Für unsere Kinder
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Überhaupt bemerken wir bei einer ganzen Reihe von Vögeln den berüchtigten Bug in die Stadt". Die scheue Amsel ist der zutraus lichste, ja, abgesehen von den Spaßen, der frechste Stadtvogel geworden. Man kann nicht sagen, daß ihr Gesang dadurch gewonnen hätte, auch baut sie das Nest nicht mehr mit derselben Sorgfalt wie im Walde. Die Amsel wohnt jetzt eben sorgloser und bequemer als ehemals, denn trotz aller Schattenseiten sind die Lebensbedingungen in der Stadt für sie besser als auf dem Lande.
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und her über dem Wasser, meist sind es die lief fie fort; da tauchte ein Hund auf und großen Rauchschwalben. Die lieblichen jagte mit den Straßenjungen hinter der Gefleinen Hausschwalben mit dem weißen ängsteten her, deren Lage gefährlich wurde. Bäuchlein und den spitgegabelten Schwänzen Doch zu ihrem Glück fam sie gerade an einen find in der Stadt selten. Wenn der Herbst eisernen Zaun um ein Haus und drückte sich fommt, werden sich die Möwen einfinden, zwischen den Gitterstangen durch, als sie der denn die Abfälle der Stadt geben reichliche Hund eben eingeholt hatte. Eine Frau am Nahrungsgelegenheit. Freilich müssen auch Fenster des Oberstockes rief dem Hund ein größere Wasserflächen in der Nähe sein. paar laute Worte zu, um ihn zurückzuscheuchen. Dann warfen die Kinder der Frau der Gejagten ein Stück Raßenfleisch hinunter, so daß sie das köstlichste Mahl in ihrem Leben hatte. Unter der Freitreppe fand sich ein sicheres Plätzchen, und dort saß sie geduldig, bis Mutter Nacht den Mantel der Ruhe über alles Lebendige breitete; dann schlich sie sich wie ein Schatten in ihren gewohnten Müllwinkel zurück. So gingen die Tage zwei Monate lang dahin. Mieze nahm an Größe und Kraft wie an genauer Kenntnis der nächsten Umgebung zu. Sie machte sich mit der ganzen Downeystraße bekannt, wo lange Reihen von Müll fästen jeden Morgen neue Überraschungen brachten. Auch bildete sie sich ihre eigenen Gedanken über die Hauseigentümer. So war das große Gebäude für sie nicht eine römischkatholische Mission, sondern ein Ort, wo die feinsten Konservenbüchsen mit Hummer und Fisch zu finden waren. Bald machte sie auch die Bekanntschaft des Fleischmannes und schloß sich an die Katzenschar, die scheu den äußeren Kreis bildete. Auch den Werfthund nebst zwei oder drei anderen Vertretern derselben entsetzlichen Tierklasse lernte sie kennen; sie wußte, was sie von ihnen zu erwarten hätte und wie sie ihnen am besten entgehen könnte. Dabei hatte sie das Glück, eine neue Erwerbsquelle zu finden. Viele tausend Kazen haben sicher schon hoffnungsvoll um die verführerischenMilchkannen gelungert, die der Milchmann in aller Frühe auf Treppenstufen und Fensterbretter stellt, und es war der reine Zufall, daß unser Miezchen eine fand, deren Deckel entzwei war, so daß sie ihn heben und einen herzhaften Morgentrunt tun fonnte. Milchflaschen freilich spotteten ihres Wizzes, aber so manche Kanne hat einen Deckel, der nicht völlig schließt, und das Kätzchen ließ sich die Mühe nicht verdrießen, alle solche Kannen in ihrem Bezirk ausfindig zu machen. Allmählich dehnte sie ihr Revier durch immer weiter reichende Streifen aus, bis sie auch den nächsten Häuserblock beherrschte und schließlich auch wieder zwischen die Fässer und Kisten des Hofes hinter der Vogelhandlung geriet.
Auch eine Menge anderer Vögel, die bisher in den Wäldern hausten, beginnen mehr und mehr die Stadt aufzusuchen. Die Forstwirtschaft räumt in der alten Heimat allzus sehr auf mit den alten, hohlen Bäumen und dem dichten Gestrüpp, darinnen bisher so viele Singvögelchen ihren Unterschlupf hatten. Dafür hängen vernünftige Stadtverwaltungen und Garteninhaber allerlei fünstliche Nistkästen an Haus und Bäumen. Solche Nistkästen werden nicht nur von den Staren und Hausrotschwänzchen, sondern auch von den Waldvögeln gar nicht ungern aufgesucht. Wir können mit diesen Mitteln manche nützliche und schöne Vogelart vor dem Aussterben schützen. Und je mehr dafür gesorgt wird, daß die Menschen in der Stadt genug Licht und Luft haben und grüne Anlagen und Gärten zur Erholung, desto leichter wird es gelingen, recht viele Vogelarten als bleibende Gäste in die Stadt zu ziehen. Dann wird uns morgens nicht mehr das Wagengerassel und die Fabrifpfeife wecken, sondern das Lied der Amseln, Finken, Meisen, Beisige, und wie sie alle heißen.
Die Müllfaze.