Ebenso erhalten die Knopfarbeiterinnen für neun Arbeitsstunden nur 1,20 Mt.

Weit besser gestellt sind die Arbeiterinnen in den Notendruckereien. Sie erhalten für den achtstündigen Arbeitstag durchschnittlich 2,40 Mt., müssen jedoch ihre Augen außerordentlich anstrengen.

Auch der Verdienst der Porzellanmalerinnen ist ein verhältniß­mäßig hoher. Bei neunstündiger Arbeit erreichen sie ein Lohnmaximum von 2,80 Mt., doch müssen sie eine längere Lehrzeit in den Zeichen und Malschulen durchgemacht haben.

Wie sehr die in der Abtheilung für Frauenarbeit beschäftigten Arbeiterinnen unter der Fuchtel stehen, beweist folgende Episode aufs Schlagendste: Der Berichterstatter des" Peuple  " fragte ein Mädchen, das ihm durch sein jugendliches Aussehen aufgefallen war, wie alt es sei. Er erhielt von der Kleinen die von einem erschreckten Seiten­blicke begleitete, ängstlich hervorgestotterte Antwort: Das kann ich Ihnen nicht sagen."

Thatsachen, wie die angezogenen, weisen meiner Ansicht nach mit handgreiflicher Deutlichkeit auf den Zusammenhang zwischen fapitalistischer Ausbeutung der Frauenarbeit, sozialem Elend und Unsittlichkeit hin. Aus ihnen sollten die Wohlmeinenden, aber Kurz­sichtigen lernen, welche sich den Kopf zerbrechen, wie die Prostitution zu bekämpfen, wie sie zu beseitigen sei. Genaue Kenntniß der Lage der Arbeiterinnen, flare Einsicht in das Wesen der kapitalistischen  Gesellschaft lassen an Stelle des Rufes nach Gesetzesparagraphen und Polizeimaßregeln zur Bekämpfung der Unsittlichkeit die Forderung ernster sozialer Reformen treten. Das unbeschränkte Koalitionsrecht der Arbeiterinnen damit diese durch die Gewerkschaftsorganisation bessere Arbeitsbedingungen erkämpfen können und ein umfassender gesetzlicher Arbeiterschutz damit die Lohnsflavinnen gegen über­mäßige Ausbeutung geschützt werden sind wirksamere Mittel, die Töchter des werkthätigen Volkes nach Tagen der Mühe vor Nächten der Schande zu bewahren, als die schärfsten Bestimmungen gegen das ,, gewerbsmäßige Laster". Ida Altmann  .

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Aus der Bewegung.

Von der Agitation. In Baden hielt anläßlich der bevor­stehenden Landtagswahlen Genossin Zetkin   in der Zeit vom 18. bis 25. September eine Reihe sehr erfolgreicher Agitationsversammlungen ab. Die Rednerin sprach in Hornberg  , St. Georgen  , Triberg  , Lörrach  , Waldkirch  , Mühlburg   und Nußloch   über: Die wirth­schaftliche und politische Lage"," Der Kampf der Sozialdemokratie gegen die herrschende Reaktion"," Was wollen die Sozialdemokraten", Die Stellung der Sozialdemokratie zu den Landtagswahlen." Sämmt­liche Versammlungen waren sehr gut besucht, in mehreren Orten erwies sich das Lokal als bei weitem zu klein. Die Referentin benutzte die Gelegenheit, um überall die volle politische Gleichberechti gung des weiblichen Geschlechts zu fordern, insbesondere das Wahlrecht und Vereinsrecht. Diese Forderung fand in allen Ver­sammlungen begeisterte Zustimmung. Die Thatsache ist um so be­achtenswerther, als Genossin Zetkin   ausschließlich in kleinen Orten sprach zum Theil von 2000 und 3000 Einwohnern und als unter ihrer Zuhörerschaft das kleinbürgerliche und hier und da auch das bäuerliche Element sehr stark vertreten war.

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In Breslau   und in Berlin   hielt Genosse Liebknecht   in letzter Zeit sehr gut besuchte öffentliche Frauenversammlungen ab. Zu der Breslauer Versammlung, welche an einem Sonntag stattfand, strömten schon stundenlang vor dem Beginn zahlreiche Zuhörer und Zuhörerinnen herbei. Genosse Liebknecht referirte   in zündender Weise über Die Stellung der Sozialdemokratie zur Frauenfrage". Ein­stimmig gelangte folgende Resolution zur Annahme: Die Versamm­lung spricht dem Referenten, Reichstagsabgeordneten Liebknecht  , ihre begeisterte Uebereinstimmung aus mit den lehrreichen und interessanten Ausführungen, die trefflich geeignet waren, die hohe Genugthuung in den versammelten Männern und Frauen zu nähren, als Mitstreiter den Millionenheeren der internationalen Sozialdemokratie anzugehören in dem Klassenkampf, der da führen wird und muß zu dem erhabenen Ziele der Beseitigung der herrschenden menschenunwürdigen wirth­schaftlichen und politischen Zustände und verwirklichen wird das Ideal der Freiheit, der Gleichheit und des Wohlergehens für alles, was da Menschenantlig trägt." Genoffin Geiser erörterte im Laufe der Debatten fritisch das vom Kammergericht bestätigte Urtheil des Breslauer Landgerichts, das bekanntlich die Auflösung des Vereins weiblicher Vertrauenspersonen" aussprach. Des Weiteren wies sie die Behauptung des Gerichts zurück, daß die Breslauer Frauen­bewegung fünstlich geschaffen und von männlicher Leitung abhängig sei. Diese Bewegung, so betonte Genoffin Geiser unter lebhaftem Beifall, sei vielmehr hervorgerufen worden durch die zwingenden,

