Für unsere Kinder
fang und sind überglücklich, wenn die Mütter ihren Fleiß loben.
" Was fingen denn die Kinder mit ihrem Gelde an?" so werdet ihr fragen. Sie waren froh darüber, daß sie etwas verdienten, daß auch sie zu den Haushaltungskosten beitragen fonnten. Denn, liebe Kinder, ein Arbeiter erwirbt ja meist nicht genügend, um seine Familie ordentlich ernähren zu können. Deshalb freuten sich in meiner Heimat Frauen und Kinder, wenn sie in den Bickbeerenferien etwas Geld ins Haus bringen konnten. Die Kinder, deren Eltern etwas besser gestellt waren, durften einen Teil ihres Erlöses auf die Sparkasse tragen. So sparten sie sich bis zum Schlusse ihrer Schulzeit eine kleine Summe zusammen, die ihnen gute Dienste leistete, wenn sie ausgerüstet werden mußten, um in das Leben hinauszutreten.
Tag für Tag zogen so die Frauen und Kinder hinaus in den Wald, bis es keine Bick beeren mehr gab. Oft verlief die Expedition aber nicht so ohne Abenteuer, wie ich es euch geschildert habe. Nicht selten wurden die Beerensucher von einem Gewitter überrascht. Dann suchte sich jeder möglichst zu schützen. Die Hauptforge galt immer den Beeren. Sie sollten möglichst trocken bleiben, da die Händler nasse Beeren nicht gern nahmen. Natürlich weichte der Regen die ganze Gesellschaft bis auf die Haut ein. Doch die unfrei willige gründliche Wäsche ward gern in den Kauf genommen. Waren wir nach Hause getommen, so wurden rasch andere Kleider angezogen. Die Mutter but Pfannkuchen, zu denen es Bickbeeren gab. Die Mahlzeit schmeckte nach Arbeit und Unwetter doppelt gut. Als Lohn ihres Fleißes sahen die Kinder am Schlusse der Ferien ihre im stillen gehegten Wünsche in Erfüllung gehen. Sie bekamen neue Kleider, Schuhe, Schürzen und andere nüßliche Sachen. Zu Spielzeug reichte es taum.
Ich glaube, das alles ist auch heute für die Kinder in ülzen und anderen Städtchen der Lüneburger Heide nicht anders geworden. Wer es besser weiß, der mag es seiner Kinderzeitung schreiben, damit ich es erfahre.
Wenn ihr nun, liebe Kinder, in den Straßen den euch wohlbekannten Ruf hört:„ Bickbeern, schöne blaue Bickbeern!" oder wenn euch eure Mutter Bickbeeren auf den Tisch bringt, dann denkt an die vielen Kinder, die ihre Ferien dazu benutzen, die Beeren zu sammeln, um einen kleinen Verdienst ins Haus zu bringen. Elise Jensen.
Der Regenbogen.*
175
Heute hatte Mutter Sonne einen schweren Tag. Dicke, graue Regenwollen standen am Himmel, schon seit dem frühen Morgen. Auch nicht das kleinste Rißchen, nicht das kleinste Löchlein war dazwischen, durch das man auf die Erde hätte hinuntergucken können.
Hinter der grauen Wolfenmauer aber standen alle die Tausend Kleinen Sonnenstrahlen in ihren goldenen Röckchen, und waren verdrießlich, weil sie nicht hinunterkonnten, und langweilten sich und machten der Frau Sonne viel zu schaffen.
"
,, Wollt ihr wohl die Wolken in Ruhe lassen," schalt sie ein paar Strahlen, die immerfort die grauen Regenwolken fitzelten und stachen, damit sie weggehen sollten. So freut euch doch, daß die arme, trockene, durstige Erde da unten endlich etwas zu trinken bekommt. Jhr habt es ja selbst gehört gestern, wie die Bäume und Sträucher, die Getreide- und Gemüsefelder klagten, daß sie vertrocknen und verdursten müßten, wenn nicht bald Regen täme. Na, und wenn sie verdursten und vertrocknen, dann haben die Menschen kein Brot, fein Gemüse und keine Früchte mehr. Möchtet ihr das?"
,, Nein," sagten die Sonnenstrahlen, aber es fam ein bißchen leise heraus.
" 1
Aber warum müssen wir denn nun gerade immer zu Hause bleiben, wenn es regnet? Warum kann denn nicht mal Regen und Sonnenschein auf der Erde sein?"
"
,, Seid doch gescheit!" sagte Mutter Sonne . Wie geht denn das! Ihr würdet ja doch gleich alles wieder auftrocknen, was der Regen naß gemacht hat, und dann würde der Regen ja gar nichts nützen."
Das sahen die Sonnenstrahlen nun freilich ein. Aber zufrieden gaben sie sich doch nicht damit. Sie dachten es sich doch zu schön, einmal mit den Regentropfen zusammen auf die Erde hinunter zu können.
Sie fannten sich ja überhaupt noch nicht einmal ordentlich, die Regentropfen und die Sonnenstrahlen. Auf der Erde durften sie nicht zusammen sein, und oben am Himmel, da waren die kleinen Regentropfen ja immer in den dicken Wolfen eingeschlossen.
* Aus dem liebenswürdigen Büchlein: Sophie Reinheimer ,„ Von Sonne, Regen, Schnee und Wind und anderen guten Freunden". Mit Buchschmuck von Adolf Amberg . Buchverlag der Hilfe, Berlin . Es sei hiermit bestens empfohlen.