Für unsere Kinder
lassen; zog man an einer bestimmten Schnur, dann entzündete sich drunten eine Flamme, die man mit Hilfe eines Schlauches wieder auslöschte, wenn das Essen genug gefocht hatte und man den Apparat wieder hinaufzog.
Um Nachrichten über den Verlauf der Reise zu geben, sollten dreizehn Korkbojen mitge: nommen werden, die mit Kupferdraht übersponnen waren und eine Metallhülfe für Briefe enthielten. Die Bojen waren numeriert. Die größte follte ausgeworfen werden, wenn man am Nordpol angekommen sein würde! Außerdem gedachte Andrée schriftliche Mitteilungen geradewegs durch die Luft zu schicken. Dazu faufte er etwa fünfzig Brieftauben bester Raffe, die frühzeitig nach der nördlichsten Leuchtturm station am Nordkap gebracht wurden. Damit sie sich mit dem Aussehen der Küste vertraut machten, brachte man sie zuerst auf einen hohen Berg mit freier Aussicht nach allen Seiten. Dann nahmen Segelboote sie mit aufs Meer hinaus, wo man sie fliegen ließ. Einige flogen sofort nach dem Taubenschlag der Station zurück, andere schlugen die Richtung nach dem Süden ein, und zwei holte sich ein Habicht. Während der Reise sollten die Tauben in leichten Korkbauern wohnen, wo kleine Aluminiumgefäße Wasser und kleine Körbchen Gerste, Erbsen und Rübsamen enthielten. Als man dann von Spizbergen aus drei dieser Tauben fliegen ließ, stiegen sie fentrecht hoch in die Luft empor, blieben dort einige Minuten lang ganz unbeweglich, um sich zu orientieren, und schossen dann wie gehofft pfeilschnell nach Süden davon. Nur eine dieser Versuchstauben wurde bei Ofoten an der norwegischen Rüfte aufgefangen. Aber sie war eine Schwindlerin; sie hatte sich auf ein nach Norwegen fahrendes Dampfschiff hinabgelassen und erst, als sie die Küste sah, sich wieder aufgeschwungen, um dann allein nach Ofoten zu segeln.
Der Brief, den eine solche Taube trägt, muß federleicht sein, damit er sie nicht beim Fliegen hindert. Er wird auf Seidenpapier geschrieben, aufgerollt und in eine wasserdichte Papier hülse geschoben, die man mit Wachs verklebt und unter der mittelften Echwanzfeder der Taube befestigt.
So hatte Andrée alles mit großem Scharffinn ausgedacht. Ein ganzes Buch war allein über die Ausrüstung dieser Reise geschrieben worden. Anfang Juli, wenn die Sonne Tag und Nacht am Himmel steht, wollte Andrée mit zwei Begleitern von der Däneninsel an der Nordküste von Spitzbergen aus den Auf
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stieg wagen. Man konnte in dieser Jahreszeit stets photographische Aufnahmen machen, falls man über unbekannte Inseln hinsegelte. Auch mußte der beständige Sonnenschein das Gas des Ballons in gleichmäßiger Temperatur halten und die Tragkraft daher, solange der Ballon schwebte, unverändert bleiben.
Andrée war von dem Gelingen seines Planes fest überzeugt. Jm besten Falle müsse alles wie von selbst gehen! Auf einer seiner Ballonfahrten hatte er die 400 Kilometer lange Strecke von Gothenburg nach Gotland in drei Stunden zurückgelegt! Solch ein Wind konnte ihn in nur neun Stunden zum Nordpol tragen und auch bei mäßigem Winde mußte er den Pol in spätestens zwei Tagen erreichen! Hatte er auf Spitzbergen guten südlichen Wind und lief unterwegs alles glücklich ab, so konnte er, das war seine feste Überzeugung, schon nach acht Tagen an der Beringstraße oder irgend einem anderen Punkte der asiatischen oder amerikanischen Nordküste eintreffen!
Aber der Wind bläset, wo er will; und du hörest sein Sausen wohl; aber du weißt nicht. von wannen er kommt und wohin er fähret". Das einzig Gewisse ist die Tatsache, daß es am Nordpol selbst immer nur aus Süden weht! Denn am Pol laufen die Meridiane in einen einzigen Punkt zusammen, und stehst du am Pol, so schaust du, wohin du dich auch wendest, immer nach Süden!
Vor dem Aufstieg.
Als der Plan der Ballonreise Andrèes die Runde um die Welt machte, schossen natürlich allenthalben Unglückspropheten wie die Pilze hervor. Im Ausland tadelte man ihn mit scharfen Worten und nannte ihn dummdreist oder verrückt. Andrée könne sich doch wohl denken, daß die Seevögel droben im Norden die Ballonhülle zerhacken würden, daß die Insassen der Gondel, wenn sie über Land hintrieben, von Eingeborenen mit Pfeilen erschossen würden, und daß sie, falls sie je den Pol erreichten, dort totfrieren müßten! Schnee und Gis würden die gewaltige Ballonkuppel durch ihr Gewicht niederdrücken, die Schlepptaue sich zwischen den Eisblöcken einteilen, anfrieren und den Ballon festhalten, so daß er nicht mehr vom Flecke käme.
Nur in Schweden erregte der Plan zuerst Staunen, dann Bewunderung und schließlich Begeisterung! Aber woher sollte das Geld kommen? 130000 Kronen waren dazu erforder= lich. Alfred Nobel erbot sich, die Hälfte der