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flar erfannten Interessen der proletarischen Frauen, und deshalb werde sie sich allen Hindernissen zum Trotz kräftig weiter entwickeln. Eine dieser Auffassung beipflichtende Resolution wurde einstimmig angenommen. Nach einem mit brausendem Beifall aufgenommenen Schlußwort des Referenten endete die Versammlung mit einem drei­fachen Hoch auf die Sozialdemokratie.  fachen Hoch auf die Sozialdemokratie. Auch in Berlin   sprach Liebknecht   vor einer sehr zahlreichen Zuhörerschaft über das an­geführte Thema und zwar mit besonderer Berücksichtigung der De­batten über die Frauenfrage auf dem internationalen Kongreß für Arbeiterschutz zu Zürich  . Die trefflichen Ausführungen wurden des Defteren von stürmischen Kundgebungen der Zustimmung unter­brochen. Liebknecht endete sein Referat mit dem Hinweis, daß, wie nach Karl Mary die Befreiung der Arbeiterklasse nur das Werk der Arbeiter selbst sein könne, so müsse auch die Befreiung der Frau wesentlich das Werk der Frauen sein. In den Debatten versuchte ein jugendlicher Gegner der Sozialdemokratie Liebknechts Ausfüh­rungen als widerspruchsvoll zu widerlegen. Er wurde von Genossin Fahrenwald und den Genossen Bartels und Liebknecht treffend ab­gefertigt. Die Versammlung nahm eine im Sinne des Referats ge­haltene Resolution an und wählte die Genossinnen Mesch, Lueg und Fahrenwald zu Revisorinnen der Vertrauensperson. Die Versamm­lung schloß mit einer Aufforderung an die Frauen, sich rege am politischen Leben zu betheiligen und mit einem Hoch auf die Sozial­demokratie.

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An dem Parteitag der Sozialdemokratie Ost- und West­ preußens  , der kürzlich tagte, nahm eine Delegirte theil, Genossin Pahlke- Königsberg. Dieselbe schilderte in den Debatten zum Punkt Agitation und Organisation" in trefflicher Weise die Bedeutung des Mitkampfes der Proletarierinnen im sozialistischen   Lager. Sie betonte, daß in Königsberg   die Agitation unter den proletarischen Frauen eine erfolgreiche sei und ganz wesentlich zum Fortschritt der dortigen Parteibewegung beitrage. Ihre trefflichen Ausführungen endeten mit der Aufforderung, auch in der Provinz sollten die Genossen die Agitation unter den Frauen mit aller Energie betreiben. Jede Säumigkeit in dieser Richtung räche sich an der allgemeinen sozia­ listischen   Bewegung, jede Förderung des Aufklärungswerks komme ihr zu Gute und beschleunige das Nahen der Stunde, in welcher der Arbeiterklasse die Befreiung schlägt.

Ein Frauen- und Mädchen- Bildungsverein wurde in Rix­dorf bei Berlin   am 4. April ds. Js. gegründet. Der Vorstand besteht aus einer Vorsitzenden, einer Kassirerin, zwei Beisigerinnen und drei Revisorinnen. Die Organisation hat sich bis jetzt gut ent­wickelt; sie zählt gegenwärtig 78 Mitglieder, und ihre Versammlungen erfreuen sich eines regen Besuchs. Es scheint ein gutes Zeichen für die gedeihliche Entwicklung des Vereins, daß sein Mitgliederstand seither nicht gesunken, sondern stetig gestiegen ist. Jeden Mittwoch nach dem Ersten im Monat findet eine Vereinsversammlung statt. Das Beitrittsgeld beträgt 20 Pf., der monatliche Beitrag 10 Pf. Anmeldungen neuer Vereinsmitglieder werden in den Sigungen ent­gegengenommen, sowie von der Vorsitzenden, Frau Jeeze, Rirdorf, Bieten 60, II. r.

Wahl von Genossinnen zum Hamburger   Parteitag. Als Delegirte zum Hamburger   Parteitag wurden nach den bisher vor­liegenden Nachrichten noch gewählt: Genossin Kähler- Wandsbeck für den Wahlkreis Altona  ; Genossin Steinbach- Hamburg für den britten Hamburger   Wahlkreis; Genossin Eichhorn- Dresden in einer Frauenversammlung als Vertreterin der Genossinnen von Dresden  . Genossin Zetkin   nimmt als Mitglied der Parteileitung an dem Parteitage Theil.

Notizentheil.

( Von Tily Braun und Klara Betkin.)

Weibliche Fabrikinspektoren.

* Weibliche Vertrauenspersonen statt weiblicher Fabrik­inspektoren zieht man im Herzogthum Meiningen   in einigen Städten neuerdings zur Gewerbeaufsicht heran. Die Namen dieser Vertrauenspersonen werden öffentlich bekannt gemacht. Die Vertrauens­personen sind beauftragt, alle Klagen und Beschwerden von Arbeite­rinnen entgegenzunehmen, um sie gehörigen Orts zwecks Beilegung oder Abstellung zur Sprache zu bringen." Es wäre interessant, zu erfahren, welchen Kreisen diese Vertrauenspersonen angehören, und welche Gründe für ihre Wahl maßgebend sind.

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* Von der Anstellung einer Assistentin des Fabrikinspektors im Herzogthum Koburg- Gotha wurde kürzlich in der Presse be­richtet. Aus Roburg wird dagegen jetzt direkt gemeldet, daß davon