herrscht. Wenn wir die so nothwendigen Kräfte der Agitation entziehen und sie den Gruppen zuführen, so heißt das überall und nirgends sein auf Kosten unseres Hauptzieles. Da für uns keine besondere Frauenbewegung im bürgerlichen Sinne existirt, sondern nur eine proletarische Arbeiterbewegung, so ist es sehr gut möglich, einen Theil der vorgeschlagenen Gruppenarbeit, soweit sie nützlich und praktisch durchführbar ist, in die Hände der Gewerkschaften zu legen. Hier nehmen heute schon die Frauen verschiedene Stellungen ein und arbeiten mit den Männern Hand in Hand, so z. B. in Sachen der Fabrikinspektion, Statistik u. s. w. Ich meine, hier liegt auch ein großes Arbeitsfeld für die bürgerliche» Kreisen angehörenden Genossinnen, welche nicht ihre ganze Persönlichkeit rückhaltslos in den Dienst der sozialistischen Bewegung stellen wollen oder könne». Hier ist ihnen die Möglichkeit gegeben, für die Idee des Sozialismus, für die Besserstellung der Arbeiterinnen in der Gegenwart zu wirken; hier sind die Gruppen, denen sie sich einreihen müssen, um in nützlicher und befriedigender Weise zu arbeiten. Für uns gilt es, die Massen geistig zu revolutioniren, und zwar die Frauen des werk- thätigen Volks vor allem, um den Kampf auf der ganzen Linie erfolgreich führen zu können gegen wirthschaftliche Ausbeutung und politische Knechtung. Die weiteren Gründe gegen den Vorschlag hat Genossin Zetkin zur Genüge dargelegt. A. verw. Eichhorn-Dresden . Aus der Bewegung. Der Streik der Wäscherinnen in Neu-Isenburg dauert wider Erwarten fast in dem alten Umfange fort. Einen kleinen Erfolg haben die Ausständigen insofern errungen, als neuerdings ein weiterer Betrieb die gestellten Forderungen bewilligte, so daß nur noch 12» Arbeiterinnen im Streik stehen. Mit großer Hartnäckigkeit weisen die Unternehmer eine Verständigung mit den Wäscherinnen zurück. Wie es in einem Flugblatt„an die Einwohnerschaft Frank furts " heißt, werden in den Wäschereien„zum Theil Personen beschäftigt, welche allen Grund hätten, sich erst selbst einmal einer gründlichen körperlichen Reinigung zu unterziehen, ehe sie daran denken sollten, die Wäsche anderer Leute nur in die Hand zu nehmen." Weiter sollen die Herren sich dadurch aus der wachsenden Verlegenheit zu ziehen suchen, daß sie die Wäsche ihrer Kundschaft in den Frankfurter Dampfwüschereien fertigstellen lassen. Die Streikenden Gevatter Tod . Von Henrik Pontoppidan . (Fortsetzung.l Um sie her stand alles in so kräftiger Blüthe, so glückverheißend, und erzählte ihnen von überwundenem Streit, von neuem Leben und einer reichen Gnade, die ihnen nun beinahe ganz unverdient vorkam. Später, am Abend, setzten sie sich zusammen auf eine Bank, die Simon, um das neue Leben einzuleiten, vor der Hausthür zusammengezimmert hatte. Mit großer Besonnenheit stopfte er sich hier eine neue Holzpfeife mit blankem Deckel, die er sich am Vormittag in der Stadt gekauft hatte, und indem er vorsichtig den kostbaren Rauch einsog, sah er aufmerksam auf die niedrig fortschwebenden blauen Tabakswolken, so wie er meinte, daß es sich für Leute schickte, die ihr Dasein genössen. Ane erhob sich dann und wann, pflückte Stachelbeeren in ihre Schürze und setzte sich darauf wieder hin, um dieselben zu verzehren, wobei sie sich zwang, nicht an das Geld zu denken, das sie eingebracht hätten, wenn sie auf dein Markt in der Stadt verkauft worden wären. Bor der Brust hatte sie eine frischgepflückte Rose. Mitunter sahen sie einander an und dann lächelten sie ein wenig. In Anes Augen lag immer ein leiser, feuchter Schimmer, während Sinion in langen Zwischenräumen seinem vollen Herzen in einigen Worten Luft machte. Er fand aber nur den einen Satz:„Ja, ja— hier sitzen wir jetzt, Ane." Allmälig flössen ihnen die Worte aber doch leichter und ihr Lachen wurde mehr ungezwungen. Zuletzt fing Ane sogar an— von einem plötzlichen Uebermuth ergriffen— Simons Kopf mit Stachelbeerschalen zu bewerfen. Erst saß er eine Weile und ließ es sich mit würdiger Ruhe gefallen, aber bald fing er an, die Neckerei zu erwidern, indem er sie besonnen niit der Pfeifenspitze in die Seite pickte und unter den Armhöhlen kitzelte. Sie gab ihm einen Schlag auf die Hand und lachte übermüthig. Aber da griff er ihr plötzlich um beide Handgelenke und suchte sie rückwärts lassen sich deshalb angelegen sein, die Kundschaft über diesen Sachverhalt und über die erbärmlichen Arbeitsbedingungen, welche den Kampf zeitigten, aufzuklären. Sie hoffen, daß die betreffenden Kreise durch