Für unsere Kinder
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emporrecken. Erst später, als die Königs-| Da fand ich einen waldigen Raum ferzen, die ich als kleine Pflänzchen vom Und einen Mann in der Siedelei, Bahndamm geholt hatte, ihre großen, leuch Er fällte mit der Art den Baum; tenden Blüten über dem Grab wiegten, war Ich fragte, wie alt der Wald hier sei. es mir, als ob auch der Tote dort unten Er sprach:" Der Wald ist ein ewiger Sort; langsam seinen Zorn vergäße. Aus der Er- Schon ewig wohn' ich an diesem Ort, innerung aber ist mir das Erlebnis nie ge- und ewig wachsen die Bäume fort." tommen. Immer wenn ich sah, wie Elend Und aber nach fünfhundert Jahren und Armut durch ungerechte und unver- Kam ich desselbigen Wegs gefahren. ständige Behandlung noch vergrößert wurden, war es mir, als erhebe sich wieder die drohende Da fand ich eine Stadt, und laut Faust des Lumpenmaß. Ein warnendes Mene- Erschallte der Markt vom Volksgeschrei. tekel, das doch von den Menschen am wenigsten beachtet wird, die es fürchten sollten. Denen aber, die es verstanden haben, muß es ein Ansporn sein, nicht nur selbst gegen jedes Unrecht zu kämpfen, sondern auch alle anderen immer wieder dazu aufzurufen. Nicht wahr, Kinder, auch ihr werdet eines Tages helfen, daß es weniger in Verzweiflung anflagend geballte Fäuste und mehr glückliche Gesichter in der Welt gibt!
Emma Dölz.
Chidher, der ewig junge, sprach: Ich fuhr an einer Stadt vorbei, Ein Mann im Garten Früchte brach; Ich fragte, seit wann die Stadt hier sei. Er sprach und pflückte die Früchte fort:
"
Die Stadt steht ewig an diesem Ort
Und wird so stehen ewig fort."
Und aber nach fünfhundert Jahren. Kam ich desselbigen Wegs gefahren. Da fand ich keine Spur der Stadt; Ein einsamer Schäfer blies die Schalmei, Die Herde weidete Laub und Blatt;
Ich fragte: Wie lang ist die Stadt vorbei? Er sprach und blies auf dem Rohre fort: ,, Das eine wächst, wenn das andre dorrt; Das ist mein ewiger Weideort."
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Und aber nach fünfhundert Jahren Kam ich desselbigen Wegs gefahren. Da fand ich ein Meer, das Wellen schlug, Ein Fischer warf die Netze frei; Und als er ruhte vom schweren Zug, Fragt ich, seit wann das Meer hier sei. Er sprach und lachte meinem Wort: " So lang, als schäumen die Wellen dort, Fischt man und fischt man in diesem Port!". Und aber nach fünfhundert Jahren Kam ich desselbigen Wegs gefahren.
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Ich fragte: Seit wann ist die Stadt erbaut? Wohin ist Wald und Meer und Schalmei? Sie schrien und hörten nicht mein Wort: " So ging es ewig an diesem Ort, Und wird so gehen ewig fort." End aber nach fünfhundert Jahren Will ich desselbigen Weges fahren.
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Bickbeerenferien
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in der Lüneburger Heide . ,, Bickbeerenferien," so werdet ihr erstaunt fragen, was sind denn das für Ferien?" Das sollt ihr gleich erfahren. Zur Zeit, als ich noch auf der Schulbant saß das sind schon zweimal zehn Jahre her-, nannte man in manchen Gegenden Norddeutschlands Bickbeerferien die Schulferien, die vom 1. Juli bis zum 1. August dauerten und mit dem Reifen der Bickbeeren ( Heidelbeeren, Blaubeeren) zusammenfielen. Ob das noch heute so ist, mögen die Kinder sagen, die in den Städtchen und Dörfern der Lüneburger Heide mit Ungeduld auf die diesjährigen Ferien gewartet haben. Denn von dort will ich erzählen. Dort wachsen in einzelnen Strichen die Bickbeeren in besonders großen Mengen. Alljährlich, wenn der 1. Juli herannahte, erwarteten wir Kinder sehnsüchtig den letzten Schultag, und schon lange vorher bildeten die Bickbeerenferien unser wichtigstes Unterhaltungsthema.
Endlich ist der große Tag da. Die Kinder stürmen aus der Schule nach Hause.„ Hurra! Juchhe! Morgen geit et nah'n Bickbeerenplücken!" So ertönt es überall. In aller Eile wird das Mittagessen verzehrt, und dann geht es ans" Packen"- denn am anderen Morgen heißt es früh aufstehen, und alles muß schon vorher bereit sein. Voll Eifer stürzen die Buben und Mädchen nach dem Stalle, um die„ Kiepe" zu holen, die auf dem Rücken getragen wird. In ihr werden kleinere Körbe