Nr. 6 der ,, Gleichheit" gelangt am 21. März 1892 zur Ausgabe.
der Hofgötter erster benden Dichter und Schriftsteller hätten den Muth gehabt, in ähnlichem Falle wie die Karschin zu handeln. Heutzutage würde ein literarisches Bediententrinkgeld, das eine allerhöchste Hand allergnädigst zu reichen geruht, wahrscheinlich von dem glücklichen Empfänger in Gold gefaßt werden.
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Zwanzig Jahre später die Dichterin zählte 61 Jahre und befand sich gerade in besonders großer Dürftigkeit ward die Karschin von ihren Freunden gedrängt, doch den König an sein altes Versprechen zu erinnern. Die Freunde waren überzeugt, daß er ihr ein Haus bauen lassen werde. Alter und Armuth hatten wohl zusammen ihren früheren Stolz gebrochen, denn in poetischer Form wendete sie sich mit ihrer Bitte an den König. Und was that Friedrich Umständen gegenüber, wo es galt, sich weder königlich noch kunstverständig, sondern nur einfach menschlich zu zeigen? Der große König sandte der armen alten Frau diesmal großmüthig drei Thaler, sage und schreibe drei Thaler. Dies mal behielt sie ihre Noth mußte jedenfalls sehr groß sein- das Geld, sie antwortete auch nicht durch einen Spottvers, viel= mehr durch ein Gedichtchen, aus dem uns eine unendliche Bitterkeit, eine herbe Anklage entgegen tönt.
,, Seine Majestät befahlen,
Mir anstatt ein Haus zu bauen Doch drei Thaler auszuzahlen. Aber für drei Thaler kann In Berlin fein Hobelmann Mir mein letztes Haus erbauen, Sonst bestellt' ich ohne Grauen Heute mir ein solches Haus, Wo einst Würmer Tafel halten Und sich ärgern überm Schmaus Bei des abgehärmten, alten, Magern Weibes Ueberrest,
Das der König darben läßt."
Erst der Nachfolger Friedrichs löste dessen Versprechen ein, er schuf ihr ein Heim und entriß sie der drückendsten Noth. Doch sie konnte sich der Ruhe und verhältnißmäßigen Behaglichkeit nicht lange freuen; sie fränkelte ein paar Jahre und starb 1791. Ihr treuer, inzwischen erblindeter Freund Gleim ließ ihr ein Denkmal seßen mit der Grabschrift:
Was die einst gefeierte, deutsche Sappho" geschaffen, ist heute so gut wie vergessen, obgleich sich darunter Ansprechendes und künstlerisch Tüchtiges findet. Ihre Gestalt aber verdient ein Wort der Erwähnung an dieser Stelle als lebendige Verkörperung des in den breiten, tiefen Voltsmassen schlummernden unbezwinglichen Bildungsdranges, als Verkörperung des hier nach Befreiung, nach Bethätigung ringenden Talentes. Von ihrem Lebensgange und ihrem Charakter, troß mancher Mängel desselben, scheint sich ein gewaltiger, leidenschaftlicher Schrei loszulösen, der Schrei nach Licht, mehr Licht, nach Sonnenschein und fruchtbarem Erdreich, deren das in der Masse ruhende Talent, deren der Charakter seiner Träger zu ihrer vollen Entwicklung bedürfen, kurz der Vorbedingungen für künstlerische und sittliche Größe, die einzig und allein durch eine neue Gesellschaftsordnung geschaffen werden können. L. W.-K.
Kleine Nachrichten.
Der sozialdemokratische Abgeordnete Schwartz( Lübeck ) führte kürzlich in einer Sigung des Reichstags an, daß die Frauenarbeit auf den Seedampfern immer mehr überhand nimmt, und daß die Ursache der Erscheinung in der knauserigsten Lohndrückerei seitens der Schifffahrtkompagnien und Schiffbesitzer zu suchen sei. Die Verwendung von Frauen könne in Stunden der Gefahr verhängnißvoll werden, da dann alle Mann, auch Köche und das übrige Hilfspersonal, auf Deck müßten. Das Kapital fennt keine Rücksichten auf Menschenleben, es kennt nur den Profit.
Der Züricher Kantonsrath hat sich im Prinzip für die Zulassung der Frauen zur Advokatur erklärt.
Die italienische Kammer hat ausnahmsweise einmal einen sehr vernünftigen und einsichtsvollen Beschluß gefaßt; sie erkannte
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den Frauen das Recht zu, als Richter bei gewerblichen Schieds gerichten zu fungiren. Die Mehrzahl der deutschen Reichstags abgeordneten, in deren Häuptern das Gespenst der„ züchtigen Haus frau," des„ ewig Weiblichen" aus der Zeit umgeht, da der Großvater die Großmutter nahm, und denen die wählende Frau" ein kindisches Entsetzen einjagt, konnten sich bekanntlich bei Berathung des Gesetzes über die Gewerbegerichte nicht zu der gleichen Einsicht aufschwingen. Und doch ist die Nothwendigkeit, den Industriearbeiterinnen das aktive und passive Wahlrecht für die Gewerbegerichte zu verleihen, so flar, wie daß zweimal zwei vier ist.
