Gegenständen ausgestattet sein. Anständige, gebildete Frauen werden diesen Logirhäusern vorstehen und alleinstehende Mädchen oder eine größere Anzahl derselben unter ihren Schutz nehmen. Um nun die Ausführung dieses Plans zu ermöglichen, haben wir eine Aktiengesellschaft gegründet und werden bald in der Lage sein, Aktien im Betrag von je 10 Dollars ausgeben zu können. Diese Aktien werden in jedem Logirhaus bezw. jeder Schlafstelle der Gesell- schaft als Zahlung für die Wohnung angenommen. Keine Aktie darf von mehr als zwei Personen benutzt werden. Die Aktien sind übertragbar. Wenn von einer Mietherin die vorgesehene Summe durch ihren Aufenthalt nicht ganz verbraucht wurde, kann eine andere Person eintreten und den Rest der Summe abwohnen. Sind die 1v Dollars abgewohnt, so bleibt der Name der Aktienbesitzerin dennoch in den Büchern eingetragen, und stellt sich am Schluß des Unternehmens ein Ueberschuß heraus, so ist sie an dem Gewinn betheiligt. Aktienbesitzerinnen sollen für einen Tag nur 4t) Cents(Mk. 1.60) zahlen. Ist es der Gesellschaft möglich, setzt sie den Preis auf 35 Cents <Mk. 1.40) herab. Jede Person muß ihr Zimmer einen Monat vor ihrer Ankunft belegen, damit sie sicher ist, zu der gewünschten Zeit berücksichtigt werden zu können. Wünscht sie eine Aktie, dann muß sie Monat und Tag ihres Kommens mittheilen. Nur eine bestimmte Anzahl von Gästen kann monatlich Unterkunft finden, deshalb werden die Frauen und Mädchen, welche zuerst Aktien nehmen, die Zeit ihres Aufenthalts wählen können, während die übrigen vielleicht ihr Kommen verschieben müssen, bis wieder Platz frei geworden sein wird. Die Aktienbesitzerinnen finden betreffs der Aufnahme in die Logir- häuser zuerst Berücksichtigung, während die Nicht-Aktienbesitzerinnen unter Umständen warten müssen und für sie auch ein etwas höherer Preis berechnet wird. Anmeldungen behufs Erwerbung von Aktien können schon jetzt erfolgen und Geld zu diesem Zwecke kann sofort eingeschickt werden. Sobald in der Bank 25,000 Dollars niedergelegt sind, werden die Bescheinigungen, den Besitz der Aktien betreffend, pünktlich zugestellt. Gleichzeitig, mit umgehender Post, erhalten die vorgedachten Personen zu ihrer Sicherstellung eine amtliche Quittung. Jeder Bescheinigung über den Besitz einer Aktie wird eine noch nicht unterzeichnete Vollmacht beigefügt, auf die der Name irgend eines in Chicago lebenden Direktors einzutragen ist, der bei der Zusammenkunft der Aktionäre für den Aktienantheil stimmberechtigt ist. „Erhielten Sie meineil Brief?" Er fuhr zurück.„Einen Brief von Dir? Nein, niemals, niemals." Das augenblickliche Aufleben erstarb wieder auf ihrem Gesicht; sie wich einen Schritt vor ihm zurück und fiel auf einen Stuhl nieder. Erstaunt und erschrocken zugleich eilte er ihr zu Hilfe, sie aber lehnte sich fester an den Stuhl, als ob sie Richards Berührung scheute. „Klara? Du hast mir noch nicht einnial die Hand gereicht! Was soll das bedeuten?" Den Blick fest auf sie gerichtet, hielt er, Antwort erwartend, inne, sein leidenschaftliches Temperament blitzte aus dem flamnienden Auge und er wiederholte die letzten Worte in lauterem und strengem Tone: „Was soll das bedeuten?" Sein Ton verletzte sie und gab ihr den sinkenden Muth wieder; sie erwiderte: „Es bedeutet, Herr Wnrdour, daß Sie sich von Anfang a» im Jrrthum befanden." „Wieso befand ich mich im Jrrthum?" „Sie lebten einer falschen Hoffnung und gaben mir keine Gelegenheit, Sie darüber aufzuklären." „Welcher falschen Hoffnung lebte ich?" „Sie waren zu eilig und zu vertrauensvoll gegen sich selbst und gegen mich. Sie haben mich vollständig mißverstanden. Es thut mir sehr leid, Sie zu betrüben, ich muß aber Ihretwegen offen reden. Ich werde jederzeit Ihre Freundin sein, Herr War- donr; Ihr Weib aber kann ich niemals werden". Mechanisch wiederholte er ihre letzten Worte, war es ihm doch, als ob er sie nicht recht verstanden