Arbeiterinnen- Bewegung.

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( Genosse Brecour); Leipzig , Mitgliederversammlung des Bildungs­vereins für Frauen und Mädchen: Die Frau und das Christen­thum"( Genosse Zimmermann); Nürnberg , Mitgliederversammlung des Frauen und Mädchenbildungsvereins: Der Untergang des Klein­gewerbes"( Genossin Gebhardt); Weißensee, Mitgliederversammlung des Bildungsvereins für Frauen und Mädchen: Unternehmergewinn und Arbeiterlohn"( Genosse Dastig); Wellingdorf , Mitgliederver­sammlung des Bildungsvereins für Frauen und Mädchen: Reichthum und Armuth"( Genosse Klüß).

Stötterig. Der Auflösung verfiel am 26. Mai eine öffentliche, meist von Frauen besuchte Versammlung, in welcher Ge­nossin Zetkin über das Thema sprach: Die Gesetzgebung im Klassen­staat". Die Rednerin führte gegen Ende ihres Referats aus, daß wenn die herrschenden Gesellschaftsklassen mit den ihnen zur Ver­fügung stehenden gesetzlichen Machtmitteln nicht mehr ausreichten, um das aufstrebende Volk niederzuhalten, sie zu Ausnahmegesetzen griffen. Das schreiendste Unrecht und die Ungerechtigkeit werde dann durch Gesetzestraft verherrlicht und geheiligt". Der überwachende Gemeinde­vorstand erachtete diese Ausführung für eine Beleidigung der Gesetz­gebung" und forderte die Vorsitzende auf, der Referentin das Wort zu entziehen. Als diesem Verlangen nicht sofort stattgegeben wurde, weil zuvor festgestellt werden sollte, ob sich der Ueberwachende in dieser seiner Eigenschaft legitimirt habe, erfolgte die Auflösung der Ver­sammlung. Gegen diese Maßregeln wurde Beschwerde eingelegt. Das Verlangen, der Rednerin das Wort zu entziehen, war u. G. ungerecht­fertigt, da diese ganz allgemein gesprochen, weder auf sächsische, noch deutsche Gesetzgebungskörper oder Gesetzgebung exemplifizirt hatte. Aus dem sächsischen Voigtland ging uns von einer Ge­nossin, einer Textilarbeiterin, der folgende Brief zu, welcher in ein­facher, schlichter Weise recht charakteristische Streiflichter wirft auf die Verhältnisse der dortigen Textilarbeiterschaft und auf die Anstreng­ungen der Dunkelmänner, das Proletariat in Unwissenheit und Knecht­

