Kellnerinnen thun jedenfalls gut, nicht zu viel von jener Seite zu erwarten, dagegen auf ihre eigene Kraft zu bauen und auf die Sympathie und den Beistand des klarsehenden Theils der Arbeiterschaft, der sie in einem wirthschaftlichen Kampf unterstützen wird, wie er für gesetzlichen Schutz gegen ihre Ausbeutung eintritt. .... 1.
Eine Friedenskundgebung französischer Frauen.
Der internationale" Friedensbund der Frauen", der seinen Sitz in Paris hat, richtet an Deutschlands Frauen folgenden Aufruf, der als Symptom Beachtung verdient:
" Die Frauen Frankreichs an ihre Schwestern in Deutschland !
Deutsche Mütter, Schwestern und Frauen! Der Charakter des Krieges wird von Tag zu Tag in seinem wahren Wesen mehr erkannt. Er ist Massenmord, der immer barbarischer wird durch die entsetzliche Gewalt der neuen Waffen. Der menschliche Geist empört sich endlich gegen den tausendjährigen furchtbaren Irrthum, welcher den militärischen Ruhm ausmacht. Jede Armee, die die andere bekämpft, hinterläßt Ströme von Blut, Thränen und Trauer. Die Frauen Englands sind zu uns gekommen, damit wir uns mit ihnen zu einem Bund für den Frieden vereinigen, zu dessen Ausbreitung die Mütter und die Frauen, die Gattinnen, die Schwestern, die Verlobten der beiden Länder beitragen sollen. Mit den Frauen Englands vereint bitten wir die Frauen aller Völker, sich zu einem internationalen Bunde zu vereinigen, welcher den Frieden und die allgemeine Entwaffnung zum Ziele hat. Was uns betrifft, so reichen wir Euch hierzu freundschaftlich die Hand. Deutsche Frauen! Möchtet auch Ihr dem Bunde beitreten, Ihr wollt so wenig, wie wir, daß die Eurigen getödtet werden oder Andere morden; unsere Interessen sind die gleichen. Je mehr Blut zwischen den Völkern fließt, desto mehr werden die getrennt, welche die Natur geschaffen hat, Brüder und Freunde zu sein. Die Erziehung der zukünftigen Generation gehört den Müttern. Vereinigt Euch mit uns, um den schönsten Sieg zu erringen, die allgemeine Entwaffnung! Schwestern jenseits des Rheins, habet Muth und nehmt unsern Aufruf freundlich auf. Die Mütter, die Gattinnen, die Schwestern werden es allein wagen, in unseren Friedensruf einzustimmen. Laßt uns hinaus rufen, damit das menschliche Gewissen sich gegen die Gewalt regt: Mögen die Massenmorde aufhören und ein neues Morgenroth des Völkerfriedens Alle vereinigen.
Frau Grieß- Traut , Vizepräsidentin des Vereins für die Hebung der Stellung der Frau, Leonie Rouzade , Maria Pognon , Paule Mink, Brisset, Gardineau, Eugenie Potonié- Pierre 2c. 2c. Paris , den 21. August 1895.
Die obenstehende Kundgebung ist bereits in zwanzig Pariser Tageszeitungen, in schweizerischen, englischen, amerikanischen und holländischen Blättern verbreitet worden. Sie hat zahlreiche Zustimmungen erfahren, auch seitens deutscher Frauenrechtlerinnen, so der Frau Lina Morgenstern .
Die deutschen klassenbewußten Proletarierinnen sympathisiren selbstverständlich mit den in dem Aufruf kundgegebenen Gefühlen. Aber sie wissen auch, daß auf schöne Gefühle gegründete Friedens gesellschaften den Krieg nicht beseitigen werden. Das brudermörderische Wüthen von Land gegen Land kann einzig und allein verschwinden mit dem Zusammenbruch der Gesellschaft der Klassengegensätze. Das revolutionäre Proletariat, das die Beseitigung der Klassengegensätze erkämpft, ist die einzige wahre, erfolgreiche Friedensgesellschaft. Mit der Befreiung des Proletariats verschwindet zusammen mit dem Krieg von Klasse zu Klasse auch der Krieg von Rasse zu Rasse. Für den Frieden, den die deutschen Proletarierinnen so heiß ersehnen wie die Frauen anderer Länder, wirken sie deshalb am erfolgreichsten, indem sie in Reih und Glied der Sozialdemokratie kämpfen, statt ihre Kräfte in Organisationen guter Menschen aber schlechter Musifanten zu verzetteln, welche nach prächtig schillernden Seifenblasen haschen.
