Die Generalversammlung des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins findet vom 30. September bis 3. Oktober in Stutt= gart statt. Außer den Mitgliedern des genannten frauenrechtlerischen Verbandes sind zu ihr alle Organisationen eingeladen, die zum Bunde deutscher Frauenvereine gehören. Mit der Generalversammlung soll ein öffentlicher Frauentag verbunden sein.
Den Arbeiterinnensyndikaten von Paris bewilligte der Gemeinderath der Stadt eine Subvention zur Beschickung des internationalen Frauenkongresses zu Brüssel , des Friedenskongresses zu Hamburg und des Arbeiterschutzkongresses zu Zürich . In Paris subventionirt der Gemeinderath die Arbeiterinnenbewegung. In Nürn berg , Fürth und zahllosen anderen deutschen Städten verbieten die Gemein debehörden, gestützt auf eine sinnige und minnige Deutelung von Gesetzesterten, jede öffentliche Versammlung der Arbeiterinnen. Diese Thatsachen einander gegenüberstellen, heißt sie kommentiren, heißt sie nach Gebühr würdigen.
Das juristische Doktoreramen hat die bekannte Frauenrecht lerin Fräulein Anita Augspurg fürzlich in Zürich bestanden. Fräulein Augspurg ist die erste deutsche Frau, die das Diplom als Doktor der Rechte erworben hat. Daß sie es im Auslande holen mußte, beweist die Rückständigkeit der Verhältnisse in Deutschland , der ,, frommen Kinderstube", aber auch die Schwäche der deutschen Frauenrechtelei.
* Um die Zulassung zur Advokatur wird eine junge Französin, Jeanne Chauvin , die ihr juristisches Doktorexamen glänzend bestand, demnächst beim Pariser Gerichtshof nachsuchen. Louis Frank, einer der energischsten Vorkämpfer der Frauenbewegung, hat nämlich kürzlich in einer Broschüre nachgewiesen, daß es auf Grund des französischen Rechts nicht möglich sei, ihr Gesuch abzuschlagen. Obwohl ihre Angelegenheit erst im Oktober zur Verhandlung kommen soll, finden sich schon heute spaltenlange Artikel in den französischen Zeitungen für und gegen den weiblichen Rechtsanwalt.
* Zweihundert weibliche Aerzte sind gegenwärtig in Indien thätig. Vor elf Jahren gab es ihrer dort nur vier, aber trotz dieser enormen Zunahme sind sie, wie Fräulein Dr. Ellaby auf dem Kongreß für Erziehung in London berichtete, längst nicht ausreichend.
* Wie den Frauen das medizinische Studium in England erleichtert wird, geht aus dem Umstand hervor, daß zehn medizinische Hochschulen ihnen offen stehen und sechs Universitäten, wo sie ihr Doktoreramen machen können.
* Die älteste und bekannteste englische Aerztin, Mrs. Garrett Anderson, ist dieses Jahr von der großen, fast ausschließlich aus Männern bestehenden englischen medizinischen Gesellschaft zum Präsidenten gewählt worden. Wann werden deutsche Gelehrte dazu gelangen, die Frau nicht nur als gleichberechtigte Kollegin zu achten, sondern ihr sogar die erste Stelle unter sich einzuräumen?
* Zweihundertfünfzig Studentinnen zählt gegenwärtig die schottische Universität Glasgow . Wie übrigens die Zulassung der Frauen zu den britischen Universitäten ganz allein den Begüterten ihres Geschlechts zu Gute kommt, zeigt der Umstand, daß die jährlichen Gesammtkosten für das Studium, z. B. in Cambridge , sich auf drei bis viertausend Mark belaufen.
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* Eine Frauen Universität hat die katholische Kirche in Washington ( Nordamerita) gegründet. Ihre Lehrsäle sollen allen über siebzehn Jahre alten katholischen Frauen und Mädchen geöffnet sein, die das Aufnahme- Examen bestanden haben. Die Studentinnen der Anstalt, die unter der Leitung der Nonnen von Notre- Dame steht, können den Titel eines Doktors der Philosophie dort erwerben. Interessant ist das Urtheil unserer ultramontanen Presse über die Gründung:„ Der Zug der Zeit fordert gebieterisch die höhere Frauenbildung. Hätte die katholische Kirche diesen Bestrebungen widerstanden, so wäre der einzige Effekt gewesen, daß die katholischen jungen Mädchen an protestantischen und atheistischen Universitäten studirt hätten. Die Kirche Gottes hat glücklicherweise das genügende Augenmaß und einen so weiten Horizont, um den Zeitbestrebungen entgegenzukommen und sie eventuell für ihre Zwecke auszunutzen. Das Mädchenstudium kann man in Amerika doch nicht verhindern; erziehen wir uns also studirte junge Damen, die im Geiste der katho lischen Kirche in die Wissenschaft eingeführt werden."
