trägen gedruckt in deutscher, französischer und englischer Sprache vorgelegt und jedem Kongreßtheilnehmer eingehändigt. Als Punkte der Tagesordnung und als Referenten dazu sind vom Organisationsfomite aufgestellt: 1. Sonntagsarbeit: Prof. Dr. Beck- Freiburg und P. Brandt- St. Gallen; 2. Arbeit der Kinder und jungen Leute: Dr. Gering- Bern und Reimann- Biel ; 3. Arbeit der Frauen: Jean Sigg- Genf und Frln. M. Greulich- Zürich ; 4. Arbeit erwachsener Männer: O. Lang- Zürich und Dr. Sourbeck- Bern; 5. Nachtarbeit und Arbeit in gesundheitsgefährlichen Betrieben: Prof. Erismann Zürich und L. Héritier- Lausanne; 6. Mittel und Wege zur Verwirklichung des Arbeiterschutzes: Nationalrath Decurtins Truns ; 7. Internationales Amt für Arbeiterschutz: Regierungsrath Curti- St. Gallen. Angesichts der großen Bedeutung, welche der gesetzliche Arbeiterschutz gerade für die Arbeiterinnen hat, wäre zu erwägen, ob die deut schen Genossinnen sich nicht durch eine eigene Vertreterin an dem Kongreß betheiligen sollten. Gewiß, daß die Vertreter der Partei und der Gewerkschaften in gründlicher und treuer Weise die Interessen der Arbeiterinnen wahrnehmen werden. Aber immerhin läßt die Natur verschiedener der zu behandelnden Fragen- so die Frage der Frauenarbeit, die Arbeit in gesundheitsgefährlichen Betrieben 2c. das Mitrathen und Mitthaten von Frauen als wünschenswerth erscheinen. Da der Kongreß vor der Thür steht, ist eventuell eine schnelle Entscheidung nöthig.
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Gewerkschaftliche Arbeiterinnen- Organisation.
Ein Zentralverband der Handlungsgehilfen und Gehilfinnen Deutschlands ist mit dem 1. Juli ins Leben getreten. Seine Gründung wurde von einer Handlungsgehilfen- Konferenz beschlossen, die zu Pfingsten in Leipzig tagte. Der Verband erstrebt möglichst günstige Anstellungsbedingungen und gesetzliche Beschränkung der Arbeitszeit, er will berufsstatistische Ermittelungen pflegen und seinen Mitgliedern Rechtsschutz und Stellennachweis gewähren. Parteipolitische Bestrebungen sollen ausgeschlossen sein. Der Verband giebt ein eigenes Organ heraus: das„ HandlungsgehilfenBlatt".
Dem Unterstützungsverein deutscher Tabakarbeiter und Arbeiterinnen beizutreten beschlossen die Zigaretten- Arbeiterinnen in Dresden . Ihre äußerst traurigen Arbeitsverhältnisse haben ihnen die Nothwendigkeit der Angliederung an eine feste, leistungsfähige Gewerkschaftsorganisation klar gemacht.
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den angeborenen Respekt des Arbeiters für Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit.
Beatrice Webb hatte nun ihr erstes Ziel erreicht, sie war eine Schriftstellerin, mit der man rechnete. Aber wie das vorzukommen pflegt, hatte ihr das leidenschaftliche Arbeiten, dem sie sich hingab, neue Fähigkeiten, die sie besaß, entdeckt. Sie fühlte sich ganz besonders von der Nationalökonomie und Statistik angezogen, die ihr voll Reiz erschienen. Ein Gegenstand, der gerade auf der Tagesordnung war, gab ihr Lust, ein Buch zu schreiben. Sie verließ ihre einfache Wohnung in London und begab sich nach Manchester , in diese Fabrikstadt, und lebte auf ähnlichem Fuß wie in London . Aber wie sehr war ihr Leben verändert. Aus der bescheidenen, fleißigen Studentin hatte sie sich in eine Journalistin verwandelt, welche die öffentliche Meinung gezwungen hatte, mit ihr zu rechnen. In Manchester , noch treu ihren Gewohnheiten, alles selbst zu untersuchen, machte sie eine Untersuchung, die mehrere Monate in Anspruch nahm. Sie verkehrte auch dort täglich mit einer Menge von Arbeitern, aß meistens an ihrem Tische, wobei sie die Hausfrau spielte und, wie das in England Sitte ist, das Fleisch Jedem zutheilte, so daß sie selten selbst zu einem warmen Bissen kam.
In Manchester hatte sie keinen Grund mehr, ihren wahren Namen zu verheimlichen, und als sie ihn nannte, öffneten sich ihr alle Thüren! Aber die Thüren, deren Oeffnung sie einzig interessirte, waren die der Arbeiter. Sie gewann sich bald ihr Vertrauen und ihre Freundschaft. Noch ein Umstand nügte ihr. Ihr Großvater war ehemals Bürgermeister von Manchester , und so kam zur Sympathie, die ihre Jugend und Anmuth erweckte, noch die Hochachtung, die jeder gute Engländer für eine derartige Verwandtschaft empfindet, und überdies ein gewisses freudiges Erstaunen, daß man von so vornehmem Geschlecht und so einfachem Gehaben sein kann.
