Der Kongreß erklärt sich für die Annäherung der Zen tralisationen verwandter Berufe durch Kartellverträge, über­läßt jedoch die Entscheidung über die Frage, ob die spätere Vereinigung der Branchenorganisationen zu Unionen oder Industrieverbänden statt­

zufinden hat, der weiteren Entwicklung der Organisationen in Folge

der Kartellverträge.

Der Kongreß erklärt, daß in all denjenigen Berufsgruppen, wo die Verhältnisse den Industrieverband zulassen, dieser vorzuziehen ist, daß jedoch in all denjenigen Berufsgruppen, wo in Folge der großen Verschiedenheit der Verhältnisse die Vereinigung in einen Industrie­verband nicht durchführbar ist, durch Bildung von Unionen diese Möglichkeit herbeigeführt werden soll.

Der Kongreß empfiehlt die Kartellverträge dahin abzu schließen, daß die verwandten Berufe

1. bei Streits und Aussperrungen sich gegenseitig finanziell unterstützen,

2. ihre auf der Reise befindlichen Mitglieder gegenseitig gleich­mäßig unterstützen,

3. die Agitation möglichst gleichmäßig und auf gemeinschaft­liche Kosten betreiben,

4. statistische Erhebungen gemeinsam veranstalten, 5. Herbergen und Arbeitsnachweise zentralisiren, 6. ein gemeinsames Organ schaffen,

7. den Uebertritt von einer Organisation in die andere bei Ortswechsel ohne Beitrittsgeld und weitere Formalitäten herbeiführen.

Der Kongreß erklärt, daß die Zentralorganisation, als Grundlage der Gewerkschaftsorganisation, am besten befähigt ist, die der letzteren zufallende Aufgabe zu lösen und empfiehlt allen Gewerken, welche bisher lokal organisirt oder durch ein Vertrauensmänner­System verbunden waren, sich den bestehenden Zentralverbänden an­zuschließen resp. solche zu bilden.

Jeder dieser Zentralvereine( Verbände) hat in allen Orten, wo eine genügende Anzahl Berufsgenossen vorhanden sind und keine gesetz­lichen Hindernisse im Wege stehen, Zahlstellen zu errichten. Wo solche Hindernisse bestehen, ist den Arbeitern zu empfehlen, als Einzel­mitglieder den Zentralvereinen beizutreten und sich durch gewählte Vertrauensmänner eine stete Vertretung und Verbindung mit der Gesammtorganisation zu schaffen. Dieses Vertrauensmänner- System ist so zu gestalten, daß es gleichzeitig eine Vertretung der Gesammtheit der Berufsgenossen an den Orten bildet, wo für die Zentralvereine als solche Schwierigkeiten bestehen.

Außerdem können an solchen Orten lokale Vereine, eventuell in Verbindung mit verwandten Berufszweigen geschaffen werden.

Die Verbindung der einzelnen Zentralisationen zum gemeinsamen Handeln in Fällen, bei welchen Alle gleichmäßig interessirt sind, wird durch eine auf jedem stattfindenden Gewerkschaftskongreß zu erwählende Generalkommission herbeigeführt."

Die Generalfommission bleibt weiter bestehen, doch sind ihre Aufgaben beschränkt worden. Bei Streifs hat sie weder Unter­stügung zu gewähren, noch Darlehen zu diesem Behufe aufzunehmen. Sie hat statistisches Material zu sammeln und auszuarbeiten, ein Korrespondenzblatt der Gewerkschaften herauszugeben und inter­nationale gewerkschaftliche Beziehungen zu pflegen. Die legt­genannte Aufgabe, welche in der internationalen Natur des Wirth­schaftslebens und der Internationalität der Interessen der Proletarier aller Länder begründet ist, verdient besondere Beachtung. Der Gedanke der Internationale geht mehr und mehr in Fleisch und Blut der klassenbewußten Arbeiter über. Der Generalkommission, welche wieder ihren Sitz in Hamburg   hat, gehört auch eine Frau an, Frau Kähler( Wandsbeck). Sie war als Delegirte des Zentral­vereins der deutschen   Fabrik- und Handarbeiterinnen auf dem Kongreß, an dessen Arbeiten außer ihr noch drei Geschlechtsgenossinnen theil­nahmen: Frau Ihrer( Belten) als Mitglied der ersten General­tommission, Frau Steinbach( Hamburg  ) als Vertreterin des Vereins deutscher   Blätterinnen und Frau Winter( Bremen  ) als Delegirte der deutschen   Holzarbeiterinnen.

Mögen es Arbeiter und Arbeiterinnen an fräftigem Eintreten für die Beschlüsse des Kongresses nicht fehlen lassen. Möchten die Arbeiterinnen insbesondere erkennen, wie dringend geboten es ist, behufs Verbesserung ihrer Lage in der Gegenwart, bezüglich ihrer Befreiung in der Zukunft an der gewerkschaftlichen Bewegung regen Antheil zu nehmen. Und da wir einmal beim Wünschen sind, so sei es auch den Arbeitern ans Herz gelegt, weit mehr als in der

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Vergangenheit für Organisation und Schulung ihrer Klassen­genossinnen zu arbeiten. Nur ein einziges, ungetheiltes Proletariat, das weder Vorurtheile des Berufs, noch des Geschlechts, noch der Nationalität fennt, vermag in der Stunde der Entscheidung die kapitalistische Gesellschaftsordnung für immer zu beseitigen.

