ihres Lebensunterhalts, verurtheilen sie vielleicht zum unfreiwilligen Feiern, zur Brotlosigkeit. Die Arbeiterschußgesetzgebung bestimmt darüber, ob der kapitalistische Ausbeuter aus der proletarischen Arbeitskraft schrankenlos, bis zu ihrer Vernichtung Mehrwerth pressen darf, oder ob Arbeiter und Arbeiterinnen ein Recht haben auf Nacht, Sonn- und Feiertagsruhe, auf etliche Stunden Muße am Tage, auf Vorkehrungen zum Schuß gegen Unglücksfälle, auf Einrichtungen zum Schuß ihrer Gesundheit 2c. 2c. Geseze ent­scheiden darüber, ob die kranke, arbeitsunfähige oder alte Arbeiterin dem bittersten Elend preisgegeben ist oder Anspruch besitzt auf menschenwürdige Versorgung durch die Gesellschaft. Die Vereins-, Versammlungs und Preßgeseze beschränken oder hemmen die er­werbsthätigen Frauen, wenn sie sich gegen ihre Ausbeutung zur Wehr setzen und gegen das kapitalistische Unternehmerthum für bessere Arbeitsbedingungen und Lebensverhältnisse kämpfen. Die Steuergesetzgebung ist von Einfluß auf die Lebenshaltung der Millio­nen erwerbender Frauen. Denn die direkten Steuern nehmen ihnen einen Theil ihres Einkommens, sogar dann, wenn es aus der Prostitution stammen sollte: non olet, Geld stinkt nicht. Die in­direkten Steuern aber vertheuern ihnen alle Bedürfnisse, und wenn fie einen Industriezweig hart belasten, so verschlechtern sie oben­drein noch ihre Erwerbsverhältnisse. Auch die Art der Verwendung der Steuererträgnisse ist von Wichtigkeit für die wirthschaftlich selbst­ständigen Frauen. Es kann ihnen nicht gleichgiltig sein, ob die ihnen abgeforderten Summen fast ausschließlich verwendet werden für den kulturfeindlichen Militarismus, oder ob sie dazu dienen, günstige Entwicklungs- und Lebensverhältnisse für die arbeitende Klasse zu schaffen. Kurz, es giebt keine sozialpolitische Einrichtung, feinen sozialpolitischen Vorgang, welche nicht unmittelbar oder mittel­bar die erwerbsthätigen Frauen in Mitleidenschaft zögen.

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Angesichts dieser Thatsache ist es nur recht und billig, daß diese Frauen durch zuerkennung des Wahlrechts an das weibliche Geschlecht in den Stand gesetzt werden, durch Beeinflussung der sozialpolitischen Zustände ihre Interessen zu wahren und zu fördern. Die Frau, welche wirthschaftlich selbständig ist wie der Mann, welche gleich rücksichtslos ausgebeutet wird wie er, welche alle gesellschaft­lichen Lasten tragen muß, so gut wie der Mann, muß auch wie er die Mittel besitzen, die Gesetzgebung und durch sie die gesellschaft­lichen Verhältnisse zu ihren Gunsten beeinflussen zu können.

Auf A folgt B. Die von der kapitalistischen Wirthschafts­ordnung bewirkte Verwandlung der Hausfrau in eine Berufs­arbeiterin hat die politische Emanzipation des weiblichen Geschlechts zur Folge. Die Forderung des Wahlrechts für die Frauen geschieht nicht mehr im Namen aller möglichen ideologischen Gründe, sie wird erhoben auf Grund der wirthschaftlichen, materiellen Lebens­interessen von Millionen von Frauen. Mehr noch, sie geschieht- wie wir in einem späteren Artikel nachweisen werden im Interesse einer ganzen Klasse, im Interesse des Proletariats. Und in diesem Umstand liegt die Bürgschaft, daß der Ruf kein vergeblicher bleibt: " Her mit dem Wahlrecht für die Frauen!"

