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Nr. 275.

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Vorwärts

Berliner Volksblatt.

14. Jahrg.

Die Insertions- Gebühr

beträgt für die fechsgefpaltene kolonel­zelle oder deren Raum 40 Pfg., für Beretns- und Versammlungs- Anzeigen, fowie Arbeitsmartt 20 Pfg. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr nachmittags in der Erpedition abgegeben werden. Die Expedition tft an Wochentagen bis 7 1hr abends, an Sonn- und Festtagen bis Uhr vormittags geöffnet.

Mernsprecher: Amt I, Mr. 1508. Telegramm Adresse: " Bozialdemokrat Berlin".

Bentralorgan der sozialdemokratischen Partet Deutschlands .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Meberseeische Machtentfaltung. Es wird uns geschrieben:

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Donnerstag, den 25. November 1897.

Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

haft erproben, was sie im politischen Kampfe auszurichten vermögen.

absolut

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Von den

verhängnißvolle Umschwung erfolgt, hat man Thatsachen ge- Bei der jetzigen Wahl versuchten Freisinn sowie die neu auf­schaffen, an denen der Reichstag mit seiner Opposition scheitern tretende Richtung der National- Sozialen neben den Sozial­soll. Denn eine energische Opposition würde nichts anderes demokraten die Wähler zu gewinnen. Die Freifinnigen leisteten sich Die plögliche Besetzung der Kiau- Tschau- Bucht auf der verlangen müssen, als eine sofortige Aufgabe der besetzten thörichterweise den Luxus zweier Kandidaturen. Die National- Sozialen Halbinsel Schantung in China durch deutsche Truppen dürfte Bucht und dazu dürfte sich der jetzige Reichstag wohl faum dachten nicht nur an eine Zählkandidatur, sondern wollten einmal ernst­selbst für die Kreise überraschend gekommen sein, die schon aufschwingen. Eine solche Opposition erheischte anderer Mittel, Das bewies ihre Agitation, die mit einem wahren Feuereiser be. seit Jahren dem Deutschen Reiche Weltmachtspolitik in großem als sie der gegenwärtige Reichstag anzuwenden geneigt sein trieben worden ist. Während vier Wochen durchreisten die besten Stile" empfohlen haben. Auch sie müssen zum wenigsten dürfte. Selbst wenn der Reichstag die übermäßigen Flotten- Redner der National- Sozialen den Kreis, überall Flugschriften ver­über den Moment und den Anlaß des Eingreifens forderungen ablehnen sollte, so ist damit doch nicht der breitend, Versammlungen abhaltend und in zahlreichen Fällen die des Deutschen Reiches in den Riesenkampf erstaunt sein, Reim beseitigt, der mit innerer Nothwendigkeit zur Ver- Diskussion in gegnerischen Versammlungen zur Propaganda be den, wie sie meinen, die Völker im nächsten Jahr- größerung der deutschen Kriegsmarine treibt und das ist eben die außend. Die Göhre, Naumann, Gerlach, Bueck, Tischendörfer und hundert nini ihre Weltmachtstellung auszukämpfen haben Festsetzung Deutschlands in China selbst, welches Faktum der deutsche nicht zuleht natürlich der Kandidat Herr Damaschte selbst boten die ganze Kunst ihrer Beredsamkeit auf, um Anhänger zu werben. werden. Erst in allerjüngster Zeit muß den Personen, die Reichstag wohl kaum mehr aus der Welt schaffen wird. Wohin und man muß zugestehen, daß diese Kalkulationen nicht ganz die auswärtige Politit im Reiche machen, die plögliche Ein- aber solch ein Faktum führt, das können uns andere Länder phantastisch schienen. Wenn die verschwommene, widerspruchsvolle aebung gekommen sein, noch ehe der Reichstag sich für oder lehren. Wir erinnern nur an Frankreichs Beispiel, das durch Politik der Herren irgendwo eine Aussicht auf Antlang haben gegen die Marinevorlage erklärt hätte, rasch Thatsachen zu die Abenteurerpolitik Napoleon's des Kleinen in seine oft- tonute, so hier unter der Bevölkerung des neunten Schleswig­schaffen, die Deutschlands Macht in eine Fülle von