in Altenburg  , Nobiz, Schmölln  , Sachsenroda  , Schnauder hainichen, Roschüz, Weißenborn, Ronneburg  , Gößnih, Eisenberg und Kahla  . Ein Theil der genannten Orte sind sehr bezeichnender Weise kleine Dörfer, in welchen früher kein Sozial­demokrat, geschweige denn eine Sozialdemokratin hätte sprechen können. In Altenburg  , Nobitz   und Schmölln   referirte Genossin Greifenberg  über die Bedeutung des 1. Mai, in den übrigen Versammlungen über Themata, welche ihr Gelegenheit gaben, die untergeordnete Stellung der Frau in der heutigen Gesellschaft und die Nothwendigkeit der Betheiligung der Proletarierinnen am Klassenkampf flarzulegen. Ihre diesbezüglichen Ausführungen vermochte sie recht scharf zu illustriren durch den Hinweis auf die Haltung des altenburgischen Landtags gegenüber der jüngst verhandelten Frage der Anstellung weiblicher Fabrikinspektoren. Zu einer imposanten Demonstration für die Be­freiung des Proletariats gestaltete sich die Vormittagsversammlung am 1. Mai in Altenburg  . Kopf an Kopf drängte sich die Menge von Arbeitern und Arbeiterinnen in dem großen Saale, viele mußten umkehren, ohne Einlaß gefunden zu haben. Besonders interessant war auch die Abendversammlung in dem kleinen Nobit. Sehr viele Frauen befanden sich unter den etwa 300 Versammlungsbesuchern, sogar alte Mütterchen hatten den Weg in strömendem Regen nicht gescheut, und bekundeten durch Zwischenrufe und reichen Beifall, daß sie den Ausführungen der Referentin beistimmten. In Schmölln  wurden die Versammelten durch den Ueberwachenden darauf aufmerk sam gemacht, daß das Singen nach Schluß des Referats verboten sei! Ob die biederen Behörden wohl proletarischen Liedern die mauer­stürzende Kraft der Trompeten von Jericho zutrauten und für den Bestand des guten Städtchens zitterten? In Weißenborn bei Eisen­berg war es den Genossen zum ersten Male gelungen, anläßlich der Versammlung der Genossin Greifenberg   einen Saal zu erhalten und zwar obendrein einen schönen geräumigen Saal. Der Schulze des Dorfs gab sich zwar redlich Mühe, dem Wirthe klar zu machen, wie hochsträflich es sei, die größte Sozialdemokratin" in seinen vier Wänden sprechen zu lassen. Doch zog der Wirth sein gegebenes Wort nicht zurück, die Versammlung konnte stattfinden und nahm einen sehr befriedigenden Verlauf. Da der Saal während der umstürz­lerischen" Rede nicht eingefallen, die Ordnung und Ruhe nicht ge­stört worden ist, auch der Wirth ein recht gutes Geschäft gemacht hat, so wird das Lokal künftighin den Genossen hoffentlich auch zu anderen Versammlungen zur Verfügung stehen. Erfreulicher Weise waren in allen Versammlungen die Frauen gut vertreten und be­

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Als Ane nach Hause kam, nahm sie dreizehn große Pfeffer förner in einem halben Glas Branntwein. Des Nachts lag sie mit ihrem wollenen Unterrock auf dem Magen, und um ein Ueb­riges zu thun, hatte sie heimlich eine gespaltene Erbse in ein frisches Mauseloch gelegt so daß man nicht erst zu sagen braucht, daß sie sich diesmal wieder erholte. Aber ganz gesund wurde sie trotzdem nicht. Den ganzen Herbst ging sie kränkelnd und frierend umher, trotzdem sie pünktlich den Verordnungen des Distriktsarztes nachkam. Sie rieb sich dreimal täglich über die Lenden mit Wolle, enthielt sich aller schwer verdaulichen Speisen, trant Morgens und Abends blutreinigenden Thee und unterschrieb die Kanonen­adresse".*

Der alte humorvolle Herr, der gewöhnlich von einem Mittag­essen oder einem Jagdfrühstück auf einem der Güter fam, wußte offenbar nicht recht, woran er war und nahm daher das Ganze von der gemüthlich- scherzhaften Seite. Aber es blieb wie es war und wollte durchaus nicht besser werden. Wenn sie ahnungslos in ihrer Thätigkeit am Butterfaß oder am Herde stand, konnten die Schmerzen plößlich wie ein jäher Stich durch ihren Körper fahren, so daß sie sich nicht aufrecht zu halten vermochte. Eine alte Frau aus dem Dorfe, die mitunter zu ihnen fam, um Grünsachen zu kaufen, gab ihr den Nath, einer Brüthenne den Kopf abzuschlagen und das warme Blut zu trinken; aber es mußte des Morgens ge­schehen, während sie noch nüchtern war. Ane probirte es; aber es half nichts. Eine andere Frau, die von ihrem Leiden gehört hatte, suchte sie eines Tages auf dem Felde auf und vertraute ihr eine ganze Reihe von Mitteln an, die wie sie betheuerte alle unfehlbar seien. Sie brauchte blos beim nächsten abnehmenden

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* So nannte das Volk ironisch die Listen derjenigen, die für eine Befestigung Kopenhagens   durch Selbstbesteuerung schwärmten. Das ganze Befestigungsprojekt ging von den Konservativen aus und war der Mehrheit des Volkes verhaßt. Die Damen, die die Adressen von Haus zu Haus trugen, hießen ,, Kanonenweiber".

