Theil Arbeiterinnen waren, in welchem aber das auch im Vorstand vertretene bürgerliche Element noch eine bedeutende Rolle spielte. 1885 wurde dann der erste, rein proletarische Frauenverein gegründet, der Verein zur Wahrung der Interessen der Arbeiterinnen."

Während Agnes Wabnitz   durch ihrer Hände Arbeit die Mittel erwarb, diese verschiedenen Bestrebungen zu unterstützen, brachte sie gleichzeitig ihrer Familie neue und größere Opfer. Sie nahm die beiden Töchter ihres dem Trunke ergebenen Bruders zu sich und erzog sie. Die bürgerliche Presse, der begreiflich genug das Verständniß für Opferwilligkeit abgeht, hing der Wabnih diese Mädchen als ihre eigenen an und legte ihr den Spottnamen bei: Die Jungfrau mit den zwei Kindern." 1879 wurde ihr zweiter Bruder, der gleichfalls nach Berlin   übersiedelt war, wegen politischer Umtriebe" verhaftet und schließlich ausgewiesen. Er wanderte nach Amerika   aus, und unsere Genossin Agnes brachte manches schwere Opfer, um der Familie die Ueberfahrt und ihr Fortkommen zu ermöglichen. Uebrigens war auch sie mit dem Bruder zusammen festgenommen, aber nach einigen Tagen entlassen worden, da man sie wegen ihrer Weigerung, Nahrung zu sich zu nehmen, für geisteskrank erklärte. Die Mutter warnte sie damals vor einer zu weit gehenden politischen Thätigkeit, und um sie zu beruhigen, gab sie ihr das bekannte Versprechen, nie Gefängnißkost zu genießen. Auch die vorstehenden Daten zeigen Ge­nossin Wabnitz als den opferfreudigen, selbstlosen Charakter, als den sie sich im Befreiungskampfe des Proletariats allzeit bethätigte.

Die Frauen und das Ausnahmegesek.

Mit Besorgniß und Wuth sind die Besitzenden heutzutage Zeuge davon, daß neben dem proletarischen Mann auch die proletarische Frau bewußt und willensstark in den gewaltigen Kampf zwischen Arm und Reich eintritt, daß sie die wirthschaftlichen und politischen Schlachten ihrer Klasse schlagen hilft, daß sie Begeisterung im Herzen und Klarheit im Kopf dem Freiheit verheißenden Banner der Sozial­demokratie folgt. Und sie bieten ihre Preßknechte auf, damit sie die Radikalösen und Versammlungsstörzerinnen" mit Schmutz und Lächerlichkeit bewerfen; ihre Moralprediger, damit sie den Weibern, die zu Hyänen werden", die Pflicht und die Süßigkeit des aller­beschränktesten Nichts- als- Aschenputtelthums und des Nur- Rosen­flechtens zu Gemüthe führen; ihre Behörden endlich, damit sie die aufsässigen Lohnsklavinnen durch polizeiliche Büttelei und juristische

Die verlorene Glückseligkeit.

Aus ,, Träume" von Olive Schreiner  .

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Tiftelei zwingen, geduldig, bedürfnißlos und plackfreudig das Joch des Kapitalismus auch fürderhin auf sich zu nehmen.

Der Liebesmüh ist und bleibt umsonst verschwendet. Die that sächlichen Verhältnisse erwecken mit rauher Faust die Proletarierinnen aus dem Stumpfsinn, in welchem die Masse des weiblichen Geschlechts dem öffentlichen Leben gegenüber verharrte, mit eherner Stimme predigen sie ihnen die Nothwendigkeit, den Blick über die engen Schranken des Hauses hinaus auf die großen Zeit- und Streitfragen zu richten, hinabzusteigen in die Arena der sozialen Kämpfe und in den Reihen der Brüder der Arbeit und des Elends mitzurathen und mitzuthaten. Je nackter und brutaler in den jeweiligen sozialen Ver­hältnissen die Natur der kapitalistischen   Gesellschaft, das Wesen des Klassenstaates zum Ausdruck kommt, um so mehr tragen sie dazu bei, die Frauen des Proletariats zum Bewußtsein ihrer Klassenlage zu bringen, sie aus stumpfsinnigen Opfern der heutigen Gesellschaft zu bewußten, freudigen Kämpferinnen gegen sie zu erziehen. In dieser Richtung hat vor Allem das Sozialistengesetz mit überzeugendster agitatorischer Kraft gewirkt.