Arbeiterinnen- Bewegung.

In der Zeit vom 1. bis 31. Januar fanden öffentliche Ver­sammlungen statt in: Berlin , zwei öffentliche Versammlungen der im Schneidergewerbe beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen: 1. ,, Wie ist die Frage des Gewerbegerichts zu beantworten bezüglich der Schäd­lichkeit der ungeregelten Arbeit im Schneidergewerbe?"( Genosse Pfeiffer). Die Versammlung nahm folgende Resolution an:

Die Versammlung ersucht den Ausschuß des Gewerbegerichts, die Regelung der Arbeitszeit im Schneidergewerbe weiter zu fördern. Die Versammlung ist überzeugt, daß besonders in der Schneiderei die Noth­wendigkeit zur Regelung, insbesondere eine Verkürzung der Arbeitszeit dringend vorhanden ist. Um für dieses Vorgehen eine Grundlage zu haben, ist der Bundesrath zu veranlassen: eine Enquete zu veranstalten, nicht nur die Arbeitszeit( Nachtarbeit) betreffend, sondern neben dieser auf die Ermittlung der Löhne und Einkommen, der Sonntagsarbeit, der Arbeitsräume, Wohnungen der Schneider, Ausdehnung des Schwitzsystems, Zahl der Kleinbetriebe, sowie auf alle Fragen, die über die soziale Lage der in der Schneiderei Beschäftigten Klarheit bringen müssen, auszudehnen." 2. ,, Wie der Löwe sein Wild fresset, also fressen die Reichen die Armen" ( Genosse Timm); öffentliche Volksversammlung, einberufen von der

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| Frauen- Agitations- Kommission: Das Werkzeug als Kulturträger" ( Genosse Rohrlack); öffentliche Volksversammlung: Die politische und gewerkschaftliche Organisation"( Reichstagsabgeordneter Molken­buhr); öffentliche Volksversammlung: Gesetzliche Gewissensfreiheit und sammlung der Arbeiter und Arbeiterinnen der Wäschebranche: Die thatsächliche Vergewaltigung"( Genossin Altmann); öffentliche Ver­sozialpolitische Gesetzgebung"( Reichstagsabgeordneter Schmidt); öffent­liche Versammlung der in der Filzschuhbranche beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen: Die Arbeitslosigkeit und ihre Folgen"( Genosse Jahn): Charlottenburg , öffentliche Versammlung, einberufen vom Berliner Frauen und Mädchen- Bildungsverein: Die Stellung der Frau in der Gesellschaft"( Reichstagsabgeordneter Klees): Dresden , öffentliche Versammlung der Schneider und Schneiderinnen: Bericht über die Landeskonferenz"( Genosse Lüßner); Friedrichshagen , öffentliche Volksversammlung: Der Klassenstaat und die Sozialdemo­tratie"( Reichstagsabgeordneter Auer); Hamburg , öffentliche Ver­sammlung der Schneider und Schneiderinnen: Stücklohn oder Zeit­lohn?"( allgemeine Diskussion); öffentliche Versammlung der im Handelsgewerbe beschäftigten Personen:" Die Sonntagsruhe vor Weihnachten und die Stellung der verschiedenen politischen Parteien dazu"( Genosse Theiß); Kiel , öffentliche Frauenversammlung: 1. Stellungnahme der Frauen zur Parteikonferenz in Jhehoe"( Ge­nosse Ströbel), 2. Wahl einer Agitationskommission. Dieselbe besteht laut Versammlungsbeschluß aus den Genossinen Willo, Eschenburg und Vallenthin; öffentliche Volksversammlung: Verbrechen und Strafe"( Frau Henrich- Wilhelmi); Leipzig , öffentliche Versammlung der im Vergoldergewerbe und in verwandten Berufen beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen: Die indirekten Steuern und ihre Folgen für die Arbeiterklasse"( Genosse Reichel); Lennep , öffentliche Ver sammlung der Textilarbeiter und Arbeiterinnen: Die Nothwendig feit der Frauenorganisation im Kampf der Arbeiter"( Genossin Voigt­Elberfeld); Loose, öffentliche Versammlung für Männer und Frauen: Die Lage der Landarbeiter und Kleinbauern"( Genosse Klüß); München , öffentliche Arbeiterinnenversammlung: Die Frau in der Industrie"( Genossin Zettin); Offenbach , öffentliche Versammlung für Frauen und Mädchen: Die beabsichtigte Gründung von Haus­

