Grillenbergers Gedächtniß, sein opferfreudiges Wirken für die Partei ehrten die deutschen Genossinnen, indem sie durch ihre Vertrauensperson, Genossin Wengels, der Gattin des Verblichenen folgende Depesche sendeten:„ Die Sozialdemokratinnen Deutschlands sprechen Ihnen und Ihren Kindern ihr tiefes Beileid aus an dem schmerzlichen und unerläßlichen Verlust, den Sie und die Sache des Proletariats erlitten." Ferner ließen sie in Gotha einen Kranz niederlegen mit der Inschrift:„ Gewidmet von den sozialdemokratischen Frauen Deutschlands unserem Vorfämpfer Karl Grillenberger . Wir, die wir sind des edlen Todten Erben, Wir wollen auch so unentwegt wie er einst sterben."
Arbeitsbedingungen der Arbeiterinnen.
* Ueber die Arbeitsbedingungen der Frauen im Dienste der preußischen Staatseisenbahnen werden von einem Fachblatt eingehende Mittheilungen gemacht. Zur Zeit beschränkt sich die Verwendung weiblicher Bahnbeamten auf den Fahrkartenverkauf, den Abfertigungs-( Güter- Expeditions-), den Bureau- und den Telegraphendienst. Die Gesammtzahl der im Eisenbahndienst beschäftigten Frauen beträgt 293. Neuaufnahmen finden vor der Hand nur noch im Schalterdienst statt. Außerdem sind über dreitausend Frauen, darunter viele Witwen von Eisenbahnangestellten, als Schrankenwärterinnen thätig. Ihre Obliegenheiten bestehen lediglich in dem Schließen der Barrièren an Straßenübergängen beim Herannahen des Zuges. Sie erhalten festen Tagelohn und meist auch freie Wohnung in dem sogenannten Bahnwärterhäuschen. Eine neue Kategorie von weiblichen Bahnangestellten sind die sogenannten„ Begleite- Frauen", die in Har monika - Zügen allein reisenden Frauen und Kindern auf Wunsch zur Unterstützung und Hilfeleistung während der Fahrt mitgegeben werden. Als Bewerberinnen um Anstellung im Eisenbahn - Bureaudienst werden mit einem Leumundszeugniß und einem Gesundheitsattest versehene Personen zwischen zwanzig und vierzig Jahren zugelassen, jedoch erst nach Ablegung einer nicht allzu schweren Vorprüfung. Der Probedienst währt einen bis drei Monate und wird nicht vergütet. Nach dessen Ablauf findet eine abermalige Prüfung statt. Sobald Stellen frei werden, erfolgt die Anstellung unter vertragsmäßigen Bedingungen. Bei einem großen Theil der Stellen sind Amtskautionen von 300 Mt. an erforderlich. Die tägliche Dienstzeit schwankt zwischen sieben und zehn Stunden. Auf verschiedenen Stationen müssen die beim Fahrfartenverkauf beschäftigten Damen auch den Abend und Frühdienst übernehmen. Das Anfangsgehalt für das weibliche Bahnpersonal beträgt 60 Mt. und steigt, je nach Qualifikation und Dienstzeit, in etwa fünf bis sechs Jahren auf 125 Mt. Alle Bemühungen, den
,, Völlige Entfremdung der Deinen, Einsamkeit."
„ Ich weiß es, ich bin bereit. Ich will alle Leiden, alle Schläge ertragen."
" Nicht nur von Feinden, auch von Verwandten und Freunden?" " Ja,.... auch von ihnen."
,, Gut, bist Du bereit, Dich zu opfern?"
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Ja."
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und
,, Ruhmlos Dich zu opfern? Du wirst Dich opfern Niemand, Niemand wird wissen, wessen Andenken er ehren soll." „ Ich brauche weder Dank noch Mitleid. Ich brauche keinen Ruhm."
,, Bist Du bereit zu einem.... Verbrechen?". Das Mädchen ließ bestürzt das Haupt sinken.
Auch zu einem Verbrechen...."
Die Stimme schwieg und fragte nicht sogleich weiter.
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,, Weißt Du denn", ertönte sie endlich, daß Du den Glauben verlieren kannst, der Dich jetzt erfüllt? Vielleicht wirst Du eines Tages einsehen, daß Du Dich getäuscht, daß Du vergeblich Dein junges Leben geopfert hast."
,, Auch dies weiß ich, und dennoch will ich hinein."
So gehe."
Das Mädchen überschritt die Schwelle-und ein schwerer Vorhang fiel hinter ihr zu.
Thörin", knirschte Jemand durch die Zähne. " Heilige ", scholl es von irgendwo zur Antwort.
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Eisenbahnbeamtinnen die staatliche Anerkennung ihres Beamtencharakters und damit die Pensionsberechtigung zu verschaffen, sind bisher erfolglos geblieben.