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In der Zeit vom 20. Mai bis 16. Juni fanden öffentliche Versammlungen statt in: Berlin , vier große öffentliche Volksversamm­lungen, einberufen von der Frauen- Agitationskommission: Wie stellen sich die Frauen zum Bierboykott?"( Genossen Wagner, Singer, Vogt­herr und Genossin Greiffenberg ). Die überaus gut besuchten Ver­sammlungen erklärten sich in einstimmig angenommenen Resolutionen mit dem Boykott der sieben Brauereien einverstanden und verpflichteten sich, mit aller Energie für denselben einzutreten, bis die Forderungen der Arbeiter bewilligt worden sind. Die anwesenden Frauen ins­besondere verpflichteten sich, den Kampf durch besonderes Augenmerk auf das Flaschenbier zu unterstützen. Oeffentliche Versammlung des Frauen und Mädchenbildungsvereins: Die Entstehung des Eigen­thums, der Familie und des Staats"( Genosse Jahn); öffentliche Ver­sammlung der Buchdrucker, Hilfsarbeiter und Hilfsarbeiterinnen: 1) Wie verhält sich die Gehilfenschaft zu der von den Prinzipalen geplanten Abänderung der Lofalzuschläge und der Lohnskala"( Genosse Döblin ); 2) Gegenwartsbilder aus Berliner Druckereien"( Genosse Massini). Die Versammlung erklärte sich den Absichten der Prinzi­pale gegenüber für Abwarten und unter allen Umständen für engen Zusammenschluß der Gehilfenschaft. Deffentliche Versammlung für Schneider und Schneiderinnen: Die Zustände in der Konfektions­branche, und wie streben wir nach Besserung?"( Genossin Reimann); öffentliche Versammlung der in der Schuhwaarenindustrie beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen: Die Lage der arbeitenden Klasse und die Nothwendigkeit der Organisation"( Genosse Sailer); öffentliche Versammlung der Filzschuharbeiter und Arbeiterinnen: Die Folgen der Aussperrung der Brauereiarbeiter"( Genosse Jahn); Charlotten­ burg , öffentliche Versammlung für Frauen und Männer, einberufen vom Frauen und Mädchenbildungsverein: Die Thätigkeit des Ge­hirns und die fünf Sinne"( Genossin Wabniß); öffentliche Volfsver­sammlung: Antisemitismus und Sozialdemokratie"( Reichstagsabgeschaft zu erhalten. Wir bringen den Brief wortgetreu zum Abdruck, ordneter Bebel); Connewiß, öffentliche Volksversammlung: Welche Stellung hat der Mittelstand zur Arbeiterbewegung einzunehmen?" ( Genosse Thiele- Wurzen); Dresden , öffentliche Versammlung für Frauen und Mädchen: Bildung und Bildungsmittel"( Genossin Kähler- Wandsbeck). Die Versammlung beschloß die Gründung eines Arbeiterinnenvereins, zu dessen provisorischem Vorstand gewählt wurden: die Genossinnen Eichhorn, Köhler, Kluge, Schubert, Schmidt, Wiegand, Riedrich, Fuchs und Madek. Döhlen bei Dresden , öffent­liche Volksversammlung: Die Frau und der Sozialismus"( Genossin Eichhorn); Elsterberg , öffentliche Voltsversammlung: Die Frauen des Proletariats und der Militarismus"( Genossin Zetkin); Frie drichsberg, öffentliche Volksversammlung: Die Entstehung des Bierboykotts"( Genosse Gehrisch); Friedrichsgrün, öffentliche Ver­sammlung für Frauen und Männer: Die Frauen des Proletariats und der Militarismus"( Genossin Zetkin); Harburg , öffentliche Volks­versammlung: Der Verbandstag der Kaufleute aus der Provinz Hannover "( Genosse Bärer); Kaltenkirchen , öffentliche Volksversamm­lung: Die Bestrebungen der Sozialdemokratie"( Genossin Ihrer); Mainz , öffentliche Versammlung für Frauen und Männer: Die Stellung der Frau im Kampf ums Dasein"( Genossin Jhrer); Nieder­ Schönhausen , öffentliche Versammlung für Frauen und Mädchen: ,, Volksaberglaube"( Genossin Rohrlack); Ottensen , öffentliche Volks­versammlung: Antisemitismus und Sozialdemokratie"( Reichstags abgeordneter Frohme); Reichenbach , öffentliche Volksversammlung: Die Frauen des Proletariats und der Militarismus"( Genossin Zet­fin); Schöneberg , öffentliche Versammlung für Frauen und Männer: Stellungnahme zum Bierboykott"( Genosse Täterow); Wiesbaden , öffentliche Versammlung der Schneider und Schneiderinnen: Die Lohnbewegung und was lehren uns die letzten Streits?"( Genosse Miedreich).

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Vereinsversammlungen fanden in der nämlichen Zeit statt in: Berlin , Mitgliederversammlung des Verbands der in Holzbear­beitungsfabriken und auf Holzplätzen beschäftigten Arbeiter und Ar­beiterinnen: Die Fürsorge für die arbeitslosen und franken Arbeiter" ( Genosse Dr. Zadek); Mitgliederversammlung des Frauen- und Mädchen­bildungsvereins: Die Entwicklung des Kapitals und ihre Folgen für das Proletariat"( Genosse Borchert); Frankfurt a. M., General­versammlung des allgemeinen Arbeiterinnenvereins: Kassenbericht, Thätigkeitsbericht, interne Angelegenheiten; Hamburg , Mitglieder­versammlung des Verbands der in der Kürschnerbranche beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen: Stellungnahme zum internationalen Kongreß der im Kürschnergewerbe thätigen Arbeiter und Arbeiterinnen zu Brüssel". Die Versammlung erklärte, von der Beschickung des Kongresses Abstand zu nehmen. Kiel , Mitgliederversammlung des Bildungsvereins für Frauen und Mädchen: Der Fluch der Armuth"

