Sklavinnen in Dentschland kennt, den kann es nicht überraschen,ivaruni immer mehr Töchter des Proletariats die so magere undbeschränkte Freiheit der Fabrikarbeiterin den„Segnungen einespatriarchalischen Dienstverhältnisses" vorziehen, den kann es aberauch nicht überraschen, daß das konservative Junkerthum und dasliberale Bürgerthum männlichen und weiblichen Geschlechts überdie zunehmende Unzufriedenheit, Begehrlichkeit, Unbotmäßigkeit undWidersetzlichkeit des zeitgenössischen Dienstpersonals, zumal der großstädtischen Dienstmädchen klagen. Der Geist der neuen, nach Freiheit dürstenden Zeit weht bis in die Schichten der Versklavtestenaller Versklavten, auch die Dienstmädchen erwachen zum Bewußtsein ihrer Menschenwürde und Menschenrechte, ihr früher so naiverGlaube an die Naturnothwendigkeit und Sittlichkeit des patriarchalischen Faustregiments ist arg ins Wanken gerathen, und daß ihreHerren den Hingang des alten Wahns beHeulmeiern, ist erklärlich.Die Dienstmädchen verschiedener Länder sind im Betreff ihrer„Begehrlichkeit" ihren Schwestern in Deutschland mit gutem Beispiel vorangegangen. Lohn- und Arbeitsverhältnisse wie im Deutschen Reiche finden sich vielleicht mit Ausnahme von Oesterreich inkeinem anderen der großen westeuropäischen Länder. Daß die Dienstmädchen der neuen Welt vielfach bei weitem besser gestellt sind,als die weißen Sklavinnen in Europa, ist eine bekannte Thatsache.Trotzdem oder gerade darum kämpfen sie daselbst für weitere Verbesserungen ihrer Lage. In Charleville in Australien, in Haven-ford in Nordamerika haben sich vor etlicher Zeit die Dienstmädchenorganisirt, um eine Regelung ihrer Arbeitszeit und besseren Lohndurchzusetzen. Auch in London sind die Dienstmädchen in eine Bewegung getreten, um bessere Arbeitsbedingungen zu erringen. Wieder Telegraph dieser Tage meldete, veranstalteten dieselben eineKundgebung zu Gunsten kürzerer Arbeitszeit und eines halbenFeiertages in der Woche. Sie zogen, gefolgt von einer ungeheurenMenschenmenge, in ihrer kleidsamen Tracht und Sinnbilder ihrerBeschäftigung in Gestalt von Bügeleisen, Kohleneimern, Bürsten,Besen, Waschschlägeln zc. tragend durch die Hauptstraßen und hielteneine Versammlung ab, in welcher sie die Errichtung einer Organisation für Dienstmädchen beschlossen.Es ist hohe Zeit, daß die deutschen Dienstmädchen durcheine organisirte, zielbewußte Bewegung Protestiren gegen die Schmachder Gesinde-Ordnungen, welche ihnen Zustände schaffen, die ihreMenschenwürde, ihr Selbstbestimmungsrecht in schnödester Weisebeeinträchtigen. Es ist Zeit, daß sie energisch die Beseitigung desAusnahmegesetzes fordern, das ihr Leben regiert, daß sie alsArbeiterinnen Unterstellung unter die Gewerbenovelle, Regelungihrer Arbeitsverhältnisse, Besserung ihres Verdienstes verlangen,daß sie ihren Willen kund thun, als Menschen und nicht als weißeSklavinnen zu leben und zu schaffen.Arbeiterinnen-Bewegung.— In Bielefeld fand am 20. März eine öffentliche Versamin-lnng aller im graphischen Gewerbe beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen statt, in der Herr Dietrich(Stuttgart) über„Die Bedeutung der Gewerkschaftsorganisationen und die Verhandlungen desHalberstadter Gewerkschaftskongresses" sprach. Nachdem der Rednerin trefflicher Weise die Rolle der gewerkschaftlichen Organisation unddie Nothwendigkeit des Zusammenwirkens der einzelnen Verbändedargelegt, sowie über den Kongreß zu Halberstadt und den Spezial-kongreß der graphischen Gewerbe berichtet hatte, erklärte sich dieVersammlung zu Gunsten der beschlossenen graphischen„Union" undversprach, init allen Kräften für dieselbe einzutreten.— Am 20. März fand in Vegesack die erste öffentliche Frauen-und Mädchenversammlung statt. Frau Bosse(Bremen) referirteüber„Die Stellung der Frau zur Sozialdemokratie" und erntete fürihre klaren, warmen Ausführungen reichen Beifall. Die Lokalpresseist natürlich über die so erfolgreich verlaufene Versammlung aus Randund Band gerathen.— Frau Stein b ach(Hamburg) sprach in Münden am 22. Märzunter reichem Beifall über das Thema:„Das sozialdemokratische Programm und die Frauenfrage." Die Versammlung war seitens derFrauen und Mädchen sehr gut besucht.— In Kellinghausen ward am 20. März eine gut besuchteVolksversammlung abgehalten, in welcher Frau Kühler(Wandsbeck)über„Die Frauenfrage und das Programm der Sozialdemokratie"referirte. Reicher Beifall lohnte die Rednerin für ihre verständlichen,packenden'Ausführungen, die im Laufe der Diskussion von einemGegner als„Hetzerei" bezeichnet wurden. Der betreffende„Herr,"ein Lehrer, ward von Frau Kähler und Herrn Krögert in trefflicherWeise widerlegt, und die Versammlung schloß mit einem Hoch aufdie Sozialdemokratie.