Das Kapitel der staatlichen Ausbeutung weiblicher Arbeitskraft wird um einen charakteristischen Beitrag vermehrt durch eine Verhandlung, welche fürzlich vor der Straffammer in Kreuz burg ( Oberschlesien ) stattfand. Auf der Anklagebank saß Frau D., die den Posten einer Bahnwärterin in Polanowitz bekleidete. Die Angeklagte hatte am 5. Mai die von ihr zu bedienende Barrière nicht rechtzeitig geschlossen, so daß ein Fuhrwerk von dem gerade ankommenden Zuge überfahren und demolirt wurde. Der Unfall kostete glücklicher Weise nur einigen Schweinen das Leben. Frau D. hob zu ihrer Entschuldigung die große Schwierigkeit ihres Dienstes hervor. Ihr Mann ist Bahnmeister und hat die Strecke zu beaufsichtigen, während sie selbst das Schließen der Barrière an der Kreuzung der Chaussee und der Bahnstrecke zu besorgen hatte. Bei achtzehn Zügen täglich mußte sie die etwa 500 Meter von der Wohnung entfernten zwei Barrièren einzeln herablassen und öffnen. Frau D. hatte außerdem ihren Haushalt zu besorgen und ihre kleinen Kinder zu warten. So kam es, daß sie am 5. Mai die Barrière nicht rechtzeitig schloß. Im Laufe der Verhandlungen wurde außerdem er erwiesen, daß der betreffende Zug, wie die Angeklagte behauptete, thatsächlich die Kreuzung etliche Minuten früher als fahrplanmäßig passirt hatte. Frau D. wurde in Berücksichtigung dieses Grundes freigesprochen, doch muß sie die entstandenen Kosten tragen. Für ihren Dienst erhielt Frau D. täglich ganze 60 Pfennige deutscher Reichswährung! Wie man sieht, eine echt kapitalistenstaatliche Entlohnung, die den be- rühmten Sparsystempraktiken im Reiche Thielen durchaus entspricht. Daß zu dem Schrankenwärterdienst eine Frau als die billiger auszubeutende Arbeitskraft verwendet worden war, liegt auf der Hand. Seit dem betreffenden Unfall es soll das der vierte sein ist ein ständiger Bahnwärter auf den fraglichen Posten gestellt worden, und er erhält, wenn auch wenig genug, doch immerhin das Dreifache von Frau D.'s staatlicher Besoldung", nämlich 1 Mt. 80 Pf. Tagelohn. Wie der erste beste profithungrige Kapitalist, so zieht der Kapitalistenstaat die billige Frauenarbeit der theureren Eine Männerarbeit vor und beutet sie aufs Gründlichste aus. Gleichstellung der Geschlechter im Punkte der staatsbürgerlichen Rechte weist er energisch als einen„ revolutionären" Greuel und Scheuel zurück. Eine Gleichstellung der Geschlechter im Punkte der Ausbeutung proletarischer Arbeitskraft zu Nutz und Frommen der Kapitalistenklasse ist ihm dagegen offenbar eine verdienstvolle That. Damit die Gattin und Mutter ihrem„ Naturberuf"„ voll und ganz" er= halten bleibe, darf die Frau in den meisten deutschen Vaterländern beileibe nicht das Recht besitzen, Mitglied politischer Vereine zu sein. Noch viel weniger darf sie ihre heilige Stellung" dadurch schwerstens gefährden", daß sie alle paar Jahre einmal einen Stimmzettel in die Urne wirft. Dagegen erlaubt der Staat der Frau achtzehnmal täglich, und zwar zur Tages- wie Nachtzeit, zum Dienst als Schrankenwärterin anzutreten, wenn auch die kleinen Kinder daheim schreien, vorausgesetzt nur, daß die Frau sich für ihre Arbeitsleistung mit Bettelpfennigen begnügt, die der Mann zurückweisen würde. Es geht nichts über die Logik gewisser„ Stüßen der besten aller Welten."
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Das Konfektionsarbeiterinnen- Elend erhellt aus den nachfolgenden Angaben, die nicht etwa von„ berufsmäßigen Aufhetzern und Aufwieglerinnen" herstammen, vielmehr von einer bürgerlichen Frauenrechtlerin, die zwar den Interessen der Arbeiterinnen nicht ohne Sympathie und Verständniß gegenüber steht, die aber doch durchaus zu den bürgerlich„ Gutgesinnten" zählt, denen die Einsicht in die Nothwendigkeit des Klassentampfs ermangelt, und welche des halb die kapitalistische Gesellschaft nur verbessern, nicht aber besei-. tigen wollen. In einer Versammlung des Dresdener Rechtsschutzvereins der sich seinerzeit der streifenden Konfektionsarbeiterinnen warm und verständig angenommen hat berichtete Frau Camp über die Folgen der neuen gesetzlichen Maßregeln zum Schutze der Konfektionsarbeiterinnen. Diese Maßregeln haben nach ihr nur eins bewirkt: daß die Zwischenmeister mehr und mehr Heimarbeit einrichteten, da die am häuslichen Herde geschaff= ten Ueberstunden sich der Kontrolle entziehen. Die Arbeiterinnen sind in ihren allen hygienischen Anforde rungen spottenden Behausungen inmitten ihrer vernach= lässigten Familie täglich dreizehn bis achtzehn Stunden beschäftigt. So sind, führte Frau Camp aus, die erlangten Zugeständnisse wieder zu nichte gemacht worden, und es sei unabweisbar, daß der nächste Reichstag sich mit der Regelung der Heimarbeit beschäftigen müsse, soll die traurige Lage der Konfektionsarbeiterinnen ein Weniges gebessert werden. Frau Camp fonstatirte also eine Thatsache, die von den Sozialdemokraten als Folge des