Für unsere Kinder 195 glücklich durch." so schließt der Brief.   Und eine leise fröhliche Hoffnung erwacht wieder in den Herzen der beiden alten Leute ---- Und fern im fremden Lande liegt ihr Karl im Lager. Nacht ist's. Die Gewehre sind zu sammengestellt. Alle schlafen. Aber ihr Schlaf ist unruhig. Zu vieles Gräßliche haben sie er lebt, gestern und heute. Und wie wird's morgen werden? Sie werfen sich von der einen zur anderen Seite; aber die trüben Gedanken wollen nicht weichen. Endlich wird's fern im Osten etwas Heller. Der Morgen kommt. Da schmet tern auch schon die Signale und wecken die Schlafenden. Erschreckt fahren sie auf; schlaf trunken reiben sie sich die Augen und recken und strecken sie die Glieder, die von dem Liegen auf dem feuchten Erdboden in der kühlen Nacht luft steif geworden sind. Und kaum blitzt der erste Sonnenstrahl über den Himmel, so setzen sich die Regimenter in Bewegung. Quer über sumpfige Wiesen geht's, über Kornfelder hin über, daß die dicken Ähren zerstampft am Boden liegen. Stumpfsinnig marschieren die Soldaten, bleich, unsicher, heiser die Kehle und dumpf der Kopf, nur mit dem einen Gedanken beschäftigt: Was wird der Tag uns bringen? Schon prasseln in der Ferne die Granaten. Immer rascher geht's vorwärts, und jetzt sind sie mitten drin im Wirbel der Schlacht. Von allen Seiten blitzt und donnert es. Ein ohrenbetäubender Lärm erfüllt die Lust. Kugeln pfeifen und reißen hier und dort einen fort.Kamerad, hilf!" Aber niemand hilft. Erbarmungslos geht's über die Gefallenen hinweg.Niederlegen!" schallt das Kommando, und alle legen sich nieder und drücken den Kolben an die Backe und schießen, schießen auf Menschen, die sie nie gesehe», die ihnen nie ein Leids getan. Und immer mehr sinken zurück, �laut ausschrei end, und stürzen auf den Weg, in die Sumpf löcher, zu einsamem, quälendem Sterben. Gra naten platzen und schütten einen Regen von Eisenspliltern herab. Der Boden tränkt sich mit Blut. Immer neue Massen werden ins Verderben geschickt. Wie wilde Tiere wüten die Menschen. Hoch auf türmen sich die Hügel von Toten und Verwundeten; blutbespritzte Pferdeleichen und von Kugeln zerfetzte Arme und Füße ragen daraus hervor. Hier stöhnt einer und schreit nach Wasser; dort flucht einer denen, die seine blühende Jugend dahinmorden ließen. Erst am Abend ruht die Schlacht. Uber zerstampften Feldern, zerschossenen Dörfern, über all dem Grausen und Entsetzen sinkt die Nacht.... Fern in der Heimat, auf deutschem wie auf französischem Boden, zittern Millionen um ihre Lieben. Und eines Tags steht's in dicken Lettern am Kopfe der Zeitung: Schlacht bei Sedan  ! In der Stadt ziehen die Leute durch die Straßen. Und die Kinder jubeln. Ach, sie wissen ja noch nicht, was es bedeutet, das Wort Schlacht. Tags darauf kommt genauere Kunde. Tau sende von Toten auf deutscher und auf fran zösischer Seite, und Ungezählte, die auf den Tod wund im Lazarett liegen, die zum Krüppel geschossen, die zu langem Siechtum verdammt sind. Der alte Martins und seine Frau sind in banger Sorge. Ist ihr Karl unter den Toten? Noch wissen sie's nicht. Aber kein Brief kommt, um ihnen zu sagen, daß ihre Sorge wieder einmal unnötig war, und daß ihr Sohn lebt. Aber da kommt doch einer. Langsamer als sonst steigt der Postbote die Treppen hinauf. Er kennt die Beiden und weiß, worauf sie warten. Er hat gar manches Mal mit ihnen über ihren Sohn geplaudert. Aber heute mag er nicht anklopfen. Der Brief, den er in der Hand hält, trägt einen amtlichen Vermerk. Er kann sich denken, was er zu melden hat. Zag haft klopft er. Die Tür geht auf. Die Mutter steht auf der Schwelle. Vielleicht hat sie auf den Postboten schon gewartet, ihn von oben gesehen. Er reicht ihr den Brief mit stummer Handbewegung. Ein Blick nur, und sie wird bleich und muß sich an der Wand festhalten. Ihr Mann kommt hinzu. Er öffnet den Brief und liest. Da steht das Traurige drin, knapp und nüchtern, daß ihr Sohn bei Sedan   sein junges Leben hat lassen müssen.... Tage sind vergangen. In schwarzen Kleidern gehen auf der Straße ein Mann und eine Frau. Die Frau hängt im Arme ihres Mannes. In ihrem Gesicht sind die Spuren tiefen Schmerzes zu sehen; ihre Augen blicken trübe in die Welt hinein. Ihre Hände zittern. Ehrfurchtsvoll weichen die Vor übergehenden ihnen aus. Sie haben gewiß ihren Sohn im Kriege verloren," meinen sie. Der Mann deutet mit der Hand nach dem Flusse, dessen Wasser im Abendsonnenglanz goldig schimmern.Mutter, sieh, wie die Sonne so schön scheint!" Aber sie schaut nicht hin. Sie schüttelt den Kopf und schluchzt nur: Warum mußte Karl uns genommen wer den, warum gibt es Krieg?"... Ja, warum? Roland.