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, Es ist nicht absolut zu behaupten, daß Frauen die Eignung als Fabrikinspektorinnen diesem Amte zu entsprechen, nicht haben. Falls die Bewerberin um ein derartiges Amt die genügenden allgemeinen technischen Kenntnisse besitzt, ist nicht abzusehen, warum sie sich für ein derartiges Amt nicht ebenso wie ein Mann eignen sollte."
Eine Anzahl von Fachmännern aus den Kreisen der Bourgeoisie bleibt freilich hinter den Anschauungen zurück, welche der sicherlich nicht radikale Herr Migerka über diese Frage geäußert hat. So wünschen sie die Fabrikaufsicht durch weibliche Beamte auf die Industrien zu beschränken, in denen die Frauenarbeit vorherrscht; andere, so die obersten Beamten der englischen Fabrikinspektion, möchten die weiblichen Gewerbeaufsichtsbeamten nur zur Kontrolle der Kinder- und Frauenschutzbestimmungen zulassen.
Der bekannte schweizerische Fabrikinspektor Dr. Fridolin Schuler äußert sich über die Verwendung von Frauen zum Gewerbeaufsichtsdienst folgendermaßen:
,, Die Frauen, die in den Dienst der Fabrikinspektion treten wollen, sind zum Theil Arbeiterinnen, diesen fehlen aber in der Regel die für den Aufsichtsdienst nothwendigen mathematischen und naturwissenschaftlichen Kenntnisse; sie können dann blos in den Industrien, wo solche Kenntnisse nicht erforderlich sind, verwandt werden. Sind sie aber nicht in der Industrie thätig gewesen, so besitzen sie wohl diese Kenntnisse, es mangelt ihnen aber die Erfahrung, den technischen Produktionsprozeß beurtheilen zu können, und das muß sie hindern, bei der Fabrikaufsicht nüßlich zu sein."
Schuler meint, daß die Frauen für das Kleinliche und Nebensächliche ein weit schärferes Auge als für die Hauptsachen haben, er hält sie auch für weniger unparteiisch und für zu leicht durch die ersten Eindrücke beeinflußbar. Diesen Mängeln, die er den Frauen zuschreibt, setzt er die folgenden Vorzüge entgegen: Die Frauen haben seiner Meinung nach mehr Geschick im Umgange mit den Menschen, sie sind oft verwickelten Situationen eher gewachsen wie der Mann, sie flößen ihren Geschlechtsgenossinnen mehr Vertrauen ein, und sie sind unermüdlich in der Vertheidigung der Interessen der Personen, die ihrem Schute anvertraut sind.
Auf Grund dieser Erwägungen kommt er zu nachstehendem Schlusse: Frauen werden sich mit vielem Nutzen als Unterinspektorinnen in denjenigen Berufen verwenden lassen, in denen in weitaus
Vier Tage.
Aus dem Russischen von W. Garschin.
( Schluß.)
Ein frischer Morgenwind weht. Er bewegt die Gebüsche, ein noch schlaftrunkenes Vögelein flattert auf. Die Sterne verbleichen. Der schwarzblaue Himmel erhellt sich, zarte, federartige Wölfchen bedecken ihn. Von der Erde aus steigt die Morgendämmerung am Himmel empor. Der Tag bricht an, der dritte meines... wie nenne ich es am besten? Lebens?... meines Todeskampfes?...
Der dritte.... Wie viel Tage werde ich noch zu leben haben. Sicher nicht viele.... Ich bin ganz schwach, und werde mich allem Anschein nach nicht von der Leiche wegschleppen fönnen. Bald werde ich aussehen wie der Todte, und seine Nachbarschaft wird mir nicht mehr unangenehm sein.
Ich muß trinken, ich werde täglich dreimal trinken, Morgens, Mittags und Abends.
Die Sonne steigt höher und höher. Ihre große Scheibe er scheint mir roth wie Blut. Dunkel heben sich von ihr die Zweige der Sträucher und Gebüsche ab. Es wird heute ein heißer Tag werden. Mein Nachbar, was wird aus Dir werden. Du siehst schon jetzt grauenhaft aus. Ja, er sah wirklich grauenhaft aus! Seine Haare begannen auszufallen. Seine von Natur tiefbraune Seine von Natur tiefbraune Haut spielte in allen Farben, straff spannte sie sich über das aufgedunsene Gesicht, hinter dem Ohr war sie bereits gesprungen. Dort wimmelte es von Würmern. Die Füße, die in niedrigen Stiefeln staken, und die Beine waren gleichfalls angeschwollen, zwischen der Verschnürung der Stiefel drängte sich das Fleisch durch. Der Körper des Todten war zu einem Berg aufgedunsen. Was wird die Sonne heute aus ihm machen?
Es ist unmöglich, in seiner nächsten Nähe zu liegen. Ich muß fortkriechen, koste es, was es wolle. Aber kann ich denn fort? Ich besie gerade noch die Kraft, die Hand auszustrecken, die Flasche zu öffnen und zu trinken; aber wie soll ich meinen schweren, unbeweglichen Körper von der Stelle bringen!... Und
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überwiegender Zahl Frauen beschäftigt werden und zu deren Kontrolle besondere Fachkenntnisse nicht erforderlich sind. Die Thätigkeit der Fabrikinspektorinnen wird die der Fabrifinspektoren ergänzen, sie sollen aber ihren männlichen Kollegen nicht gleichgestellt, sondern untergeordnet werden."