Hütte. „Du kannst niemals mein Weib werden?" „Niemals!" „Warum?" Die Vollmacht muß unterzeichnet und sofort dem Sekretär zurückgeschickt werden. Alle Geldsendungen und Geldanweisungen müssen an unseren Schatzmeister Mr. Ellridge G. Keith gesandt und auch dem Sekretär angezeigt werden, damit der Name jeder Aktienbesiheri» in die Bücher unseres Ausschusses eingetragen werden kann. Bescheinigungen werden nur von dieser Stelle aus zugesandt. In Anbetracht der Wichtigkeit des Unternehmens bitten wir, in jedem Brief den Namen der Person, die Stadt, das Land und den Staat, wo sie wohnt, genau anzugeben. Es werden dadurch Mißverständnisse und Enttäuschungen vermieden werden. Im Auftrag der Gesellschaft: Matilda Carse, Präsidentin. Helen M. Bark er, Sekretärin. Alle Sendungen sind zu richten an Mrs. Helen M. Barker, Secretary, 400 Rand-McNallp Building, Chicago , Jll., U. St. A. Frau Ihrer. Ottilie Baader . Frau v. Hofstetten. Frau Liebknecht . Briefe an die Leserin der Gleichheit:' Bon». Kokosky. III. Wo es Herrscher und Unterthanen, Unterdrücker und Unterdrückte, Ausbeuter und Ausgebeutete giebt, da giebt es auch eine doppelte Moral. Was man dem Herrn als Tugend anrechnet, erscheint bei dem Sklaven als Verbrechen. Dem Sklaven läßt man als Tugend nur gelten, was dem Herrn nützt, mag es ihn selbst auch noch so entwürdigen. Des eigenen Willens sich entwöhnen und ganz in dem Willen des Herrn aufgehen, ist die höchste Tugend des Sklaven. Demuth, Gehorsam und Unterwürfigkeit sind die Tugenden, die man den Arbeitern und Arbeiterinne» von früh auf predigt; die Lesebücher der Volksschulen verherrlichen fast ausschließlich diese Tugenden. Treue ist nur gegen den Herrn verdienstlich, dem Genossen gegenüber wird sie als Verstocktheit und Halsstarrigkeit gebrandmarkt. Eine sklavische Erziehung, durch Jahrhunderte fortgesetzt, hat die Menschen des eigenen Denkens entwöhnt, so daß sie schließlich selbst keinen anderen Tugendbegriff haben, als den ihnen von den Herren aufgezwungenen. Wir zeigten im vorigen Briefe, wie den Sie schwieg abermals. Die Unwahrheit konnte sie ihm nicht sagen; die Wahrheit zu gestehen, schämte sie sich. Er beugte sich über sie und bemächtigte sich ihrer Hand, und diese festhaltend neigte er sich noch tiefer zu ihr, um auf ihrem Antlitz die Antwort zu lesen. Langsam verdüsterten sich während dessen seine Züge, denn er begann die Wahrheit zu argwöhnen. „Klara, etwas hat Dich mir gegenüber verändert. Es hat Dich Jemand gegen mich beeinflußt. Ist es— Du zwingst mich zu der Frage— ist es ein anderer Mann?" „Sie haben das Recht nicht, mich danach zu fragen." Ohne ihre Rede weiter zu beachten, fuhr er fort: „Hat sich jener andere Mann zwischen Dich und mich gestellt? Ich spreche offen heraus, thne Du es auch." „Ich habe gesprochen und habe nichts mehr hinzuzufügen." Es entstand eine Pause. Sie sah den warnenden Schein, welcher ihr das Feuer seines Innern verrieth, in seinem Auge Heller und Heller werden, sie fühlte, wie seine Hand die ihre fester und fester umklammerte. „Bedenke," begann er noch einmal,„bedenke es, bevor es zu spät ist. Dein Schweigen hilft Dir nichts. Wenn Du darin beharrest, so muß ich es als Zugeständniß hinnehmen. Hörst Du?" „Ja, ich höre." „Klara Burnham! Ich bin nicht der Plann, der mit sich spielen läßt. Klara Burnham, ich bestehe darauf, die Wahrheit zu erfahren. Bist Du falsch gegen mich?" Sie fühlte mit dem richtigen weiblichen Gefühl die Beleidigung heraus, welche in der forschenden Frage lag, die ihr ins Gesicht die Wahrheit ihrer Worte bezweifelte.„Herr Wardour! Sie vergessen sich, wenn Sie von mir verlangen, Ihnen auf solche Weise Rechenschaft abzulegen. Ich habe Sie niemals ermuthigt. Ich habe Ihnen niemals mein Wort gegeben—" Leidenschaftlich unterbrach er sie, ehe sie mehr sagen konnte. (Fortsetzung folgt.)
Ausgabe
2 (21.9.1892) 19
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