Die Väter des schmachvollen Knebelungsgesetzes hatten gehofft, durch den materiellen Ruin Tausender von Arbeiterfamilien dem Be­freiungskampf des Proletariats in dessen eigenen Frauen und Töchtern unversöhnliche Gegnerinnen zu schaffen. Denn der Zusammenbruch der wirthschaftlichen Existenz hat für die Frau die qualvollsten Leiden im Gefolge und nichts lähmt den Kampfesmuth und die Kampfes­freudigkeit des Mannes mehr, als wenn am häuslichen Herd in der Person der Lebensgefährtin Unverstand und Feindseligkeit gegen seine Ideale sitzen, wenn die Mutter seiner Kinder mit Bitten und Vor­würfen ihn von der Erfüllung seiner Pflichten abzuhalten sucht. Die Feinde der klassenbewußten Arbeiterbewegung haben das Gegentheil von dem erreicht, was sie gewollt. Gerade seit der Zeit des Aus­nahmegesetzes datirt in Deutschland   das Erwachen der Proletarierinnen zum Klassenbewußtsein, ihr Eintritt in Reih und Glied der kämpfen­den Brüder. Das Ausnahmegesetz mit seinen Härten und Schärfen hat mehr proletarischen Frauen die Augen über das Wesen der Klassen­gesellschaft geöffnet, als Jahre eifriger Propaganda. Es ließ sie am eigenen Leibe empfinden, was Worte bedeuten wie Klassengegensatz, Klassenstaat, Klassenjustiz und Klassenhaß. Andererseits zeigten die geschaffenen Zustände den Arbeitern sinnenfällig die vorliegende Dringlichkeit, die Klassengenossinnen zu Kampfesgenossinnen zu er ziehen.

Noch spielte es, noch lachte es, noch befleckte es seinen Mund mit dem Safte rother Beeren; indeß manchmal hingen die kleinen Hände müde herab und die kleinen Augen blickten matt über das

Dort, wo der Sonnenschein am Seeufer spielte, saß tagtäglich Waffer hinweg. das Leben.

Der weiche Wind koste mit seinem Haar, und sein junges frisches Gesicht schaute sinnend über das Wasser hinweg. Es wartete auf etwas; aber es wußte nicht zu sagen worauf.

Den ganzen Tag liefen die Wellen über den Sand hinweg und wieder zurück, und die rothen Muscheln rollten hin und her. Das Leben saß und wartete den ganzen Tag; den Sonnenschein in den Augen saß es da, bis es, müde geworden, den Kopf auf das Ruie legte und einschlief.

Es wartete noch immer.

Ein Kiel   Knirschte auf dem Sand, und unmittelbar darauf wurde ein Schritt am Ufer vernehmbardas Leben hörte ihn und erwachte. Eine Hand berührte es und ein seltsamer Schauer durch­fuhr es. Da blickte es auf und sah die wunderbaren großen Augen der Liebe über sich und nun wußte das Leben, worauf es gewartet. Und die Liebe zog das Leben zu sich empor.

Aus dieser Umarmung entsproß ein Wesen, selten und schön die Glückseligkeit, die erste Glückseligkeit wurde es genannt. Das Sonnenlicht, das auf das klare Wasser fällt, ist nicht so froh; die Rosenknospen, wenn sie ihre Lippen für den ersten Kuß der Sonne öffnen, sind nicht so frisch als dieses Wesen war. Seine fleinen Bulse schlugen lebhaft. Es war so warm, so weich! Es sprach nicht, aber es lachte und spielte im Sonnenschein; und Liebe und Leben waren beglückt. Keines von ihnen flüsterte es dem Anderen zu, doch tief im innersten Herzen sagte Jedes: Es soll für immer unser sein."

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Dann kam eine Zeit war es nach Wochen? war es nach Monaten? Liebe und Leben fennen fein Maß der Zeit wo das holde Geschöpf nicht mehr war, wie es gewesen.

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Und Liebe und Leben wagten nicht, einander in die Augen zu blicken, wagten nicht zu fragen:" Was fehlt unserem Lieb­ling?" Jedes flüsterte sich selbst zu: Es ist nichts; morgen wird es wieder hell lachen." Aber morgen und morgen fam, sie lebten weiter und weiter, das Kind spielte neben ihnen, aber matt, immer matter.

Eines Tages legten Leben und Liebe sich zum Schlaf nieder und als sie aufwachten, war ihre Freude verschwunden. Nur neben ihnen, auf dem Gras, saß ein kleiner Fremdling mit weit offenen Augen, die sanft und traurig dreinblickten. Keiner von ihnen kümmerte sich um ihn, doch Jeder trat zur Seite und weinte bitterlich: unsere Glückseligkeit, unsere verlorene Glückseligkeit, werden wir Dich nie mehr wiedersehen?"

Da legte der kleine, sanft und traurig blickende Fremdling in die Hand eines Jeden von ihnen eine seiner Hände und zog sie näher zusammen, und Leben und Liebe begannen zu wandern mit ihm in der Mitte. Und wenn das Leben in Verzweiflung zu Boden schaute, sah es seine Thränen sich in den sanften Augen des Kleinen wiederspiegeln. Und wenn die Liebe, wahnsinnig vor Schmerz, hinausschrie: Ich bin müde, ich bin müde! Ich kann nicht weiter leben. Alles Licht liegt hinter mir, und vor mir ist es finster" da zeigte ein kleiner rosiger Finger gegen das Sonnenlicht, das auf den Hügelfetten lag. Seine großen Augen waren stets theilnahmsvoll und traurig, der kleine Mund hatte stets ein mildes, beruhigendes Lächeln.

Wenn das Leben sich an den scharfen Steinen die Füße schnitt, so trocknete er mit seiner Kleidung das Blut und küßte mit seinen kleinen Lippen die wunden Füße. Wenn die Liebe in der Wüste ohnmächtig zusammenfant denn auch Liebe kann

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