haltungsschulen für unbemittelte Mädchen am Orte"( Reichstags­abgeordneter Ulrich); Pankow , öffentliche Volksversammlung, ein­berufen vom Berliner Frauen- und Mädchen- Bildungsverein: Frauen­bildung und Frauenrecht"( Genossin Ihrer); Rothenburgsort , öffentliche Versammlung für Männer und Frauen: Anarchismus und Kapitalismus "( Genosse Stolten); Spandau , öffentliche Volks versammlung: Die Nothwendigkeit der Anstellung weiblicher Fabrik­inspektoren"( Genossin Rohrlack); Vilbel , öffentliche Versammlung für Männer und Frauen: Religion und Wissenschaft"( Genosse Schwalbach- Frankfurt).

-Vereinsversammlungen fanden in der nämlichen Zeit statt in: Berlin , zwei Mitgliederversammlungen des Frauen und Mädchen­Bildungsvereins: 1. Andere Zeiten, andere Sitten"( Genossin Wab­niz), 2. ,, Die Nervenschwäche der Menschen und.die moderne Wirth­schaftsordnung"( Genosse Dr. Heymann); Mitgliederversammlung des Vereins der Plätterinnen und verwandten Berufsgenossen: Thätigkeits­und Kassenbericht( Vereinsvermögen 2223,03 Mark, Kassenbestand 241,22 Mark); Vorstandswahl; der Vorstand besteht aus Genosse Möhring und den Genossinnen Stenzke, Schulz, Krause, Kastner, Wendt; Bremen , Mitgliederversammlung des Verbandes der Schneider und Schneiderinnen: Die Errichtung eines städtischen Arbeitsamts"( Genosse Ulmer); Frankfurt a. M., Generalversamm­lung des Verbandes der in Buchbindereien, der Papier - und Leder­galanteriewaaren- Industrie beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen: Thätigkeits- und Kassenbericht; Hamburg , Mitgliederversammlung des Zentralvereins der Frauen und Mädchen Deutschlands : Ver­schiedenes, Vorstandswahl; der Vorstand besteht aus den Genossinnen Laier, Jünemann, Liptiz, Brüning, Krägenau, Grigoll und Rudolph; Mitgliederversammlung des Verbandes der Fabrik-, Land-, Hilfs­arbeiter und Arbeiterinnen: Bildung und Bildungsmittel"( Genossin Kähler); Kiel , Mitgliederversammlung des Bildungsvereins für Frauen und Mädchen: Liebe und Ehe"( Genosse Klüß); Leipzig , Generalversammlung des Buchbinder- Fachvereins: Thätigkeitsbericht, Kassenbericht; Mainz , Mitgliederversammlung des Frauen- und Mädchenvereins: Interne Angelegenheiten, Vorstandswahl; der Vor­stand besteht aus den Genossinnen Galler, Scherer, Becker, Diehl, Kirschen und Lukas; Mannheim , Generalversammlung des Vereins sozialdemokratischer Frauen und Mädchen: Thätigkeitsbericht, Rassen­bericht( der Verein zählt ca. 100 Mitglieder und hat günstige Kaffen­verhältnisse), Vorstandswahl; der Vorstand besteht aus den Ge­nossinnen Wilhelm, Knöffler, Schwab, Braitling; Veddel- Rothen burgsort, Mitgliederversammlung des Zentralvereins der Frauen