Arbeiterinnen- Bewegung.

-Ende Februar tagte in Darmstadt   eine Konferenz der Schneider und Schneiderinnen von Hessen   und Nassau  . Sie beschäftigte sich mit dem Halberstadter Gewerkschaftskongreß, der Frage der Organisation, Berichterstattung der Agitationskommission und Stellungnahme zur ferneren Agitation.

In Schwartau fand Anfang März eine gut besuchte Volks­versammlung statt, in welcher Frau Blohm( Hamburg  ) unter reichem Beifall über Die Gewerkschaftsbewegung" sprach.

Eine öffentliche Versammlung für Frauen und Mädchen fand in Eppendorf   am 2. März statt. Herr Sittenfeld referirte in flarer, leichtverständlicher Weise über Die Lage der Fabritarbeiterinnen" und forderte am Schluß seiner Ausführungen die Anwesenden auf, sich dem Zentralverein der Fabrik und Hand- Arbeiterinnen Deutsch­ lands   anzuschließen. Seine Worte waren auf guten Boden gefallen, denn es ward sofort für Eppendorf   eine Zahlstelle der genannten Organisation gegründet.

Herr Trappe sprach am 6. März in einer großen, auch von vielen Frauen besuchten Versammlung zu Stralsund   über Die Frauenfrage." Der Redner führte aus, wie die Frau mit der Ent­wicklung der Industrie der kapitalistischen   Ausbeutung verfallen sei und durch ihre Lage gezwungen werde, sich zum Widerstand gegen ihre Peiniger zu organisiren und zusammen mit den Männern ihre Befrei ung zu erkämpfen. Nachdem noch Frl. Genzen die Lohn- und Arbeits­verhältnisse der in den Stralsunder   Kartenfabriken beschäftigten Pro­letarierinnen einer scharfen Kritik unterzogen, ward die Gründung eines Arbeiterinnen- Vereins beschlossen, dem sofort 35 Mitglieder beitraten. Am 7. März fand in Berlin   eine öffentliche Versammlung der Schneider und Schneiderinnen statt, in welcher Herr Timm einen sehr beifällig aufgenommenen Vortrag über Ursachen und Wirkung der großen französischen   Revolution" hielt.

Eine öffentliche Versammlung der Posamenten- Arbeiter und -Arbeiterinnen von Berlin   hatte am 8. März statt. Herr Türk referirte unter großem Beifall über das Thema:" Die sozialistische Gesellschaft." Nachdem von Herrn Berger auf den Werth der Arbeiter­fontrolmarken hingewiesen worden, erörterte die Versammlung die Frage der Gründung eines Fonds zur Unterstützung der wegen Lohn­differenzen Gemaßregelten und wählte eine Kommission, welche diese Angelegenheiten berathen soll.

In Plauen   i. V. fand am 12. März eine öffentliche Ver­sammlung aller in der Buch- und Papierbranche beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen statt, in welcher Herr Kloth( Leipzig  ) über das Thema sprach: ,, Wie verbessern wir unsere wirthschaftliche Lage?" Der Redner empfahl als Mittel zur Erreichung dieses Ziels die gewerk­schaftliche Organisation, und die Versammlung erklärte sich mit seinen Ausführungen einverstanden.

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-Frau Blohm( Hamburg  ) sprach am 13. März in Pinneberg  in einer von Frauen und Männern gut besuchten Versammlung über Die Frauenfrage und das Programm der Sozialdemokratie." Die Rednerin zeichnete ein ergreifendes Bild von den Verhältnissen und Leiden der Arbeiterinnen, erläuterte dann Punkt für Punkt des sozial­demokratischen Programms, wies nach, daß einzig und allein seine Verwirklichung die Befreiung des weiblichen Geschlechts herbeiführen fönne und forderte die Frauen auf, Schulter an Schulter mit den Männern für Beseitigung der Lohnsklaverei zu kämpfen. Die Ver­sammlung schloß mit einem begeisterten Hoch auf die internationale Arbeiter und Arbeiterinnenbewegung.

In Berlin   fand am 13. März eine öffentliche Versammlung für Männer und Frauen statt, in welcher Herr Türk mit Beifall über das Thema referirte: Die Hervorbringung und Vertheilung der Produkte."

Frau Henrich Wilhelmi sprach am 14. März in Rons­ dorf   über Das Christenthum in Wort und That," am 15. März in Barmen über das Thema: Der Mensch im Thier und das Thier im Menschen." In Elberfeld   hielt die nämliche Rednerin am 16. März einen Vortrag über Der Frauen Natur, Pflichten und Rechte," in welchem sie gleiche Rechte für Frauen wie Männer forderte und es ersteren zur Pflicht machte, zusammen mit ihren männlichen Klassen­genossen in den Befreiungskampf des Proletariats einzutreten. Im Oberbarmer Schießverein referirte Frau Henrich Wilhelmi am