Für unsere Kinder

Stein. Hier guckt ein Elefantenkopf aus der Wand, da hängen Gardinen, dort ist eine Kirche, aber eine kleine und mit einem win­zigen Türmchen. Hier erhebt sich eine riesig große Kanzel. Ein versteinerter Wasserfall stürzt herab, und im Hintergrunde wachsen steinerne Wälder. In den Rizen gibt es schöne Wein­trauben, Ananas, Blumenkohl und Spargel, leider alles aus Stein. In der blauen Grotte" erblickt man die Mutter Maria mit dem Kind auf dem Arm. Man erkennt Affen und Hunde im Stein. Der schönste Teil der Höhle aber ist die Kristallkammer, die durch die Reinheit ihrer kristallinischen Bildungen alles übertrifft. Wagerechte Linien an den Wänden zeigen, wie hoch das Wasser hier vorzeiten stand, und immer an der Wasserlinie haben sich die Kristalle angesetzt, die durchsichtig wie Glas sind.

Wo ist das Wasser heute? Unten an den tiefsten Stellen der Höhle, die bis zu 38 Meter hoch ist, fließt es als Höhlenbach. Es ist ein unterirdischer Arm der draußen vorüberrau­schenden Bode. Mit dem Wasserspiegel der Bode steigt und fällt auch das Wasser in der Höhle, das früher bedeutend höher gestanden hat. Das Wasser ist es, das durch Zerstörung des Steins die Höhle schuf. Das Wasser ist es aber auch, das die Höhle mit all den steinernen Herrlichkeiten geschmückt und die Kristalle an die Wände gezaubert hat. Wir sagten oben, daß das Wasser den Kalkstein nicht zu erweichen vermag. Wohl hat es aber die Fähigkeit, den Kalkstein aufzulösen, näm­lich wenn es Kohlensäure enthält. Da nun das Wasser häufig reich an Kohlensäure ist, so hat es in manchen Kaltgebirgen große Höhlen geschaffen. Auf diese Weise sind die Höhlen des Harzes, die Hermanns-, die Baumanns­und die Bielshöhle entstanden. Gleichen Ur­sprungs sind ferner die Höhlen der Schwäbis schen Alb, die sich ja aus Kalkgestein aufbaut, und die Höhlen des fränkischen Juras. Im Kalfgebirge des Karstes liegt die berühmte Adelsberger Grotte . Eine der größten Höhlen ist wohl die Mammuthöhle in dem nordameri­tanischen Staat Kentucky . Mit all ihren Seiten verzweigungen hat diese an die 300 Kilometer Länge und birgt große Hallen, Seen und Flüsse in sich. Ein fließendes Wasser, das Kalkstein aufgelöst hat, führt natürlich den gelösten fohlensauren Kalt mit sich fort. Kommt aber solches Wasser mit der äußeren Luft in Berührung, so entweicht ein Teil der Kohlen­säure in die Luft und das Wasser verliert

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dadurch seine Fähigkeit, den kohlensauren Kalk gelöst zu halten. Er fällt aus und setzt sich auf dem Boden als Kalkstein ab. Darauf be­ruht die aufbauende Kraft des Wassers, die in jahrtausendelanger Tätigkeit die Tropf­steine, die Säulen und die anderen Wunder der Hermannshöhle geschaffen hat.

Das Wachsen all der wunderlichen Bil­Dungen aus Stein, das sich in der Finsternis ungemessener Zeiträume vollzogen hat, geht auch jetzt noch ungestört vor sich. Überall tropft es langsamer oder rascher von der Decke und von den feuchten Wänden herab. Regen und andere oberirdische Niederschläge bringen durch die Felsbedeckung der Höhle. wo die Tropfen an den Wölbungen hervor­treten, setzt sich der kohlensaure Kalf als kleine Warzen ab. Aus diesen werden Zapfen, immer dickere und längere Zapfen. Jeder Tropfen führt etwas aufgelösten Ralt mit sich und gibt ihn beim Herabrieseln an den von der Decke hängenden Tropfstein ab, während das Wasser verdunstet oder zu Boden fällt. Wo aber der Tropfen aufschlägt, wächst von unten her ebenso eine Kerze, eine Säule empor, die sich hier und da mit dem hängenden Zapfen vereinigt. Das geht so langsam vor sich, daß in 20 Jahren das Wachstum nur etwa sieben Millimeter beträgt. Einer schlank und regel­mäßig emporgewachsenen Säule von über drei Meter Höhe hat man das Alter von mehreren tausend Jahren zugesprochen.

Wie alt mag wohl die Höhle sein? Jeden­falls bestand sie schon zur sogenannten Eis­zeit, als vor mehr als hunderttausend Jahren die Gletscher Skandinaviens Norddeutschland bedeckten und sich an den Höhen des Harzes brachen. Das sieht man an Knochen von Tieren, die in der Höhle gefunden wurden, von Tieren, die wie der Höhlenbär jetzt längst ausgestorben sind, oder wie das Renntier heute nur noch im hohen kalten Norden leben. Zwar hat es damals in Europa schon Menschen ge­geben, aber wahrscheinlich nicht im Harz. In der Höhle wenigstens hat man nirgends Knochen des Menschen gefunden, keine Spuren seiner Tätigkeit entdeckt oder Werkzeuge von ihm. Knochen des Höhlenbären dagegen sind massen­haft zu finden. Besonders auf dem sogenannten Bärenkirchhof, doch auch an anderen Stellen sieht man Gelentknochen und Schädel ins Ge­stein eingebettet, oft aus der Wand ragend. Ein vollständiges Stelett ist jedoch auch vom Höhlenbären nicht gefunden worden. Hat viel­leicht das Wasser der Bode die Tierinochen