— Am 27. März fand in Uetersen eine von gegen 3W Personen besuchte öffentliche Versammlung statt, in welcher Frau Steinbach über„Das sozialdemokratische Programm und die Frauenbewegung" sprach. Die Versammlung erklärte sich durch reichen Beifall mit den Ausführungen der Referentin einverstanden.— Frl. Wabnitz(Berlin) referirte in einer auch seitens derFrauen gut besuchten Versammlung, welche am 27. März zu Mainzstattfand, über„Die Gottes- und Königsidee." In fließender Rede,die von Gleichnissen und treffenden Zitaten belebt ward, schilderte siedie Entwicklung der Gottes und Königsidee und zeigte dann anschaulich, wie die einzige Gotteslästerung, welche man gelten lassen könne,die von dein Kapitalismus verschuldete Degenerirung des Menschengeschlechts sei. Nachdem sich der reiche, der Rednerin gespendeteBeifall gelegt hatte, verlangte der Polizeikommissar den Namen derVorsitzenden zu wissen und erklärte, daß er um 11 Uhr Feierabendbieten werde. Obgleich Genosse Jöst den Herrn darauf aufmerksammachte, daß die hessische Verfassung den hessischen Staatsbürgern gestatte, sich frei, ohne Verpflichtung zu polizeilicher Anmeldung, folglich auch ohne polizeiliche Ueberwachung zu versammeln, ferner, daßer höchstens den'Ausschank der Getränke verbieten, aber nicht denSchluß der Versammlung fordern könne, erklärte der Polizeikommissardieselbe um 11 Uhr für geschlossen. Unter allgemeiner Entrüstungund mit einem Hoch auf die internationale Sozialdemokratie gingendie Versammelten auseinander. Seitens der Einberufer der Versammlung wird der Beschwerdeweg beschritten werden, um ein fürallemal die Uebergriffe der Polizei zurückzuweisen.— Eine Frauenversammlung, welche am 3. April in Weisenaubei Mainz stattfand, und in der Frl. Wabnitz über das Themareferirte:„Naturgesetz und Menschenrechte," ereilte das gleiche Schicksal wie die Mainzer Versammlung. Dank der nnfreiwilligen Propaganda, welche der Ortspfarrer dadurch für die Versammlung gemacht, daß er von der Kanzel herab gegen dieselbe gedonnert, hattesich ein zahlreiches Publikum eingefunden, welches der Rednerin reichenBeifall zollte.— Am 31. März fand in Frankfurt a. M. eine öffentlicheVersammlung der Arbeiter und Arbeiterinnen der graphischen Gewerbe statt. Herr Domine referirte über„Die Arbeiten des Halberstadter Kongresses, sowie über den Verlauf und die Beschlüsse desSpezialkongresses der graphischen'Arbeiter." Die Versammlung erklärte ihre volle Zustimmung zu den in Halberstadt gefaßten Beschlüssenund verpflichtete sich, für ihre Verwirklichung einzutreten.— In Schleswig sprach am 1. April Herr Lorenz(Hamburg)in einer von Frauen und Männern gut besuchten Versammlung überdas Thema:„Sozialismus und Kapitalismus." Nachdem der Rednerdie Auffassung zurückgewiesen, als ob die sozialistische Bewegungkünstlich von etlichen Hetzern gemacht sei, legte er ausführlich dasWesen des Sozialismus und Kapitalismus dar.— Frau Eichhorn(Dresden) sprach am 2. April in Leipzigin einer öffentlichen Versammlung aller im Buchbindergewerbe undverivandten Berufszweigen beschäftigten'Arbeiter und'Arbeiterinnenüber„Die Ausgaben der Frau." In klarer, überzeugender Weisewies die Referentin nach, wie die wirthschaftlichen Verhältnisse derFrau in unserer Zeit noch andere Pflichten zuertheilen, als am Kochtopf zu stehen. Ausführlich schilderte sie, wie die Erwerbsarbeit derFrau, die Ausbeutung ihrer Arbeitskraft durch den Kapitalisten.ivelche zur Ergänzung des Verdienstes die Prostitution unvermeidlichmache, der Arbeiterin die Verpflichtung auferlege, sich gewerkschaftlich und politisch zu organisiren. Nachdem noch die Rednerin dieVorurtheile gegen die Betheiligung der Frau am öffentlichen Lebengegeißelt, zeichnete sie in großen Zügen ein Bild der sozialistischen Gesellschaft, welche allein die endgiltige und volle Befreiung des weiblichen Geschlechts verwirklichen könne. An die mit lebhaftem Beifallaufgenommenen Ausführungen knüpfte eine rege Debatte an, in deralle Redner betonten, wie nöthig es sei, die Arbeiterinnen mit denZielen der Arbeiterbewegung bekannt zu inachen und sie zu organisiren.— In O.uickborn fand am 3. April eine Volksversammlungstatt, vor welcher Frau Steinbach über„Das sozialdemokratischeProgramm und die Frauenbewegung" sprach. Die Referentin wiesam Schlüsse ihrer mit stürmischem Beifall aufgenoinmenen Ausführunge» darauf hin, daß wohl auf dem platten Lande zur Zeit eineFrauenorganisation noch unmöglich sei, daß jedoch auch hier die Arbeiterfrauen sich um das öffentliche Leben, die sozialistische Bewegung