ernsten viel Geld und Blut gekostet, aber in feiner Weise den er enthielt Forderungen aller gegnerischen Barteien. asiatischen Kriege verwickelt wurde, die bekanntlich ungeheuer Holsteinischen Wahlkreises. Das Wahlprogramm der Herren Konflikten mit anderen Mächten verwickeln müssen. hatten Nachdem Konfervativen sie die Forderung( allerdings nur Zu dieser Auffassung muß jeder gelangen, der die Er hofften wirthschaftlichen Gewinn gebracht haben. eignisse der letzten Wochen mit der auswärtigen Politik der einmal A gesagt war, war kein Zurückgehen mehr möglich, ein sie sich nicht mit Unrecht nach, ebenso begeisterte Patrioten" und erforderlicher) Schutzzölle entlehnt, auch rühmten legten Jahre vergleicht. Der prinzipielle Umschwung liegt auf Konflikt folgte dem andern, und Frankreich war nach be: Militärschwärmer zu sein, wie die Konservativen. Mit Freifinnigen der Hand. Die Ermordung einiger Missionare bietet heute den deutenden Verlusten schließlich froh, unter Englands und Sozialdemokraten ertlärten sie einzutreten für größere Volts Anlaß, mit China einen Konflikt zu provoziren, der deutscherseits Bermittelung noch einen anständigen Frieden mit China rechte, für( möglichste) Beseitigung der indirekten Besteuerung, für ebenso an den Haaren herbeigezogen ist, wie der mit Haïti . abschließen zu können. In Frankreich war das Volk eine scharfe progressive Einkommensteuer, Erbschaftssteuer u. s. w. Warum hat die deutsche Regierung nicht schon 1895 fich ver: aber längst des kostspieligen und langwierigen Krieges über Weitere Forderungen waren: Gesetzliche Festlegung der zweijährigen anlaßt gefühlt, die gefährdeten deutschen Missionsstationen zu drüssig geworden. Frankreichs Lorbeeren in seiner ostasiatischen Dienstzeit, öffentliches Militärgerichtsverfahren, Ginschreiten gegen schützen? In Swatow in der Provinz Kiwang- Tung fielen im Rampagne müssen das deutsche Volt vor ähnlichen Aussichten den Duellunfug 2c. Diese Forderungen waren wohl dazu angethan, dem freisinnigen Spießer zu imponiren, während die Phantasten August 1895 zahlreiche deutsche Missionare der Volkswuth abschrecken. Und dabei können wir uns mit Frankreich in Beziehung tretens für die Macht und Ehre" des Vaterlandes auch konservativ von einem sozialen Königthum" und der Verpflichtung des Eins zum Opfer. Obwohl die chinesische Regierung strenge Be ftrafung der Schuldigen in Aussicht stellte, geschah nichts auf seine Geestreitkräfte noch in keiner Weise messen. Bu einer Gesinnten angenehm in das Ohr klingen mußten. Ferner war das und der deutschen Regierung fiel es nicht im geringsten ein, Linie die nöthige Kriegsflotte. Sie heute noch zu schaffen, ist aeeignet, naive Seelen aus dem Arbeiterstande zu belhören, überseeischen Machtentfaltung fehlt nun Deutschland in erster Betonen der Forderung eines energischen Arbeiterschutzes bamals die Unterlassungssünden der chinesischen Regierung an die große Glocke zu hängen. Obgleich noch im Juni 1896 eine Unmöglichkeit, da die Fortschritte der mit Deutschland sintemalen das Stimmen für einen National Sozialen ja bei nicht mit den Gefahren verbunden ivar, welche chinesische Boltsmassen die Deutschen in Nanking wieder konkurrirenden Staaten von einem noch so leistungsfähigen weitem für einen holt insultirten, empfing trotzdem der das Stimmen fich trotzdem der deutsche Kaiser Bolke, wie es das deutsche nicht einmal ist, nicht mehr ein­Sozialdemokraten in barg. Unsere Partei litt zudem noch unter großem Mangel an Bersamm Mitte Juni nicht nur den Vizekönig Li Sung- geholt werden können. Tschang in feierlicher, freundschaftlicher Audienz, sondern Die Absicht der Leiter unserer auswärtigen Beziehungen lungslokalen und war in ihrer Agitation nicht besonders lebhaft." Das nun vorliegende, wenn auch noch nicht ganz voll­sprach ihm gegenüber auch die zuversichtliche Hoffnung aus, durch die Besetzung der Kian- Tschau- Bucht, Deutschland