Sflavinnen stolze, selbstbewußte Frauen, die wissen, daß sie auf Niemanden, als auf sich selbst zu hoffen haben. Dem Mangel an Kenntnissen endlich steht der Reichthum an praktischen Erfahrungen gegenüber. Die wesentlichste Förderung aber findet die Arbeiterinnenbewegung dadurch, daß die sozialdemokratische Bewegung, die machtvolle sozialdemokratische Partei hinter ihr steht. Darin liegt ihre moralische Stärke und die Gewißheit, daß ihr Weg, wenn er auch noch so hart und steinig ist, endlich zum Siege führt.
Wenn wir nun all' die genannten Punkte zusammenhalten, und vor allem das, was uns hemmt, ins Auge fassen, so lassen sich unsere nächsten Aufgaben unschwer bestimmen. Sie theilen sich ein in die Wirksamkeit nach innen und die Wirksamkeit nach. außen. Unter der Wirksamkeit nach innen verstehe ich diejenige, welche sich auf den Kreis beschränkt, der schon zu uns gehört. Weil er schon zu uns gehört, wird die Wirksamkeit in seiner Mitte, wie mir scheint, vielfach vernachlässigt, und doch sollte er die Kerntruppe bilden, aus der die Offiziere hervorgehen. Um das zu ermöglichen, um ein Auseinanderlaufen, ein Allerleianfangen und Wenigvollenden nicht aufkommen zu lassen, muß für ihn, trotz der Auflösung der Arbeiterinnenvereine, der Agitationskommission u. s. w., eine feste Organisation geschaffen werden, die sich in verschiedene rein praktische Arbeitsgebiete eintheilt.
Wie wir wissen( vergl.„ Correspondenzblatt" der Generalfommission der Gewerkschaften Deutschlands vom 14. Sept. v. J8.), hat die Generalkommission der Gewerkschaften es unternommen, Erhebungen über die Lage der Arbeiterinnen in Deutschland zu veranstalten. Die sich hieran betheiligenden Frauen
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es wird sich ja um eine auf Jahre ausgedehnte Arbeit handeln- bilden schon eine Gruppe für sich, die, wenn die Thätigkeit in einer Stadt und einem Gewerbe abgeschlossen ist, nicht wieder auseinandergehen sollte.
Eine zweite Gruppe, welche ich die bibliographische nennen möchte, sollte es sich zur Aufgabe stellen, alles auf Frauenarbeit, Arbeiterinnen- Schußgeseze, soziale und wirthschaftliche Lage der Frauen und dergleichen mehr in Büchern, in Veröffentlichungen seitens der Regierungen und der Gewerkschaften, in der Presse des In- und Auslandes vorliegende einschlägige Material zu sammeln und zu ordnen und dadurch nicht nur sich selbst zu belehren, sondern auch eine Auskunftsstelle zu schaffen, die für solche Frauen, welche schriftlich oder mündlich agitatorisch thätig sind, von großem Nußen wäre.
Die Mitglieder einer weiteren dritten Gruppe, welche als juristische bezeichnet werden könnte, sollten alle gerichtlichen, vor allem gewerbegerichtlichen Entscheidungen sammeln, die für die erwerbsthätigen Frauen von Wichtigkeit sind. Sie sollten als praktische Berather den Arbeiterinnen zur Seite stehen und besonders solche Beschwerden entgegennehmen und untersuchen, welche dem zuständigen Fabrikinspektor dann weiter zu unterbreiten sind.
Endlich aber müßte sich eine vierte und legte Gruppe damit beschäftigen, durch Veröffentlichungen in der Presse und Herausgabe von Flugblättern die Kenntniß der Lage der arbeitenden Frauen verbreiten und ihre gewerkschaftliche Organisation fördern zu helfen. Sie müßte in Form von Flugblättern leichtfaßliche furze Zusammenstellungen der für die Frauen im Allgemeinen und die arbeitenden Frauen im Besonderen wichtigen gesetzlichen Vorschriften publiziren; denn die Arbeiterin ist nicht in der Lage, sich die für sie so überaus wichtigen Kenntnisse aus dickleibigen Büchern zusammen zu suchen; sie wird oft, ohne es zu wissen, ein Opfer ungesetzlicher Uebergriffe, weil sie selbst die wenigen, zu ihrem Schuße erlassenen Geseze nicht kennt.
Mit dieser Thätigkeit greifen wir schon zu der Wirksamkeit nach außen hinüber, die sich in direkter und indirekter Weise auch aus der Thätigkeit der übrigen Gruppen entwickeln würde. Die ganze Veranstaltung rechnet aber, wie wir sehen, mit den bestehenden Verhältnissen; die rednerische Agitationsthätigkeit auf gewerkschaft lichem wie politischem Gebiet liegt außerhalb ihres Streises; sie fann nur in fruchtbarer Weise darauf einwirken.
Nach und nach sollte in jeder Stadt eine ähnliche Organisation gebildet werden, natürlich ohne daß sich die einzelnen des fluchwürdigen Verbrechens schuldig machen, miteinander in Verbindung zu treten! Denn das Beispiel des Bundes deutscher
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Frauenvereine dürfte vor den gestrengen Blicken der Polizei auf uns feine Anwendung finden!
