Für unsere Kinder

Nr. 20 ooooooo Beilage zur Gleichheit ooooooo 1915

Inhaltsverzeichnis: Sommermorgen. Gedicht von J. G. Fischer. Johannisnacht. Von B. Sommer. Die Müllkatze. Von Ernest Seton Thompson.  ( Fortsetzung.) Katzenpastete. Ge­dicht von Goethe. Das Sternenkind. Märchen

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von Karl Ewald.  ( Schluß.) Sunghäschen und

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der Fuchs. Gedicht von Marie Behne.

Sommermorgen.

Leise träumt die Sommernacht; Bei den kühlen Bronnen Hab' ich dich herangewacht, Erster Hauch der Sonnen.

Gestern in der Abendluft, Als sie untergangen,

Blieb von ihrem Gold ein Duft Fern im Westen hangen,

Johannisnacht.

Wenn die Kirschen reifen und die Erdbeeren im Walde rot werden, wenn die Lage am längsten sind und die Nächte hell und kurz, dann ist Johannistag, jener Tag, der so vielen Pflanzen, Tieren und Dingen ihren Namen gegeben hat. Man denke mur an die töstlichen Johannisbeeren, an die Johannis­wurz, an die gelben Sterne des Johannis­frauts, an das Johannisbrot, den Johannis lauch. Die rote Schildlaus, die zu der Familie der Roschenillekäferchen gehört, und aus deren Saft man früher auch in Deutschland   die Scharlachfarbe gewann, heißt im Volksmund Johannisblut, das reizende Leuchtkäferchen heißt Johanniswürmchen, und eine in Süd­ osteuropa   lebende Eidechsenart nennt man

Und er schwebte durch die nacht Johannisechse. Bei vielen Pflanzen zeigt sich

über bis zum Norden,

Hat den Osten rot gemacht,

Daß es morgen worden.

Perl' an perle hängt der Tau Um des Grases Blüten, Und man sieht den Dampf der Au Warme Stunden brüten.

Tiefer schon an Turm und Dach Rückt die Helle nieder, In den Wipfeln allgemach Wachen auf die Lieder.

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Sieh ein Blitz am Himmel hin! Durch der Blätter Beben

3ittert mir um Wang' und Kinn, Tag, dein Sonnenweben;

Und ich seh' dein Lichtgespinst Alle Welt umfließen,

Wie du mir das Herz durchrinnst, Sonniges Ergießen.

Flutend schlägt mir überm Haupt Duft und Klang zusammen; Was die Seele hofft und glaubt, Alles steht in Flammen.

Und so viel sie trinken mag, Rauscht vom Himmel nieder; Denn des Lebens voller Tag Strömt allmächtig wieder.

im Hochsommer ein neuer, wenn auch schwäche­rer Trieb. Das Bolt nennt ihn den Johannis­trieb. Der Johannistag hat seinen Namen von dem Kirchenheiligen Johannis dem Täufer   und hat im Kalender seinen Platz am 24. Juni.

In vielen Gegenden werden heute noch in der Johannisnacht auf Bergen und Hügeln, mitunter auch auf Märkten und Straßen Feuer angezündet, zu denen die Kinder und jungen Leute schon lange vorher Holz und Stroh, alte Teertonnen, und vor allem auch alte Besen, die sie das ganze Jahr über auf­sparten, zusammentragen und aufschichten. An manchen Orten tanzt man mit Kränzen aus Beifuß, Eisenkraut oder Rittersporn geschmückt um das Feuer herum, springt auch wohl dar­über, treibt das Vieh hindurch und übt sonst noch allerhand uralte Gebräuche, deren Sinn und Zweck man beinahe ganz vergessen hat. Hie und da umflicht man auch ein Rad mit Stroh, zündet es an und läßt es eine Anhöhe hinunter­laufen, wohl gar in einen Bach oder See.

In Italien   bereitet man aus Eichenblättern und Misteln das Johannisöl, das angeblich alle Wunden heilt und gegen jeden Zauber hilft; aus der Mistel, aber auch aus anderen Pflanzen schneidet man an diesem Tage die Wünschelrute, die unterirdische Schäge anzeigt. Auch öffentliche Aufzüge finden zu Johanni statt und selbstverständlich darf dabei der auf­3. 6. Sischer. gerichtete Baum nicht fehlen. Birken werden