Für unsere Kinder
Nr. 24 ooooooo Beilage zur Gleichheit ooooooo 1910
Inhaltsverzeichnis: Die Fichte. Griechisches| Ende, er selbst sei die Quelle aller dieser Klar
-
-
-
Gedicht. Vom Fichtenbaum, dem Teiche und den Wolfen . Von Gottfried Keller . Wie das Renntier ein Haustier geworden. Von Roland. Ein Bildchen. Von Carl Spitteler. ( Gedicht.) Fasanenmutter. Von E. S. Thomson.( Forts.) Von den Schildbürgern: Der Salzacker. Guter Rat. Von Emma Döltz. ( Gedicht.)
-
Die Fichte.
-
Auf langgestrecktem Bergesjoch Als Fichte ragt' ich himmelhoch, Bis samt der Wurzel mich die Kraft Des Regensüds der Erd' entrafft'. Und dann ward ich ein Schiff geschwind zu neuem Kampf mit Sturm und Wind. So ist die Menschheit allezeit, Daß sie vor keinem Wagstück scheut. Griechisches Gedicht.
000
Vom Fichtenbaum, dem Teiche und den Wolken. Die herrliche Abendsonne beschien mit ihren goldenen Strahlen einen großen Fichtenbaum, welcher an einer felsigen Berghalde stand. Sein stachlichtes Laub prangte im schönsten Grün, und seine Äste waren wie mit Feuer übergossen und glänzten weithin durch die Gegend.
Er freute sich dieses Glanzes und meinte, all diese Herrlichkeit gehe von ihm selbst aus und sei sein eigenes Verdienst, so daß er sehr eitel ward und prahlend ausrief:" Seht her ihr anderen Gewächse und Geschöpfe um mich her, wo erscheint eines in solcher Bracht, wie ich edle Fichte?"... Gewiß, ihr seid sehr zu bedauern, daß euch der Schöpfer nicht schöner geschmückt hat." Die Sonne hörte diese eitle Rede und wurde darüber unwillig, so daß sie ihre Strahlen von dem Baume weg auf einen dunklen Teich wandte, der unten am Berge in tiefer Ruhe lag. Der Fichtenbaum sah nun so öd und traurig aus wie vorher; der Teich aber bewegte sich freudig in kleinen goldenen Wellen und widerstrahlte das Bild der Sonne in tausend Feuerpunkten. Allein auch er wurde stolz darauf und glaubte am
heit und verspottete die anderen Gewässer, welche im Schatten lagen. Da wurde die Sonne abermals unwillig, zog Wolfen zusammen, in denen sie sich verhüllte, und der Teich lag nun wieder in seinem düsteren melancholischen Grau wie zuvor und schämte sich. Die Wolken hingegen begannen jetzt zu glühen und scheinen wie Purpur und verbreiteten sich wohlgefällig am abendlichen Himmel, als die Erde schon im Schatten lag. Da wurden auch sie übermütig und riefen:„ Erglänzen wir nicht viel schöner denn die Sonne?" Und zum drittenmal wurde die Sonne unwillig, und indem sie hinter den Horizont hinabstieg, entzog sie ihre Strahlen den undankbaren Luftgebilden, und Wolken, See und Bäume verschwammen nun in der grauen Dämmerung, bis endlich die Nacht alle diese eitlen Geschöpfe der Vergessenheit übergab. Gottfried Keller .
000
Wie das Renntier ein Haustier geworden.
Vor langer Zeit war's im hohen Norden. über die weite, knirschende Schneefläche schritt ein Mann. Er war vom Kopfe bis zu den Füßen in dicke Felle eingehüllt. Nur das Ge sicht und die Hände guckten heraus. über der Schulter trug er einen Bogen, und im Gurt an der Hüfte steckten einige knöcherne Pfeile.
Ein scharfer Wind blies über die Fläche. Nur wenige verkrüppelte Birken ragten vereinsamt empor und zitterten und fröstelten. zwischen dem harten Schnee wucherten dürres Moos und graue Flechten, deren Lebenskraft nicht einmal der eisige Grimm des nordischen Winters vernichten konnte. Hier und da wuchs niedriges, zwerghaftes Gestrüpp. In dem Schnee waren überall die Spuren von Tieren zu erkennen, und aus der Ferne scholl das heisere Geheul des Wolfes.
Plöglich hemmte der Mann seine Schritte, und im Nu kauerte er hinter dem Gestrüpp am Boden. Sein Blick schweifte nach dem Walde hinüber, der sich weiß und schweigend vor ihm erhob. Zwischen den Stämmen lösten sich jetzt einzelne Gestalten heraus. Langsam tamen sie über die Schneefläche heran. Renn