Für unsere Kinder Nr. 20 o c> o O o O O Beilage zur Gleichheit o o O o o o o 1S09 Inhaltsverzeichnis: Vorwarf BonMaxRemy. (Gedicht.)— Die Erdbeere. Von Emma Döly. — Wilhelm Tell . Von Joseph Christian».Zedlitz. (Gedicht.)— Eine Flogsahrt aus den, Main . III. In der FloMchc. Von Heinrich Wandt. — Kinderszene. Von Eduard Mörike. (Gedicht.)— Bixen, eine Mutter. Bon Erncst Selon Thompson. — Rciterlied. Von Fran; MSding.(Gedicht.) Vorwärts. Von Mar Remy. Kämpfen und ringen Stählt dir die Kraft. Willst du dich gegen den Feind nicht wehren, Bringt dich auch nimmer ein Sieg zu Ehren, Fliehst du den Kampf, wird der Preis dir entrafft. Wer des Gebirges Gipfel besteigt, Darf der Beschwerden des Weges nicht achten! Mag er im Brande der Sonne schmachten, Vorwärts, vorwärts, Bald ist's erreicht! Sei nur geduldig, Fest und getreu! Geistesarbeit weckt einen Bronnen Llngeahnter, seliger Wonnen: Strebe nur vorwärts, Fröhlich und frei! cz o o Die Erdbeere. Dicht am Waldrand, wo die Kiefern schon weiter auseinanderstehen und mit jungen Birken untermischt sind, wuchs in einer kleinen Boden vertiefung eine Erdbeere. Sie war noch klein und grün, und der Wind schaukelte sie wie in einer Wiege hin und her, so daß sie manch mal Angst hatte zu fallen. Der Stengel und die Kelchblätter aber hielten sie so fest, wie nur immer eine Mutter ihr liebes Kindlein im Arme hallen kann. Rings um die Erd beere herum wuchsen Grashalme, aber die gaben sich nicht mit dem kleinen grünen Ding ab, sondern zankten sich immerfort mit den höherstehenden Halmen und dem Farnkraut. Das Farnkraut beb.auvtete, die ganze Welt sehen zu können, und wenn es vom Winde hin und her geworsen wurde, so tat es, als ob es sich nur aus Berwunderung über die Größe der Welt schüttelte. Die Grashalme in der Mulde machten aus der Not eine Tugend und sagten, Neugierde und Hochmut wären die häßlichsten Laster. Dabei reckten sie sich aber, so sehr sie nur konnten, um womöglich auch einen Blick in die Welt tun zu können wie das Farnkraut. Da sich nun niemand mit der kleinen Erd beere abgab, hatte sie genügend Zeit, aus die Stimmen des Waldes zu lauschen. Eines Tages hörte sie, wie eine Lerche hoch über ihr in der blauen Luft ihr Lied trillerte: „Trillililiet, die Welt ist wiet"(weit). Die Erdbeere hätte die Lerche gern gefragt, wie es denn in der weilen Welt aussehe, aber als sich der Vogel herniederließ, flog er in ein Kornfeld und hatte sicher die kleine Erd beere gar nicht gesehen. Doch sieh, da kam ein Häslein durch den Wald gesprungen, setzte sich dicht neben die Erdbeere hin, machte Männchen, spitzte die Ohren und strich sich seinen Bart.„Das ist eine günstige Gelegenheit," dachte die Erd beere,„etwas von der Welt zu erfahren." Sie faßte sich ein Herz und sprach:„Lieber Herr Hase, Sie können doch so schnell lausen und springen, Sie sind sicher schon weit herum gekommen. Können Sie mir nicht sagen, wie groß die Welt ist?" Nun gehörte aber der Hase zu den Neunmalklugen, die da glauben, es sei eine Schande, auf irgend eine Frage zu antworten:„Das weiß ich nicht." Da sie keine richtige Antwort wissen, so werden diese Klugen einfach grob. So sah denn das Häs chen recht von oben herab auf die Erdbeere und antwortete:„Du Nichtsnutz, denkst du, unsereiner habe nichts anderes zu tun, als deine dummen Fragen zu beantworten? Ich bin gerade auf dem Wege, eine Abendgesell schaft einzuladen, und komme soeben von Familie Springhoch und muß noch die Herren Kohlbiß und Dauerlauf, Fräulein Salatblatt und Frau v. Rübenstiel herbitten! Da denkst du, ich hätte Zeit, dir Geschichten über die Welt zu erzählen? Deine Einbildung kommt daher, daß du noch so grün bist. Zu nichts bist du gut, nicht einmal zum Fressen
Ausgabe
6 (5.7.1909) 20
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