Der Achtstundentag ist die Losung.

i- Der Ausspruch des englischen Fabriken ist befannt: Ver längert den Arbeitstag um eine Viertelstunde, und ihr legt mir jähr­lich 1000 Pfund( 20000 Mt.) mehr in die Tasche." So treffend er aber das allgemeine Verhältniß zwischen Kapitalist und Arbeiter zum Ausdruck bringt, so ist doch der Satz nicht absolut richtig, ja, unter Umständen tritt sogar das Gegentheil dessen ein, was er behauptet: nämlich, daß der Vortheil des Kapitalisten in der Verkürzung der Arbeitszeit liegt.

Wie jede Kraft, hat eben auch die menschliche Arbeitsfähigkeit ihre Grenzen. Grenzenlos ist nur die Profitgier des Kapitals. Wenn der Kapitalist den Arbeitstag, sage: um eine Viertelstunde verlängert, so hat er wohl den augenblicklichen Vortheil davon. Allein dieser Vortheil entspricht nicht der Zeitverlängerung, sondern ist geringer, weil beim Arbeiter bezw. der Arbeiterin Müdigkeit eintritt und die Leistungsfähigkeit abnimmt. Wenn nun Viertelstunde auf Viertel­stunde folgt, Minuten sich zu Stunden aneinanderreihen; Arbeiter und Arbeiterinnen schändlich abgerackert werden, in dem Maße, als ihre Müdigkeit wächst, weniger Zeit haben, während der sie ausrasten und die verlorenen Kräfte wiederherstellen können, so daß sie am folgenden Morgen bereits müde und schlaff an die Arbeit treten; und wenn dies von einem Tag zum anderen sich wiederholt: so ist schließlich der Kräfteverlust der Arbeiterschaft so groß, ihr Leistungs­vermögen so verringert, daß sie während des langen Arbeitstags weniger zu Stande bringt, als sonst bei einem kurzen Arbeitstage. Dann freilich trägt auch der Kapitalist den Schaden davon.

Daß die Grenzen des hygienisch normalen Arbeitstages, d. h. eines solchen, bei dem Arbeiter und Arbeiterinnen täglich nur soviel arbeiten als ihrer Gesundheit und ihrem Organismus zuträglich ist, und daß ihnen genügend Zeit bleibt, um vollkommen auszuruhen, daß diese Grenzen jetzt in den meisten Fällen ganz bedeutend überschritten werden, ist eine anerkannte Thatsache. Zahlreiche Versuche zeigen deshalb, daß die Verkürzung des Arbeitstages, selbst bis auf acht Stunden, den Kapitalisten feinen Schaden bringt. Im Gegentheil, nicht selten erweist sie sich ihnen sogar als nützlich, wenn nicht durch die Vermehrung der Produktion, so doch wenigstens durch mancherlei Ersparnisse beim Betrieb und durch bessere Qualität der Erzeugnisse.

Wie falsch es jedoch wäre, daraus den Schluß zu ziehen, die

Unterthanen,-nur erklärte sie eben die Andersgläubigen für Hochverräther, um sie hinrichten lassen zu können. Die Folge ihrer Handlungsweise war eine fortwährende Angst vor katholischen Kom­plotten und Attentaten. Aus dieser Angst heraus erwuchs ein Spizzelsystem der greulichsten Art, welches sich überallhin ver breitete. Man erfolterte auch von einem Sir Francis Throcmorton ein Geständniß über eine solche katholische Verschwörung: man mußte doch ein Resultat sehen lassen!

Naheliegend war es, daß Maria, die natürlich Schritte um Verwendung für ihre Befreiung that, als Veranlasferin oder doch wenigstens als Begünstigerin aller Anschläge gegen Elisabeth hin­gestellt und in ihrem Verkehr mit der Außenwelt immer mehr beschränkt wurde. Bald schnitt man ihr jede Verbindung mit der Außenwelt gänzlich ab.

Nach der Behandlung, die Maria in England erfuhr, von einem ungefunden Gefängnisse zum andern geschleift und als Weib, Mutter und Regentin aufs Tiefste beleidigt und beschimpft, wäre es kein Wunder gewesen, wenn sie Alles gethan hätte, um frei zu werden und sich zu rächen, wenn der ihr später gemachte Prozeß fein Justizmord gewesen wäre. Ihre Briefe, die man abfing, sprechen freilich von der Hoffnung, die sie auf die Hilfe ihrer Verwandten sezte. Man verstand es, Maria in Verbindung zu bringen mit der Verschwörung Babington's. Der muthmaßliche An­zetteler derselben, Walsingham , hatte einen höchst brauchbaren Mann, der alle Chiffreschriften lesen und alle Handschriften täuschend nach ahmen konnte und die Kunst verstand, Briefe zu öffnen und so wieder zu schließen, daß man es nicht merkte, daß sie geöffnet worden waren. Trotz aller Manipulationen ergab sich gegen Maria nur das eine, daß sie, falls Jakob an der Kezzerei" des Pro­testantismus festhielte, seine Thronansprüche nicht anerkennen, sondern dem Könige von Spanien übertragen wolle. Der Handschriften­künstler und Brieföffnungsmeister Thomas Philipps hat auch die früher schon erwähnten Kassettenbriefe übersetzt und kopirt, Marias Originale lagen in ihrem Mordprozeß gar nicht vor.

