt der Darwinschen Lehre. Es ist notwendig, hierbei zu beachten, daß die Entwicklungsoder Abstammungslehre, wonach das Vollfommenere vom Unvollkommenen, das Zufammengesetzte vom Einfachen abstammt, schon vor Darwin wissenschaftlich verfochten worden war. Darwins unsterbliches Verdienst ist es aber, uns einen Weg gezeigt zu haben, auf dem diese Entwicklung sich vollzogen haben kann. Ich sage„ kann"; denn es ist nicht undenkbar, daß es der Naturwissenschaft gelingt, noch einen anderen Weg zu entdecken, der einleuchtend zu dem gleichen Ziele führt. Vorderhand halten wir uns jedoch an Darwins Lehre, weil sie bis heute die beste, einleuch tendste ist.
Die Darwinsche Lehre hat einen gewaltigen Umschwung auf dem Gebiet der Naturwissenschaften erzeugt; und nicht nur auf ihrem eigensten Gebiet, auf allen Gebieten geistiger Tätigkeit hat sie befruchtend und aufklärend gewirkt. Freilich die Dunkelmänner jeder Art wollen das nicht anerkennen, und sie wissen wohl, warum. Mit dem Glauben von einem außernatürlichen Schöpfer, der über den SterDie Grundsäge, die die Menschen bei der nen thront, und der die Geschicke aller Wesen fünstlichen Züchtung befolgen, sind im ganzen leitet, wie man Marionetten an der Strippe dieselben, die auch in der Natur sich durch bewegt, mit diesem Glauben ist's nun vorsetzen. Wie der menschliche Züchter die bei. Zwar werden Euch in der Schule trotzminderwertigen Tiere ausscheidet, so merzt dem immer noch die alten Geschichten von auch die Natur unerbittlich alle Wesen aus, der Weltschöpfung aufgetischt, wie sie in den die nicht so ausgerüstet sind, daß sie im Kampf Büchern Mosis erzählt werden, aber wer glaubt ums Dasein bestehen können. Der Kampf noch daran? Sie werden verschwinden, weil ums Dasein ist also das Züchtungsmittel der ihnen der Boden entzogen ist. Immer mehr Natur. Dieser Kampf ist rücksichtslos auf häufen sich die wissenschaftlichen Beweise, daß der ganzen Linie: der Stärkere würgt den es in der Natur keine Schöpfung gibt, sondern