Wir wollen hier noch die Daten über die Verwendung der Frauen im französischen Gewerbeaufsichtsdienst folgen lassen. Die Kontrolle der Durchführung des französischen Arbeiterschutzgesetzes vom Jahre 1874 war außer 15 staatlichen Inspektoren solchen der Departements und lokalen Kommissionen übertragen worden. Das Departement Seine , das die Stadt Paris und einen Theil ihrer Umgebung umfaßt, hatte 31 Aufsichtsbeamte und bewilligte 152400 Francs ( ca. 121920 Mark) jährlich für die Inspektion. Von dieser Summe erhielt der staatliche Inspektor 1600 Mark als Zulage, und außerdem wurde 15 vom Departement ernannten Inspektoren und 15 Inspektorinnen ein Jahresgehalt von je 2400 Mark ausbezahlt. Sowohl in Bezug auf die Zahl als auch auf das Gehalt waren demnach die männlichen und weiblichen Aufsichtsbeamten vollständig gleichgestellt. Außer ihrem Gehalt erhielten die Aufsichtsbeamten Entschädigungen von 240 Mark jährlich, wenn sie in Paris selbst, und solche von 480 Mark, wenn sie in den Vororten Dienst thun mußten. Im Jahre 1891 wurden den Inspektoren und Inspektorinnen noch 12 Adjunkten und zwar je 6 männlichen und weiblichen Geschlechtes beigegeben. Dieſelben sollen die eigentlichen Aufsichtsbeamten im Falle von Behinderung, von Krankheit und während der Urlaubszeit vertreten. Das den Frauen im Departement Seine eingeräumte Versuchsfeld ist eines der wichtigsten Industriezentren der Welt: es wird von fast drei Millionen Menschen bewohnt, umfaßt 30-31000 der Inspektion unterstellte Betriebe, 4617 derselben werden mit Dampfkraft betrieben, die hier verwandten Dampfmaschinen haben 49 207 Pferdekräfte, und fast drei Millionen Zentner Kohlen werden von ihnen verbraucht. Daß die Beamten pflichteifrig waren, beweist schon die Thatsache, daß sie 98 Prozent der Betriebe inspizirten.
Da das Gesetz vom Jahre 1874 weibliche Aufsichtsbeamte nicht anerkannte, so besaßen die im Departement Seine thätigen Inspektorinnen nicht die gleichen Machtbefugnisse wie ihre männlichen Kollegen, und sie fühlten sich durch das Fehlen des gesetzlichen Bodens und die Unsicherheit ihrer Stellung vielfach beengt. Das Arbeiterdoch, es muß geschehen. Ich muß hier fort und sollte ich mich auch nur einen halben Schritt in der Stunde weiter schleppen.
Ich mache fast übermenschliche Anstrengungen, um mich vorwärts zu schieben. Dabei verstreicht der ganze Vormittag. Meine Schmerzen sind entseßlich, aber ich achte faum noch auf sie. Ich weiß nicht mehr und kann mir auch nicht vorstellen, wie einem gesunden Menschen zu Muthe ist. Mir scheint sogar, daß ich mich an die Schmerzen gewöhnt habe. Bis gegen Mittag war es mir wirklich gelungen, etliche Spannen weit von dem Kadaver wegzukriechen und meinen alten Plaz wieder zu gewinnen. Aber nicht lange erfreute ich mich der reinen Luft, wenn überhaupt sechs Schritte von einer verwesenden Leiche von reiner Luft die Rede sein fann. Der Wind schlug um und trug mir den Leichengeruch zu. Die Luft, die ich athme, ist so verpestet, daß mir übel wird. Ich will mich erbrechen und kann es nicht, denn mein Magen ist leer. Verzweiflung ergreift mich und ich weine.
Zum Tode ermattet, halb ohnmächtig lag ich da. Plözlich aber ist es nicht ein Spiel meiner überreizten Phantasie? Doch nein, nein. Gewiß, ich höre Menschenstimmen, ich höre Hufschlag. Ich wollte schreien, rufen, hielt mich aber zurück. Wie, wenn es Türken wären? Was dann? Zu meinen gegenwärtigen Qualen würden sie neue zufügen, entseglichere. Die Haare sträubten sich bei dem bloßen Gedanken an ihre Grausamkeiten, sogar wenn man nur in den Zeitungen davon liest. Sie werden mir bei lebendigem Leibe die Haut abziehen, meine zerschmetterten Beine langsam am Feuer rösten. Vielleicht thun sie mir noch Schlimmeres an, sie sind ja so erfinderisch! sind ja so erfinderisch! Wäre es denn besser, in ihren Händen den letzten Seufzer auszuhauchen, als hier zu sterben? Wie aber, wenn es Russen sind? Oh, die verdammten Gebüsche! Wie eine dichte, undurchdringliche Hecke umgeben sie mich. Sie nehmen mir den Ausblick. Nur an einer einzigen Stelle lichtet sich das Buschwerk. Wie durch ein Fenster schaue ich in die Ferne, sehe ich vor mir das kleine Thal. So viel ich mich erinnere, fließt ein Bach dort, aus dem wir vor der Schlacht getrunken haben. Jawohl, dort sehe ich ja die Sandsteinplatte, welche als Brücke