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Kapitalisten würden von selbst für die Verkürzung der Arbeitszeit sorgen, zeigt der hartnäckige und erbitterte Widerstand, den sie den Bestrebungen der Arbeiterklasse auf Herabsetzung der Arbeitszeit bezw. Einführung des Achtstundentages entgegenstellen. Mögen politische Rücksichten der Kapitalistenklasse dabei mit eine Rolle spielen, so läßt sich doch die Sache auch wirthschaftlich sehr wohl erklären. Wie be­reits gesagt, den augenblicklichen Vortheil hat der Kapitalist stets oder wenigstens sehr oft von dem verlängerten Arbeitstage. Der Augenblicksnutzen, so gering er auch sein mag, reißt den kapitalistischen Unternehmer in seiner blinden Habgier hin. An die Zukunft denkt er nicht. Oder, wenn er es doch thut, so rechnet er eben darauf, daß er die schnell abgenutzten Arbeitskräfte durch einen frischeren Arbeiter- oder Arbeiterinnenschlag ersetzen kann. In der Regel denkt der Kapitalist an nichts, außer an die Ausbeutung, und wenn er wahr nimmt, daß die Arbeitsleistung sich vermindert hat, dann verlängert er noch weiter die Arbeitszeit, um den Ausfall zu ersetzen. Aller­dings vermag er dies nur dann, wenn er seinem Willen freien Lauf lassen kann, und nicht die Organisation der Arbeiterklasse seinen menschenfeindlichen Gelüsten einen Damm setzt. Andererseits, weil das Bestreben aller Rapitalisten von vornherein darauf hinausgeht, die Arbeitszeit zu verlängern, so merken sie nicht einmal den Schaden, der ihnen daraus entsteht. Denn weil die Arbeitszeit überall eine über­mäßig lange ist, so ist die Leistungsfähigkeit der Arbeitskräfte ungefähr die gleiche und kommt im Konkurrenzkampf der Kapitalisten untereinander nicht oder nur wenig zur Geltung. Für jedes Land giebt es that­sächlich ein durch die gegebenen Verhältnisse bestimmtes allgemeines Durchschnittsmaß der Kraft und der Leistungsfähigkeit der Arbeiter­klasse. Erst auf dem Weltmarkt, wo die verschiedenen nationalen Industrien miteinander in Wettbewerb treten, machen sich auch die verschiedenen nationalen Durchschnittsmaße der Arbeitsleistung geltend. Doch auch hier zeigt sich der Unterschied blos im Preisunterschied der Waaren. Aber da die Preise außer von der Arbeitsleistung noch von einer Menge anderer Bedingungen abhängen, und die Ar beitsleistung selbst, außer von der Arbeitszeit, noch von anderen Ver­hältnissen beeinflußt wird, so kommt diese Wirkung der übermäßig langen Arbeitszeit gar nicht zum Bewußtsein des Kapitalisten. Um den Preis seiner Waare herunterzusetzen, greift er deshalb wiederum zum hausbackenen und patriotischen Mittel der Verlängerung der Arbeitszeit.

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Babington und einige seiner Anhänger, meist durch die Folter zu Geständnissen gebracht, wurden abgethan, Maria wurde nun noch unwürdiger behandelt.

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Die Angst Elisabeths vor Attentaten scheint dazu beigetragen zu haben, daß sie vielleicht wirklich an Marias unerwiesene Mitschuld glaubte und eine Kommission von 48 Männern zur Untersuchung der erhobenen Anschuldigung einsetzte( 5. Oktober 1587). Ein Rechtsbeistand wurde Maria versagt, da sie unwürdig sei", solchen zu erhalten. Proteste Marias halfen natürlich nichts: man wollte ein Ende machen mit ihr. Sie hatte sich unter den Schutz der englischen Geseze begeben, und man unterwarf sie nun auch denselben, wo sie als willkommene Handhabe zu ihrer gesetzlichen" Ermordung dienen konnten. Das war die Logik der englischen Richter, der Unterthanen Elisabeths. Der Hauptzeuge gegen Maria wäre nun Babington gewesen. Den hatte man aber schleunigst hingerichtet er konnte seine belastend erscheinenden Erklärungen, auf die man sich berief, nicht bestätigen. Blieben also lediglich unbeglaubigte Abschriften und Uebersetzungen von angeblichen Briefen Marias, die ihr ebensowenig vorgelegt werden konnten. Ebenso­wenig wurden ihre Sekretäre, die belastend ausgesagt haben sollten, ihr gegenüber gestellt. Trotzdem sprachen die 36 anwesenden Richter ihr Urtheil dahin aus: Schuldig und mit Tod zu bestrafen!" Maria mußte sich als Opfer ihres Glaubens betrachten, als Opfer der Politik Elisabeths. Nun wurde ihr gestattet, sich gegen diese persönlich auszusprechen.

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Das Bluturtheil wurde vom Parlament bestätigt. Was Wunder, daß später ein englisches Parlament aus eigener Initiative einen König, Karl I. , den bekannten Meineids- Karl, hinrichten ließ?

Der Hinrichtungsbefehl lag bereit, Elisabeth zögerte ihn aus­zufertigen durch ihre Unterschrift und that wüthende Aeußerungen über Diejenigen, welche zwar zu handeln versprächen, aber es nicht verständen". Maria fürchtete heimliche Ermordung.

Am 8. Februar 1587 wurde der politisch- religiöse Justizmord an einer der muthigsten, edelsten und schwerstgeprüften Frauen vollzogen.