einen Druck auf die Unternehmer auf die Bewilligung der be- scheivenen Forderungen hinwirken. Nach wie vor bekundet die Welt der Arbeit ihre Solidarität mit den Ausständigen. Aber auch bürgerliche Kreise beginnen, diesen Sympathie zuzuwenden. In der„Kleinen Presse" z. B. tritt ein Aufruf warm für die Wäscherinnen ein und fordert zu ihrer materiellen Unterstützung auf. Die bürgerliche Frauenorganisation Frankfurts hat den Ausständigen ihre Unterstützung in Aussicht gestellt. Sie will eine Versammlung einberufen, zu welcher die Kundschaft der Neu-Jsenburger Wäschereien eingeladen und über die Berechtigung der vorliegenden Bewegung aufgeklärt werden soll. Ferner heißt es, daß sie die Absicht hätte, in Neu- Isenburg eine Genossenschaftswäscherei zu errichten. Mehrere Streikbrecherinnen haben die Arbeit bereits wieder niedergelegt, die weiter schuftenden gelten für untüchtig, den gestellten Anforderungen zu genügen. Unter diesen Bedingungen sind die Wäscherinnen fest von ihrem endlichen Siege überzeugt. Bisher hat sich die Hoffnung der Unternehmer nicht erfüllt, der Hunger werde die Ausständigen zu Paaren treiben. Diese sind entschlossen, durch ihre muthvolle, opferfreudige und besonnene Haltung das Protzen der Wäschereibesitzer auch fernerhin zu Schanden zu machen. Eine Wiederaufnahme der Arbeit zu den alten, menschenunwürdigen Bedingungen weisen sie energisch zurück, dagegen sind sie zu Verhandlungen mit den Unternehmern vor dem Einigungsamt bereit. Es trägt wesentlich dazu bei, den Streikenden die Sympathie größerer Kreise zu gewinnen, daß sie trotz ihres augenscheinlichen guten Rechts zu einer Verständigung bereit sind, während die Wäschereibesitzer von einer solchen nichts wissen wollen. Der Umstand beleuchtet scharf, wie groß die Profitgier und die Herrschsucht der ausbeutenden Kapitaliste» ist. Mehr als IVO Arbeiterinnen, die von ihnen abhängigen Kinder und Familienangehörigen nicht gerechnet, können wochenlang entbehren, hungern, nur damit das Herrenrecht der Unternehmer unangetastet bleibt, die Arbeitsbedingungen einseitig im Interesse ihres Vortheils, ihres Beliebens festsetzen zu können. Die weitere Unterstützung der Kämpfenden ist dringend nöthig, soll Arbeiterrecht über Kapitalistenmacht triumphiren. Bon der Agitation. Im Herzoglhum Sachsen-Altenburg unternahm Genossin Greifenberg -Berlin in der Zeit vom 1. bis 10. Mai eine sehr erfolgreiche Agitationstour. Die Referentin sprach hinüberzuwälzen. Sie wehrte sich tapfer und stieß nach ihm mit dem Holzschnhen. Das amüsirte sie. An solchen Scherz hatten sie früher nie denken können. Und da die Sonne ganz am Horizont geschwunden war und sie in ihrem Alkoven lagen, küßten sie sich so warm und lange, als hätten sie sich zum zweiten Male in einer neuen und glücklicheren Jugend gefunden. Unter den vielen Bestimmungen, die sie schon im Voraus getroffen hatten, war auch diese, daß sie von dem glücklichen Tage an des Morgens eine Stunde länger im Bett liegen wollten. Im Anfang war ihr Blut jedoch hierfür noch zu unruhig und im Ganzen traten keine großen Veränderungen in dem täglichen Gang ihres Lebens ein. Sie schafften sich einen rothbemalten Kleiderschrank für ihre Stube an und Simon bekam einen neuen Hut— der ihm sehr noth that. Auch die Lehmdiele wurde im Laufe des Sommers aufgebrochen und durch Bretter ersetzt, und an Stelle der gewöhnlichen Kartoffeln mit Mehlsauce bekamen sie nun öfter Fleischspeise, Erbsengrütze mit Milch, gebratenen Speck, ja sogar Klippfisch mit geschmolzener Butter. Aber im Uebrigcn blieb alles beim Alten, und unten im Bettstroh schwoll der rothe Beutel schon von der ersten Einlage in die Sparkasse. Aber im Laufe der Ernte fühlte Ane sich plötzlich weniger wohl als gewöhnlich; und an einem Tage, als sie oben auf einem Fuder Korn stand und das Getreide zurecht legte, stemmte sie plötzlich die Hand in die Seite und unterdrückte einen kleinen Schrei. „Wart' ein wenig", zischte sie schnell durch die Zähne Simon zu, der unten stand und ihr das Korn hinaufreichte.„Was fehlt Dir?" fragte er und senkte die Heugabel. Aber Schmerzen überwältigten sie und sie mußte sich im Fuder niedersetzen. „Um Jesu willen... Was ist Dir, Ane?" „Ich weiß nicht... im Magen!" „Na so"— sagte Simon beruhigt und steckte ihr wieder Korn hinauf.„Du mußt Dir ein paar Pfefferkörner zur Vespermahlzeit nehmen, dann wird's schon nachlassen."
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7 (26.5.1897) 11
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