ständige Wahlresultat wird vor allem die National- Sozialen daß die in der Vergangenheit erprobte, auf gleichen Interessen in die Bahnen einer uferlosen Weltmacht Politik zu sehr betrüben. Troydem der Kreis für sie recht günstig war, des Friedens und der Kultur beruhende Freundschaft zwischen lenken, zeugt daher nicht nur von grenzenlosem, unverantwort trotzdem sie alle ihre besten Kräfte dorthin zu werfen ver­China und Deutschland in Zukunft unvermindert fortbestehe. lichem Optimismus, sondern von einer vollständigen Ver- mochten, die bei einer allgemeinen Wahl nur zerstreut wirken Die neueste Politit des Deutschen Reiches gegen China stimmt tennung der Leistungsfähigkeit Deutschlands auf hoher See. tönnen, haben sie wenig erzielt. Ebenso haben die freisinnigen schlecht mit den damals gewechselten Zusicherungen freundschaft Eine nüchterne Abwägung aller Umstände muß zu dem Resul- Richtungen recht schlecht abgeschnitten. Jufolge ihrer Uneinig­licher Gesinnungen und mit dem früheren Verhalten des tate kommen, daß wir es uns nicht einfallen lassen dürfen, uns feit unter einander fallen sie auch aus der Stichwahl aus. Reiches bei ähnlichen Veranlassungen. irgendwie der Möglichkeit eines Konfliktes mit einer ersten Am günstigsten ist das Wahlergebniß für die Wenn Deutschland also plöglich gegen China andere Seemacht auszusetzen, der auf hoher See ausgefochten werden Sozialdemokratie. Sie hat zwar fast 500 Stimmen Saiten aufzieht, so müssen die Gründe dafür ganz wo anders müßte. Ein solcher Konflikt ist aber durch den Erwerb chine- weniger erzielt als 1893, aber ihr Hauptgegner, der Vertreter als in der Ermordung deutscher Missionare gesucht werden. Nun fischen Gebietes nicht ausgeschlossen. Die Möglichkeit für ihn der junkerlichen Reaktion, hat ebenfalls einen bedeutenden wird gesagt, Deutschland wünsche zum Ausgangspunkte wird geradezu geschaffen und damit auch die Möglichkeit für Stimmenrückgang erfahren, der sich nach den vorliegenden seiner oftasiatischen Operationen eine eigene Flottenstation und eine sichere Niederlage der deutschen Flotte. daher die Okkupation der Kiau- Tschau- Bucht. Wir bestreiten Mittheilungen auf fast 1800 Stimmen beläuft. War der Zwischenfall mit Haïti nur als eine Pression Faßt man das Gesammtresultat des Wahlkampfes ins nun zwar die Berechtigung zur Erwerbung einer Kopfstation auf den Reichstag zu gunsten der Marinevorlage aufzufassen, Auge, so ist auch bei dieser Wahl wiederum ein Rückgang für Weltmachtspolitik in Ostasien ganz entschieden, möchten so ist der Konflikt mit China und die Okkupation chinesischen der Reaktionsparteien und ein Vormarsch der mehr oder Gebietes nichts anderes als der erste Schritt einer Weltmachts­aber doch zur Kennzeichnung der plöglichen Kursschwankung Gebietes nichts anderes als der erste Schritt einer Weltmachts­unserer auswärtigen Politik auf eine Gelegenheit hinweisen, Politik, deren verhängnißvolle Tragweite in feiner Weise ab- weniger freiheitlichen Parteien zu verzeichnen. bei der Deutschland ohne jeglichen Konflikt in der Lage zusehen ist. gewesen wäre, eine Erweiterung der deutschen Macht­In die Wahlparole für die nächsten Reichetagswahlen sphäre in Ostasien zu erlangen. Das war bei den Verhand muß darum nicht nur einbezogen werden: Gegen die lungen mit China und Japan behufs Revision des Friedens Marinevorlage, gegen neue Steuern, sondern mit viel mehr von Schimonoseki im Jahre 1895. Damals wäre es für Berechtigung: Gegen jede konfliktsschwangere den deutschen Unterhändler nicht ausgeschlossen gewesen, achterweiterung See, gegen jede auf leichte Weise in den Besitz von Formosa zu gelangen. Abenteurer politit! Wenigstens boten die Weltmachtspolitiker Deutschlands alles auf, im Sinne der Berwirklichung dieses Planes die auss wärtige Politik des Deutschen Reiches zu bestimmen. Erfreu­licherweise war damals die Regierung nüchterner als eine ein­

