140 Für unsere Kinder einem leuchlenden Frnhlingsmorgen bin ich dort mit dem Rucksack auf dem Rücken und dem knorrigen Bergstock in der Hand auf der alten Mainbrücke gestanden und habe aus die schimmernde Flut hinunkergestarrt. Das war ein schönes, farbenprächtiges Bild, wie die blinkenden Strahlen der Frühlingssonne in den grünen Wellen untertauchten und auf die vorbeifahrenden schwarzgrauen Fischerkähne silberne Linien zeichneten. Hin und wieder warf auf dem nahen Ludwigskai ein tüchtiger Windstoß ganze Stöße weißer und roter Blüten von den blühenden Kastanienbäumen in das sonnenbeschienene Master. Dort zogen muntere Fische ihre silbernen Furchen. Da hatte ich zu schauen, Stunde auf Stunde, und ihr hättet gewiß mit mir Auge und Herz an all dem Schönen erfreut, das Sonne, Lust, Wasser, die Ufer mit ihren Hügeln, Bäumen und Häusern zusammenzauberten. Die alte Mainbrücke selbst würde euch auch interessiert haben. Aus jeder ihrer Seiten stehen sechs mächtige, alte, malerische Steinfiguren, welche sich in dem breiten Strom spiegeln. Das sind die sogenannten zwölf Frankenheiligen, zum Teil recht putzige Gesellen in ihren weiten Mänteln. Von dieser Brücke bin ich aufs andere User hinübergegangen und den Marienberg hinaufgestiegen. Das ist ein gewaltiger Berg, welcher Stadt und Tal beherrscht. Malerisch leuchten im Sonnenschein seine kolossalen Ba stionen, die früher so manches Mal Unheil dräueten und Unheil entsendeten, über zwölf hundert Jahre trägt der sagenumwobene Berg die einst gewaltig« Festung der Würzburger . Auf die Stärk« der Feste gestützt konnten die jeweiligen Fürstbischöse getrost den Ansprüchen der Bürger und Bauern hohnlachen, wenn allzu große Not, allzu schreiendes Unrecht diese in einen Aufstand getrieben hatte. Vielleicht habt ihr etwas vom Bauernkrieg gehört und von dem vergeblichen hartnäckigen Sturm gegen die Würzburger Feste, an welchem auch der edle, tapsere Ritter Florian Geyer mit seiner schwarzen Schar teilgenommen hat. Später haben Schweden und Franzosen die Festung wiederholt belagert, und 1866 im Bruderkrieg hat preußische Artillerie sie gewaltig beschossen. Jetzt dient der Bau nicht mehr unmittelbaren Kriegszwecken, sondern als Kaserne beherbergt er bayerisches Militär. Nicht länger blickt der Berg als eine stete Drohung ins Tal, und im Herbst sind fleißig« Winzer beschäftigt, an seinen sonnigen Hängen die Früchte einzu heimsen. welche einen der besten deutschen Weine geben. Von der Höhe des Marien berge? genießt man eine prachtvolle Aussicht über die zu den Füßen liegende bayerische Universitäts - und Bischofsstadt, auf den schim mernden Strom und die im Sonnenschein glänzenden Weinberge. Sehr ungern, das dürft ihr mir glauben, habe ich von dem prächtigen Bilde Abschied genom men, um wieder in die Stadt hinunterzusteigen. Aber auch dort fehlte es nicht an Sehens würdigkeiten. Da ist vor allem der schöne Dom und die daneben befindliche Neumünster kirche. Ferner das Residenzschloß, ein Pracht denkmal des Rokoko, das altehrmürdige Rat haus, die Universität und viele Kirchenbaulsn. Den ganzen Nachmittag bin ich kreuz und quer durch die Stadt gewandert, bis ich am Ende Kühlung suchend wieder am Flusse stand. Da sah ich ein großes Floß den Strom her unterschwimmen. Ein Floß! Als das so ge mütlich daherkam, wurde mir das Herz vor Sehnsucht weit. Ach könnte ich mit ihm den murmelnden, schnell eilenden Fluß hinunter ziehen, durch die sonnigen Frühlingslande, an Dörfchen und Städten vorübek, durch Wiesen und Wälder, von sanften Hügeln und steilen Höhen gegrüßt! Kaum gedacht, ward's gemacht. Kann ich euch sagen, wie«s kam? Ich welst es ja selbst noch kaum. Genug: als das Flop. wie mir schien zum Greifen nahe, an mir vor überschwamm, ein ordentlicher Weitsprung und plumps ins Wasser. Beinahe wäre es mir schlecht gegangen, wenn mich nicht wie das Büblein aus dem Eise ein hagerer Flößer mit seiner langen Stange herausgefischt hätte. Da stand ich nun auf dem Floß vor vier lachenden Flößern. Ein Pudel konnte nicht nässer sein als ich. Etwas verlegen stotterte ich die Frage heraus, ob ich mitfahren dürfe. Das wurde mir erlaubt, und damit trat ich meine Floßfahrt auf dem Main an. Wie es mir auf ihr ergangen ist, was ich da alles gesehen habe, wie die Flößer leben und wje ein solches Floß beschaffen ist, werde ich euch in den sollenden Nummern erzählen. Heinrich Wandt . OVO Das Kind. Von Friedrich chedbel. Die Mutter lag im Totenschrein, Zum letztenmal geschmückt! Da spielt das kleine Kind herein, Das staunend sie erblickt-