weil jede Veränderung seinen Eindruck schwächen würde. Er lautet: Netzschkau .

Werthe Genossin!

Bitte schicken Sie uns tausend Stück Probenummern der Gleich­heit". In unserer Gegend hausen Pfaffen und Methodisten in ge­radezu schrecklicher Weise. Erstere suchen die Frauen der bekannten Genossen auf, um wenigstens diese zu angeln. Auch halten sie jetzt alle Mittwoch Betstunde ab, was früher bei uns nicht gebräuchlich war. Die Betſtunden sind überfüllt. Die Männer der Nächstenliebe geben den Leuten ein Blatt mit zum Lesen, Der Nachbar", worinnen geschrieben steht, die Füße mögen auf Erden wandeln und die Herzen im Himmel! Was die Methodisten anbelangt, so ist von ihrer Seite alles thätig, was Beine hat. Die Frauen stellen sich Mittags an die Ausgangsthore der Fabriken und vertheilen Traktätchen und Kinder­freunde. Selbst die Kinder gehen Sonntags auf die umliegenden Dörfer und tragen den Weg zum besseren Leben" aus, eine Samm­lung von allerhand Traktätchen. Leider haben sie noch Erfolge. Dazu trägt die fast unerträgliche Lage der Lohnsklavinnen bei. Es ist ein Glend, mit einem Wochenverdienst von acht Mark auskommen zu müssen. Oft haben wir das nicht. Es giebt zwar Frauen, die mehr verdienen, als diese Summe, doch sind das nur die füg­sameren Arbeiterinnen. Mir ist ein Fall bekannt, daß eine sehr geschickte Arbeiterin in neun Wochen 55 Mart 56 Pfennig verdient hat, pro Woche also 6,17 Mart. Fälle, wo der Verdienst nicht größer war, giebt es zu Hunderten. Was mich am meisten kränkt, ist, daß die etwas besser gestellten Weber und Weberinnen mit Ver­achtung auf die herabsehen, welche weniger verdienen. Die meisten Arbeiter und Arbeiterinnen der hiesigen Textilindustrie erhalten nicht mehr, als daß sie täglich in Kartoffeln und Brot schwelgen können. Die ersten Tage in der Woche giebt es Wurstfett dazu, zuletzt werden Jedem die Kartoffeln zugezählt und müssen ohne jede Zuthat gegessen werden. Eine neben mir beschäftigte Arbeiterin lebt tagaus tagein von trockenem Brot; sie hat ein Kind und verdient durchschnittlich sechs Mark wöchentlich. Hat sie sich die ganze Woche hindurch abgerackert, und ist sie im günstigsten Fall Sonnabends noch im Besitz eines Groschens, so wird ein Hefenklos gekauft. Wenn sie diesen verzehrt, so sieht sie sich nach allen Seiten um, ob es niemand bemerkt, denn sonst hieße es gleich: die Fabrikarbeiterinnen sind nasch­haft, sie tragen alles Geld in die Konditorei. Mit der Bitte, meinem Wunsche zu willfahren, grüßt Sie bestens A. S.

- Köln . Die von den Genossinnen Schneider I, Schneider II, Hofrichter, Mergie und Eckhart eingelegte Berufung gegen das Straf­urtheil des Landgerichts Köln ( siehe Nr. 9 der" Gleichheit") ist von dem Kammergericht zu Berlin verworfen worden und wurden den Betreffenden die Kosten ihres Rechtsmittels auferlegt. Begründet ist