gemacht.

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über

Politische Nebersicht.

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Berlin , 24. November.

Die Ersatzwahl im Kreise Oldenburg - Plön . Ein flußreiche Klique gefährlicher Abenteurer. Das Reich beschränkte endgiltiges Resultat über die gestern stattgefundene Wahl liegt sich darauf, die handelspolitischen Beziehungen Deutschlands in noch nicht vor. Ostasien zu sichern. Nach der letzten Depesche, die wir aus Das war 1895. Und heute werden die Prinzipien der dem Kreise erhielten, fielen auf den Kandidaten der damaligen auswärtigen Politik förmlich umgestülpt und vereinigten Konservativen und Nationalliberalen( unterstützt die nächste beste Gelegenheit zum Anlaß einer großen vom Bunde der Landwirthe) Herrn v. Tungeln 7507 St., überseeischen Aktion auf den Sozialdemokraten Weinheber 2760 St., So unscheinbar jetzt noch das Vorgehen Deutschlands China gegenüber sein Bolkspartei) 1839, auf Hock( freis. Vereinigung) 1394 St. auf Damaschte( national- sozial) 2403, auf Schmidt( freis. mag, es muß und wird zu den ernstesten Verwickelungen nicht Es fehlten bei diesen Ergebnissen noch 50 Ortschaften mit nur mit China selbst, sondern auch mit anderen Großmächten, vor allem mit Japan , führen. Denn haben wir in China ca. 900 Stimmen. Jedenfalls hat Stichwahl zwischen sozialdemo= erft einen festen deutschen Besitz, dann müssen wir dort auch dem tonservativen und dem tratischen Kandidaten Kandidaten stattzufinden. Bei der ständig Kriegsschiffe unterhalten. Deutsche Kaufleute und Wahl im Jahre 1893 siegte im ersten Wahlgange deutsches Kapital werden sich dort ansammeln und mit wenig der konservative Graf Holstein mit 9281 Stimmen; ein Frei­Unverfrorenheit das Innere China's zu erschließen suchen. Unter dem Schutz der nahen Kriegsschiffe fühlt sich der deutsche finniger erhielt 3898, ein Sozialdemokrat 3230 Stimmen. Kaufmann dann zuversichtlich genug, um Streitigkeiten und Bedrohungen nicht flug aus dem Wege zu gehen, sondern sie an sich herankommen zu lassen. Die Quelle der Verwickelungen ist gegeben, ganz abgesehen davon, daß auch die gegen ausgedehnter Wahlkreis. Von Industrie ist fast keine Rede. Auf dem Der Kreis Oldenburg Plön ist ein faft ganz ländlicher, sehr seitigen Beziehungen der europäischen Mächte in Ostasien Bande überwiegt der großbauerliche Betrieb, auch fehlen fruchtbaren Konfliktstoff in Hülle und Fülle in sich bergen. große Güter nicht. Das ländliche Proletariat lebt in größter Wollen wir auch dabei sein, dann ist eben, das ist nicht zu Abhängigkeit von seiner Herrschaft, Wahlbeeinflussung der gröblichsten Lengnen, eine achtungsgebietende Kriegsmarine eine unumgäng- Art ist hier selbstverständlich all der Tagesordnung. An liche Nothwendigkeit. der Küste wohnt eine zahlreiche Fischerbevölkerung. Und da fragt sich's denn doch, ob das deutsche Volk eine folche überseeische Machtpolitit mitmachen will oder kann? Die deutsche Regierung hat es ja nicht für nöthig gehalten, den Reichstag wegen der grundsätzlichen Aenderung ihrer aus wärtigen Politik zu befragen. Während der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes zur Abschiedsvisite in Italien war, ist der