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| zeugten durch Zurufe und Beifall, daß sie den von der Referentin vertretenen Jdeen und Bestrebungen Interesse und Verständnißẞ ent­gegen bringen. Auch Privatgespräche hinterließen den Eindruck, daß in der Gegend die Frauen des werkthätigen Volks, sowohl die Ar­beiterinnen wie die Hausfrauen, aus stumpfsinniger Ergebung in ihr Loos erwachen, daß sie den Drang fühlen, sich über ihre Lage auf­zuklären und für Verbesserung derselben und endgiltige Befreiung zu ringen. Verdächtigungen, Verleumdungen und Verfolgungen zum Trotz mehrt sich die Zahl der Proletarierinnen, die hellen Auges und begeisterten Herzens sich um das rothe Banner der Sozialdemokratie schaaren. M. G.

Die Handlungsgehilfinnen zum Klassenbewußtsein zu wecken und ihnen die Nothwendigkeit des Zusammenschlusses in einer Or­ganisation klar zu machen, welche auf dem Boden des Klassenkampfes steht, dies der Zweck einer Versammlung der Handlungsgehilfinnen, die Ende April in Berlin   tagte. Genossin Zettin sprach über das Thema:" Welchen Charakter muß eine Organisation tragen, die die Interessen der Handlungsgehilfinnen wirksam vertritt?" Die Re­ferentin gab an der Hand eines umfangreichen zahlenmäßigen Mate­rials einen Ueberblick über die Erwerbs- und Lebensverhältnisse der Handlungsgehilfinnen. Sie wies nach, daß die Mißstände, unter denen diese betreffs der Honorirung, langer und ungeregelter Arbeits­zeit 2c. leiden, die unvermeidlichen Folgen des Gegensatzes zwischen Kapital und Arbeit sind. Die Organisation, welche die Verhältnisse der Handlungsgehilfinnen gründlich bessern will, darf deshalb nicht ein Harmoniekränzchen zwischen Prinzipalen und Angestellten sein, sie muß vielmehr den Charakter einer Kampfesorganisation gegen das Unternehmerthum im Handelsgewerbe tragen. Unter diesem Gesichtswinkel betrachtet scheint der Hirsch- Duncker- frauenrechtlerische Hilfsverein für weibliche Handelsangestellte als nicht geeignet, die Interessen der Gehilfinnen erfolgreich zu wahren. Gewiß habe er sich Verdienste um die weiblichen Handelsangestellten erworben, indem er sie in eine Organisation zusammenschloß, ihr Solidaritätsgefühl weckte und sie zur Bethätigung desselben erzog. Gewiß biete er durch den Stellungsnachweis, die Bildungskurse, die Krankenversicherung und andere Einrichtungen den Handlungsgehilfinnen Vortheile und Annehmlichkeiten. Aber immer nur auf ihre eigenen Kosten; er gebe seinen Mitgliedern gleichsam mit der Linken, was er ihnen mit der Rechten aus der Tasche nehme. Eine Organisation, welche die wich­tigsten Interessen der Gehilfinnen wahren wolle, müsse diesen Vor­theil auf Kosten des Unternehmerprofits zuwenden, sie müsse in erster

| Mond, ohne daß es Jemand sah, ihren Urin auf ein Stück Speck­schwarte zu lassen und es dann bis Neumond in den Schornstein zu hängen. Und dann sollte sie es an einem Ort, an den sie sonst nie tam, vergraben; aber dabei mußte sie, ehe sie die Stätte verließ, dreimal ihren eigenen Namen rufen. Am besten jedoch sei, einen Weidenzweig unter das Dach zu stecken, den sie dann jede Nacht im bloßen Linnen aufsuchen und über dem Kopf schwingen sollte. Ane versuchte gewissenhaft alles; aber alles erwies sich als gleich resultatlos. Da überredete die kluge Frau sie, es mit einem flugen Mann zu versuchen, der im Nachbarkirchspiel wohnte und schon Manchen furirt hatte, sowohl von Mutterkrankheit und Schiefheit im Rücken, als von Fallsucht und vielem anderen. Ane weigerte sich allerdings im Anfang; aber an einem Sonntag, als das Wetter schön war, fuhren sie doch hinüber und suchten das Haus des Mannes auf, wo bereits mehrere Wagen vor der Thür warteten. Sie wurde besprochen und gemessen und zuletzt gab er ihr eine ruke gelben Fettes, womit sie sich den Magen be­streichen sollte. Im ersten Augenblick schien ihr, daß es sehr gut helfe, aber später kehrte wieder der alte Zustand zurück.

Inzwischen beruhigte sie sich immerhin bei diesem Resultat bis Weihnachten vorüber war und das neue Jahr ins Land zog. Um diese Zeit entschlossen sie sich, die bequeme Gelegenheit zu be­nußen, die ihnen die Eisdecke der Föhrde bot, um mit einem Fuder Binsenmatten und Reisbesen in die Hauptstadt hineinzufahren. Sie hofften ihre Waaren, die Simon im Laufe des Winters her= gestellt hatte, dort vortheilhafter zu verkaufen, als auf dem Markt ihrer kleinen Nachbarstadt. Während dieses Aufenthaltes konnte Ane dann auch zugleich einen Professor befragen, von dem sie hatten reden hören, um endlich über ihr Leiden Klarheit zu erlangen und frisch und gesund zu werden, ehe der Frost aus der Erde ging und die Frühlingsarbeit beginnen sollte.( Fortsetzung folgt.)

* Will sagen: Durch eine Zauberformel.