Die königlich englische Arbeitskommission, welche vor Jahres frist eingesetzt ward, um die Verhältnisse der Arbeiter zu untersuchen, hält es für ihre Pflicht, hauptsächlich Arbeiter zu vernehmen und zwar besonders solche von ihnen zur Berathung heranzuziehen, welche in der Gewerkschaftsbewegung bezw. der Arbeiterbewegung eine hervor ragende Rolle spielen. So wurde vor Kurzem der Sekretär der Gewerk schaft der Matrosen und Feuermänner vernommen. Die Kommission hat unter anderen auch vier in der Gewerkschaftsbewegung sehr be kannte Frauen zu Mitgliedern der Kommission ernannt. Welcher parlamentarischen oder behördlichen Kommission in Deutschland wird es auch nur im Traume einfallen, z. B. die Genossinnen Ihrer, Rohrlack, Steinbach und Wabniz behuss einer Untersuchung über Arbeiterverhältnisse und Ausarbeitung eines Arbeiterschutzgesetzes zu Rathe zu ziehen, ja auch nur zu hören? Dafür marschiren wir aber auch in Deutschland an der Spitze der Kultur, die ihr Jdeal in der Züchtung von Millionären erblickt.
An der Universität zu Melbourne haben die ersten beiden Damen ihr Gramen als Aerztinnen, eine dritte Dame ihr Examen für Philologie glücklich bestanden.
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Von Frl. v. Alten ging uns untenstehende Aufforderung" zur Veröffentlichung zu. Wir werden auf den Inhalt derselben ge legentlich an anderer Stelle zurückkommen.
Aufforderung.
Nachdem der Allgemeine Deutsche Frauenverein( Leipzig ) die große Hauptarbeit seines letzten Vereinsjahres beendet und die von ihm angeregte und glücklich ausgeführte Massenpetition um zu lassung der Frauen zum ärztlichen Beruf mit 50 296 Unterschriften versehen( nebst einem Nachtrag von 1400, also 51 696 Stimmen), An fang November dem deutschen Reichstag in Berlin eingereicht hat, schreitet er sogleich zu weiteren Unternehmungen im Dienst des weibDer Verein hat die Absicht, eine Auswahl der jetzt zu Recht bestehenden Gesetze soweit sich dieselben auf unser Geschlecht be ziehen und daran anschließend einen Auszug aus dem neuen Entwurf zum bürgerlichen Gesetzbuch herauszugeben.
lichen Geschlechts fort.
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Dieses Unternehmen hat den Zweck, die deutschen Frauen über ihre eigentliche Stellung vor dem Gesetz ihres Vaterlandes aufzu klären und so eine lebhafte Antheilnahme möglichst großer Frauen freise an der von unserm Verein demnächst geplanten Massenpetition des weiblichen Geschlechts, um Verbesserung seiner gesetzlichen Lage, vorzubereiten.
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Da die Arbeiten zum Entwurf des bürgerlichen Gesetzbuches das voraussichtlich viele Jahre in Kraft bleiben wird jezt in vollem Gange sind und wir aus dem uns schon vorliegenden ersten Entwurf erfahren, daß derselbe wohl einige, aber doch nicht aus reichende Verbesserungen für die Frauen enthält, scheint es uns an der Zeit zu sein, der Regierung unsere diesbezüglichen Wünsche und Bedürfnisse auszusprechen und zwar in Form einer Massenpetition!
Ich erlaube mir, daran die freundliche Aufforderung zu knüpfen, durch Verbreitung der geplanten Schrift in Ihren Kreisen uns gütigst und nachdrücklich unterstüßen zu wollen.
Das Heftchen wird in der Größe der bekannten Reklam'schen Ausgabe erscheinen, aber einen gut leserlichen Druck haben und der Preis dafür sich auf 15-20 Pfennig belaufen.
Ich habe die Ehre, vom Vorstand mit den Vorarbeiten zur Herausgabe dieser Schrift beauftragt zu sein und bitte deshalb alle Bestellungen auf dieselbe möglichst bis Anfang März 1892 an meine hiesige Adresse richten zu wollen. Salzburg , Januar 1892. Riedenburgerstr. 7.
Allgemeiner Frauen und Mädchenverein für Mainz und Um gebung. Mitgliederversammlung Mittwoch, den 9. März, im Lokale zur„ Drothspitz," fleine Köthergasse.. Der Vorstand.
Verein der Kurbelstepperinnen, Stepper 2c. Berlins . Mitglieder versammlungen jeden Mittwoch nach dem 1. und 15, eines Monats. Nächste Mitgliederversammlung am 16. März.
Berantwortlich für die Redaktion: Fr. Klara Zettin( Eißner) in Stuttgart . Drud und Verlag von 3. p. w. Diey in Stuttgart .
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