Zur richtigen Würdigung der Bedeutung dieser Wahl geben wir einige Mittheilungen wieder, die uns aus dem Streise selbst zugeben:

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Ist es ein Wunder, daß in diesem Wahlkreis konservativ ge­wählt wird? In den siebziger Jahren ist zwar einmal ein Sozial­demokrat, Reimers aus Hamburg , gewählt worden, aber das geschah aus Oppofition gegen das verhaßte Preußen, nicht aus Sympathie für die sozialdemokratischen Bestrebungen. Eeitdem fandte der Kreis Oldenburg Plön stets mit großer Majorität konservative Abgeordnete in den Reichstag .

Im Jahre 1893 standen dem konservativen Kandidaten nur 7128, diesmal aber 8394 Oppositionswähler gegenüber. Also ein Wachsthum der Opposition um über 1300 Stimmen, ein Rückgang der Reaktion um 1800 Stimmen!

Und voran in dem Kampfe gegen die junkerliche Reaktion marschirt auch in jenem ländlichen Wahlkreise die energischste Verfechterin der politischen und sozialen Emanzipation, die Sozialdemokratie!-

Der Landrath und§ 193. Wie wir schon gestern mittheilten, ist der Landrath v. Putttamer vom Amts­gericht Stolp freigesprochen worden von der Anklage, die die Redakteure des Reichsblatt" und" Bauernfreund" gegen ihn erhoben hatten. Jetzt liegt auch die Begründung des Ür­theils vor. Dasselbe besagt:

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Es muß zwar anerkannt werden, daß der Angeklagte die Verfügung vom 28. Juli 1897 in amtlicher Eigenschaft zu erlassen nicht berechtigt war. Im ganzen preußischen Staate werden Zeitungen jeder Art und jeder Richtung durch schul­pflichtige Kinder umbergetragen, ohne daß ein Mensch daran An­stoß genommen hätte. Auch sei der Angeklagte Geb. Regierungs­rath v. Buttkamer nicht direkter Vorgesetzter der Lehrer, so daß ihm ein Eingriff in die Schulzucht nicht au st eh e. E3 könne ihm deshalb in seiner Eigen schaft alg Beamter der Schutz des§ 193 des Reichs- Strafgesetzbuches nicht zugesprochen werden. Der Gerichtshof fomme aber aus einem anderen Gesichtspunkte dazu, ihm diesen Schuh dennoch zu bewilligen. Ein Re­dakteur sei als Verfasser der Zeitung ein Gewerbetrei bender, und der Ausdruck des angeklagten Landraths könne nur als ein tadelndes Urtheil" über eine gewerb liche Leistung angesehen werden, die nur dann strafbar fei, wenn das Vorhandensein einer Beleidigung in der Form der Aeußerung oder aus den Umständen, unter denen sie ges schah, hervorgeht. In dieser Beziehung sei aber festzustellen, daß im heutigen politischen Leben und im Parteikampfe Ausdrücke wie gemein gefährlich" und dergleichen nur in dem Sinne gebraucht werden, daß die Meinungen der Gegner mit dem Ges meinwohl nicht vereinbar und deshalb gemeingefährlich seien. Die Form der Aeußerung und die Umstände, unter denen sie geschehen ist, deuten also darauf hin, daß es dem angeklagten Landrath nicht darauf angekommen ist, die Person des Redakteurs zu treffen, sondern nur die Verbreitung der ihm parteipolitisch unangenehmen Blätter zu verhindern."

Allerlei Respekt vor dem Urtheil des Stolper Amis­gerichts. Ließ sich die Auffassung von der Biederkeit des Herrn