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In Schweden hat bekanntlich die bürgerliche Gesellschaft dem weiblichen Geschlecht eine rechtliche und soziale Stellung eingeräumt, welche wenn sie auch noch nicht die volle Gleichberechtigung der Frau mit dem Manne bedeutet- doch immerhin sich dieser um einen ansehnlichen Schritt nähert. Seit langem sind hier die Frauen zu Berufen und Aemtern, auch staatlichen, zugelassen, von denen sie in Deutschland noch ausgeschlossen sind und nach Spießbürgers Wahnglauben und Gebet auch im Interesse aller göttlichen, sittlichen
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und natürlichen Ordnung" für alle Ewigkeit ausgeschlossen bleiben sollen. Schweden versagt seinen Töchtern die Universitätsbildung nicht, vorausgesetzt, daß besagte Töchter zu den zahlungskräftigen Schoßfindern des Vaterlandes gehören und nicht zu den rackernden, darben den proletarischen Stiefkindern, denen die Armuth als Cherub mit flammendem Schwert den Eintritt in das Bildungsparadies verwehrt. Und nicht nur als Lernenden, auch als Lehrenden hat das nordische Königreich seine Hochschulen den Frauen geöffnet. Zu Anfang der achtziger Jahre wurde Sofie Kowalewska, die bedeutende Gelehrte, feingeistige Schriftstellerin und überzeugte Sozialistin mit einer Professur der Mathematik an der Universität Stockholm betraut, und nach ihrem Tode wurde abermals eine Frau zur Nachfolge berufen. Seit zehn Jahren schon besitzen die schwedischen Frauen das Wahlrecht zu den Bezirks- und Gemeinderäthen unter den gleichen Bedingungen wie die Männer. Mit jedem Jahre schrumpft die Zahl Derer zusammen, welche Gegner des Stimmrechts der Frauen zu den Parlamenten sind. Die Bewegung für die volle rechtliche Gleichstellung der Ge schlechter, wie sie von den bürgerlichen Frauenrechtlerinnen energisch gefordert und in Wort und Schrift vertreten wird, ergreift immer weitere Kreise.
Aber die kapitalistische Entwicklung ist auch in Schweden soweit fortgeschritten, sie hat in der Welt der Frauen wie in derjenigen der Männer so tiefe, unversöhnliche Klassengegensäße geschaffen, daß die sogenannte Befreiung des weiblichen Geschlechts in Wirklichkeit nur die soziale Befreiung der bürgerlichen Frauen bedeutet, daß die große Masse der Frauen auch nach ihrer Verwirklichung so werthvoll diese auch für sie ist nach wie vor sozial unfrei bleibt. Der frauenrechtlerischen Phrase von der Schwesternschaft des gesammten weib lichen Geschlechts stellen auch in Schweden die thatsächlichen Ver hältnisse die Klassengegensätze und den Klassenkampf gegenüber. Dieser Sachlage entsprechend ist auch hier eine proletarische Frauen bewegung in Fluß gekommen, welche in reinlicher Scheidung von der bürgerlichen Frauenrechtelei losgelöst ist, dafür aber im engsten Zusammenhang mit der sozialistischen Arbeiterbewegung steht und einen Theil derselben ausmacht. Sie geht von der Auffassung aus, daß es für die proletarischen Frauen feine besondere Frauenfrage giebt, daß für sie die Frage ihrer vollen sozialen Befreiung einzig und allein ihre Lösung finden kann zusammen mit der Lösung der großen sozialen Frage, zusammen mit der Befreiung der Arbeit vom Joche des Kapitals. Sie erachtet es deshalb als ihre vornehmste Aufgabe, mit aller Energie dahin zu wirken, daß die schwedischen Proletarierinnen zur Erkenntniß ihrer Klassenlage erwachen und als aufgeklärte und organisirte Streiterinnen am Kampfe ihrer Klasse theilnehmen.
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Der Hauptsitz der Bewegung ist Stockholm , wo zwei Frauen organisationen bestehen„ Stockholms Almónna Koinnoklubb" und Sódra Koinnoklubben", welche ausgesprochen sozialdemokratisch sind und an den Aktionen der schwedischen sozialdemokratischen Partei regen Antheil nehmen. Beide Vereine wollen ihre Mitglieder zu einer zielbewußten Thätigkeit im Dienste des fämpfenden Proletariats er ziehen. Zu diesem Zwecke finden am ersten und dritten Montag jeden Monats regelmäßige Versammlungen statt, in denen geeignete Vorträge gehalten werden, an welche sich Diskussionen anschließen. Die Vereine beschäftigen sich u. a. auch viel mit politischen Fragen, denn in Schweden haben die Frauen das Recht, in ihren Organisationen Politik zu treiben, politische Vereine zu gründen und solchen anzus gehören. Die Stockholmer Frauenvereine sollen aber auch Mittelpunkte sein, von denen aus Aufklärung und Organisation in breitere Kreise der proletarischen Frauenwelt getragen wird, von denen Anregung zu fruchtbarer Arbeit ausgeht und thatkräftige Förderung solcher. Zu diesem Behuse veranstalten sie u. a. große öffentliche Frauenversammlungen. So fand im vorigen Winter in Stockholm eine imposante Frauenversammlung statt- sie war von 5-600 Theil nehmerinnen besucht, einer für unsere Verhältnisse stattlichen Anzahl welche Stellung nahm zur Frage des Frauenstimmrechts und erörterte, durch welche Mittel die proletarischen Frauen die Männer in ihrem Kampfe um das allgemeine, gleiche und direkte Wahlrecht unterstützen könnten. Wir heben die letztere Thatsache besonders hervor, weil sie zeigt, daß die schwedische proletarische Frauenbewegung nichts mit bürgerlicher Frauenrechtelei gemein hat, und daß sie den Kampf gegen die Vorrechte und die Machtstellung des Besitzes mit der sozialistischen Arbeiterpartei zusammen führt.
Besonderes Gewicht legen die schwedischen Sozialdemokratinnen auf die Organisirung der Arbeiterinnen. In dem Maße, als sich auch in Schweden die moderne Großindustrie entwickelt, gelangen auch hier immer mehr Frauen und Mädchen als billigere Arbeitskräfte zur Verwendung. 1883 frohndeten in 2938 Fabrifen 69 193 Proletarier, von denen 18 136 weiblichen Geschlechts waren. Und seitdem hat die
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