* Als Rechtsanwalt ist eine Frau, Miß Ethel Rebekka Benjamin, zum obersten Gerichtshof von Neuseeland zugelassen
worden.
* Ueber das Frauenstimmrecht haben sich die Statthalter der britischen Kolonien von Australien ausgesprochen, als sie zur Feier des sechzigjährigen Regierungsjubiläums der Königin von England in London anwesend waren. H. J. Seddon, der Statt
halter Neuseelands , erklärte, daß die Einführung des Frauenstimmrechts einen vollkommenen Erfolg bedeute. Er selbst sei zuerst fein Anhänger des Gesetzes gewesen, das den Frauen das Wahlrecht zuerkennt, habe aber während vier Jahren seine Wirkungen beobachtet und sei nunmehr ganz überzeugt von seiner Richtigkeit. Keinerlei Unzuträglichkeiten seien bisher mit der Neuerung verbunden gewesen und auch nicht eine einzige Stimme sei bisher gegen sie laut geworden. Als Ergänzung hierzu erzählte Frau Seddon einem Journalisten, daß die Wahlen der Frauen für die konservativen und firchlichen Parteien sehr überraschend ausgefallen seien. Sie hätten auf eine Stärkung ihrer Richtung durch die Frauen gehofft, und das Gegentheil sei der Fall gewesen.
Der Statthalter von Viktoria, Georg Turner, ist auch ein Anhänger der Frauenstimmrechtsbewegung, die, wie er sagte, diesen Herbst bei Gelegenheit der allgemeinen Wahlen vielleicht zum Siege gelangen wird. Ein Gesezentwurf zu Gunsten des Frauenstimmrechts ist schon einmal im Unterhaus mit großer Majorität angenommen worden, aber bei der Abstimmung im Oberhaus zu Fall gekommen. Einem englischen Frauenverein erklärte der Statthalter von Südaustralien :„ Mit freudiger Genugthuung gedenke ich der Thatsache, daß unsere Regierung und unser Parlament allen Erwachsenen, ohne Unterschied des Geschlechts, die politischen Rechte zuerkannt hat. Auch unsere Frauen sind sich dieses Privilegiums bewußt und üben in guter und kluger Weise ihre Rechte aus."
*
Für ein recht beschränktes Frauenwahlrecht wollen vor der Hand eine Anzahl englischer Frauenstimmrechtsvereine eintreten. Unter Führung von Mrs. Fawcett haben sie sich entschlossen, dem Parlament einen Gesetzentwurf vorzulegen, der in seinen Forderungen noch gemäßigter sein soll als der des Mr. Faithful Begg. Sie hoffen eher zum Ziele zu gelangen, wenn sie z. B. alle verheiratheten Frauen vom Besitz politischer Rechte ausschließen, weil die Männer die Möglichkeit, daß ihre Gattinnen eine eigene Meinung haben könnten, am meisten fürchten. Die englischen Frauen haben sich, wie es scheint, nicht klar gemacht, daß es inmitten politischer Kämpfe keine falschere Tattit giebt als die der Bescheidenheit.
Abrechnung.
Zur Deckung der Kosten für die Vertretung der Genossinnen auf dem Internationalen Sozialisten- und Arbeiterkongreß zu London 1896 gingen der Unterzeichneten folgende Beträge zu: Genossinnen in Berlin ... 50 Mt.- Pf.
= Dresden
M
=
11
11
11
-
10
-
=
=
=
M
M
M
V
M
Eberswalde Forst i. L.. Frankfurt a. M.
20 8
•
50
10
50
=
V
50
M
•
=
8
=
=
25
20
=
100
V
M
Summa
391 Mt. 10 Pf.
= Partei Auschuß
Die Kosten betrugen:
Reisegeld für 2 Delegirte
10 Tage Diäten à 10 Mt., für zwei Delegirte
Einnahme
Ausgabe
11
"
=
11
11
11
175 Mt. 10 Pf.
M
200 M Summa 375 Mt. 10 Pf. 391 Mt. 10 Pf. 375
=
=
10
Pf.
Rest 16 Mt.
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Der Ueberschuß von 16 Mt. ist dem Agitationsfonds zugeführt
worden.
Frau M. Wengels
Vertrauensperson.
Quittung.
Zu Agitationszwecken gingen mir zu: Von den Arbeitern der deutschen Schuhfabrik Erfurt 15 Mt., von den Genossinnen in NeuIsenburg 30 Mt., von Dr. R. in Basel durch Genossin Zetkin 5 Mt. Dantend quittirt
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