Zur Durchführung des Planes haben wir Kräfte genug, die nur des festen Zusammenschlusses bedürfen, der in unseren Reihen um so leichter sein muß, als die klassenbewußten Arbeiterinnen es in ihrem langen Kampfe gelernt haben, die Persönlichkeit allezeit der Sache unterzuordnen. Nicht kleinliche Eitelkeit, nicht persönlicher Ehrgeiz, die in der bürgerlichen Frauenbewegung eine solche Rolle spielen, dürfen bei uns die Oberhand gewinnen, nicht darnach dürfen wir fragen, ob uns der Mitarbeiterin Nase gefällt oder mißfällt, sondern allein darnach, was der Sache nüßt.
Von diesem Standpunkt aus ist bereits über einzelne Seiten des hier zusammengefaßten Arbeitsplans geurtheilt worden und manches ist der Verwirklichung nahe. Tritt das Ganze ins Leben, so bin ich sicher, daß es der Ausgangspunkt einer für die Arbeiterinnenbewegung segensreichen Entwicklung sein wird.
Nachwort der Redaktion. Wir stellen den vorstehenden Artikel unserer Genossin Braun, der eine sehr wichtige Frage auregt, zur Diskussion. Mögen die Genossinnen sich recht zahlreich zu der angeschnittenen Frage äußern, besonders diejenigen, die seit Jahren agitatorisch und organisatorisch thätig sind. Sie können die beste Auskunft auf die Frage geben: Haben wir Kräfte übrig, die wir für wissenschaftlich- praktische Hilfsarbeiten festlegen können, ohne daß dadurch unsere Hauptaufgabe leidet: die Agitation unter der Masse der noch indifferenten Proletarierinnen?
Die Redaktion der„, Gleichheit".
Kritische Bemerkungen zu Genossin Brauns Vorschlag.
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Genossin Braun hat es in dankenswerther Weise unternommen, ein Programm für die Wirksamkeit nach innen" der deutschen Arbeiterinnenbewegung zusammenzustellen. Dieses Programm ist mutati mutandis im Wesentlichen eine Kopie der Organisation und Arbeitsmethode des in den letzten Jahren in England gegründeten Zentralausschusses für Frauenarbeit"( Women's Industrial Council). Das ist an und für sich gewiß kein Fehler. Warum sollten wir nicht von dem Vorgehen anderer Nationalitäten lernen, warum sollten wir nicht nachahmen, was nachahmenswerth ist und Nußen verspricht? Wenn ich den Umstand betone, so hat das seinen besonderen Grund. Er erklärt meines Erachtens, daß das Programm einen Zuschnitt aufweist, daß es mit Voraussetzungen rechnet, betreffs derer vom Standpunkt der allgemeinen sozialistischen Arbeiterbewegung aus die Werthschätzung nicht mit Genossin Brauns Urtheil übereinstimmen fann. Der englische Zentralausschuß", das wurde ausdrücklich hervorgehoben, sollte keinerlei parteipolitische Zwecke verfolgen. Sein Programm entspricht dieser Bedingung, es ist das einer„ parteilofen" Körperschaft, die eine Verquickung von Studienzwecken und sozialreformlerischer Aktion verfolgt. Der überwiegenden Mehrzahl nach sind es bürgerliche Elemente, welche in dem Ausschuß thätig sind, das heißt Leute, welche zu seinen Gunsten etwas Zeit und Mittel opfern können. Ich finde nun den einen und den anderen Zug in Genossin Brauns Vorschlag wieder. Sowohl den„ parteilosen" Charakter der englischen Einrichtung, wie auch die Voraussetzung, daß die in den vorgeschlagenen Gruppen zusammengeschlossenen Frauen über Zeit und Geld zum Besten der Einrichtung verfügen müssen. Da drängt sich denn die Frage auf, liegt soweit der Plan auf die Schulung unserer Kerntruppen abzweckt ein solches Erziehungsprogramm im Interesse einer Bewegung, welche einen entschiedenen Parteicharakter trägt? Und die andere, haben wir in den sozialisti schen Frauenkreisen schen Frauenkreisen ohne daß unsere Hauptaufgabe der Agitation unter den Massen leidet die nöthigen Personen- und Geldkräfte, um den Vorschlag als Arbeitsprogramm durchzuführen?
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Aufgabe der sozialistischen Frauenbewegung soll es sein, die Proletarierinnen zum Klassenbewußtsein zu wecken, sie aus einer indifferenten oder hemmenden zu einer treibenden Kraft im wirthschaftlichen und politischen Klassenkampfe des Proletariats zu verwandeln, sie zu bewußten Sozialistinnen zu erziehen. Dieser Hauptaufgabe muß die Wirksamkeit nach innen sich unterordnen, anpassen. Genossin Brauns Programm zur Erziehung der Kerntruppen, aus denen die Offiziere hervorgehen", entspricht, wie mir scheint, dieser Forderung nicht. Die politische Schulung der Frauen durfte es ja Dank der ord