Für unsere Kinder107kleinen Republik nachsuchten, wurden willig inden Bürgerverband aufgenommen. Nach demGottesdienst am Spätnachmittag brachte manden Esel in feierlicher Prozession wieder indas Kloster zurück. Von seiner Pforte kamender Abt und die Mönche dem Zuge entgegenund geleiteten gar andächtig den hölzernenEsel in seinen Stall zurück.Zu Konstanz am Bodensee war der hölzernePalmesel während der Palmsonntagspredigtim Münster aufgestellt. Nachher wurde er inden Kreuzgang gebracht und dort zur Belusti gung der versammelten Kinderschar einigemalauf und ab gezogen. Die Kinder bekamenaußerdem von ihren Paten silberne Taler undAmulette geschenkt, die in rote Bänder undSilber eingefaßt waren. Der Brauch bestandbis 17S4, da ließ ein Pfarrer, der der Sitteabhold war, den Palmesel zu Scheiterholzspalten. Zu Rotlenburg am Neckar unter ließen es die Eltern nie, am Palmsonntagihre kleinen Kinder, die das erste Kleid er hielten. auf den geschmückten hölzernen Palm esel zu setzen. Glück und Gedeihen der Kleinenhing nach ihrem Aberglauben von dem Be rühren des Esels ab. Anch sonst galt der hölzernePalmesel beim Volke für wundertätig und ge heiligt, Wer an ihm frevelte, wurde nach demVolksglauben von Gott bestraft. Wie eine Sageerzählt, wollte 1633 ein Schwede vor Villingenden über 4<)() Jahre alten Palmesel des Städt leins verbrennen. Der war aus Eichenholz ge schnitzt und wollte aller Mühe zum Trotz keinFeuer fangen. Den frevelnden Schweden abertraf inmitten seines bösen Beginnens eineKugel zu Tode, die aus der belagerten Stadtherausgeschossen worden war.Vielfach waren es die Bäcker und Metzger,die den hölzernen Esel mit dem Christuszogen. So wurde zu Tübingen 1512 den An gehörigen der genannten zwei Zünfte befoh len, am Palmsonntag den Palmesel vor derProzession zu ziehen. Vordem hatten das dieBuben besorgt. In einigen Orten hatten diesAmt die Totengräber, Büttel und Stadt knechte inne. Das mißsiel dem deutschen KaiserMaximilian!., als er sich in Schwäbisch HallderPalmsonntagsprozession angeschlossen halte.Der Zug ging nach aller Gewohnheit von demLangenfelder Tor zur Sankt Michaelskirche.Der hölzerne Palmesel mit dem Messias aufdem Rücken wurde nach altem Herkommenvon den Häschern und Stadtknechten voran gezogen. Hinter ihnen schritt die Geistlich keit, der Bürgermeister mit den Natsherrenund das übrige Volk. Als der Kaiser gewahrwurde, wie die braven Haller Bürger ihrenHerrgott durch die Stadtknechte in die Kircheführen ließen, wandte er sich an seine Um gebung und sagte mißbilligend:„Ei, meinGott! haben denn die Haller niemand alsBüttel und Schergen, die den wackeren Mannauf seinem Esel führen können?" In derFolge verordnete der ehrsame Rat der freienReichsstadt Hall, daß fürderhin der Palmeselnicht mehr von den Stadtknechten, sondernvon zwei Ratsherren gezogen werden sollte.—Außer Geld und Eßwaren wurde den Teil nehmern an den Palmsonntagsprozessionenauch Bier und Wein gespendet, und nichtselten so reichlich, daß schließlich außer demgeschnitzten Heiland und seinem hölzernenEsel niemand nüchtern nach Hause kam.Die Reformation, der Dreißigjährige Kriegund spätere kirchliche Verbote ließen denPalmesel allmählich verschwinden. Nur ineinigen kleinen Orten Tirols soll er heutenoch bei der Palmsonntagsprozession herum geführt werden. In Weingarten hielten nochlange nach dem Aufhören der Sitte am Palm sonntag. wenn der Vormittagsgottesdienstvorüber war, Hafnerweiber sogenannte Esels geschirre vor der Kirche feil. Das waren kleineTonschüsselchen, von denen das Stück einenKreuzer kostete. Sonst erinnert noch mancheSitte an den ehemaligen Palmesel. So wirftin manchen Orten der Bauer am Vorabenddes Palmsonntags ein wenig Heu vor dieTür seiner Scheuer, wobei er spricht:„UnseresHerrgotts Esel laufe vorbei und fresse davon."Stach seinem Glauben soll dies sein! Vieh vorKrankheiten schützen. Viel verbreitet ist derBrauch, als Palmesel dasjenige Mitglied derFamilie zu bezeichnen, das am Palmsonntag morgen zuletzt ausgestanden ist. Heinrich Wandt.OVOGeschichte des Iavanen Saidjah.Von Multatult.(Schluß.)Auch sie würde wohl jetzt, nun es sich soaufhellte, ihre Augen anstrengen, mit erfolg loser Mühe, die Blicke über den Horizont zuenden, um der Sonne zu begegnen, der trägenSonne, die zauderte... zauderte...Da kam ein Strich bläulichen Rots, der sichan den Wolken festheftete, und die Ränderwurden hell und glühend, und es begann zublitzen, und wieder schössen Feuerpfeile durchdie Luft, aber sie fielen diesmal nicht nieder.