Der Zentralrath der Hirsch- Dunckerschen Gewerkvereine wirbt für die harmonieduseligen Organisationen um die Arbeiterinnen. Er hat neuerdings einen Aufruf erlassen:„ Wie kann es für die Arbeiterinnen besser werden?" Aus einem Ueberblick über die Löhne und die Lebensverhältnisse der Arbeiterinnen wird dann sehr richtig der Schluß gezogen: Arbeiterinnen, organisirt Guch, aber sehr fälschlich auch der andere: Organisirt Euch in den braven HarmonieGewerkvereinen der Hirschlein. Die Gründung besonderer FrauenGewerkvereine wird als nothwendig in den Berufen erachtet, deren Gewerkvereine weibliche Mitglieder nicht aufnehmen. Die HirschDunckerschen nebst ihren frauenrechtlerischen Hilfstruppen haben also aus der Geschichte der englischen Nichts- als- Frauen- Gewerkschaftsbewegung nicht gelernt, daß die Nur- Frauenorganisationen in Folge der schlechten Entlohnung der Arbeiterinnen zur Ohnmacht im Kampfe mit dem Kapital verurtheilt sind. Aber freilich, die Hirsch- Dunckerschen wollen die Arbeiterinnen auch nicht zum Kampfe gegen das Rapital führen. Ihr Wahrspruch ist: Es lebe der allerheiligste fapitalistische Profit und wenn auch darüber die Besserstellung der Arbeiterinnen" zum Teufel geht.
Die Arbeiterinnenvereine der Schweiz hielten in der ersten Hälfte des Juni in St. Gallen einen Delegirtentag ab. Vertreten waren die Organisationen von Basel , Bern , St. Gallen , Winter thur und Zürich . Der vorgelegte Bericht konstatirt die Fortschritte des Verbandes der Arbeiterinnenvereine. Mehrere neue Organisationen sind gegründet worden, die Konstituirung weiterer Zweigvereine steht demnächst bevor. Mehr und mehr werden die Arbeiterinnen sich der Nothwendigkeit bewußt, sich zu organisiren und durch gemeinsame Erörterung über Fragen klar zu werden, welche unmittelbar ihre Interessen berühren. Der Verbandstag nahm u. a. eine Resolution an, welche die Freigabe des Sonnabend Nachmittag für die Arbeiterinnen verlangt. Zur Begründung der Forderung wurde geltend gemacht, daß der freie Sonnabend Nachmittag für sehr viele Arbeiterinnen unbedingt nöthig, für alle Arbeiterinnen aber sehr nützlich sei. Den verheiratheten Arbeiterinnen liegen eine große Anzahl häuslicher Verrichtungen und Pflichten ob, für die in der Woche feine Minute übrig bleibt, weil die Brotarbeit und die Wirthschaftsführung Zeit und Kraft der Frauen übergenug in Anspruch nehmen. So müssen die betreffenden Arbeiten auf den Sonntag verschoben werden, der in der Folge für viele Proletarierinnen nichts weniger als ein Ruhetag ist. Der freie Sonnabend Nachmittag würde für die verheiratheten Arbeiterinnen ein Feiern und Ruhen wenigstens am Sonntag Nachmittag ermöglichen, er würde den ledigen Arbeiterinnen die vollständige Sonntagsruhe bringen. Nach der Ueberzeugung der
Als sie ihre Studien beendet glaubte, ging fie nach Glasgow , wo sie genaue Daten zu finden sicher war, die ihren Aufzeichnungen noch mangelten. Sie sette ihr einfaches Leben dort wieder fort, und machte sich außer ihrem Tagewerk noch an das gründliche Lesen des Journal de la cooperative", eine Samm lung von dreißig Jahrgängen!!
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Beatrice hatte Beweise ihres Muthes abgelegt! So wie sie nicht vor den Unannehmlichkeiten ihrer Lehrmädchenzeit zurückschreckte, so ließ sie sich auch von dem papierenen Berg nicht entmuthigen! Sie widmete nach ihrer Tagesarbeit durch volle sechs Monate je fünf Stunden des Tages dieser Lektüre und der Niederschrift von Auszügen aus derselben. Nach diesen sechs Monaten schrieb sie ihr Buch, das" The Cooperative movement in Great Britain"( Genossenschafts- Bewegung in England") betitelt ist, und zu dessen Abfassung sie achtzehn Monate bedurfte. Beatrice Webb sagte über dieses Buch:„ Ich hätte daraus einen stärkeren Band machen sollen, ich wäre mehr berücksichtigt worden, aber ich wollte den Leser nicht überladen." Diese in ihrer Art einzige Publikation war die Krönung ihres Lebens als junges Mädchen. Bald nach dem Erscheinen dieses Buches begegnete sie dem, der ihr Mann werden sollte. Es ist dies Herr Sydney Webb , der mit ihr zusammen die Geschichte der englischen Gewerkvereine geschrieben hat. Beatrice Potter mußte ihm wie eine ideale Gefährtin erscheinen, als eine, die wirklich seine Ergänzung bilden konnte, sowohl in seinen Werken als in seinen Gedanken. Ihre Verbindung war sehr einfach bewerkstelligt; die Verlobte war majorenn und war frei in ihren Nur kamen die Verfügungen und Herrin ihres Vermögens.
jungen Leute überein, ihr Verhältniß geheim zu halten, bis die nöthigen Studien für das Werk beendigt sein werden, das sie später gemeinsam abfassen wollten. Die Verlobten sezten ihre For schungen fort, reisten in den Provinzen und sahen sich nur selten.